Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590311/13/Wg/HU

Linz, 15.11.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der X, X, X, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. April 2012, Gz. 0037847/2009, betreffend Pflege-(Sonder)Gebührenrechnung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) gab dem Einspruch des X gegen die drei Pflegegebührenrechnungen der Nervenklinik Linz, Wagner Jauregg, vom 30. Jänner 2008 in der Höhe von 112,64 Euro, 30,72 Euro und 81,92 Euro mit Bescheid vom 13. April 2012, Gz. 0037847/2009, gemäß § 56 Abs.1 und 7 iVm §§ 55 Abs.1 und 52 Oö. Krankenanstaltengesetz 1997 Folge. Es wurde ausdrücklich festgestellt, dass X nicht verpflichtet ist, an die rechnungslegende Krankenanstalt Pflegegebühren zu bezahlen. In der Begründung argumentierte die belangte Behörde, seitens der rechnungslegenden Krankenanstalt seien keine Tatsachen vorgebracht worden, die auf eine fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit des beitragspflichtigen Patienten schließen lassen würden. Vielmehr sei die Behörde dem Argument im Einspruch gefolgt, dass der Verstorbene im Zeitpunkt der Behandlung (und damit bei Rechnungslegung und Entstehung der Forderung) über Einkünfte und Vermögen verfügt habe. Eine Unterhaltsverpflichtung des Vaters X sen. habe daher nicht entstehen können. Nach Ableben des Patienten könne keine Verpflichtung nach § 140 ABGB mehr entstehen, da es sich um Beistandspflichten handle und nicht um Haftungsübernahmen.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 30. April 2012. Die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) argumentiere, die Behörde könne nicht einfach feststellen, dass der Verstorbene im Zeitpunkt der Behandlung (und damit bei Rechnungslegung und Entstehung der Forderung) über Einkünfte und Vermögen verfügt habe. Solche Feststellungen könnten nur aufgrund eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens, in welchem Beweise aufgenommen werden müssen, durchgeführt werden. Dies falle ausschließlich in die Kompetenz der dafür zuständigen Behörde, die aufgrund von Tatsachenfeststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen (Begründungen) dann die entsprechenden Entscheidungen zu treffen habe. Im gegenständlichen Bescheid habe überhaupt kein Hinweis darauf gefunden werden können, dass in irgendeiner Form seitens der Behörde ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei. Vielmehr sei festgehalten worden, dass seitens der rechnungslegenden Krankenanstalt keine Tatsachen vorgebracht wurden, die auf eine fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit schließen lassen. Dem sei entgegen zu  halten, dass schon allein die Tatsache, dass der Patient nicht in der Lage gewesen sei, die Krankenhausrechnung zu bezahlen, ein Hinweis auf eine fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit sei. Des Weiteren werde seitens der X darauf hingewiesen, dass in § 55 Abs.2 Oö. KAG 1997 von unterhaltspflichtigen Personen gesprochen werde. Im Gesetz werde an keiner Stelle normiert, dass eine Voraussetzung für die Unterhaltspflicht nach § 55 Abs.2 Oö. KAG 1997 die tatsächliche Unterhaltsleistung sei. Das Gesetz gehe immer nur davon aus, dass die Personen dann, wenn die Voraussetzungen auf Seiten der unterhaltsberechtigten Person vorliegen würden, eine entsprechende Unterhaltspflicht dieser Personen zum Tragen käme. Eine solche Unterhaltspflicht komme eben auch bei dem von der unterhaltsberechtigten Person nicht bezahlten Pflege-(Sonder-)Gebühren zum Tragen. Auch könne die Feststellung der Behörde, dass nach Ableben des Patienten eine Verpflichtung nach § 140 ABGB nicht mehr entstehen könne, seitens der X nicht nachvollzogen werden. Es sei nie behauptet worden, dass eine solche Unterhaltspflicht nach dem Ableben des Patienten entstehe, vielmehr sei die Begründung einer solchen Unterhaltspflicht unabhängig von einem eventuellen Ableben des Verpflichteten. Es komme einzig und allein darauf an, ob es – wie bereits oben ausgeführt – unterhaltspflichtige Personen gäbe. Aufgrund der obigen Ausführungen erging daher der Antrag, der Berufung vollinhaltlich stattzugeben und den oben angeführten Bescheid dergestalt abzuändern, dass dem Antrag der X stattgegeben werde.

 

Die belangte Behörde legte dem Unabhängigen Verwaltungssenat den Verfahrensakt zur Entscheidung vor.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

 

X jun., geb. X, wurde in den Jahren 2006 und 2007 mehrere Male in der X, einer Einrichtung der X, stationär behandelt. X jun. wurden für diese stationäre Behandlung von der X Pflegegebühren bzw. Kostenbeiträge von insgesamt 3.438,48 Euro vorgeschrieben. Die Rechnungsbeträge blieben trotz mehrmaliger Zahlungsaufforderungen unbeglichen. Die X leitete den Fall daher an ein Inkassoinstitut weiter. Das Inkassoinstitut teilte der X in weiterer Folge mit, dass X jun. am X verstorben war. Die offene Forderung fand im Nachlass keine Deckung, weshalb die X dem Vater des verstorbenen Patienten, Herrn X sen., geb. X die Pflegegebühren bzw. Kostenbeiträge vorschrieb.

