Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550596/33/Wim/Bu

Linz, 14.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der X GmbH, X, vertreten durch X Rechtsanwälte GmbH, X, auf Nichtigerklärung und Streichung von bestimmten Punkten aus den Ausschreibungsunterlagen der Ausschreibung GZ BauE-000.105/221-2012-Ga/Sts betreffend das Vergabeverfahren "X (im folgenden Auftraggeber) zu Recht erkannt:

 

 

1. Dem Antrag wird insoweit Folge gegeben als die Punkte 24.1 und 24.3 der Angebotsbestimmungen, der dritte Satz von Punkt 2.2., die Punkte 6.1 und 9.3 der Vertragsbestimmungen sowie im Punkt 3. der Anlage D (Leistungsbeschreibung) die Punkte 1. und 3. für nichtig erklärt und aus den Ausschreibungsunterlagen gestrichen werden.

 

Soweit der Antrag die Nichtigerklärung und Streichung des Punktes 24.2 der Angebotsbestimmungen, des gesamten Punktes 2.2., der Punkte 2.4. und 4.2.a der Vertragsbestimmungen sowie des gesamten Punktes 3. der Anlage D (Leistungsbeschreibung) begehrte, wird dieser abgewiesen.

 


2. Das Land Oö. wird verpflichtet der Antragstellerin zur Handen ihrer Rechtsvertreter die entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von 2.400 Euro binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 1, 2 und 7 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idgF iVm §§ 19, 78, 96, 98, Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 idF BGBl. I Nr. 15/2010.

zu II: § 23 Oö. VergRSG 2006.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 28. März 2012, eingebracht an diesem Tag per E-Mail um 20:57 Uhr und per Post, hat die X GmbH (im folgenden Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung und Streichung der Punkte 24.1., 24.2., 24.3. der Angebotsbestimmungen, Punkt 2.2 (in eventu den 3. Satz von Punkt 2.2.), 2.4., 4.2.a, 6.1. und 9.3. der Vertragsbestimmungen sowie Punkt 3. der Anlage D (Leistungsbeschreibung) in den Ausschreibungsunterlagen des gegenständlichen Vergabeverfahrens gestellt. Weiters wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Der drohende Schaden manifestiere sich insbesondere dadurch, dass die Antrag­stellerin bei einer rechts- und gemeinschaftsrechtskonformen Durchführung bei der zur erwarteten Zuschlagserteilung Umsatzerlöse von ca. 450.000 Euro pro Wintersaison über den Vertragszeitraum erziele und einen wichtigen Referenz­auftrag in Österreich erhalten könnte, was ihr aber durch die rechtswidrigen Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen verwehrt sei.

 

Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragstellerin eine Konzerngesellschaft der X und innerhalb des Konzerns für den Vertrieb von Auftausalz zuständig und dabei in x sei. Sie habe ausschließlich aufgrund diskriminierender Anforderungen hinsichtlich der technischen Leistungsmerk­male, die offensichtlich auf einen bestimmten Bieter (X) zugeschnitten seien sowie aufgrund von Bestimmungen in den Ausschreibungsunterlagen, die keine Preisermittlung ohne nicht kalkulierbares Risiko erlauben würden, keine Möglichkeit der erfolgreichen Teilnahme am gegenständlichen Vergabeverfahren. Die Produkte der Antragstellerin seien preislich meist günstiger und ökologischer und dabei technisch zumindest gleichwertig gegenüber den Produkten des bisherigen und offenbar weiterhin bevorzugten Lieferanten. Die Antragstellerin müsse bei gesetzes- und gemein­schafts­rechts­konformer Durchführung des gegenständlichen Vergabeverfahrens den Zuschlag erhalten bzw. hätte zumindest hervorragende Chancen dazu. Sie habe somit ein erhebliches rechtliches Interesse an der gesetzes- und gemeinschaftsrechtskonformen Durchführung des gegenständlichen Vergabever­fahrens.

 

Die Antragstellerin vertreibe nahezu ausschließlich Steinsalz. Dieses werde bergmännisch gewonnen und unter Tag durch Schremmmaschinen mechanisch und ohne Einsatz von Chemikalien vom Gestein getrennt. Es sei somit ein reines Naturprodukt. Steinsalz werde in Deutschland und in den meisten anderen EU- Mitgliedstaaten flächendeckend als Auftaumittel im Winterdienst eingesetzt.

 

Der bisherige Auftragnehmer des Auftraggebers, die X stelle ausschließlich Siedesalz her. Zur Herstellung von Siedesalz werde Wasser in den Berg geleitet, das im Gestein enthaltene Salz gelöst und die so gewonnene Sole anschließend abgepumpt. Die Sole werde sodann chemisch gereinigt und durch ein äußerst energieaufwändiges sogenanntes Thermokompressionsverfahren eingedampft. Siedesalz sei sohin ein chemisch gewonnenes Industrieprodukt. Insgesamt werde für die Gewinnung von Siedesalz ein Vielfaches an Energie benötigt und es würden erheblich mehr Treibhauspotenziale freigesetzt als beim Abbau von Steinsalz. Die bessere ökologische Bilanz von Steinsalz gegenüber Siedesalz gelte auch bei Berücksichtigung der gesamten Prozesskette und des längeren Anfahrtsweges von X nach X.

In seiner technischen Funktion als Auftausalz sei Steinsalz gegenüber Siedesalz hingegen zumindest gleichwertig, was insbesondere auch durch die Richtlinien und Vorschriften für das Straßenverkehrswesen X  der X Straße Schiene Verkehr, die auf den Winterdienst auf allen Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen anzuwenden sei, belegt werde. Die technischen Vorzüge von Steinsalz gegenüber Siedesalz bestünden insbesondere in dessen nachhaltigerem Auftaueffekt. Dazu wurde eine vergleichende Ökobilanz Steinsalz, Siedesalz, Meersalz vorgelegt.

 

Die angefochtene Ausschreibung werde als offenes Verfahren mit Zuschlag nach dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot durchgeführt. Zur Bewertung der technischen Günstigkeit habe der Auftraggeber in Punkt 24 der Angebotsbestimmungen Zuschlagskriterien mit Boni und Preiszuschlägen für die Einhaltung bzw. Unterschreitung bestimmter Grenzwerte (maximal mögliches Größtkorn, Natriumchloridgehalt, Sulfatgehalt) formuliert, die zu einer Veränderung des vom Bieter angebotenen Preises bei der Bewertung der Angebote führen würden.

 

In Punkt 24.1 der Angebotsbestimmungen würden Boni (Preisreduktionen) für Größtkörner unter 3,2 mm festgesetzt, wobei der Bonus je nach Grad der Unterschreitung des vom Auftraggeber festgesetzten Sollwertes von 3,2 mm proportional steige. Gemäß Punkt 4.3.2. der RVS 12.04.16 liege die maximal zulässige Korngröße bei 3,15 mm. Die typische maximale Korngröße von Siedesalz betrage 1,6 mm. Die typische maximale Korngröße von Steinsalz der Antragstellerin entspreche dem von der RVS 12.04.16 normierten Grenzwert von 3,15 mm. Durch die Gewährung proportional steigender Boni für den Grad der Unterschreitung eines ohnehin zulässigen Grenzwertes werde das Steinsalz der Antragstellerin somit ohne sachliche Rechtfertigung in den Zuschlagskriterien gegenüber dem Siedesalz diskriminiert, da Siedesalz bei einer solchen Bewertung höhere Preisabschläge erhalte.

 

Aus Punkt 24.2. der Angebotsbestimmungen errechne sich bei einem Natriumchlorid-Gehalt von 100% ein Bewertungsfaktor von 1, im Falle eines niedrigeren NaCl-Gehalts werde ein Zuschlag errechnet, der sich je nach Grad der Unterschreitung des Sollwertes von 100% proportional erhöhe. Gemäß Punkt 4.3.2. der RVS 12.04.16 habe der NaCl-Gehalt bei Auftausalzen nicht 100% sondern mindestens 97,5% zu betragen. Siedesalz habe typischerweise aufgrund seiner industriellen Herstellung einen konstanten NaCl-Gehalt von 99,9%. Steinsalz habe als Naturprodukt keinen völlig einheitlichen NaCl-Gehalt, da dieser aus geologischen Gründen je nach Abbaugebiet schwanken könne. Die Einhaltung eines konstanten NaCl-Gehalts von 99,9% könne somit bei der Lieferung von Steinsalz nicht gewährleistet werden. Der NaCl-Gehalt des Steinsalzes der Antragstellerin bewege sich jedenfalls durchwegs zwischen 97,5 und 98,6% und entspreche daher völlig den Werten der RVS für Auftausalz. Somit werde durch das genannte Zuschlagskriterium, wonach es für den Grad der Unterschreitung des NaCl-Gehalts von 100% proportional steigende Preiszuschläge gebe, Siedesalz gegenüber Steinsalz deutlich bevorzugt, da für Steinsalz aufgrund des zu hoch angesetztes Grenzwertes ein höherer Zuschlag berechnet werde als für Siedesalz, ohne dass dies aus technischer Sicht gerechtfertigt werde könne.

 

Gemäß Punkt 24.3. der Angebotsbestimmungen sein ein Preiszuschlag von € 0,015 kg je Milligramm Sulfat pro Kilo Auftausalz zu berechnen. Siedesalz habe typischerweise einen Sulfatanteil zwischen 150 mg/kg und 500 mg/kg. Der Sulfatanteil des Steinsalzes der Antragstellerin sei aufgrund der Eigenschaft von Steinsalz als Naturprodukt aus geologischen Gründen höheren Schwankungen ausgesetzt und bewege sich zwischen 1.300 mg/kg und 10.000 mg/kg. Gemäß Punkt 4.3.1. der RVS 12.04.16 dürfe der maximale Sulfatanteil 10.000 mg/kg nicht überschreiten. Somit entspreche das Steinsalz der Antragstellerin den in der RVS empfohlenen Grenzwerten. Daraus ergebe sich wiederum eine technisch ungerechtfertigte Bevorzugung von Siedesalz gegenüber Steinsalz, da der zulässige Grenzwert nicht berücksichtigt werde, sondern ohne sachlichen Grund ein den Grenzwerten entsprechender höherer Sulfatanteil pönalisiert werde.

 

Berechne man den Angebotspeis gemäß den vorgenannten Zuschlagskriterien anhand typischer Werte für Siedesalz der X und dem Steinsalz der Antragstellerin, ergebe sich bei einem gleichen Salzpreis von € 100 pro Tonne ein Bewertungsergebnis von € 86,35 pro Tonne Siedesalz der X und von € 120,93 pro Tonne Steinsalz der Antragstellerin. Dies bedeute, dass Siedesalz der X auch dann vom Auftraggeber bevorzugt werden würde, wenn die Antragstellerin ihr Steinsalz deutlich billiger als das Siedesalz der X anbieten würde. Um sich gegen ein Angebot über Siedesalz von 100 Euro/t durchsetzten zu können müsste die Antragstellerin Steinsalz lediglich um 65,30 Euro/t anbieten und entspreche dies einem Preisabschlag von nahezu 35%. Das liege aber weit unter den Marktpreisen und wäre sowohl für die Antragstellerin als auch für alle anderen Anbieter von den RVS-Werten entsprechendem Steinsalz nicht einmal kostendeckend.

 

Die wirtschaftlich und technisch nicht gerechtfertigte Bevorzugung von Siedesalz finde sich auch in den Gewährleistungs-, Haftungs- und Schadenersatz­be­stimmungen der Vertragsbestimmungen in Punkt 9.3. So habe sich der Bieter zu verpflichten, dass das von ihm gelieferte Auftausalz einen maximalen Sulfatanteil von 2.000 mg/kg aufweise. Die Festsetzung dieses Wertes durch den Auftraggeber erfolge völlig willkürlich und offenbar ausschließlich deshalb, weil er nur Siedesalz beschaffen wolle. Die Antragstellerin könne keinesfalls diesen maximalen Sulfatanteil ihres Steinsalzes gewährleisten und sei dies auch technisch nicht erforderlich, da gemäß der RVS der maximale Sulfatanteil von Auftausalz 10.000 mg/kg nicht überschreiten dürfe. Der de facto Ausschluss von Steinsalz durch die genannte Vertragsbestimmung erfolge daher ohne sachlichen Grund.

 

Ebenso werde in der Leistungsbeschreibung (Anlage D der Ausschreibungs­unter­lagen) ein maximaler Sulfatanteil von 2.000 mg/kg verlangt. Eine Nichtent­sprechung führe zum Ausscheiden des Angebotes, womit ein Angebot über Steinsalz der Antragstellerin automatisch ausgeschieden werden müsste, ohne dass es hiefür eine sachliche Rechtfertigung gäbe.

 

Gemäß Punkt 2.4. der Vertragsbestimmungen garantiere der Auftraggeber eine Mindestabnahmeverpflichtung von 20.000 t pro angefangenem Vertragsjahr, wobei die Höchstlieferverpflichtung mit 100.000 t pro angefangenen Vertragsjahr begrenzt sei. Die Lieferverpflichtungen pro Monat ergäben sich aus Anlage 4 (Liefer-/Mengenplan) der Ausschreibungsbedingungen. Gemäß Punkt 2.2. der Vertragsbestimmungen würden die vom Auftraggeber nicht abgerufenen Mengen die Mindestlieferverpflichtung des Auftragnehmers für den Folgemonat erhöhen, wobei aber die Lieferverpflichtung für das Vertragsjahr nicht berührt werden würde. Eine tägliche, wöchentliche oder monatliche Mindest- bzw. Höchstmenge sei nicht vorgesehen. Dem Auftraggeber stünde es somit gem. Pkt. 2.2. der Vertragsbestimmungen frei, monatelang zunächst nichts zu bestellen, dann aber an einem vom Auftraggeber einseitig bestimmten Tag die Lieferung von mehreren Monatsmengen innerhalb der festgelegten Lieferfrist von 72 Stunden zu fordern. Dies würde der Antragstellerin bei Zuschlagserteilung die Planung sowie die Durchführung von Lieferungen an den Auftraggeber (Anzahl benötigter LKW, Personaleinsatz, Lager- und Verladekapazitäten, etc.) vollkommen unmöglich machen und stelle somit ein unkalkulierbares Risiko bei der Ermittlung des Preises dar. Festzuhalten sei noch, dass Pkt. 5.1. der Vertragsbestimmungen für bei Abruf des Auftragsgebers zu erfolgende Lieferungen von Auftausalz aus der sogenannten Auftausalzreserve von mindestens 750 Tonnen pro Tag vorsehe. Diese Bestimmung gelte aber offenbar ausschließlich für Lieferungen aus der Reservemenge und nicht für die gewöhnlichen Lieferungen gemäß Pkt. 2, für die eben keine täglichen Liefermengen festgelegt seien.

 

Pkt. 4.2.a. der Vertragsbestimmungen sehe im Zeitraum vom 1. November bis zum 31. März Lieferfristen von 72 Stunden (= 3 Tage) ab Ordereingang beim Auftragnehmer vor. Zwischen Werktagen, Wochenenden und Feiertagen werde nicht differenziert. Dabei werde nicht beachtet, dass in Österreich sowie in anderen europäischen Ländern gesetzliche LKW-Fahrverbote an Wochenenden und Feiertagen bestünden. Daher würde sich die Lieferfrist extrem verkürzen, wenn die Bestellung etwa am Freitag eingehe bzw. wäre eine Lieferfrist bei einer Bestellung etwa am 23.12 oder 24.12. gar nicht realistisch erfüllbar. Bei Zuschlagserteilung könnte sich daher die Antragstellerin nicht auf eine für sie vorhersehbare Dauer der Lieferfristen einstellen. Dies stelle ein unkalkulierbares Risiko bei der Ermittlung des Preises dar.

 

Gem. Pkt. 6.1. der Vertragsbestimmungen werde der Vertrag befristet auf einen Zeitraum vom 1.9.2012 bis 31.8.2017 abgeschlossen, wobei der Auftraggeber ungeachtet der Befristung jeweils zum Ende des Vertragsjahres (das sei jeweils der 31.8.) einseitig zur vorzeitigen Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten berechtigt sei. Im Falle der Kündigung stünden dem Auftragnehmer keinerlei Ansprüche aus welchem Rechtsgrund auch immer gegen den Auftraggeber zu.

