Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310506/6/Kü/Ba

Linz, 22.11.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn A A-K, P, A, vom 14. Juni 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6. Juni 2012, UR96-06-2012, wegen Übertretungen des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 2009 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6. Juni 2012, UR96-06-2012, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 25 Abs.2 Z 1 lit.b iVm § 9 Abs.2 und § 25 Abs.2 Z 3 iVm § 9 Abs.4 Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 2009 (Oö. AWG 2009) zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 70 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 6 Stunden verhängt, weil er am 18.10.2011 im Gemeindebauhof A, A, Sammelstelle für Altpapier, Plastik, Metalle und Glas, außerhalb der dafür aufgestellten Sammelcontainer in mehreren Säcken und Schachteln

  1. Papiertaschentücher und Brot – somit Biotonnenabfälle – entgegen § 9 Abs.2 Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 2009 nicht zu den von der Gemeinde festgelegten Abfuhrterminen an den für die Sammlung geeigneten oder bestimmten Orten (§ 7 Abs.4 leg.cit.) bereitgestellt oder auch einer ord­nungsgemäßen Eigenkompostierung zugeführt,
  2. Papier, Plastik und Styropor, Abflussschläuche, Elektrogeräte und Holz – somit Altstoffe – entgegen § 9 Abs.4 Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 2009 nicht getrennt gelagert und nicht in die dafür vorgesehenen Sammelein­richtungen eingebracht hat.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der vom Bw begründend ausgeführt wird, dass er das nicht gewesen sei. Er habe das während des erstinstanzlichen Verfahrens bereits gesagt. Die Vorgangsweise habe den Anschein von Amtsmissbrauch, da der Bürgermeister der Gemeinde A auf der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung arbeite.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 18. Juli 2012      vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2012, an welcher der Bw persönlich teilgenommen hat.

 

Der Bw bewohnt an der Adresse P in A ein Einfamilienhaus. Insgesamt leben in seinem Haushalt drei Personen. Das Haus ist an die öffent­liche Abfallabfuhr angeschlossen, wobei der Abfallbehälter für die Hausabfälle in dreiwöchigen Abfuhrintervallen entleert wird. Die im Haushalt anfallenden biogenen Abfälle werden vom Bw selbst in seinem Garten einer Kompostierung zugeführt. Wenn im Sommer eine größere Menge an biogenen Abfällen, z.B. Rasenschnitt, anfällt, dann verbringt der Bw diesen zu seinem Schwager, der in der Nähe eine Landwirtschaft betreibt.

 

Mit Schreiben vom 29.11.2011 teilte die Gemeinde A dem Bw mit, dass beim Bauhof A, Sammelstelle für Altpapier, Plastik, Metalle und Glas, außerhalb der Sammelcontainer mehrere Säcke und Schachteln entsorgt worden sind. Diese Säcke und Schachteln sind von Gemeindemitarbeitern geöffnet worden und sind dabei Altstoffe wie Papier, Plastik, Styropor, Abflussschläuche, Elektrogeräte, Holz, Papiertaschentücher und Brot sowie einige Schriftstücke, darunter auch eines mit Namen und Adresse des Bw gefunden wurden. Der Bw wurde aufgefordert, einen Beitrag für die Entsorgung dieser Abfälle in Höhe von 20 Euro zu leisten.

 

Nachdem der Bw diesem Ersuchen der Gemeinde nicht nachgekommen ist, wurde von der Gemeinde A mit Schreiben vom 16.2.2012 eine Anzeige bei der Erstinstanz wegen unerlaubter Abfallentsorgung eingebracht. Dieser Anzeige ist eine an den Bw adressierte Rechnung, ausgestellt von der Firma M am 2.9.2011 angeschlossen.

 