 

So wurde Herrn X sen., mit Pflege-(Sonder-)Gebührenrechnung vom 30. Jänner 2008, Rechnung-Nr.: SZ 087500011, für den Krankenhausaufenthalt des X jun. vom 26. Jänner 2006 bis 1. Februar 2006 eine Pflegegebühr in der Höhe von insgesamt 3.010 Euro vorgeschrieben. In der Pflege-(Sonder-)Gebührenrechnung vom 30. Jänner 2008, Rechnung-Nr.: SZ 087500012 (betreffend Krankenhausaufenthalt vom 26. Februar 2006 bis 27. Februar 2006) wurden Kostenbeiträge in der Höhe von 20,32 Euro vorgeschrieben,  mit Pflege-(Sonder-)Gebührenrechnung vom 30. Jänner 2008, Rechnung-Nr.: SZ 087500013 (betreffend Krankenhausaufenthalt vom 17. Oktober 2006 bis 3. November 2006) Kostenbeiträge in der Höhe von 182,88 Euro, mit Pflege-(Sonder-)Gebührenrechnung vom 30. Jänner 2008, Rechnung-Nr. 9000381067 (betreffend Krankenhausaufenthalt vom 24. Jänner 2007 bis 3. Februar 2007) Kostenbeiträge in der Höhe von 112,64 Euro, mit Pflege-(Sonder-)Gebührenrechnung vom 30. Jänner 2008, Rechnung-Nr. 9000381069 (betreffend Krankenhausaufenthalt vom 3. Februar 2007 bis 5. Februar 2007) Kostenbeiträge in der Höhe von 30,72 Euro und mit Pflege-(Sonder-)Gebührenrechnung vom 30. Jänner 2008, Rechnung-Nr. 9000381072 (betreffend Krankenhausaufenthalt vom 20. Februar 2007 bis 27. Februar 2007) wurde Herrn X sen., ein Kostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 81,92 Euro vorgeschrieben.

 

X sen., erhob gegen diese Pflege-(Sonder-)Gebührenrechnungen bei der X rechtzeitig Einspruch. Darin argumentierte er, er hafte keinesfalls für die Schulden seines Sohnes und es könne nicht nachvollzogen werden, mit welchen Berechtigungen an ihn Rechnungen geschickt würden.

 

Die X legte dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz den Einspruch zur Entscheidung vor.

 

Daraufhin wurde letztlich der bekämpfte Bescheid erlassen.

 

Festgestellt wird, dass X jun. über mehrere Jahre hinweg sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnissen nachging. Zuletzt erhielt er im Zeitpunkt 20. Oktober 2005 bis 25. November 2005 Krankengeld (Sonderfall), vom 2. Februar 2006 bis 28. Februar 2006 Notstandshilfe, Überbrückungshilfe. Vom 1. März 2006 bis 9. März 2006 erhielt er erneut Krankengeld (Sonderfall). Vom 1. März 2006 bis zu seinem Ableben am 5. Juni 2007 erhielt er eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit. Im relevanten Zeitraum von Anfang 2006 bis zu seinem Ableben am 5. Juni 2007 war er in der Lage, für seinen Unterhalt selbst aufzukommen. In diesem Zeitraum war die Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Im ergänzenden Ermittlungsverfahren wurde u.a. ein Versicherungsdatenauszug des X jun. eingeholt. Die X stellte daraufhin außer Streit, dass X jun. von Anfang 2006 bis zu seinem Ableben am 5. Juni 2007 selbsterhaltungsfähig war. Bei diesem Verfahrensergebnis war eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 55 Abs 1 und 2 des Oö. Krankenanstaltengesetzes (Oö. KAG) lauten:

 (1) Zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege-(Sonder-)gebühren ist in erster Linie der Patient selbst verpflichtet, sofern nicht eine andere physische oder juristische Person auf Grund sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen, sonstiger gesetzlicher Vorschriften oder vertraglich ganz oder teilweise dazu verpflichtet ist oder dafür Ersatz zu leisten hat.

(2) Können die Pflege-(Sonder-)gebühren nicht beim Patienten selbst oder bei den sonstigen im Abs. 1 genannten Personen hereingebracht werden, sind zum Ersatz die für ihn unterhaltspflichtigen Personen heranzuziehen. § 47 Abs. 3 Z 1 und 2 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 gilt sinngemäß. (Anm: LGBl. Nr. 41/2001)

 

Für die Auslegung des § 55 Abs 2 Oö. KAG sind die Erkenntnisse des VwGH vom 9. Mai 1967, GZ 1747/66 und vom 25. Februar 1975, GZ 0959/73 maßgeblich. Der VwGH hat sich in diesen Entscheidungen zur mittlerweile außer Kraft getretenen Bestimmung des § 35 Oö. KAG 1958 geäußert. Der Wortlaut des § 35 Oö. KAG 1958 entspricht inhaltlich § 55 Abs 2 erster Satz Oö. KAG 1997. Demzufolge legt § 55 Abs 2 oö. KAG nicht nur den Kreis der aus dem Grunde ihrer Unterhaltspflicht gegenüber dem Pflegling zum Ersatz der Pflegekosten Verpflichteten fest. Er begrenzt auch das Ausmaß der Leistungspflicht und zwar so, dass der Pflegegebührenersatz den konkreten Umfang der Unterhaltspflicht nicht übersteigen darf.

 

§ 140 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) lautet:

(1) Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

(2) Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müßte, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.

(3) Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.

 

Im bekämpften Bescheid wird ausschließlich über die Pflegegebührenrechnungen vom 30. Jänner 2008 in der Höhe von 112,64 Euro, 30,72 Euro und 81,92 Euro abgesprochen. Es steht fest, dass X jun. während seiner Krankenhausaufenthalte im Jahr 2006 und im Jahr 2007 selbsterhaltungsfähig war. Er hatte in diesem Zeitraum keinen Unterhaltsanspruch gegenüber seinem Vater. X sen. ist daher gemäß § 55 Abs.2 Oö. KAG nicht verpflichtet, für die Pflege-(Sonder-)Gebühren aufzukommen. Im bekämpften Bescheid wurde dem Einspruch daher zu Recht Folge gegeben.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

 

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