Diese Bestimmung sei für den Bieter krass benachteiligend und schaffe für diesen ein unkalkulierbares Risiko bei der Ermittlung des Preises. Die Antragstellerin müsste demnach bei Zuschlag sämtliche Vorbereitungen und Investitionen (Salzgewinnung, Einrichtung von Lager- und Verladekapazitäten und entsprechender Logistik, Anstellung von Personal, Verträge mit Subunternehmen etc.) darauf ausrichten, dass sie über einen Zeitraum von 5 Jahren verpflichtet sei den Auftraggeber flächendeckend in Oberösterreich mit Auftausalz zu versorgen. Dafür wären selbstverständlich erhebliche finanzielle Aufwendungen der Antragstellerin erforderlich, die bei einer vorzeitigen Kündigung durch den Auftraggeber ohne Ersatzansprüche keineswegs amortisiert wären. Auch würde es der Antragstellerin nicht gelingen, für das bereits für den Auftraggeber bereitgestellte Auftausalz bei einer Kündigungsfrist von nur 3 Monaten und Kündigung am 31.5. innerhalb eines wirtschaftlich vertretbaren Zeitraumes einen anderen Abnehmer zu finden. So hätten insbesondere Ende Mai in der Regel bereits sämtliche relevanten Abnehmer von Auftausalz, welche durchwegs öffentliche Auftraggeber seien, Verträge für den und/oder die kommenden Winter abgeschlossen bzw. seien entsprechende Angebotsfristen im Vergabeverfahren bereits abgelaufen. Dies werde auch durch das gegenständliche Vergabeverfahren belegt, in dem die Angebotsfrist bereits am 5.4. und nicht erst am 31.5. ende. Aus all diesen Gründen stelle die genannte einseitige Kündigungsmöglichkeit ein unkalkulierbares Risiko für die Auftragnehmerin bei der Ermittlung des Preises dar.

 

Im Einzelnen wurde zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibung ausgeführt, dass gemäß § 19 Abs. 5 BVergG auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen sei. Dies könne insbesondere durch die Berücksichtigung ökologischer Aspekte (wie etwa Endenergieeffizienz) bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen oder durch konkrete Zuschlagskriterien mit ökologischem Bezug erfolgen. Gemäß § 96 Abs. 4 BVergG seien in der Beschreibung der Leistung gegebenenfalls auch die Spezifikationen für die Lieferung von umweltgerechten Produkten und für die Erbringung von Leistungen im Rahmen umweltgerechter Verfahren, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der Technik und dem jeweils aktuellen Angebot möglich sei, anzugeben. Leistungs- und Funktionsanforderungen hätten, soweit dies aufgrund der Aufgabenstellung möglich sei, Anforderungen an die Umweltgerechtheit der Leistung zu enthalten. Bei den §§ 19 Abs. 5 und 96 Abs. 4 BVergG handle es sich schon nach dem Wortlaut um keine Kann- sondern um Mussbestimmungen, zumal nach dem Stand der Technik nichts dagegen spreche bevorzugt Steinsalz statt Siedesalz zu beschaffen. Das von der Antragstellerin vertriebene Steinsalz sei in der Gewinnung deutlich ökologischer (erheblich geringerer Energieaufwand und geringere Freisetzung von Treibhauspotenzialen) als das durch die Ausschreibungsunterlagen favorisierte Siedesalz. Dies gelte auch für die gesamte Prozesskette und selbst bei Berücksichtigung des längeren Anfahrtsweges von X nach X. In der technischen Funktion sei Steinsalz gegenüber Siedesalz zumindest gleichwertig. Es hätte daher in der gegenständlichen Ausschreibung auf die ökologischen Aspekte der Salzge­winnung Rücksicht genommen werden müssen und daher Zuschlags­kriterien und Leistungsbeschreibungen formuliert werden müssen, die Steinsalz gegenüber Siedesalz bevorzugen bzw. Siedesalz allenfalls ausschließen würden. In der Ausschreibung sei jedoch genau das Gegenteil der Fall. Schon aus diesem Grund seien die technischen Kriterien und Leistungsmerkmale der Ausschreibung, insbesondere die Punkte 24.1., 24.2., 24.3. der Angebotsbe­stimmungen (Zuschlagskriterien) sowie Punkt 9.3. der Vertragsbestimmungen sowie Punkt 3. der Anlage D (Leistungsbeschreibung) rechtswidrig und daher gemäß § 7 Abs. 2 Oö. VergRSG für nichtig zu erklären und aus den Ausschreibungsunterlagen zu streichen.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 BVergG seien Vergabeverfahren unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs unter Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Gemäß § 96 Abs.3 BVergG dürfe eine Leistung und die Aufgabenstellung nicht so umschrieben werden, dass ein bestimmter Bieter von vornherein Wettbewerbs­vorteile genieße. § 98 Abs.1 BVergG bestimme, dass technische Spezifikationen für alle Bieter und Bewerber gleichermaßen zugänglich sein müssten und den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern dürften. Gemäß § 98 Abs.7 BVergG dürfte, soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sei, in den Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmer oder bestimmte Produkte ausgeschlossen würden. Artikel 18 AEUV verbiete die Diskriminierung von Unionsbürgern aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Artikel 28 AEUV verbiete mengenmäßige Einfuhrbe­schränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitglieds­staaten.

 

Durch die bereits beschriebenen Zuschlagskriterien und technischen Spezifi­kationen würden ein Bieter von Steinsalz wie die Antragstellern ohne sachliche Rechtfertigung massiv benachteiligt werden und de facto von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen sein. Der Auftraggeber könne sich hier nicht auf die Wahlfreiheit des Auftraggebers bei den Kriterien für die Festlegung der Zuschlagskriterien berufen, da eine solche Wahlfreiheit nur dann gegeben sei, wenn die Kriterien der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes dienen würden. Somit sei die Wahlfreiheit des Auftraggebers bei der Festlegung von Zuschlagskriterien ebenso wie bei sonstigen technischen Spezifikationen durch das Gebot der Sachlichkeit begrenzt. Dies bedeute, dass der Auftraggeber die technischen Spezifikationen nicht willkürlich festsetzen dürfe, sondern sich an objektivierbare technische Notwendigkeiten halten müsse. Dabei werde er die Gebote von Artikel 18 und 28 AEUV zu beachten haben und die Zuschlags­kriterien und die technischen Spezifikationen so fassen müssen, dass nicht nur ein einziger regionaler Bieter sondern möglichst viele potentielle Bieter aus verschiedenen Mitgliedsstaaten zum Zuge kommen könnten und somit ein möglichst intensiver Bieterwettbewerb sichergestellt werde. Fasse der Auftraggeber Zuschlagskriterien und die technischen Leistungsmerkmale zu eng, sodass de facto nur ein Bieter zum Zug kommen könne, handle es sich hier um verdeckte hersteller- bzw. produktsspezifische Angaben, welche unter das Verbot des § 98 Abs.7 BVergG fallen würden.

In den antragsgegenständlichen Ausschreibungsunterlagen würden die Zu­schlags­kriterien und technischen Leistungsmerkmale der Ausschreibungs­unter­lagen verdeckte hersteller- und produktsspezifische Angaben enthalten und de facto nur Angebote über Siedesalz zulassen. Die in den Angebotsbestimmungen geforderten Eignungsnachweise könnten von den Siedesalzanbietern am österreichischen Markt ausschließlich von den X erfüllt werden, die somit als einzige Bieterin Erfolgschancen habe.

 

Gemäß § 78 Abs.3 BVergG seien die Ausschreibungsunterlagen so auszuarbeiten, dass die Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risiken ermittelt werden könnten. Es ergäben sich jedoch aus Punkt 2.2, 2.4., 4.2.a. und 6.1. der Vertragsbestimmungen unkalkulierbare Risiken bei der Ermittlung des Preises, weshalb auch diese Bestimmungen für nichtig zu erklären und aus den Ausschreibungsunterlagen zu streichen seien.

 

Sämtlichen vorgenannten rechtswidrigen Bestimmungen der Ausschreibungs­unter­lagen seien für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss im Sinne des § 7 Abs.1 Z2 Oö. VergRSG, da sie sowohl aus technischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht (die erfolgreiche) Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren verhindern würden.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat das Land Oberösterreich als Auftraggeber am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Mit Stellungnahme vom 05.04.2012 wurde zusammengefasst nach Schilderung des Sachverhaltes vorgebracht, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin verspätet sei, da der Antrag spätestens am 28.03.2012 einlangend eingebracht hätte werden müssen. Gemäß § 13 Abs.5 AVG iVm § 1 Abs.2 Satz 2 der Kundmachung des UVS vom 02.01.2012, GZ VwSen-990000/121, würden Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an Empfangsgeräte wie Telefax und E-Mail gerichtet würden, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten. Demzufolge sei der gegenständliche Nachprüfungsantrag verspätet.

 

Weiters fehle der Antragstellerin aufgrund einer schweren beruflichen Verfehlung das Interesse am Auftragserhalt im Sinne des § 3 Abs.1 Oö. VergRSG und die Antragslegitimation. Das deutsche Bundeskartellamt habe am 12.11.2008 gegen die X GmbH, einer konzernmäßig verbundenen Xgesellschaft der Antragstellerin eine Geldbuße in der Höhe von 15,6 Millionen Euro wegen der Beteiligung an einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache (Kartell) auf dem Markt für Auftausalz verhängt. Weiters seien Schadenersatzansprüche wegen Kartellverfahren gegen die X GmbH in Millionenhöhe geltend gemacht worden. Der Kartellrechtsverstoß sei zwar lediglich von der X GmbH begangen worden, die wie die Antragstellerin eine Tochter der gemeinsamen Xgesellschaft X GmbH (X) sei. Sämtlich der genannten Gesellschaften seien jedoch konzernmäßig verbunden und konsolidiert mit der X AG. Ebenso wie die Kartellstrafe könne davon ausgegangen werden, dass auch Schadenersatzklagen in Folge des Kartellrechtsverstoßes den gesamten X treffen würden. Weiters seien die einzelnen Konzerngesellschaften untereinander durch persönliche Verflechtungen verbunden. So sei das Vorstandsmitglied der X AG Herr X, auch Geschäftsführer der X GmbH sowie der Antragstellerin und sei das Vorstandsmitglied der X AG, Herr X, auch Geschäftsführer der X GmbH. Die Geschäftsführer der X GmbH seien dem Auftraggeber ebensowenig bekannt wie die Geschäftsführer der X GmbH im Jahr 2008.

 

Gemäß § 68 Abs.1 Z5 BVergG 2006 habe der Auftraggeber Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere berufliche Verfehlung begangen haben. Die Unzuverlässigkeit eines verbundenen Unternehmens führe zutreffenderweise zur Unzuverlässigkeit des Bieters, da ansonsten der Zweck der Regelung gerade bei Konzerngesellschaften leicht umgangen werden könnte, in dem die hinter dem betroffenen Unternehmen stehende Konzernmutter auf die sich die Kartellrechtsverstöße unmittelbar auswirken und die daraus entstehenden Folgen zu tragen habe, bei Vergabeverfahren eine andere Konzergesellschaft unter Umständen mit denselben handelnden Personen anbieten lasse. Somit wäre auch die Antragstellerin für den Fall einer Bewerbung im gegenständlichen Vergabeverfahren bereits wegen schwerer beruflicher Verfehlung vom Verfahren auszuschließen, respektive deren Angebot auszuscheiden. Der Antragstellerin fehle es daher an der Antragslegitimation und käme diese für eine Zuschlags­erteilung ohnedies nicht in Betracht.

 

Siedesalz weise für die Verwendung als Streu-/Auftausalz auf Verkehrsflächen vorteilhaftere (chemische) Eigenschaften auf, insbesondere eine konstante Qualität. Siedesalz zeichne sich insbesondere durch seine Reinheit aus. Es sei weitgehend frei von Gesteinsrückständen, dem sogenannten tauben Gestein. Der Salz-/NaCl-Anteil sei konstant und bei gleicher Salzmenge/Volumen effektiv höher als bei Steinsalz. Der insbesondere für die Lagerfähigkeit in Silos relevante Feuchtegrad des Siedesalzes sei schon durch die Produktions-/Verarbeitungsschritte konstant und zudem deutlich geringer als jener des direkt aus dem Berg gewonnenen Steinsalzes. Ein konstant niedriger Feuchtegrad sei Voraussetzung für die Ein-/Zwischenlagerung des Auftausalzes in den Silos der Straßenmeistereien. Nur so könne eine Verklumpung in den Silos ausgeschlossen werden. Weiters weise Siedesalz einen niedrigeren Sulfatgehalt als Steinsalz bei einem gleichzeitig höheren Anteil an Feinmaterial auf, was sich wiederum auf die Straßenerhaltung niederschlage. Der ökologische Vorteil bei der Gewinnung von Steinsalz gegenüber Siedesalz relativiere sich bei einer Gesamtbetrachtung. Steinsalz könne von der Umwelt (Wiesen neben den Straßen, Grundwasser, etc.) schon wegen des höheren Sulfatgehaltes wesentlich schlechter abgebaut werden als Siedesalz. Darüber hinaus blieben aufgrund des Fremdanteils im Steinsalz (taubes Gestein) auch Rückstände auf und neben den Straßen zurück, was bei Siedesalz nicht der Fall sei. Die Verwendung von Steinsalz auf öffentlichen Straßen würde daher auch Folgekosten verursachen (Straßenreinigung im Frühjahr zur Beseitigung des zurückgebliebenen tauben Gesteins, Folgewirkungen für die Umwelt wie beispielsweise für das Grundwasser durch den Sulfatanteil, etc.). Die gebotene gesamthafte Betrachtung der ökologischen Aspekte gehe daher zu Gunsten von Siedesalz aus. Sulfat greife zudem Beton und Stahl an. Ein hoher Sulfatgehalt verursache verstärkte Korrosion bei den Ein- und Kunstbauten im Zuge der Straßen, womit wiederum ein erhöhter Er-/Instandhaltungsaufwand für den Auftraggeber verbunden wäre.

 

Aus ökonomischer Sicht könne Steinsalz aufgrund der niedrigeren Qualität auch kostengünstiger hergestellt und damit angeboten werden. Durch eine Weiterbehandlung könne jedoch auch das Steinsalz qualitätsmäßig die gleichen Eigenschaften erlangen wie Siedesalz und stünde es dem Auftraggeber natürlich frei, durch Weiterverarbeitung und/oder Nachbehandlung in qualitativer Hinsicht ein den festgelegten Qualitätskriterien entsprechendes Steinsalz anzubieten. Dadurch würden sich jedoch die Produktionskosten und damit der Angebotspreis erhöhen. Die bei Steinsalz nötige Weiterverarbeitung und/oder Nachbehandlung entfalle bei Siedesalz bzw. sei dort schon ein Teil der Salzgewinnung. Steinsalz und Siedesalz seien mit den festgelegten Qualitätskriterien von den Herstellungskosten in etwa gleich. Genau diesen Vor- bzw. Nachteil sollten die festgelegten Zuschlags-/Bewertungskriterien ausgleichen. Die Anfechtung der von der Antragstellerin ebenso erfüllbaren Zuschlagskriterien in der Ausschreibung ginge ins Leere und würden offenbar nur den Zweck verfolgen, den Auftraggeber in Richtung Billigstbieterprinzip zu drängen.

Ausgehend von diesen grundlegenden Produktunterschieden lasse sich (unbehandeltes) Steinsalz nicht mit (behandeltem) Siedesalz vergleichen. Es gäbe daher zumindest bei der Verwendung als Streusalz für Verkehrsflächen sachliche Gründe, die es vergaberechtlich rechtfertigen würden, von vornherein entweder die Lieferung von Stein- oder Siedesalz auszuschreiben, was in der Praxis auch regelmäßig vorkomme. Im konkreten Fall komme es dem Auftraggeber jedoch nicht darauf an, ob der Unternehmer Stein- oder Siedesalz liefere, sondern es komme ihm nur auf die Qualität in Verbindung mit dem Preis an. Damit sowohl Anbieter von Steinsalz als auch von Siedesalz anbieten könnten und damit eine Vergleichbarkeit der Angebote möglich und gewährleistet sei, habe der Auftraggeber in der Praxis gängige, objektive, nicht diskriminierende und sachlich gerechtfertigte Kriterien festgelegt. Im Übrigen obliege die Festlegung des Ausschreibungsgegenstandes sowie der angeforderten Qualitätsstandards ausschließlich dem Auftraggeber.

