Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523215/8/Sch/Eg

Linz, 19.12.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, X, X, vertreten durch die Rechtsanwaltspartnerschaft X, X, X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. Juli 2012, AZ: FE-829/2011, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 6. Juli 2012, AZ: FE-829/2011, die Herrn X von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land unter Zl. 07/334399 für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung nachträglich wie folgt eingeschränkt und befristet bis 25. Juni 2013.

- Der Berufungswerber habe sich bis zum 25.6.2013 einer amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage folgender Befunde zu unterziehen:
Er habe sich innerhalb von zwölf Monaten ärztlichen Kontrolluntersuchungen zu unterziehen und drei entsprechende Laborbefunde innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung durch die Behörde (Zustellung der Aufforderung) dieser persönlich oder per Post im Original vorzulegen:
3 x Kontrolluntersuchungen auf Drogen im Harn THC (Cannabis) durch einen Facharzt für Labormedizin nach Aufforderung durch die Behörde laut Gutachten vom 25.6.2012 (Dr. Häusler).

- Der Führerschein ist zwecks Eintragung der Auflage unverzüglich der Behörde vorzulegen.

 

 

Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 3 , 5, 13 und 24 Führerscheingesetz 1997 (FSG) idgF genannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber eine suchtmittelbelastete Vorgeschichte aufweist. Seitens der Erstbehörde ist deshalb mit Bescheid vom 4. August 2011, FE-829/2011, eine amtsärztliche Untersuchung seiner Person angeordnet worden. Die dagegen eingebrachte Berufung ist mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11. Oktober 2011, VwSen-522941/6/Sch/Eg, abgewiesen worden. Eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof dagegen war erfolglos geblieben.

 

Im Hinblick auf den Suchtmittelkonsum des Berufungswerbers in der Vergangenheit, konkret jener von Cannabis, war auch eine fachärztliche Stellungnahme aus dem Bereich der Psychiatrie einzuholen gewesen. Dr. X, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, kommt in seiner nervenfachärztlichen Stellungnahme vom 3. Februar 2012 zu dem Schluss, dass beim Berufungswerber keine psychiatrische Erkrankung vorliege. Deshalb sei auch keine Behandlung erforderlich. Der Berufungswerber sei aus psychiatrischer Sicht befähigt, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 eigenverantwortlich in Betrieb nehmen und lenken zu können.

 

Erwähnt ist in der Stellungnahme auch, dass beim Berufungswerber über Jahre hinweg sporadisch immer wieder Cannabiskonsum bzw. -missbrauch vorliege. Angeregt wurde eine verkehrspsychologische Untersuchung.

 

Der Berufungswerber hat in den Jahren 2011 und 2012 mehrere stets negative Drogenharnbefunde vorgelegt.

 

Unter Bedachtnahme hierauf und die erfolgte amtsärztliche Untersuchung vom 23. Februar 2012 ist der Polizeiarzt Dr. X in seinem Gutachten vom 20. Juni 2012 zu dem Schluss gekommen, dass amtsärztlicherseits im gegenständlichen Fall nicht umhin zu kommen sei, eine Eignung ohne weiterführende Beobachtungs-/Kontrollmaßnahmen auszusprechen. Dementsprechend ist im formularmäßigen Gutachten auch die Rubrik "geeignet" markiert, ohne jegliche Einschränkungen oder Befristungen.

 

Es liegt allerdings eine ergänzende fachärztliche Stellungnahme Dris. X vor, die eingeholt wurde, zumal die vom Facharzt in der oben erwähnten Stellungnahme angeregte verkehrspsychologische Untersuchung des Berufungswerbers aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist.

 

Fachärztlicherseits wurde in der Folge die Eignungsaussage insofern relativiert, als eine befristete Führerscheinausstellung für erforderlich erachtet wurde. Zudem sollte in entsprechenden Abschnitten die Drogenabstinenz laborchemisch nachgewiesen werden.

 

Begründet wird diese in der zweimal nachgewiesenen Distanzlosigkeit des Berufungswerbers bezogen auf den Cannabiskonsum, weshalb eine außergewöhnliche Persönlichkeitsstrukutr vorliege. In der Folge hat der Polizeiarzt ein neues Gutachten, datiert mit 25. Juli 2012 erstellt, wo auf eine Rücksprache mit dem Psychiater verwiesen wird, aufgrund derer eine auf ein Jahr befristet Eignung unter Einhaltung von Auflagen, nämlich die dreimalige Beibringung von Befunden auf Cannabismetabolite nach Aufforderung durch die Behörde und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung in einem Jahr notwendig wäre. In der Folge hat die Erstbehörde den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen, in welchem sie sich auf das erwähnte zweite polizeiärztliche Gutachten stützt.

 

Aufgrund dieser nicht eindeutigen Gutachtenslage wurde der Vorgang auch durch eine Amtsärztin der Direktion Soziales und Gesundheit des Amtes der Oö. Landesregierung zugeleitet. Von dieser Seite wird die polizeiärztliche Meinung wie im zweiten Gutachten des Polizeiarztes ausgeführt geteilt.

 

Auch die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass es durchaus im Regelfall wünschenswert ist, Besitzer von Lenkberechtigungen mit einer Drogenvorgeschichte zu beobachten und allenfalls auch einen gewissen Kontrolldruck auszuüben. Solche Verfügungen, wie eben Kontrolluntersuchungen, amtsärztliche Nachuntersuchung und Befristung einer Lenkberechtigung,  müssen aber eingehend begründet werden und dürfen nicht quasi als Ersatz für eine nicht durchsetzbare verkehrspsychologische Untersuchung dienen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich etwa im Erkenntnis vom 23. Februar 2011, 2010/11/0197, zu den Voraussetzungen einer Befristung der Lenkberechtigung ausgeführt hat, bedarf es, um eine bloß eingeschänkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen annehmen zu können, auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung, und zwar in ausreichendem Maß, noch für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß eingeschränkten Verschlechterung gerechnet werden muss.

 

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in diesem Sinn annehmen zu können, bedarf es entsprechender sachverständigerseits gestützter konkreter Sachverhaltsfeststellungen in diese Richtung (vgl. etwa VwGH 24.5.2011, 2010/11/0001, 20.3.2012, 2009/11/0119). Es muss also nachvollziehbar feststehen, dass der Betreffende an einer sich auf seine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auswirkenden Krankheit leidet und dass eine Beeinträchtigung mit der konkreten Gefahr besteht, dass sich der gesundheitliche Zustand künftig maßgeblich, im oben dargestellten Sinn, verschlechtern könnte.

 

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass ein gelegentlicher Konsum von Cannabis nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch nicht beeinträchtigt (VwGH 16.4.2009, 2009/11/0015 ua).

 

5. Die Faktenlage im vorliegenden Fall reicht für eine Zukunftsprognose mit jener Gefahrenkonkretisierung, die vom Verwaltungsgerichtshof in seiner oben zitierten Judikatur verlangt wird, nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht aus. Dem Cannabiskonsum des Berufungswerbers in der Vergangenheit stehen nämlich negative Harnproben gegenüber. Die Gutachtenslage ist in ihrer beschriebenen Chronologie auch nicht durchgängig. Die von der Erstbehörde verfügten Maßnahmen mögen zwar prima facie nachvollziehbar erscheinen, jener Begründungsaufwand ist allerdings nicht zu erbringen, der dem oben zitierten Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich Zukunftsprognose entsprechen würde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

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