Der Bw verantwortet sich damit, dass er Abfälle wie Papier, Verpackungs­material, Glas und Metall in seinem Haushalt in getrennten Boxen sammelt und größere Mengen beim Altstoffsammelzentrum entsorgt. Sollten kleinere Mengen an Papier und Verpackungsmaterial anfallen, bringt er diese zur gegenständlichen Altstoffsammelinsel in der Nähe der Schule. Der Bw erklärte im Zuge der mündlichen Verhandlung, dass er bei seinen Gesprächen über diese Abfallentsorgungen bei der Gemeinde erfahren habe, dass von der Gemeinde insgesamt 9 Bürger hinsichtlich unerlaubter Abfallent­sorgungen angeschrieben wurden und 8 andere die geforderten 20 Euro bezahlt haben. Diese Aussage des Bw erscheint insofern glaubwürdig, als im Schreiben vom 29.11.2011 von der Gemeinde allgemein dem Bw mitgeteilt wurde, dass bei der fraglichen Sammelstelle mehrere Säcke und Schachteln mit Abfällen entsorgt worden sind und auch einige Schriftstücke, darunter auch eines mit dem Namen und der Adresse des Bw gefunden wurden. Der Wortlaut dieses Schreibens deckt sich daher mit den Aussagen des Bw, wonach mehrere Schriftstücke bei den Säcken und Schachteln gefunden worden sind. Dieser Sachverhalt erklärt auch, warum dem Grunde nach eine genaue Zuordnung, welche Abfälle vom Bw bei der Sammelstelle entsorgt worden sein sollten, nicht möglich ist. Insgesamt ist auch festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall – nicht wie sonst in vergleich­baren Fällen üblich – Fotos der illegalen Entsorgungen als Beweis dafür, welche Abfälle konkret einer illegalen Entsorgung zugeführt wurden, angefertigt worden sind. Beim vorliegenden Sachverhalt kann daher den Ausführungen des Bw, wonach er für die von der Gemeinde vorgeworfenen illegalen Entsorgungen nicht verantwortlich ist, nicht wirksam entgegengetreten werden. Insgesamt machte der Bw auf das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates im Zuge der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck und ergeben sich – wie bereits erwähnt – auch aus den Schriftstücken der Gemeinde A keine Hinweise auf einen gegenteiligen Sachverhalt. Insbesondere kann aufgrund des Umstandes, dass mehrere Personen hinsichtlich der illegalen Entsorgungen von der Gemeinde zur Verantwortung gezogen wurden, nicht im Konkreten darauf rückgeschlossen werden, welche Entsorgungen dem Bw im Detail angelastet werden könnten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Hinsichtlich der zur Anwendung gelangenden Rechtsvorschriften des Oö. AWG 2009 wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

 

5.2. Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstraf­verfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

Dem Bw wird die Entsorgung von Biotonnenabfällen sowie von Altstoffen an einem nicht geeigneten Ort angelastet. Unter anderem wird dem Bw vorgehalten, Elektrogeräte bei der Altstoffsammelstelle entsorgt zu haben, wobei keinerlei Hinweis darauf enthalten ist, um welche Elektroaltgeräte es sich dabei handeln sollte. Gestützt wird dieser Vorwurf ausschließlich darauf, dass bei Säcken und Schachteln, die bei der Altstoffsammelstelle vorgefunden wurden, unter anderem auch eine Rechnung der Firma M, ausgestellt an den Bw, vorgefunden wurde. Im durchgeführten Ermittlungsverfahren – ergänzende Ermittlungen im erst­instanzlichen Verfahren sind unterblieben – war allerdings kein Beweis dafür zu erbringen, dass der Bw tatsächlich als Verursacher der Ablagerungen bei der Altstoffsammelstelle anzusehen ist. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben der Gemeinde an den Bw vom 29.11.2011, dass mehrere Personen verdächtigt wurden, die Abfallentsorgungen durchgeführt zu haben. Von diesen anderen Personen wurden allerdings die vorgeschriebenen Verwaltungskostenbeiträge geleistet, sodass diesen gegenüber von der Gemeinde keine Anzeige erstattet worden ist. Allein das Vorfinden eines an den Bw adressierten Schriftstückes – an der Sammelstelle befindet sich auch ein Altpapiercontainer –  kann allerdings der Verantwortung des Bw, wonach er eine ordnungsgemäße Trennung und Entsorgung von Abfällen an den von der Gemeinde bereitgestellten Orten durchführt, nicht entkräftet werden. Offensichtlich wurden von mehreren Personen nicht dem Gesetz entsprechende Entsorgungen von Abfällen an dieser Sammelstelle durchgeführt, wobei die Zuordnung zu den einzelnen Entsorgern im Nachhinein nicht mehr bewerkstelligbar ist. Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates kann zudem keine Motive des Bw für die angelastete Entsorgung von Abfällen erkennen, zumal der Bw in der mündlichen Verhandlung die Entsorgungswege der in seinem Haushalt anfallenden Abfälle klar und nachvollziehbar beschrieben hat. Insgesamt ergibt sich daher aufgrund der vorliegenden Sachlage, dass sich nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit beweisen lässt, dass der Bw die ihm angelastete Entsorgung von Abfällen bei der Altstoffsammelstelle vorgenommen hat. Aufgrund der vom Bw sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren nicht widersprüchlich dargestellten Situation war daher im Zweifel gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die angelastete Verwaltungsübertretung nicht erwiesen ist und der Bw daher auch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Im diesem Sinne war daher der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

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