Es würde auch keine Diskriminierung der Antragstellerin aus Gründen der Staatsangehörigkeit vorliegen, weil EU-weit es zahlreiche Anbieter sowohl für die Lieferung von Steinsalz, also auch für die Lieferung von Siedesalz gäbe. Überdies würde auch die Antragstellerin nicht nur Steinsalz sondern auch Siedesalz anbieten und würde dies im Konzernverbund auch produziert werden. Es seien daher sämtliche Bestimmungen in der Ausschreibungsunterlage weder im Hinblick auf die Antragstellerin noch im Hinblick auf Produkte diskriminierend und nicht auf ein bestimmtes Produkt zugeschnitten und keinesfalls so abgefasst, dass eine Kalkulation auf ihrer Basis nicht möglich wäre.

Die von der Antragstellerin beanstandeten Zuschlagskriterien seien vergabe­rechts­konform und bei Auftausalzausschreibungen üblich. Sie stünden mit dem Auftragsgegenstand im Zusammenhang und dienten der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, räumten dem Auftraggeber keine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit ein und würden die vergaberechtlichen Grundsätze insbesondere das Diskriminierungsverbot und das Transparenzgebot wahren.

 

Zur Bewertung des Größtkornes in Punkt 24.1. der Angebotsbestimmungen werde zunächst darauf hingewiesen, dass die Definition des Leistungs­gegenstandes und die Festlegung der Qualitätsanforderungen dem Auftraggeber obliege. Dieses Zuschlagskriterium habe sachlich gerechtfertigte Gründe, weil Grobkörner in mehrfacher (unter anderem ökologischer) Hinsicht nachteilig seien. Für den Auftraggeber wäre ein hoher Anteil an Grobkörnern auch deswegen nachteilig, weil die Silos und die Streufahrzeuge auf die Streuung von besonders feinem Salz ausgerichtet seien und im Falle der Streuung von grobem Salz umgerüstet werden müssten, was beim Auftraggeber zusätzliche Kosten verursachen würde. Überdies kämen die Straßenfahrzeuge des Auftraggebers bei grobkörnigem Salz öfters zum Einsatz, da sich mit der Korngröße auch die zu transportierende Menge erhöhe, was ebenso unter Kosten- aber auch unter Umweltgesichtspunkten vermieden werden sollte. Die Wirkung des Auftausalzes sei sehr abhängig von der Salzmenge und nicht vom Salzvolumen. Je mehr Salz (kg/t) mit dem Streuwagen transportiert werden können, desto weniger Streufahrten seien notwendig. Im Sinne der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz sei der Auftraggeber zu einem System gehalten, welches den Erfordernissen nach einer möglichst kleinen Korngröße gerecht werde.

Wenn, wie die Antragstellerin behaupte tatsächlich die typische maximale Korngröße von Steinsalz dem von der RVS 12.04.16 normierten Grenzwert von 3,15 mm entspreche, würde das festgelegte Zuschlagskriterium der Antragstellerin auch nicht zum Nachteil gereichen. Der Auftraggeber habe nämlich bereits Boni für Größtkörner unter 3,2 mm festgesetzt und würde daher die Antragstellerin davon profitieren. Überdies sei Steinsalz einer Behandlung dahingehend, dass diese Boni höchstmöglich in Anspruch genommen werden könnten, zugänglich. Es sei nicht ersichtlich, weshalb dem Auftraggeber die Festlegung strengerer Kriterien bzw. Grenzwerte als in den X vorgesehen verwehrt sein sollte und sei auch nicht ersichtlich, weshalb eine derartige Festlegung des Auftraggebers vor diesem Hintergrund diskriminierend sein sollte.

 

Zur Bewertung des NaCl-Gehalts in Punkt 24.2. der Angebotsbestimmungen sei bei Auftausalz ein möglichst hoher NaCl-Gehalt vorteilhaft und notwendig. Über dieses Kriterium wäre faktisch auch die Reinheit des angelieferten Auftausalzes definiert, denn je höher der NaCl-Anteil, desto geringer sei der Anteil an taubem Gestein. Die Festlegungen des Auftraggebers seien sachlich gerechtfertigt und lägen in seinem Interesse eine Unterschreitung des von ihm festgelegten NaCl-Grenzwertes durch die Bieter weitgehend hintanzuhalten. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin habe der Auftraggeber keinen konstanten NaCl-Gehalt vorgeschrieben, sondern ein Bewertungssystem gewählt, in welchem ein für den Auftraggeber zu niedriger NaCl-Gehalt schlechter bewertet werde, als der vom Auftraggeber gewünschte. Zwischen Stein- und Siedesalz werde nicht unterschieden. Auch Steinsalz könne unter Umständen erst nach vorheriger Behandlung einen möglichst hohen NaCl-Gehalt erreichen und vom festgelegten System profitieren. Inwieweit durch dieses Kriterium eine Bevorzugung einer bestimmten Salzart oder gar eine Diskriminierung der Antragstellerin liegen solle, sei nicht ersichtlich.

 

Zur Bewertung des Sulfatgehaltes in Punkt 24.3. der Angebotsbestimmungen sei auch ein niedriger Sulfatanteil bei Auftausalz in sachlicher Hinsicht, insbesondere in Anbetracht der erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Verkehrsflächen und auf die Umwelt von Vorteil. Dementsprechend habe der Auftraggeber auch das Zuschlagskriterium danach ausgerichtet, dass Angebote, die ein Auftausalz mit einem hohen Sulfatgehalt zum Gegenstand hätten, nicht so gut bewertet würden, wie solche mit einem niedrigeren Sulfatgehalt. Es sei dem Auftraggeber die Festlegung strengerer Kriterien bzw. Grenzwerte als in der RVS nicht verwehrt. Es bleibe der Antragstellerin unbenommen, Stein- oder Siedesalz in einer Qualität anzubieten, die den festgelegten Kriterien möglichst entspreche. Es sei daher auch nicht ersichtlich, inwieweit eine derartige Festlegung des Auftraggebers vor diesem Hintergrund diskriminierend sein sollte.

 

Zu den beanstandeten Gewährleistungs-, Schadenersatz- und Haftungs­be­stimmungen nach Punkt 9.3. der Vertragsbestimmungen sei der Auftraggeber auf den bereits ausgeführten sachlich gerechtfertigten Gründen an einer vertraglichen Zusicherung bestimmter Qualitätskriterien interessiert. Es bleibe der Antragstellerin unbenommen, Stein- oder Siedesalz anzubieten, welches diesen Kriterien entspreche und würden diese auch nicht diskriminierend sein.

 

Zur Lieferverpflichtung und Mindestabnahmeverpflichtung entsprechend den Punkten 2.2. und 2.4. der Vertragsbestimmungen würde gemäß Punkt 2.4. der Vertragsbestimmungen der Auftraggeber eine Mindestabnahmeverpflichtung von 20.000 Tonnen pro angefangenem Vertragsjahr garantieren, wobei die Höchstlieferverpflichtung mit 100.000 t pro angefangenem Vertragsjahr begrenzt sei. Dies bedeute, dass der Auftraggeber jedenfalls 20.000 t pro Jahr abnehme und der Auftragnehmer insoweit einen Anspruch auf Abgeltung/Bezahlung von diesen 20.000 t habe unabhängig davon, ob der Auftraggeber diese Menge beziehe oder nicht. Diesem Risiko des Auftraggebers stehe die Lieferverpflichtung des Auftragnehmers bis zu maximal 100.000 Tonnen pro Jahr entgegen, damit der Auftraggeber die Sicherstellung der Salzversorgung und damit der Verkehrssicherheit auf Oberösterreichs Straßen gewährleisten könne. Die Mindestabnahmegarantie des Auftraggebers und die Lieferverpflichtung des Auftragnehmers seien nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern auch eine ausgewogene Risikoverteilung. Eine derartige Regelung sei üblich und werde auch von öffentlichen Stellen und führenden Experten auf diesem Gebiet empfohlen. Gemäß Punkt 2.2. der Vertragsbestimmungen würden die vom Auftraggeber nicht abgerufenen Mengen die Mindestlieferverpflichtung des Auftragnehmers (nur) für den Folgemonat erhöhen, wobei aber die Lieferver­pflichtungen für das Vertragsjahr nicht berührt würden. Das Vorbringen der Antragstellerin, wonach es dem Auftraggeber gemäß Punkt 2.2. der Vertragsbestimmungen frei stünde, monatelang zunächst nichts zu bestellen und dann aber vom Vertragsgegner an einem einseitig bestimmten Tag die Lieferung von mehreren Monatsmengen innerhalb der festgelegten Lieferfrist von 72 Stunden zu fordern, sei daher nicht richtig. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit diese Vorgabe ein unkalkulierbares Risiko bei der Ermittlung des Preises darstellen solle.

 

Die Lieferfristen gemäß Punkt 4.2.a. der Vertragsbestimmungen von 72 Stunden ab Ordereingang beim Auftragnehmer seien notwendig zur Gewährleistung der Sicherheit des Verkehrs auf den öffentlichen Straßen des Landes Oberösterreich und zudem üblich. Eine solche Bestimmung stelle auch kein unzumutbares Risiko für den Auftragnehmer bei der Preisgestaltung dar. Dem Auftraggeber käme es gerade darauf an, dass der Auftragnehmer just in time liefern könne. Bei einem Tagesverbrauch an Auftausalz von bis zu 3.000 t an Spitzentagen wären die Vorräte in den Silos innerhalb von 3 bis 4 Tagen aufgebraucht. Das Argument der Antragstellerin, wonach das Feiertagsfahrverbot nicht berücksichtigt werden würde, überzeuge nicht, da eine entsprechende Ausnahmegenehmigung beantragt werden könne und eine solche bisher stets erteilt worden sei. Sollte der Auftragnehmer die Zeitvorgabe nicht einhalten können, bleibe es ihm unbenommen sich eines Subunternehmers oder eines weiteren Unternehmers (Spediteur oder Frächter) zu bedienen und in Form einer Bietergemeinschaft anzubieten. Darüber hinaus bewirke diese Bestimmung keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten und sei im Übrigen davon auszugehen, dass dieses Kriterium aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sei.

 

Zur Kündigungsbestimmung in Punkt 6.1. der Vertragsbestimmungen spiele es aus Sicht des Auftragnehmers keine Rolle, ob ein jährlicher Vertrag mit einseitigen Verlängerungsoptionen auf weitere Jahre oder ein auf mehrere Jahre befristeter Vertrag mit einseitiger Kündigungsmöglichkeit abgeschlossen werde. Die Antragstellerin werde durch die Entscheidung des Auftraggebers für diese Variante nicht benachteiligt. Auch von der Übernahme unkalkulierbarer Risiken durch den Auftragnehmer könne keinesfalls die Rede sein. Punkt 6.2. sehe zudem ein außerordentliches Kündigungsrecht für beide Vertragsteile vor. Die von der Antragstellerin gemachten wirtschaftlichen Argumente gingen daher schon deshalb ins Leere, weil die Folgen einer einseitigen Kündigung durch den Auftraggeber auch bei der Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechtes eintreten könnten.

 

2.2. Von der Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 04.05.2012 eine Äußerung zur Stellungnahme des Auftragsgebers vom 05.04.2012 abgegeben und zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragstellerin am 28.03.2012 den Antrag nicht nur per E-Mail sondern auch als Einschreiben bei der österreichischen X aufgegeben habe und gemäß § 33 AVG der Postlauf nicht in die Frist einzurechnen sei.

 

Zur behaupteten mangelnden Antrags­legitimation der Antragstellerin gemäß § 68 Abs.1 Z1 BVergG habe der Auftraggeber Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn - sofern es sich um eine juristische Person handle - in der Geschäftsführung des Unternehmens tätige Personen wegen eines in Z1 taxativ aufgezählten Straftatbestandes rechtskräftig verurteilt worden seien. Der Auftraggeber bleibe hier jegliches konkretes Vorbringen schuldig. Tatsächlich seien sämtliche Geschäftsführer der Antragstellerin nämlich X und X unbescholten. Die Antragstellerin habe im Übrigen im Zeitraum der Verwirklichung der Verwicklung der X GmbH in ein Kartell in Deutschland noch nicht einmal bestanden. Außerdem sei vom Auftraggeber nicht schlüssig dargetan worden, weshalb durch eine allfällige Beteiligung der X GmbH an einem Kartell in Deutschland die ordentliche Auftragserbringung durch die Antragstellerin im konkreten Fall gefährdet sein sollte, was für einen Ausschluss nach § 68 Abs.1 Z5 BVergG jedenfalls erforderlich wäre. Im vorliegenden Beschaffungsvorgang sei jedenfalls ganz offensichtlich kein Kartell gegeben und es lägen auch keinerlei Absprachen mit dem Mitbewerb vor.

 

Dem Auftraggeber komme in Bezug auf die Zuschlagskriterien keine unbeschränkte Wahlfreiheit zu, vielmehr müssten Zuschlagskriterien mit dem Gegenstand des Auftrages zusammenhängen und seien die wesentlichen Grundsätze der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbotes und der Transparenz zu beachten. Im Ergebnis bedeute dies, dass die Zuschlagskriterien vom Auftraggeber nicht willkürlich festgelegt werden dürften, sondern fachlich gerechtfertigt sein müssten. Eine weitere Einschränkung der Wahlfreiheit des Auftraggebers hinsichtlich der Wahl der Zuschlagskriterien ergebe sich seit Inkrafttreten des BVergG 2006 aus § 19 Abs.5 und § 96 Abs.2 BVergG durch die zwingende Berücksichtigung ökologischer Aspekte.

 

Zur angeblichen Neutralität des Auftraggebers gegenüber Stein- und Siedesalz sei unverständlich, warum der Auftraggeber von der von ihm mitgestalteten RVS, die am 01.10.2011 veröffentlicht wurde, abgewichen sei und in der verfahrensgegenständlichen Ausschreibung die Zuschlagskriterien so formuliert habe, dass diese entweder auch vom hochwertigsten Steinsalz nicht erfüllt werden könnten, oder Steinsalz zumindest in der Bewertung gegenüber Siedesalz benachteiligen würden. Im Falle des Steinsalzes der Antragstellerin würden sich die Qualitätsschwankungen des Naturproduktes durchwegs innerhalb der Grenzen der RVS bewegen und seien diese Schwankungen technisch und wirtschaftlich bedeutungslos und würden trotzdem vom Auftraggeber pönalisiert.

 

Zur Bewertung der Größtkörner (Punkt 24.1. der Angebotsbestimmungen) sei die Behauptung des Auftraggebers, er müsse Streufahrzeuge und Silos für die größeren Körner der Antragstellerin kostenintensiv umrüsten, unrichtig, weil sämtliche gängigen Streufahrzeuge und Silos einschließlich derjenigen des Auftraggebers technisch so ausgerichtet seien, dass sie an verschiedene Korngrößen innerhalb des Sollwertes von 3,2 mm angepasst werden könnten. Sämtliche vorhandene Streufahrzeuge und Silos würden jedenfalls problemlos mit dem Auftausalz der Antragstellerin funktionieren. Es gäbe somit abgesehen von einfachem Nachjustieren der vorhandenen Streufahrzeuge und Silos keine Umrüstungskosten für den Auftraggeber. Aus diesem Grund habe er auch selbst keine bestimmte Korngröße vorgeschrieben, sondern die Zuschlagskriterien nur so formuliert, dass die kleinere Korngröße von Siedesalz in Form höherer Boni bevorzugt werde. Nicht nachvollziehbar sei die Behauptung des Auftraggebers, wonach bei größerer Korngröße mehr Streufahrten notwendig seien. Die Salzmenge bliebe ja unabhängig von der Korngröße dieselbe. Im Übrigen hätten größere Körner einen nachhaltigeren Auftaueffekt als kleine Körner, sodass der Auftraggeber durch den Einsatz von größeren Körnern die Anzahl der Streufahrten sogar verringern könnte. Die Behandlung von Steinsalz, dass die Korngröße weiter verringert würde, nur um die Boni des Auftraggebers optimal auszuschöpfen, wäre mit derart hohen Kosten verbunden, dass eine Teilnahme am Vergabeverfahren für die Antragstellerin völlig unwirtschaftlich wäre. Eine Behandlung von Steinsalz wäre auch technisch völlig sinnlos und würde dem Auftraggeber keinerlei Vorteil bringen.

 

Zum NaCl-Gehalt (Punkt 24.2. der Angebotsbestimmungen) würde der Unterschied zwischen Stein- und Siedesalz im NaCl-Gehalt keine maßgeblichen Unterschiede in der Tauwirkung bewirken und deshalb würde die RVS auch einen NaCl-Gehalt von 97,5 % vorschreiben.

 

Zum Sulfatgehalt (Punkt 24.3 der Angebotsbestimmungen, Punkt 9.3. der Vertragsbestimmungen, Anlage D der Ausschreibungsunterlagen) sei das angebotene hochwertige Steinsalz der Antragstellerin für Kunstbauten, Grundwasser etc. nicht schädlicher als Siedesalz. Dies werde unter anderem dadurch belegt, dass das Steinsalz der Antragstellerin den Werten der vom Auftraggeber mitformulierten RVS entspreche. Die behaupteten Gefahren für Betonkunstbauten etc. durch einen höheren Sulfatgehalt seien jedenfalls innerhalb der Grenzwerte der RVS auszuschließen.

 

Zum behaupteten Vorhandensein anderer Anbieter von Siedesalz am europäischen Markt gäbe es entgegen den Ausführungen des Auftraggebers außer den X keinen Anbieter von Siedesalz als Auftausalz im europäischen Markt, der die in Punkt 11.4. der Ausschreibungsbedingungen geforderte technische Leistungsfähigkeit habe, also etwa die geforderte Lieferfähigkeit und Referenzen vorweisen oder an dem verlangten elektronischen Beschaffungssystem teilnehmen könnte. Die X sei auch das einzige Unternehmen, das über ausreichende Mengen an Siedesalz für einen flächendeckenden Winterdienst verfüge. Grund für die Alleinstellung der X sei, dass in allen EU-Ländern außer Österreich aufgrund ökologischer und technischer Überlegungen Steinsalz im Winterdienst eingesetzt werde.

 

Zu den Vertragsbestimmungen betreffend Lieferverpflichtungen und Mindestab­nahme­verpflichtung (Punkt 2.2. und 2.4. der Vertragsbestimmungen) finde ein Interessensausgleich zwischen dem Interesse des Auftraggebers nicht zu viel Streusalz zu bestellen und der wirtschaftlichen Notwendigkeit der Antragstellerin Liefermengen und den Einsatz der dafür benötigten Betriebsmittel zumindest annähernd planen zu können, nicht statt.

 

Zu den Lieferfristen entbehre die Vorgehensweise des Auftraggebers bei der gebotenen vorausschauenden Planung jeder Grundlage. Die Antragstellerin hätte für ihre Lieferungen von Auftausalz nach Oberösterreich mehrere deutsche Bundesländer zu durchqueren. Es sei keineswegs sichergestellt und sogar eher unwahrscheinlich, dass die Antragstellerin eine Ausnahme vom LKW-Fahrverbot an Wochenenden für die Lieferung von Auftausalz nach Oberösterreich etwa in Bayern erhalten werde. Ein Rechtsanspruch auf derartige Ausnahme­genehmigungen für Lieferungen von Auftausalz nach Oberösterreich bestehe jedenfalls in Bayern keineswegs.

 

Zu den Kündigungsbestimmungen wäre die Argumentation, dass der Auftrag­geber ohnehin aufgrund des außerordentlichen Kündigungsrechtes den Vertrag auflösen könne, deshalb verfehlt, weil für die Ausübung des außerordentlichen Kündigungs­rechts durch den Auftraggeber von der Antragstellerin zu vertretende wichtige Gründe vorliegen müssten, welche in Punkt 6.2. aufgezählt seien (zB. Insolvenz oder massive Verletzung von Vertragspflichten). Im Gegensatz dazu gebe Punkt 6.1. dem Auftraggeber ein einseitiges vorzeitiges Kündigungsrecht ohne dass es hierfür einer Begründung, geschweige denn eines von der Antragstellerin zu vertretenden Umstandes bedürfe. Daher ermögliche dieser Punkt eine willkürliche Ausübung des Kündigungsrechtes und stelle für die Antragstellerin ein unkalkulierbares Risiko dar.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Ausschreibungsunterlagen sowie Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 08.05. und 17.08.2012 sowie Einholung eines Gutachtens zu konkret formulierten Beweisthemen des Herrn  X, Leiter des gemeinsamen Arbeitsaus­schusses Winterdienst der X und des Verbandes kommunaler X.

 

Dieser nichtamtliche Sachverständige wurde deshalb bestellt, da sich in der ersten öffentlichen mündlichen Verhandlung sehr widersprüchliche Aussagen in Bezug auf die aufgeworfenen Fragen ergeben haben. Die Besonderheit des Falles die dessen Bestellung rechtfertigt liegt darin, dass Amtssachverständige praktisch nur im Naheverhältnis zum Auftraggeber insbesondere im Bereich der Straßenverwaltung zur Verfügung gestanden wären und daher die gewählte Vorgangsweise geboten war.

 

Beim bestellten Sachverständigen handelt es sich um eine anerkannte internationale Kapazität für Fragen des Winterdienstes, der auch im Schriftsatz des Auftraggebers mehrfach zitiert wurde (Seite 13 der Stellungnahme vom 05.04.2012). Der Auftraggeber hat sich im Rahmen seiner vorgängigen Äußerungen nicht ausdrücklich gegen die Bestellung dieses Sachverständigen ausgesprochen und diesen insbesondere nicht abgelehnt und ihn auch im Laufe des weiteren Verfahrens nicht als befangen oder fachlich unqualifiziert ange­sehen.

 

3.2. Vom Sachverständigen wurde mit schriftlichem Gutachten vom 03.08.2012 zu den nachstehenden angeführten Beweisthemen wie folgt gutachtlich ausge­führt:

 

"Die Firma X (Antragstellerin) hat am 28.3.2012 einen Nachprüfungsantrag betreffend die o.g. Ausschreibung des X vom 16.2.2012 gestellt. Mit Bescheid vom 29.5.2012 wurde ich vom Unabhängigen Verwaltungs­senat zum nichtamtlichen Sachverständigen in dem Verfahren bestellt. Mit Schreiben vom 5.6.2012 wurde ich dann beauftragt, ein umfassendes schriftliches Gutachten zu erstatten; hierbei wurde mir eine umfangreiche Liste von konkreten Beweisfragen übermittelt, die ich im Folgenden beantworte. Zur besseren Übersicht habe ich die Fragen durchnummeriert und jeweils nochmals wiederholt.

 

Als Grundlage der Beurteilung dient der mir in Kopie überlassene komplette Vorgang des Verfahrens.

 

1.         Welche Arten der Salzstreuung (Salzmaterial und Streuverfahren) werden in der EU bzw. in Österreich eingesetzt? Welche Vor- und Nachteile haben diese gene­rell?

 

In den Ländern der EU wird der Winterdienst zumindest auf dem Hauptstraßennetz aus­schließlich mit Streusalz durchgeführt. Der Umfang der Salzanwendung ist dabei entspre­chend der Größe des Straßennetzes, dessen Verkehrsbelastung und vor allem der klimatischen Situation unterschiedlich. Der Jahresverbrauch an Auftausalz schwankt dabei je nach Winter-Intensität europaweit zwischen 5 und 18 Mio. Tonnen.

 

Eingesetzt wird dabei fast ausschließlich Natriumchlorid (NaCl) als Auftausalz, da sich dies langjährig als wirtschaftlichster, effektivster und best verfügbarer Taustoff erwiesen hat, zu­dem ist er im Vergleich zu anderen Taustoffen vergleichsweise umweltfreundlicher. Als Streuverfahren hat sich mittlerweile europaweit fast flächendeckend die Feuchtsalzstreuung durchgesetzt, bei der das trockene Salz unmittelbar vor dem Ausstreuen auf dem Streuteller mit einer Salzlösung befeuchtet wird. Der Anteil der Salzlösung ist in der Regel 30 % (Feuchtsalz „FS 30"), zur Anfeuchtung wird NaCl-Lösung, zum Teil auch Calcium- oder Magnesiumchloridlösung verwendet.

 

Vorteil der Feuchtsalzstreuung gegenüber der Trockensalzstreuung ist, dass insbesondere die Feinanteile des Salzes durch die Feuchtigkeit gebunden werden und es daher beim Ausstreuen bereits weniger Wehverluste gibt. Zudem kann mit dem befeuchteten Salz ein wesentlich bes­seres und gleichmäßigeres Streubild auf der Straße hergestellt werden. Durch die Feuchtigkeit wirkt das Salz auf der Fahrbahn wesentlich schneller, gleichzeitig haftet es auch besser, so dass es wesentlich länger liegen bleibt und nicht so stark durch den Verkehr weggeschleudert wird.

 

Dies alles bewirkt, dass bei der Feuchtsalz-Streuung mit deutlich geringeren Salzmengen eine schnellere und dauerhaftere Wirkung erreicht werden kann, es ist damit sowohl aus verkehrlicher und wirtschaftlicher als auch aus ökologischer Sicht die beste Methode. Präven­tive Streuungen, die sowohl aus verkehrlichen als auch aus wirtschaftlichen Gründen bei zu erwartender Glätte geboten sind, sind nur mit Feuchtsalz sinnvoll möglich, da reines Trocken­salz nicht ausreichend lange auf der Fahrbahn liegen bleiben würde.

 

Da bei präventiven Streuung vor allem der Lösungsanteil des Feuchtsalzes wirkt und meist nur sehr geringe Salzmengen erforderlich sind, wird in Europa in zunehmendem Maße hierfür auch die Streuung reiner Salzlösung („Flüssigstreuung") eingesetzt, da hierbei sehr geringe Mengen sehr gleichmäßig verteilt werden können.

 

Die Winterdienst- und Streumethodik von X liegt also im guten europäischen Rahmen und entspricht dem europäischen Standard.

Derzeit gibt es keine europaweite Norm für Tausalze, diese ist jedoch derzeit in Arbeit. Es gibt allerdings in einigen Ländern nationale Normen oder Regelwerke, wie in Österreich das Merkblatt Streumittel RVS 12.04.16 oder in Deutschland die Technischen Lieferbedingungen für Streustoffe des Winterdienstes (x-Streu). Die Anforderungen sind relativ ähnlich, die größten Unterschiede gibt es bezüglich des Mindestsalzgehaltes (zwischen 90 und 97,5 %) und des Größtkorns (zwischen 3,15 und 10 mm). Österreich hat hierbei innerhalb der EU je­weils die weitgehendsten Anforderungen (97,5 % / 3,15 mm).

 

Grundsätzlich gibt es drei Arten der Salzgewinnung: Steinsalz (bergmännischer Abbau), Sie­desalz (Gewinnung aus Salzlösung durch chemische Reinigung und Eindampfen) sowie Meersalz bzw. Solarsalz (Gewinnung durch Verdunstung von Meerwasser). Alle drei Arten von Salz werden in Europa im Winterdienst eingesetzt, dabei überwiegt der Anteil von Stein­salz. Derzeit ist etwa 70 % des im Winterdienst in Europa eingesetzten Salzes Steinsalz, gut 20 % Meersalz und 5 bis maximal 10 % Siedesalz.

 

Durch die Art der Produktion hat Siedesalz in der Regel eine feinere Körnung und einen höhe­ren Reinheitsgrad als Stein- oder Meersalz. Innerhalb der Stein- und Meersalze gibt es diesbe­züglich jedoch auch noch große Unterschiede, abhängig vom Gewinnungsort und ggf. der weiteren Aufbereitung.

 

2.         Gibt es relevante Unterschiede zwischen Steinsalz und Siedesalz in Bezug auf Feuchtegrad, Lager- und Streufähigkeit bzw. Verwendung?

 

Grundsätzlich müssen im Winterdienst eingesetzte Salze auch bei längerer Lagerung eine Rie­selfähigkeit aufweisen, damit sie nicht in der Salzhalle oder im Silo zusammenbacken und im Streugerät verarbeitet und gut dosiert werden können.

 

Diese Rieselfähigkeit wird durch Zugabe von Antibackmittel zum Salz im Rahmen der Pro­duktion sichergestellt. Die Menge des zugegebenen Antibackmittels hängt von der Kornver­teilung und der Eigenfeuchte des Salzes ab. Wird das Mittel richtig dosiert und gleichmäßig verteilt, gibt es bei keiner Salzart Probleme mit der Lager- und Streufähigkeit.

 

Bei der Silolagerung ist ein besonders niedriger Feuchtegrad sehr wichtig (maximal 0,6 %), dieser kann aber bei allen Salzarten gewährleistet werden. Da in den meisten Ländern Europas Silolagerung (zumindest teilweise) stattfindet, wird in der Regel Salz mit geringer Feuchte beschafft. Es gibt umfangreiche Erfahrungen mit der Lagerung von Steinsalz in Silos, z.B. in Deutschland, hierbei gibt es keinerlei Probleme.

 

3.         Ist in der Gesamtbetrachtung der Prozesskette unter Einrechnung von Energie­aufwand und Umweltbelastung bei der Gewinnung sowie der Transportwege Sie­desalz oder Steinsalz, welches den Werten von Punkt 4.3.2 der RVS 12.04.16 ent­spricht, das ökologischere Produkt? Sind die in den Unterlagen des Nachprü­fungsantrages von der Antragstellerin beigegebene Ökobilanz und Klimaberech­nung nachvollziehbar, und deckt sich das mit ihrer fachlichen Einschätzung?

 

(Anmerkung: in der Originalfrage steht RVS 12.04.06, dies ist sicherlich ein Versehen.)

 

Die von der Antragstellerin beigegebene Ökobilanz entspricht dem internationalen Stand der Wissenschaft und Erkenntnis. Sie basiert auf einer Studie des renommierten Öko-Instituts X, das im Auftrag des deutschen Umweltbundesamtes eine Bewertungsmethodik für die Ökobilanzierung von Streustoffen entwickelt hat. Diese Methodik und deren Ergebnisse wurden auch international auf Fachkongressen präsentiert und haben dort große Anerkennung gefunden.

 

Es ist aber auch ohne diese konkreten Zahlen logisch nachvollziehbar, dass durch die Gewin­nungsmethode die Produktion von Siedesalz bezüglich des Energieverbrauchs und der CO2-Belastung mit Abstand am aufwendigsten ist, demgegenüber Steinsalz und vor allem Meer­salz geringere Belastungen haben. Ja nach Transportweg kann dann in der Gesamtbetrachtung das Steinsalz wieder günstiger sein als das Meersalz, insbesondere bei nicht nahe am Meer gelegenen Einsatzorten. Weiterhin ist beim Transportmittel der Schiffstransport (wo möglich) und der Eisenbahntransport dem Straßentransport überlegen.

 

Im vorliegenden Fall hätte das Siedesalz der X wegen der geringen Transport­entfernung eindeutig die geringste Umweltbelastung beim Antransport, dies gleicht jedoch nicht die erhöhte Belastung des Siedesalzes aus.

 

Es gibt in Deutschland Ausschreibungen, die die Gewinnungsart, die Transportweite und den Transportweg im Sinne einer Bewertung der Umweltaspekte mit einbeziehen, allerdings nur mit geringer Gewichtung.

 

4.         Wie wirken sich die Qualitätskriterien des auftauenden Streumittels (Korngröße, Natriumchloridgehalt) auf die Wirkmechanismen, Tauwirkung, Streuzyklus/Salzverbrauch und die Kosten der Salzstreuung aus?

 

         (a) Korngröße/Kornverteilung

Die deutsche Bundesanstalt für Straßenwesen hat umfangreiche Laborversuche zur Wirksam­keit von Tausalzen gemacht. Dabei wurde der sogenannte Eisplattenversuch angewendet, bei dem trockenes Salz auf eine Eisplatte gestreut wird und dann nach definierten Einwirkzeiten die geschmolzene Eismenge gemessen wird. Die Tauleistung definiert sich in [geschmolze­nes Gramm Eis / aufgestreuter Gramm Taustoff].

 

Im Rahmen dieser Laborversuche wurde nachgewiesen, das feinkörnige Salze grundsätzlich eine höhere Anfangstaugeschwindigkeit haben. Dies bezieht sich allerdings nur auf die ersten 10 Minuten nach der Streuung, nach 20 Minuten sind die Tauleistungen fast schon wieder gleich, die Gesamttauleistung nach langer Einwirkzeit ist naturgemäß identisch. Der Unter­schied nach 10 min beträgt zwischen sehr feinem NaCl (0,8-1,0 mm) und mittelfeinem (2,5­3,15 mm) etwa 40 % (siehe beigefügte Graphik).

40

 

 50

 

                                                                                       Einwirkdauer[min]

 

Ergebnisse Tauleistungsversuche BASt (Quelle Badelt)

 

Dies gilt allerdings für korngrößenreine Salze. Tatsächlich eingesetzt und auch in der Aus­schreibung gefordert sind Salze mit gleichmäßiger Kornverteilung. Vergleicht man also ent­sprechend der Fragestellung des Verwaltungssenates ein Salz gleichmäßiger Kornverteilung bis 1,6 mm mit dem gleichmäßiger Verteilung bis 3,15 mm ergibt dies einen Unterschied von maximal 20 % bei der Tauleistung nach 10 Minuten.

 

Betrachtet man das von der X angebotene extrafeine Steinsalz (Prüfbericht als Beilage 6 zur mündlichen Verhandlung), so hat dieses sogar 96,2 % der Körner unter 1,6 mm. Der Un­terschied zu einem Salz, das 100 % der Körner unter 1,6 mm hat, dürfte äußerst gering sein (rein rechnerisch-theoretisch maximal 2 % Differenz in der Tauleistung nach 10 Minuten).

 

Maßgeblich für die schnelle Anfangstauwirkung ist also die Kornverteilung, d.h. der Anteil der feinen und mittelfeinen Körner, nicht aber das absolute Größtkorn, insbesondere wenn dieses nur in sehr geringem Anteil enthalten ist.

 

Hierbei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die o.g. Werte der X gemäß den Laborbedingungen nur für trockenes Salz auf eine Eisfläche gelten. Beim Einsatz von Feuchtsalz, der auch in Oberösterreich üblich ist, bringt gerade die Salzlösung infolge der flächendeckenden Verteilung die schnelle Anfangstauwirkung. D.h. beim Streuen von Feuchtsalz wird der Unterschied in der Anfangstauwirkung zwischen fein- und grobkör­nigeren Salzen deutlich relativiert.

 

Für die Bewertung des Unterschieds in der Anfangstauleistung ist aber auch die Frage maßge­bend, in welchen Fällen dies Vorteile bringt: Im Falle des vorbeugenden Streuens spielt die Taugeschwindigkeit gar keine Rolle, da das Salz vor der Glättebildung aufgebracht wird und dann ein Überfrieren verhindern soll. Hierfür ist nur die Gesamttaukapazität entscheidend, die bei beiden Salzarten gleich ist. Gemäß Winterdienst-Handbuch des X macht dies im Durchschnitt 38 % der Fälle aus (Reifglätte, überfrierende Nässe, Eisregen), wo zumindest eine vorbeugende Streuung angestrebt werden sollte.

 

Beim Streuen in den fallenden Schnee bzw. bei Schneeglätte, das den größten Anteil der ande­ren Einsätze ausmacht, bringen erfahrungsgemäß auch größere Körner Vorteile, da sie besser in die geschlossene Schneedecke eindringen.

 

Zusammenfassend ist bezüglich der Kornverteilung festzustellen, dass sich diese auf die An­fangstauwirkung (10 Minuten nach dem Streuen) auswirkt, nicht aber auf die Taukapazität. Insofern ist dies nur bei kurativer Streuung bei Eisglätte bedeutend, wird aber durch den Ein­satz von Feuchtsalz deutlich relativiert. Dementsprechend sind die Auswirkungen auf den Salzverbrauch und die Kosten des Winterdienstes äußerst gering und kaum zu beziffern.

 

Maßgebend für die bestehenden Unterschiede ist der Anteil feiner und mittelfeiner Körner, nicht das absolute Größtkorn. Insofern ist das von der SWS angebotene extrafeine Steinsalz einem Siedesalz mit Größtkorn 1,6 mm praktisch gleichwertig in Bezug auf Tauleistung, Tau­kapazität, Salzverbrauch und Winterdienstkosten.

 

         (b) Natriumchloridgehalt

Die Tauwirkung des Salzes wird durch das Natriumchlorid erreicht. Dementsprechend ist na­turgemäß der Anteil des Natriumchlorids im Salz maßgebend für die Tauleistung. Dieser Zu­sammenhang ist insofern mindestens proportional, d.h. je Prozent geringerem NaCl-Gehalt ist mindestens ein Prozent weniger Tauleistung zu erwarten.

 

Laborversuche mit verschiedenen Steinsalzen zeigen, dass der Zusammenhang im Einzelfall sogar überproportional sein kann. Dies hängt damit zusammen, dass die Fremdbestandteile nicht nur nicht zur Tauwirkung beitragen, sondern diese sogar hemmen können, wenn sie zum Beispiel das NaCl ummanteln. Dieser Effekt ist allerdings erst ab Salzen mit hohem Fremdan­teil (unter 96 % NaCl) und bei großen Korngrößen (über 3,2 mm) signifikant festzustellen.

 

Bei NaCl-Gehalten zwischen 97,5 und 100 %, die hier zur Rede stehen, kann von einer pro­portionalen Abnahme der Tauwirkung ausgegangen werden, d.h. bei 97,5 % NaCl wäre die Tauleistung um 2,5 % gemindert. Um die gleiche Wirkung zu erzielen, müssten dementspre­chend 2,5 % mehr Salz gestreut werden mit entsprechenden Mehrkosten. In dieser geringen Spanne sind weitergehende Kostenauswirkungen (Volumen der Streugeräte, zusätzliche Um­läufe) nicht zu erwarten.

 

5.         Sind beim Einsatz von Auftausalz, welches eine maximale Korngröße von 3,15 mm (gemäß Punkt 4.3.2 der RVS 12.04.16) aufweist, Nachteile gegenüber den diesbe­züglich ausgeschriebenen Qualitätskriterien zu befürchten und wenn ja welcher Art und in welchem Umfang?

 

Siehe dazu Ausführungen unter 4.

 

Die maximale Korngröße ist kein maßgebendes Kriterium für die Tauwirkung. Unterschiede bestehen hinsichtlich der Fein- und Mittelfeinanteile, allerdings nur in der Anfangstauleistung. Diese wird beim Einsatz von Feuchtsalz jedoch deutlich relativiert und ist bei vorbeugenden Streuungen gar nicht maßgeblich. Beim Streuen bei Schneefall und auf Schneedecken können dagegen die gröberen Anteile sogar Vorteile bringen.

 

Insofern sind Nachteile infolge des größeren Größtkorns im praktischen Winterdienst nicht gegeben.

 

6.         Welche konkreten Auswirkungen hätte die Verwendung von Salz mit einer größeren als in der Ausschreibung festgelegten Korngröße auf die Einrichtungen / das System der Salzstreuung des Auftraggebers, insbesondere auf Silos, Streufahrzeuge/-automaten etc. insbesondere auch in Hinblick auf Verschleiß, Dosierbarkeit etc.?

 

Die heutigen Streugeräte und Salzsilos sind auf die verschiedenen Salzarten in Europa ausge­richtet. Da in Europa überwiegend wesentlich gröberes Salz als in Österreich eingesetzt wird, bringt der Einsatz eines Salzes bis 3,15 mm keine Probleme.

 

Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass selbst der in Rede stehende höhere Grenzwert der RVS (3,15 mm) europaweit immer noch an der untersten Grenze liegt, d.h. es handelt sich nicht um grobes Salz, sondern allenfalls mittelfeines.

 

In Deutschland, wo nach TL-Streu die Obergrenze beim Größtkorn bei 5 mm liegt, gibt es diesbezüglich keine Probleme mit Silos oder Streugeräten.

Beim Einsatz eines Salzes mit einer anderen Kornverteilung müssen die Streugeräte lediglich neu justiert werden, da der Streuteller die Körner über die Zentrifugalkraft verteilt, so dass größere Körner weiter geworfen werden. Die Justierung ist bei Streugeräten heutigen Stan­dards problemlos möglich.

 

7.         Ist die Auftauwirkung bei Steinsalz wesentlich lang anhaltender und sind daher keine so oftmaligen Streuungen erforderlich?

 

Wie bereits unter 4. ausgeführt, ist die Taukapazität, d.h. die Gesamttauleistung der Salze un­abhängig von der Kornverteilung gleich. Sehr feinkörnige Salze weisen unter Laborbedingun­gen eine höhere Anfangstaugeschwindigkeit auf, die dann aber nachlässt und von den gröbe­ren Salzen wieder ausgeglichen wird (siehe Diagramm unter 4.).

Die langsamere Taugeschwindigkeit der gröberen Salze kann jedoch nicht mit einer länger anhaltenden Wirkung verwechselt werden. Die Dauerwirkung beider Salzarten ist gleich, und ein Vorteil einer Salzart hinsichtlich der notwendigen Streumengen bzw. der Anzahl der Streuvorgänge besteht nicht.

 

8.         Setzt bei grobkörnigem Steinsalz aufgrund der darin enthaltenen auch kleineren Partikel die Tauwirkung genau so schnell ein wie bei Siedesalz?

 

Siehe Ausführungen unter 4.

Maßgeblich für die Anfangstauwirkung ist der Anteil der feineren Partikel, nicht das Größtkorn. Ist der Feinanteil höher, setzt die Tauwirkung schneller ein. Bei angefeuchtetem Salz wird dieser Effekt jedoch relativiert.

 

9.         Weist feinkörniges Salz Vorteile bei der oberösterreichischen Praxis im Winter­dienst, dass zuerst eine Räumung und dann eine Streuung erfolgt, auf? Gilt dies auch für vorbeugende Streuungen bei drohender Kältegefahr?

 

         (a) Räumpraxis

Die Praxis, bei Schneefall und Schneeglätte möglichst viel Schnee mechanisch zu räumen und danach zu streuen, ist nicht nur in Oberösterreich, sondern generell in Europa üblich. Dabei kann aber der Schnee nicht restlos mechanisch geräumt werden, so dass immer eine dünne Schneedecke nach dem Räumen verbleibt. Beim Streuen auf Schnee kann kein Vorteil fein­körnigen Salzes erkannt werden, eher der gröberen Salzes.

 

         (b) Vorbeugende Streuungen Siehe Ausführungen unter 4.

 

Bei der vorbeugenden Streuung gibt es keine Unterschiede in der Wirkung der beiden Salzar­ten.

 


10.      Wie verhält es sich bei dem Austrag von grobkörnigem Salz auf der Fahrspur und damit verbundenen Wirkungseinschränkungen der Auftauwirkung?

 

Grundsätzlich ist neben Wehverlusten beim Streuvorgang selbst das Wegschleudern von Salz von der Fahrbahn durch den Verkehr ein Problem des Winterdienstes. Ein Problem ist dies allerdings nur bei der vorbeugenden Streuung bzw. so lange das Salz noch nicht in Lösung gegangen ist. Ist das Salz schon gelöst, wird in gleichem Umfang wie das Salz auch Flüssig­keit von der Fahrbahn wegbefördert.

 

Durch den Einsatz von Feuchtsalz werden diese Salzverluste wesentlich reduziert, da das Salz schnell in Lösung geht und besser auf der Fahrbahn haftet. Trockene Salzanteile werden sehr schnell aus der Rollspur befördert, weitgehend unabhängig von der Korngröße. Aus diesem Grund geht in Europa in zunehmendem Maß die Entwicklung zur reinen Lösungsausbringung bei der vorbeugenden Streuung; hierbei ist dann die Korngrößenverteilung des eingesetzten Salzes ohne Bedeutung.

 

Unterschiede bezüglich der Salzverfrachtung aus der Rollspur kann es zwischen den beiden Salzarten beim kurativen Streuen während der ersten 10 Minuten geben, wenn das feinkörnige Salz schneller wirkt als das grobkörnige. Dieser Unterschied ist quantitativ schwer bezifferbar und bis heute meines Wissens nicht untersucht worden, dürfte aber im Vergleich zwischen Salzen bis 1,6 mm und bis 3,15 mm relativ gering sein (vgl. auch die Ausführungen unter Punkt 4 zur unterschiedlichen Anfangstauwirkung).

 

11.      Macht die Verwendung von grobkörnigem Steinsalz mit dem darin enthaltenen tauben Gestein eine Nachkehrung im Frühjahr nach der Streuung notwendig, so­fern dieses Salz der RVS entspricht?

 

Nach RVS ist der NaCl-Gehalt mit mindestens 97,5 % festgelegt. In Deutschland liegt dieser Wert bei 96 % nach TL-Streu. Hierbei gibt es keinerlei Probleme bezüglich einer notwendigen Nachkehrung im Frühjahr.

 

12.      Gibt es relevante Unterschiede im Schüttgewicht zwischen Stein- und Siedesalz und sind diesbezüglich in der Praxis relevante Auswirkungen für die Salzstreuung zu erwarten und wenn ja in welchem Umfang?

 

Die Schüttdichte von Salz hängt naturgemäß von der Kornverteilung ab. Maßgeblich ist hier­bei wiederum der Anteil der verschiedenen Kornfraktionen, nicht das absolute Größtkorn.

 

Unterschiede im Schüttgewicht zwischen sehr feinkörnigem Salz und sehr grobkörnigem können bis zu 20 % betragen, im vorliegenden Vergleich zwischen Salz bis 1,6 mm und sol­chem bis 3,15 mm dürfte der Unterschied bei gleichmäßiger Kornverteilung maximal 10 % bei der Schüttdichte betragen. Im Vergleich des von der Antragstellerin angebotenen Salzes (Beilage 6 zur mündlichen Verhandlung) zu einem Siedesalz gemäß Ausschreibung ist der Unterschied deutlich unter 10 %.

 

Auswirkungen auf den Streuvorgang selbst hat dies nicht, lediglich beim Fassungsvermögen von Silos und Streugeräten. Bei gleichem Volumen können diese dann entsprechend bis zu 10% weniger Gewicht fassen. Allerdings ist dies für die Streugeräte meist nicht maßgeblich: Zum einen ist dies ohnehin nur für das trocken mitgeführte Streugut (70 % Trockenanteil bei der Feuchtsalz-Streuung, d.h. Unterschied maximal 7 % der Gesamtbeladung) bedeutend, zum anderen ist bei der Kapazität der Streugeräte bzw. Streufahrzeuge in den meisten Fällen das Gewicht maßgeblicher als das Volumen. In der Praxis dürfte damit das unterschiedliche Schüttgewicht kaum wesentliche Auswirkungen haben (zusätzliche Streufahrten wegen gerin­gerer Kapazität).

 

13.      Sind beim Einsatz von Auftausalz welches den untersten NaCl-Gehalt von 97,5 % gemäß Punkt 4.3.2. der RVS 12.04.16 aufweist, Nachteile gegenüber den diesbezüg­lich ausgeschriebenen Qualitätskriterien zu befürchten und wenn ja welcher Art und in welchem Umfang?

 

Unter Punkt 11 wurde bereits ausgeführt, dass es keine Nachteile hinsichtlich eines erforderli­chen Nachkehrens gibt.

 

Unter Punkt 4 wurde ausgeführt, dass die Tauleistung mit abnehmendem NaCl-Gehalt ab­nimmt, also gegenüber 100% bis zu 2,5 % geringer ist. Dies bedeutet einen Salzmehrbedarf von bis zu 2,5 %, bringt darüber hinaus jedoch keine weiteren Kostennachteile.

 

Ein weiterer Nachteil einer geringeren Reinheit kann bei der Verwendung des Salzes zur Her­stellung einer Salzlösung (für Feuchtsalz) auftreten. Hierbei können unlösliche Bestandteile des Salzes in der Löseanlage Probleme oder zumindest zusätzlichen Mehraufwand bringen. Allerdings sind nicht alle Restbestandteile des Taustoffes wasserunlöslich. Im Falle des von der X angebotenen extrafeinen Steinsalzes (Beilage 6) sind bei 98,8 % NaCl-Gehalt 1,04 % wasserunlösliche Bestandteile.

 

In Deutschland ist derzeit der Anteil wasserunlöslicher Bestandteile explizit nicht begrenzt (lediglich indirekt durch den NaCl-Gehalt von 96 %). Dieser soll aber künftig vsl. für die Verwendung in Salzlöseanlagen begrenzt werden, allerdings liegen für die Begrenzung bisher keine abgesicherten Erkenntnisse vor. Nach bisherigen Erfahrungen gibt es bis zu 2 % was­serunlöslicher Bestandteile keine Probleme in den Löseanlagen; diese werden bei den Werten der RVS in der Regel auch nicht überschritten. In den RVS heißt es unter Punkt 4.3.2 hierzu lediglich, dass der Anteil der unlöslichen Stoffe 'möglichst gering' sein soll.

 

14.      Sind beim Einsatz von Auftausalz, welches einen maximalen Sulfatgehalt von 10.000 mg/kg (gemäß Punkt 4.3.2 der RVS 12.04.16) aufweist, Nachteile gegenüber den diesbezüglichen ausgeschriebenen Qualitätskriterien zu befürchten und wenn ja welcher Art und in welchem Umfang?

 

Der Grenzwert der RVS von 10.000 mg/kg liegt im europäischen Vergleich immer noch am unteren Ende der Skala. In Deutschland sind nach TL-Streu 20.000, in anderen Ländern sogar bis zu 30.000 mg/kg zulässig. Besondere Probleme mit dem Sulfatgehalt sind aus diesen Län­dern nicht bekannt.

 

Die Einordnung des Sulfatsgehalts in Expositionsklassen in der DIN 4030, auf die sich der Auftraggeber in seiner Argumentation bezieht, ist für den Einsatzfall des Streuens im Winter­dienst nicht direkt anwendbar. Sie gelten nach Ziffer 5.2.3 der DIN 'für stehendes und schwach fließendes, in großen Mengen vorhandenes, unmittelbar auf Beton einwirkendes Wasser'.

 

Bei der Beurteilung von Streusalz sind demgegenüber zwei Dinge zu berücksichtigen: Erstens ist die auf den Beton einwirkende Lösung („Wasser") in der Regel maximal 10-prozentig, d.h. bei Salz mit einem Sulfatgehalt von 10.000 mg/kg würde eine Lösung von etwa 1.000 mg/kg auf den Beton einwirken. Zweitens ist die Salzlösung weder in großen Mengen vorhanden noch wirkt sie dauerhaft ganzjährig auf den Beton ein. Dies alles bedeutet, dass - wenn die DIN hier überhaupt anwendbar ist - sich daraus keine Obergrenze von 2.000 mg/kg ableiten lässt.

 

Beilage 7 zur mündlichen Verhandlung enthält einen Aufsatz über eine aktuelle Forschungs­arbeit der TU München zum Einfluss des Sulfatgehaltes auf Betone. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass Salze mit dem in Deutschland üblichen Sulfatgehalt keinen schädlichen Einfluss auf Beton innerhalb der üblichen Lebensdauer haben. Zwischen sulfatreichen Steinsalzen und sulfatarmen Siedesalzen konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden.

 

15.           Wie wirken sich die Kriterien Korngröße, NaCl-Gehalt, Sulfatgehalt des auftau­enden Streumittels auf die Umwelt aus? Sind bei bloßer Einhaltung der Werte ge­mäß Punkt 4.3.2. der RVS 12.04.16 Nachteile gegenüber den diesbezüglich ausge­schriebenen Qualitätskriterien zu befürchten und wenn ja welcher Art und in wel­chem Umfang?

 

Die ökologischen Auswirkungen der Salzstreuung mit NaCl wurden in verschiedenen Ländern umfassend untersucht. Hierbei ist vor allem die Wirkung des NaCl auf die Umwelt von Be­deutung, zusätzlich ggf. auch die der weiterhin enthaltenen Stoffe.

Die Korngröße hat keinen Einfluss auf die Umweltauswirkungen von NaCl.

 

Der NaCl-Gehalt hätte dann einen Einfluss, wenn dieser sehr niedrig wäre und dementspre­chend in größerem Umfang mehr Salz auf die Straße gestreut werden müsste. Dies ist aber im Rahmen zwischen 97,5 und 100 % NaCl-Gehalt zu vernachlässigen.

 

Zum Einfluss des Sulfatgehaltes wird auf die Ausführungen unter 14. verwiesen.

 

Ein weiterer, hier bisher nicht angesprochener Faktor zum Einfluss auf die Umwelt kann der Schwermetallgehalt des Salzes sein. Dieser kann insbesondere bei Meersalzen kritische Werte erreichen. Um hier schädliche Auswirkungen auszuschließen, sind in den RVS Grenzwerte hierfür enthalten, die im übrigen auch den deutschen der TL-Streu genau entsprechen. Beim Einhalten dieser Grenzwerte sind schädliche Auswirkungen auf die Umwelt ausgeschlossen. Grenzwerte für die Schwermetallgehalte sind in den Ausschreibungsunterlagen des Auftrag­gebers allerdings nicht enthalten.

Insofern sind insgesamt bei Einhaltung der Werte gemäß RVS keine Nachteile für die Umwelt zu befürchten.

 

16.           In wie weit sind die Anforderungen/Qualitätskriterien für auftauende Streumittel (Auftausalz) anhängig von der konkreten Verwendung bzw. erfordert der Einsatz bei der Feuchtsalzstreuung andere An­forderungen/Qualitätskriterien als der Ein­satz der Trockensalz­streuung?

 

Vgl. hierzu auch die Ausführungen unter 4.

 

Die Trockensalzstreuung sollte im Winterdienst der Vergangenheit angehören, die Feuchtsalz-Streuung ist heute Standard.

 

Grundsätzlich können sowohl Steinsalz als auch Siedesalz für die Feuchtsalz-Streuung einge­setzt werden, die derzeitige Winterdienst-Praxis in Europa bestätigt dies. Bei gleicher Dosie­rung dürfte die Wirkung der beiden Salze als Feuchtsalz nahezu identisch sein, zumindest wenn diese innerhalb der Anforderungen der RVS dienen.

Lediglich für die Herstellung der Salzlösung, die für die Feuchtsalz-Streuung benötigt wird, ist es wichtig, dass der Anteil unlöslicher Bestandteile nicht zu hoch ist. Dies ist aber in den Anforderungen nach RVS gegeben.

 

17.      Welches Salz wird in der Regel für Trockensalzstreuung und welches für die Feuchtsalzstreuung verwendet?

 

Siehe hierzu die Ausführungen unter 4.

 

In Europa werden alle drei Salzarten (Steinsalz, Meersalz und Siedesalz) eingesetzt, und in allen Fällen werden diese Salze auch für Feuchtsalz verwendet.

 

18.      Welche Art der Salzstreuung ist unter Berücksichtigung der Witterungsverhältnis­se in Oberösterreich zu bevorzugen?

 

Siehe hierzu die Ausführungen unter Punkt 4.

 

In durchschnittlich 38 % der Einsätze in X sind nach heutigem Stand der Technik vorbeugende Streuungen mit Feuchtsalz die beste Methode (Reifglätte, überfrierende Nässe, Eisregen). Hierfür sind die verschiedenen Salzarten gleich gut geeignet.

 

Für das Streuen bei Schneefall bzw. auf Schneedecke (im Durchschnitt 52 % der Fälle) ist eine gleichmäßige Kornverteilung vorteilhaft, dabei ist ein Größtkorn bis 3,15 mm zumindest nicht nachteilig.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Salz nach den Anforderungen der RVS den Witte­rungsverhältnissen in X sehr gut genügt. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass im benachbarten Niederösterreich Salz entsprechend den X ausgeschrieben wird und dass im benachbarten Bayern, das zum Teil sehr ähnliche Witterungsbedingungen wie Oberösterreich hat, Steinsalz mit noch gröberer Körnung mit Erfolg eingesetzt wird.

 

19.      Welche Art der Salzstreuung ist für die präventive Streuung in Oberösterreich besser geeignet?

 

Siehe hierzu die Ausführungen unter 4. und 18.

 

Für die präventive Streuung sind die beiden hier betrachteten Salzarten gleich geeignet.

 

20.           Sind die in der Ausschreibung geforderten Qualitätskriterien unter Einbeziehung der obigen Aspekte fachlich nachvollziehbar, sinnvoll und zweckmäßig?

 

         (a) Korngröße

Wie unter Punkt 4 dargelegt, ist die Kornverteilung in dem im vorliegenden Fall betrachteten Rahmen nur für die Anfangstauwirkung beim kurativen Einsatz von Belang, wobei dies noch beim Einsatz von Feuchtsalz relativiert wird. Insofern ist die Kornverteilung als Qualitätskri­terium grundsätzlich geeignet. Allerdings wäre dann der Feinkornanteil ein sinnvolles Kriteri­um (z.B. %-Anteil unter 0,8 bzw. 1,6 mm), nicht jedoch das absolute Größtkorn wie im vor­liegenden Fall.

 

Zudem ist der Einfluss der Kornverteilung auf die Wirksamkeit des Salzes wie in Punkt 4 dargelegt sehr begrenzt und sollte daher wenn überhaupt nur dementsprechend geringfügig in die Wertung eingehen.

 

Ein Preiszuschlag von 1 % je 0,1 mm Unterschreitung des zulässigen Größtkorns von 3,2 mm ist keinesfalls zu begründen und gerechtfertigt. Gleiches gilt für die Preisminderungsregeln bei Überschreitung des Größtkorns.

Die Abweichung von den Qualitätskriterien der RVS 12.04.16 ist fachlich nicht nachvollzieh­bar. Sie ist auch nicht sinnvoll und zweckmäßig, da dadurch ohne Not potentiell geeignete Salzarten ausgeschlossen werden bzw. durch massive Zuschläge zu negativ bewertet werden.

 

         (b) NaCl-Gehalt

Der NaCl-Gehalt als Qualitätskriterium ist wie in Punkt 4 dargelegt durchaus sinnvoll und zweckmäßig. Auch die auf dieser Basis vorgenommene Zuschlagsregelung bei der Angebots­wertung, proportional zum sinkenden NaCl-Gehalt den Angebotspreis zu erhöhen, ist logisch begründet und nachvollziehbar.

 

Die Preisminderungsregel bei dem tatsächlich gelieferten Salz ist bis 97,5 % ebenfalls nach­vollziehbar, darunter allerdings extrem (-50 bzw. 100 %). De facto bedeutet dies eine absolute Untergrenze bei 97,5 %. Dies entspricht der RVS 12.04.16 und ist zwar europaweit an der obersten Grenze, aber als Qualitätskriterium durchaus zu begründen, insbesondere auch im Hinblick auf die Verwendung in Salzlöseanlagen.

 

21.      Ist der vorgeschriebene Maximalwert von 2.000 mg/kg Sulfat beim vom Auftrag­geber zu betreuenden Straßenzustand aus fachlicher Sicht nachvollziehbar, sinn­voll und zweckmäßig?

 

Wie bereits in Punkt 14 dargelegt, gibt es keine nachvollziehbare Begründung für diese Obergrenze. Die in den RVS festgelegte Grenze von 10.000 mg/kg ist bereits im europäischen Vergleich an der unteren Grenze, und es gibt keine Untersuchung oder Norm, aus der der niedrigere Wert abzuleiten wäre.

 

Die auf dieser Basis vom Auftraggeber vorgenommene Angebotsbewertung, bei der 1,5 Cent pro mg/kg Überschreitung dieser Grenze (2.000 mg/kg) dem Angebotspreis zugeschlagen werden, führt zu einem völlig unrealistischen Zuschlag für Steinsalze, die in der Regel deut­lich sulfatreicher sind. Bei dem von der X angebotenen extrafeinen Steinsalz (Beilage 6 zur mündlichen Verhandlung, mit 5.100 mg/kg) ergäbe sich ein Preiszuschlag von 46,50 € je Tonne Salz.

 

Gleiches gilt für die Preisminderungsregel bei dem tatsächlich angelieferten Salz. Schon bei einer Abweichung gegenüber dem angebotenen Wert von 700 mg/kg betrüge der Preisabzug 10,5 % und das Salz könnte vom Auftraggeber zurückgewiesen werden. Da bei Steinsalz na­turgemäß Schwankungen im Sulfatgehalt vorliegen, müsste ein Anbieter bei der Angebotsab­gabe sicherheitshalber nicht den Mittelwert, sondern einen an der oberen Grenze angeben, da sonst ein Teil der Salzlieferungen zurückgewiesen werden könnte. Damit würde er aber einen noch ungünstigeren Angebotspreis erzielen.

 

Diese Abweichung von den Qualitätskriterien der RVS 12.04.16 ist nicht nur fachlich nicht nachvollziehbar. Sie ist auch nicht sinnvoll und zweckmäßig, da dadurch ohne Not Steinsalze de facto ausgeschlossen werden.

 

22.           Gibt es Marktteilnehmer, die ein den angefochtenen Bestimmungen der Aus­schreibungsunterlagen entsprechendes Steinsalz herstellen und liefern können?

 

Steinsalz hat als Naturprodukt in der Regel einen deutlich höheren Sulfatgehalt als den in der Ausschreibung angestrebten. Insofern gibt es meines Wissens keine Marktteilnehmer, die Steinsalze anbieten können, die die angestrebten Grenzwerte der Ausschreibung unterschrei­ten. Das Angebot eines Steinsalzes mit höheren Sulfatgehalten wäre zwar nach den Aus­schreibungsunterlagen zulässig, es würde aber wegen der hohen Preiszuschläge nicht wettbe­werbsfähig gegenüber Siedesalz sein (vgl. Punkt 21).

 

Ein den angestrebten Grenzwerten entsprechendes Steinsalz wäre nur durch eine Aufbereitung des Salzes nach der Gewinnung möglich (siehe Punkt 23).

 


23.           Wäre es möglich, Steinsalz so aufzubereiten, dass die geforderten Qualitätskriteri­en erreicht werden, und welchen Aufwand würde dies bedingen? Wäre dies wirt­schaftlich sinnvoll?

 

Grundsätzlich wäre es möglich, Steinsalz so aufzubereiten, dass die geforderten Qualitätskri­terien erreicht werden.

Um ein geringeres Größtkorn zu erreichen, müssten die größeren Kornanteile abgesiebt wer­den. Dies wäre zwar mit vertretbarem Aufwand möglich, wäre aber nicht wirtschaftlich sinn­voll, da wie bereits dargelegt ein Größtkorn von 3,15 mm keine nachteilige Auswirkung hat.

 

Wesentlich aufwendiger wäre es, einen höheren NaCl-Gehalt und einen niedrigeren Sulfatgehalt bei Steinsalz zu erreichen. Dies wäre nur über eine chemische Reinigung mög­lich. Das Salz müsste analog dem Siedesalz in Wasser gelöst, chemisch gereinigt und dann wieder eingedampft werden.

 

Damit würde das Steinsalz nicht nur deutlich teurer als das Siedesalz, eine entsprechende Aufbereitung wäre auch aus ökologischer Sicht nicht vertretbar, da dies einen immensen zu­sätzlichen Energieverbrauch und CO2-Belastung bringen würde, ohne dass dies die Ge­brauchsfähigkeit oder Wirksamkeit des Salzes wesentlich verbessert.

 

24.           Gibt es abgesehen von den X andere Anbieter von Siedesalz als Auf­tausalz am Markt, welche die in den Ausschreibungsunterlagen geforderte finanzi­elle, wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit aufweisen und für eine flä­chendeckende Versorgung des Auftraggebers mit Siedesalz als Auftausalz entspre­chend den Ausschreibungsunterlagen in der Lage sowie am Markt tatsächlich ver­fügbar wären?

 

Als Anbieter von Siedesalz kommen angesichts der geforderten Mengen und Leistungsfähig­keit nur solche in Betracht, die selbst Siedesalz produzieren. Es gibt zwar europaweit einige Siedesalzproduzenten, die meisten produzieren jedoch relativ geringe Mengen bzw. liefern dieses ausschließlich oder überwiegend als Speise- und Gewerbesalz. Wegen der höheren Produktionskosten und der größeren Reinheit ist die Verwendung als Auftausalz in der Regel nicht wirtschaftlich bzw. gegenüber Stein- und Meersalz nicht wettbewerbsfähig.

 

Außer der X gibt es in noch annehmbarer Entfernung (die Transportentfernung wirkt sich wesentlich auf den Lieferpreis und die Lieferkapazitäten aus) lediglich die X GmbH sowie die X in der Nähe von X. Letztere produzieren Auftausalz nahezu ausschließlich für den Schweizer Markt, auf dem sie ein Auftausalz-Monopol besitzen; sie wäre nicht in der Lage, größere Mengen für den österreichischen Markt zu liefern.

 

Bezüglich der Lieferkapazitäten der X GmbH wird auf die Ausführungen der Antrag­stellerin in der mündlichen Verhandlung verwiesen. Nach eigener Aussage wäre sie nicht in der Lage, die gemäß der Ausschreibung geforderte Menge von bis zu 100.000 t jährlich zu liefern, da der größte Teil der Produktion wie bei den anderen Siedesalzproduzenten in die Speise- und Gewerbesalzproduktion geht.

 

25.           Sind die vorgesehenen Lieferverpflichtungen und Lieferfristen bei vorausschauen­der Planung aufgrund der bestehenden Lagerkapazitäten und den vom Auftrag­geber verwendeten Einrichtungen/Systemen fachlich nachvollziehbar, sinnvoll und zweckmäßig, um den Winterdienst respektive die Versorgung mit Auftausalz zu gewährleisten?

 

Der Salzverbrauch im Winterdienst ist sehr stark von der Winterwitterung abhängig und schwank dementsprechend stark. Insofern ist es weder möglich, die gesamte benötigte Menge eines strengen Winters komplett vor Ort zu lagern (d.h. auf Nachlieferungen im Winter zu verzichten), noch in den Ausschreibungen feste Mengenangaben zu machen.

 

Daher ist es üblich, mit den Lagerkapazitäten vor Ort zumindest eine Zeitspanne strenger Wit­terung abzudecken und dann vertraglich Nachlieferungen im Winter zu regeln. Hierbei wer­den in der Regel Lieferfristen und Mindestmengen pro Tag, Woche oder Monat vorgegeben.

 

Insofern bewegen sich die Ausschreibungsunterlagen des X im üblichen Rahmen und sind der Unwägbarkeit des Winterdienstes geschuldet. Unabhängig von der Sinnhaftigkeit für den Auftraggeber sind diese Bedingungen nur von Auftragnehmern zu er­füllen, die eine sehr große Leistungsfähigkeit haben und vor Ort Lagerkapazitäten einrichten, sofern sie nicht vor Ort sitzen.

 

Ungewöhnlich und sehr schwer zu erfüllen ist allerdings die Vorgabe der zusätzlichen Liefe­rung „on demand". Die exklusive Vorhaltung einer Reservemenge von 15.000 t ist für Liefe­ranten durchaus darstellbar, problematisch erscheint allerdings, dass pro Tag daraus nach Ab­ruf mindestens 750 t zu liefern sind und dann das Lager „umgehend" wieder aufgefüllt werden muss, ohne dass dies auf die Monatsmenge anzurechnen ist. Hierdurch werden praktisch die in der Ausschreibung angegebenen Monatsobermengen aufgehoben bzw. um 22.500 t (30 mal 750 t) angehoben. Ohnehin sind die Monatsobergrenzen in der dargestellten Form kaum eine Begrenzung, wenn die im Vormonat nicht abgerufenen Mengen auf den Folgemonat ange­rechnet werden. So könnte sich die Lieferverpflichtung je nach Winterverlauf theoretisch bis zu 100.000 t in einem Monat summieren.

 

26.           Ist durch die geforderten Qualitätskriterien und sonstigen Bedingungen der Aus­schreibung faktisch nur eine Salzlieferung durch die X möglich oder auch durch andere Lieferanten?

 

Entsprechend den Ausführungen zu Punkt 22 bis 25 muss festgestellt werden, dass Steinsalz unter den gegebenen Ausschreibungsbedingungen nicht wettbewerbsfähig angeboten werden kann. Siedesalz kann unter den Ausschreibungsbedingungen in den geforderten Mengen nur von den X mit ausreichender Leistungsfähigkeit angeboten werden."

 

3.3.1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 17. August 2012 wurde vom Auftraggeber noch weiters zusätzlich vorgebracht, dass die Festlegung des Ausschreibungsgegenstandes, sowie der geforderten Qualitätskriterien ausschließlich dem Auftraggeber obliege und insofern auch die Einholung des gegenständlichen Gutachtens weder notwendig noch geboten gewesen sei. Der Auftraggeber hätte von vornherein explizit Siedesalz ausschreiben können. Er habe jedoch im Hinblick auf den erhofften erweiterten Bieterkreis und den größeren Wettbewerb ganz bewusst unabhängig von der Herkunft und Art des Salzes ausgeschrieben und lediglich Qualitätskriterien festgelegt, die notwendig seien, um den Betrieb der technischen Einrichtung im Zusammenhang mit dem Winterdienstes zu gewährleisten.

 

Zum Punkt 3. des Gutachtens des Sachverständigen wurde noch vorgebracht, dass eine Einbeziehung bzw. explizite Bewertung der Gewinnungsart, der Transportweite bzw. der Transportart vom Auftraggeber bewusst nicht vorgesehen worden sei, weil er eine daraus resultierende Einschränkung des Bieterkreises vermeiden wollte und es ihm primär auf die Qualität in Verbindung mit dem Preis des Auftausalzes ankomme unabhängig von der Herkunft bzw. Art des Salzes (Seinsalz, Siedesalz oder Meersalz). Aus Sicht des Auftraggebers würden sich die geografisch bedingten Unterschiede in den Entstehungskosten und in den Umweltbelastungen mit den Transportkosten ausgleichen, was auch durch das Gutachten bestätigt werde.

 

Zu den Punkten 3 und 13 des Gutachtens: Da die Tauwirkung mit abnehmendem Natriumchloridgehalt abnehme und darüber hinaus der Natriumchloridgehalt einen Einfluss auf die Umweltauswirkungen habe, stehe die sachliche Rechtfertigung des vom Auftraggeber diesbezüglich festgelegten Kriteriums fest. Die im Gutachten zitierten Grenzwerte der deutschen TL-Streu und in anderen Ländern seien für das gegenständliche Verfahren grundsätzlich unbeachtlich.

 

Zu den Punkten 6 und 13: Der Auftraggeber betreibe 70 eigene Soleaufbereitungsanlagen und das festgelegte Qualitätskriterium Korngröße ergebe sich unter anderem aus den technischen Anforderungen dieser Soleaufbereitungsanlagen deren Betrieb vom Hersteller nur bei einer möglichst konstant geringen Korngröße < 3,15 mm gewährleistet werde. Aus diesem Grund würden die Anlagenhersteller sogar explizit von der Verwendung von Steinsalz abraten. Mit den Kriterien Größtkorn bzw. Natriumchloridgehalt solle daher ein technisch störungsfreier Betrieb der Einrichtungen/des Systems der Salzstreuung beim Auftraggeber gewährleistet werden.

 

Zum Punkt 22: Ob und wie viele Marktteilnehmer Steinsalz in der geforderten Qualität anbieten können, sei aus Sicht des Auftraggebers irrelevant, da nicht Steinsalz ausgeschrieben wurde, sondern Auftausalz in einer bestimmten Qualität unabhängig von der Salzherstellungsart. Ebensowenig komme es darauf an, wie viele Anbieter bzw. wie viele Produzenten von Siedesalz es auf dem Markt gebe. Entscheidend sei ausschließlich, dass Auftausalz in der geforderten Qualität am Markt tatsächlich angeboten werde, egal ob als Siedesalz, (aufbereitetes) Steinsalz oder Meersalz. Diesbezüglich räume der Sachverständige selbst ein, dass Steinsalz durch Aufbereitung entsprechend der geforderten Qualität hergestellt werden könne. Abgesehen davon stehe es der Antragstellerin natürlich frei, das von ihr auch selbst hergestellte Siedesalz für den Winterdienst anzubieten, allfällige Fehlmengen zuzukaufen oder durch aufbereitetes Steinsalz mit der geforderten Qualität zu ergänzen. Wenn die Antragstellerin entgegen ihrem Geschäftsbericht im Verfahren behauptet, dass sie Siedesalz nur der Speise- und Gewerbesalzproduktion zuführe bzw. Steinsalz nicht aufbereiten wolle, sei das letztlich nur ihre eigene geschäftspolitische Entscheidung und nicht eine Frage der vom Auftraggeber festgelegten Qualitätskriterien.

 

Da sowohl Siedesalz als auch Steinsalz für die Feuchtsalz-Streuung eingesetzt werden könnten, und deren Wirkung bei gleichzeitiger Dosierung laut Gutachten nahezu identisch sein dürfte, sei eine Benachteiligung von Steinsalz durch die festgelegten Qualitätskriterien auszuschließen. Da die Dosierung aber laut Gutachten unter anderem abhängig sei von Größtkorn und Natriumchloridgehalt, habe der Auftraggeber die Bewertung unter anderem darauf aufgebaut und so ein von der Art des angebotenen Salzes unabhängiges Bewertungssystem festgelegt. Die Abweichungen von der X seien im Hinblick auf einen technisch störungsfreien Betrieb der Einrichtungen/des Systems der Salzstreuung des Auftraggebers notwendig und zulässig. Gleiches gelte auch für die vom Auftraggeber aufgrund der jahrelangen Erfahrung festgelegten Liefermengen und –fristen.

 

Entgegen den Ausführungen im Gutachten würden durch die Abweichungen von den Qualitätskriterien der X keine Salzarten ausgeschlossen. Die vom Sachverständigen hinsichtlich des Kriteriums Sulfatgehalt errechneten Preisaufschläge für das von der Antragstellerin angebotene extrafeine Steinsalz würden letztlich nur den Stellenwert widerspiegeln, der vom Auftraggeber einem niedrigen Sulfatgehalt im Sinne der Oö. Umwelt beigemessen werde. Die Festlegung der Qualitätskriterien und deren Bewertung seien aber alleine Sache des Auftraggebers und diesbezügliche Ausführungen des Sachverständigen in rechtlicher Hinsicht unbeachtlich.

 

Zum Punkt 25: Es handle es sich hierbei um eine Rechtsfrage bzw. eine Auflegungsfrage des Leistungsvertrages. Die Erhöhung der Mindestliefer­verpflichtung sei explizit nur für das Folgemonat festgelegt und nicht für die Folgemonate, sodass die vom Sachverständigen angeführte Kumulation dem Wortlaut des Vertrages widerspreche. Hinsichtlich der Auftausalzreserve sei im Leistungsvertrag eine Reservemenge von 15.000 Tonnen vorgesehen. Im Widerspruch dazu gehe der Sachverständige aber von einer Anhebung der Monatsobermengen um 22.500 t aus, was dem Vertragswortlaut widerspreche und unrichtig sei. Im Übrigen sei die Auslegung des Vertrages einzig Sache der Nachprüfungsbehörde.

 

Hinsichtlich des Einsatzes von Steinsalz in den Anlagen wurde auch ein Schreiben der X GmbH vom 31.05.2012 vorgelegt, wonach es bei Verwendung von Steinsalz im Soleaufbereiter oder im Streuer Probleme mit Verstopfungen geben könne. Weiters könnten nichtgelöste Teile im Tank die einzelnen Düsen verstopfen, sodass der Mischprozess nicht mehr gewährleistet werden könne. Dies könne zu aufwändigen Wartungsarbeiten führen. Bei den emaillierten Salzsilos sei mit Steinsalz das einzige Problem, die nicht garantierte Trockenheit des Salzes gewesen, sodass es zu Verklumpungen gekommen sei mit der Folge eines nicht störungsfrei auslaufenden Salzes.

 

Von der Antragstellerin wurde die Richtigkeit der vorgelegten Urkunde bestritten und vorgebracht, dass es sich dabei um eine Gefälligkeitsaussage handle und auch um kein taugliches Beweismittel, da die zeugenschaftliche Einvernahme des Verfassers des Schreibens unter Wahrheitspflicht zu beantragen gewesen wäre.

 

3.3.2. Die Ergebnisse der Gutachtenserörterung in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 17.08.2012 sind im nachstehende Auszug aus dem Tonband­protokoll wiedergegeben:

 

"In der Folge erfolgt die Erörterung des Gutachtens durch den bestellten nichtamtlichen Sachverständigen, wobei entsprechend dem Vorbringen zunächst auf den Punkt der möglichen Beeinflussung von Soleaufbereitungsanlagen aus dem Schreiben der Fa. X GmbH eingegangen wird:

 

Der Sachverständige führt dazu aus:

 

Grundsätzlich besteht hierzu in Deutschland der Natriumchloridwert von 96%, sodass praktisch maximal 4% andere nichtlösliche Stoffe vorhanden sein können. Hier zeigt sich in der Praxis, dass es bei diesem unteren Wert zu Problemen in den Soleaufbereitungsanlagen kommen kann. Es wird daher in der Praxis dieser Wert auf 98% angehoben. Weiters ist festzuhalten, dass in Deutschland 95% der Soleaufbereitungsanlagen mit Steinsalz betrieben werden. Es kommt dabei zu keinen Problemen und zwar mit dem angehobenen Wert auf 98%. Es gibt dazu in Deutschland unterschiedliche Arten der Soleaufbereitungsanlagen mit Austragsschnecken für taubes Gestein oder sonstiger mechanischer Abscheidung. Seit der Grenzwert von wasserunlöslichen Stoffen auf 2% reduziert wurde, ergibt sich dabei kein Problem im Betrieb. Generell wird noch festgehalten, dass es sich dabei um keine Problematik des Größtkornes handelt.

Weiters ist auszuführen, dass nach dem Inhalt des Schreibens es sich dabei auf ältere Anlagen bezieht bei denen Probleme auftreten können. Dies ist durchaus möglich, dass es ältere Anlagen gibt, die auf die Verwendung von Siedesalz konzipiert sind.

 

Vom Auftraggeber wird vorgebracht, dass es in X bei den Anlagen weder Austragschnecken für taubes Gestein noch sogenannte Abschlämmventile gibt, dass heißt bei einer Reinigung der Anlagen müssten diese im laufenden Betrieb stillgelegt werden und aufwendig gereinigt werden.

 

Der Sachverständige führt weiter aus:

Grundsätzlich gibt es auch in Deutschland solche Anlagen, die von Hand gereinigt werden müssen. Dies ist natürlich ein entsprechender Wartungsaufwand aber grundsätzlich gibt es im Betrieb dazu keine Probleme. Wenn die wasserlöslichen Anteile gering sind ist dieser Wartungsaufwand marginal. Problematisch wird es erst wenn diese unlöslichen Bestandteile auf 4 % und größer gehen. Der NaCl – Anteil ist somit in der Ausschreibung grundsätzlich gerechtfertigt. Nicht nur grundsätzlich von der Verwendung, sondern auch von der Bewertung mittels eines Prozentanteiles. Dies wurde im Gutachten bereits ausgeführt. Die Grenze von 97,5 % spricht auch den X.

 

Zur Frage 11 wurde das Gutachten möglicherweise insofern missverständlich formuliert, als damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass eine Nachkehrung nicht erforderlich ist bei Einhaltung dieses geforderten NaCl– Gehaltes von 97,5 %. Auch dort wo geringere Prozentwerte von NaCl verwendet werden ist keine Nachkehrung erforderlich und auch nicht einmal in den Städten wo hier die Problematik größer ist, dass eben diese Rückstände liegen bleiben und nicht vertragen werden.

 

Von seitens des Rechtsvertreters des Auftraggebers wird vorgebracht, dass die Schlussfolgerung des Sachverständigen in der Frage 25 des Gutachtens, dass durch die Konsumation der Auftausalzreserve eine zusätzliche Menge von 22.500 t/Monat nämlich 750 t/d für jeden Tag notwendig wäre nicht zutreffend ist, da maximal die 15.000 t/10.000 t pro Monat abgerufen werden können in der Gesamtmenge aus dieser Auftausalzreserve.

 

Vom Vertreter der Antragstellerin wird dazu ausgeführt, dass hinsichtlich der Auftausalzreserve hier keine Probleme gesehen werden. Aber problematisiert wurde, dass eben theoretisch durch die Kumulation der Abrufmengen eine Menge von 100.000 t in einem Monat abgerufen werden könnte gemäß Punkt 2.2 und 2.4 der Vertragsbestimmungen.

Der Vertreter des Auftraggebers führt dazu aus, dass diese Auslegung im Widerspruch zum Wortlaut dieser Bestimmungen steht.

 

Vom Sachverständigen wird dazu ausgeführt, dass eine Menge von 100.000 t in einem Monat für den ausgeschriebenen Bedarf sehr unwahrscheinlich ist.

 

Seitens der Auskunftspersonen des Auftraggebers wird angegeben, dass aus 40 Jahren Winterdiensterfahrung der bisherige monatliche Höchstverbrauch bei 30.000 t gelegen ist. Theoretisch wäre es schon möglich diese 100.000 t durch maximal Streueinsatz zu verstreuen und auch in den Silos umzuschlagen. Die Gesamtsilolagerkapazität beträgt 17.500 t. Die verbrauchten Jahresmengen schwankten zwischen 18.000 t und 75.000 t in den vergangen Jahren bzw. Jahrzehnten.

 

Über Frage des Vertreters der Antragstellerin hinsichtlich des Sulfatgehaltes wird vom Sachverständigen in Ergänzung bzw. Klarstellung zum Punkt 14 im Gutachten nochmals ausgeführt, dass in Deutschland der Sulfatgehalt bei 20.000 mg/kg festgelegt ist und auch hier sich keine wesentlichen bzw. maßgeblichen ökologischen Probleme zeigen. Durch die in der Ausschreibung vorgenommene Verknüpfung als Bewertungsfaktor des Sulfatgehaltes ist hier keine Adäquanz zu den nichtauffallenden ökologischen Beeinträchtigungen hinsichtlich eines höheren Sulfatgehaltes nachvollziehbar. Grundsätzlich ist natürlich festzuhalten je weniger die Beimengung eines solchen Stoffes ist, desto besser ist es natürlich. Dies wird aber letztendlich auch über den NaCl-Gehalt abgedeckt, denn je höher der NaCl-Gehalt ist, desto geringer ist natürlich der Anteil sonstiger Stoffe. Andere Salzsorten als Siedesalz vor allem auch aufbereitetes Steinsalz kann den geforderten Grenzwert von 2.000 mg/kg nicht erfüllen.

 

Grundsätzlich ist der Bewertungsfaktor für den Sulfatgehalt mit € 0,015 mg/kg als zu hoch anzusehen, da es hier sehr schnell zu mehr als 10%-igen Preisüberschreitungen führt, die auch zu einer Zurückweisung der Leistung führen könnten. Weiters ist noch festzuhalten, dass sowohl bei Steinsalz als auch bei Meersalz die Sulfatgehalte sehr stark schwanken und hier insbesondere größere Lieferverpflichtungen nicht mit einem konstanten Unterschreiten dieses Wertes von maximal 2000 mg/kg erfüllt werden können.

 

Seitens der Vertretung des Auftraggebers wird angeführt, dass ein Maximalgehalt von 2.000 mg/kg an Sulfat sich nicht zwingend aus der Ausschreibung ergibt sondern, dass es eben dann zu einem Preisminderungs­anspruch kommt, falls die zugeschlagene Qualität nicht eingehalten wird bei der Vertragsabwicklung. Maßgeblich für die Bewertung des Angebotes ist die Ausschreibungsunterlage und zwar die Leistungsbeschreibung in Punkt D.

 

Der Vertreter der Antragstellerin sagt, dass in der Leistungsbeschreibung D 3 der angegebene Sulfatwert eine Höchstgrenze darstellt. Falls man dieser Bestimmung einen unklaren Innhalt zubilligt, so würde dies unkalkulierbare Risken bei der Kalkulation bedingen und auch dies die Ausschreibung rechtswidrig machen.

 

Seitens des Auftraggebers wird dies so verstanden, dass das in der Vertragsabwicklung bei Lieferungen, die den Maximalwert von 2.000 mg/kg überschreiten, ein Preisminderungsrecht entsteht. Seitens der Prokuristin der Antragstellerin wir ausgeführt, dass Steinsalz diesen Sulfatgehalt von 2000 mg/kg nicht verlässlich einhalten kann. Das heißt, die im Angebot vorgelegte Probe hat zufällig einen darunterliegenden Wert ergeben. Wenn jedoch zehn Proben nacheinander während des Abbaus gezogen werden, so werden wahrscheinlich neun davon diesen Wert nicht erfüllen.

 

Vom Sachverständigen wird ausgeführt, dass es kein Steinsalz gibt, das im Mittelwert die 2.000 mg/kg einhalten kann. Es gibt hier sehr große Schwankungen. Es kann Steinsalz aufbereitet werden um diesen Wert einzuhalten. Jedoch bedeutet dies in der Praxis, dass aus Steinsalz Siedesalz gemacht wird indem es aufgelöst, chemisch gereinigt und dann wieder eingedampft wird. Dies wäre ökologisch und wirtschaftlich völlig absurd. Ein genereller Mittelwert von Steinsalz lässt sich schwer angeben. Mir sind Werte in Deutschland von in etwa 5.000 mg/kg bekannt. Es gibt aber auch wie gesagt sehr große Schwankungen. Der Wert von 10.000 mg/kg lässt sich aber mit Steinsalz einhalten. Es gibt aber sicherlich auch Steinsalze, die sogar über 10.000 mg/kg liegen. In Deutschland ist der Grenzwert bei 20.000 mg/kg als Maximalwert angesetzt. Es gibt am Markt keine Anbieter die Steinsalz so aufbereiten und dann als Streusalz liefern würden. Auch beim Meersalz liegt in der Regel der Sulfatanteil deutlich über 2.000. Grundsätzlich wäre eine Versorgung mit Meersalz möglich und denkbar. Allerdings ist es beim Meersalz so, dass hier die Transportwege entsprechend lang sind und in der Regel der Transport kostengünstig nur mit dem Schiff erfolgen kann. Das heißt, ein Lieferant müsste sich hier innerstaatlich eine Lagerkapazität aufbauen und zwar eigentlich von den gesamten möglichen 100.000t, da hier der Nachschub auch nicht so zügig möglich wäre um hier seine Lieferverpflichtungen erfüllen zu können. Bei den meisten Meersalzlieferanten die dem Sachverständigen bekannt sind, könnte der Grenzwert von 10.000 mg/kg eingehalten werden, allerdings nicht verlässlich der Wert von 2.000 mg/kg. Man müsste natürlich in der ökologischen Bewertung die größeren Transportstrecken hier entsprechend ansetzten. Es gibt hier in der beigelegten Studie auch Szenarien. Die vorgelegte Ökobilanz, die auch internationale Anerkennung gefunden hat, gibt dem Primärenergieverbrauch und damit dem CO2 Ausstoß einen ganz entscheidenden Faktor in der Bewertung."

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus:

 

3.4.1. Gegenstand des Vergabeverfahrens ist die Ausschreibung 'Lieferung von Auftausalz an die X zur Streuung von Verkehrsflächen im Bereich der , zur GZ X des Auftraggebers X. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Lieferauftrag im Oberschwellenbereich.

 

Das Vergabeverfahren wurde am 23.02.2012 im Amtsblatt der Europäischen Union zur Zahl 2012/S 37-059874 und in der X Zeitung ausgeschrieben bzw bekanntgemacht. Entsprechend der Bekannt­machung und den Ausschreibungsunterlagen vom 16.02.2012 wurde zur Vergabe der gegenständlichen Lieferleistungen das offene Verfahren gewählt. Der Zuschlag erfolgt auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot (Bestbieterprinzip). Die Angebotsfrist endete am 05.04.2012 um 10:00 Uhr.

 

Der gegenständliche Nachprüfungsantrag wurde am 28. März 2012 per E-Mail um 20:57 Uhr und per Post (Datum des Poststempels = 28.3.2012) eingebracht.

 

3.4.2. Die Antragstellerin ist eine Schwestergesellschaft der X GmbH. Beide werden über die X GmbH zu 100 % gehalten. Die Konzernmutter ist die X, die 90 % der X GmbH hält. Die Antragstellerin wurde erst im Dezember 2007 gegründet. Von den beiden Geschäftsführern der X GmbH ist Herr X seit August 2008 zugleich Vorstand der X und auch Geschäftsführer der X. Beide Geschäftsführer sind unbescholten.

 

Das deutsche Bundeskartellamt hat am 12.11.2008 gegen die X GmbH, eine Geldbuße in der Höhe von 15,6 Millionen Euro wegen der Beteiligung an einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache (Kartell) auf dem Markt für Auftausalz verhängt. Weiters sind Schadenersatzansprüche wegen Kartell­verfahren gegen die X GmbH in Millionenhöhe geltend gemacht worden.

 

 

3.4.3. Die verfahrensmaßgeblichen Inhalte der Aus­schreibungs­unterlagen lauten:

 

Punkt 11.3 der Angebotsbestimmungen:

 

11.3. Finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit im Winterdienst erfordert die Gewährleistung rascher Salzlieferungen unter oft ungünstigen Verhältnissen. Daher kommen nur solvente so wie finanziell und wirtschaftlich ausreichend leistungsfähige Auftragnehmer in betracht. Für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit werden daher folgende Mindestanforderungen festgelegt:

·         durchschnittlicher Jahresumsatz der letzten drei Jahre mindestens € 20 Mio., wobei wenigsten 2/3 der Leistungen vergleichbarer Art (Auftausalzlieferungen in vergleichbarer Qualität und Quantität) erzielt worden sein müssen.

 

Punkt 24 der Angebotsbestimmungen:

 

24.          Bewertung der Angebote

                Von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden zufolge § 129 BVergG übrig    bleiben, wird der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot                 erteilt.

 

                Dabei wird der Gesamtpreis mit den Bewertungsfaktoren gemäß der Formel im                Punkt 24.5 bewertet. Das so ermittelte Angebot mit dem geringsten bewerteten       Gesamtpreis (GP) ist das günstigste Angebot.

 

                Die Bewertung erfolgt entsprechend der Bieterangaben in der                Leistungsbeschreibung (Teil D).

 

                Für die Bewertung der Angebote werden unbeschadet des Vorbehaltes von        Mengenänderungen die in Abschnitt C angeführten Liefermengen zugrunde gelegt.

 

24.1.       Bewertung Größtkorn:

                Eine Unterschreitung des max. möglichen Größtkornes von 3,2 mm führt zu einem         Bonus in der Bewertung

 

                Vorgabewert:                                      max. Größtkorn 3,2 mm

                Mindestwert Größtkorn:    0,8 mm

                Berichtigung:                                       Abschlag je 0,1 mm: 1 % des GP

 

                               Bewertungsfaktor:             F1 = (100 % - x %)

                                                                                                  100 %

 

                Beispiel:                Angebotenes Größtkorn 1,5 mm

 

                                               3,2 – 1,5 = 1,7

                                               Abschlag: 1,7 * 0,1 = 0,17; = 17 %

                                               x = 17 %

 

                                               F1 = 100 % - 17 % = 0,83

                                                                  100 %

 

24.2.       Bewertung NaCl – Gehalt:

                Der NaCl-Gehalt wird jeweils auf 100 % NaCl-Gehalt hochgerechnet.

 

                Bewertungsfaktor: F2 =                                    100 %                    .

                                                                                  NaCl-Gehalt lt. Anbot %

 

24.3.       Bewertung SO42--Gehalt:

                Der Sulfatgehalt des angebotenen Salzes führt zu einer Höherbewertung des     Gesamtpreises abhängig von der Höhe des Sulfatwertes.

 

                Bewertung: Preiszuschlag EUR 0,015 je mg/kg SO42-: bewertet wird der Gehalt an            wasserlöslichen Sulfaten als SO42-- Anionen gemäß ISO 2480.

 

                Bewertungsfaktor: F3 = Einheitspreis (EP) + mg/kg SO42- x EUR 0,015/mg/kg

                                                                                                                             EP

 

                Beispiel:                EP = EUR 72,00/to; SO42- Gehalt = 600 mg/kg

                                               F3 = 72 + (600 x 0,015) = 1,125

                                                                       72

 

24.5.       Ermittlung des bewerteten Grundpreises:

 

 

GP bew. (EUR) = GP (EUR) x F1 x F2 x F3"

 

 

 

Punkte 2.2. und 2.4. der Vertragsbestimmungen lauten:

 

2.2.       Der Auftragnehmer ist im Vertragszeitraum zur Lieferung von Auftausalz gemäß dem als Anlage 4 angeschlossenen Liefer-/Mengenplan angeführten Mengen je Monat (= Mindestlieferverpflichtung/Monat) nach Maßgabe der vom Auftraggeber gesondert für die Lieferstellen abgerufen Mengen verpflichtet. Der Abruf der Liefermengen („ORDERS") erfolgt durch elektronische Bestellung des Auftraggebers (Vertragspunkt 3.) jeweils gesondert für die vereinbarten Lieferstellen. Vom Auftraggeber nicht abgerufene Mengen erhöhen die Mindestlieferverpflichtung des Auftragnehmers für den Folgemonat, wobei aber die Lieferverpflichtung für das Vertragsjahr nicht berührt wird. Der Liefer-/Mengenplan basiert auf den Erfahrungen des Auftraggebers aus den letzten Wintersaisonen, der tatsächliche Bedarf ist abhängig von der jeweiligen Witterung und kann die festgelegten Monatsmengen übersteigen oder unterschreiten. Eine Änderung des angebotenen Einheitspreises kann dadurch jedoch nicht eintreten. Der Auftragnehmer ist zur Lieferung unabhängig von der Vertragserfüllung durch den Auftraggeber verpflichtet.

 

2.4   Der Auftraggeber garantiert eine Mindestabnahmemenge von 20.000 Tonnen pro       angefangenem Vertragsjahr (die jährliche „Mindestabnahmemenge"). Aus dem          Liefer-/Mengenplan (Anlage 4) ergeben sich keine darüber hinausgehenden          (Abnahme-) Verpflichtungen des Auftraggebers.

Die Lieferverpflichtung des Auftragnehmers ist mit einer Höchstmenge von 100.000 Tonnen je angefangenem Vertragsjahr begrenzt.

 

Punkt 4.2.a. der Vertragsbestimmungen lautet:

 

4.2. Lieferfristen

a. im Zeitraum 1. November und 31. März:

innerhalb von 72 Stunden ab ORDER-Eingang beim Auftragnehmer angeliefert an die jeweilige Lieferstelle und in die Silos/Hallen eingeblasen an der jeweiligen Lieferstelle.

 

Punkt 6. der Vertragsbestimmungen lautet:

 

6. Vertragsdauer und Leistungszeitraum

 

6.1. Der Vertrag wird auf befristet auf den Zeitraum von 01.09.2012 bis 31.08.2017 abgeschlossen, wobei der Auftraggeber ungeachtet der Befristung jeweils zum Ende eines Vertragsjahres (das ist jeweils der 31.08.) einseitig zur vorzeitigen Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten berechtigt ist. Die Kündigung ist vom Auftraggeber schriftlich gegenüber dem Auftragnehmer zu erklären, wobei für die Rechtzeitigkeit das Datum der Postaufgabe maßgeblich ist (jeweils bis zum 31.05.). Im Falle der vorzeitigen Kündigung stehen dem Auftragnehmer keine Ansprüche - aus welchem Rechtgrund auch immer - gegen den Auftraggeber zu.

 

6.2. Ungeachtet von Vertragspunkt 6.1. ist jede Vertragspartei bei Vorliegen eines wichtigen Grundes berechtigt, diesen Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist schriftlich zu kündigen, unbeschadet darüber hinausgehende Ansprüche. Als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung durch den Auftraggeber ist insbesondere anzusehen

a. wenn der Auftragnehmer zahlungsunfähig wird oder seine Zahlungen einstellt, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Vermögens abgewiesen wird oder wenn um einen außergerichtlichen Vergleich nachgesucht wird

b. wenn Umstände vorliegen, die eine zeitgerechte Erfüllung des Auftrages durch den Auftragnehmer offensichtlich unmöglich machen, sofern nicht der Auftraggeber diese selbst zu vertreten hat;

c. wenn der Auftragnehmer unmittelbar oder mittelbar einem Organ des Auftraggebers, das mit dem Abschluss und der Abwicklung des Vertrages befasst ist, für es oder einen Dritten einen Vermögensvorteil anbietet, verspricht oder gewährt;

d. wenn der Auftragnehmer trotz Mahnung und einer Nachfrist von einer Woche wesentliche Vertragspflichten verletzt, insbesondere die Lieferverpflichtung und -fristen, die Mitwirkung im Rahmen der elektronischen Beschaffung/Abrechnung, die Verpflichtungen aus und im Zusammenhang mit der Auftausalzreserve. Im Verzugsfall kann der Auftraggeber den Rücktritt auch nur hinsichtlich einzelner (Teil-)Lieferungen erklären.

e. wenn der Auftragnehmer im Angebot bezeichnete Subunternehmer ohne Zustimmung des Auftraggebers wechselt

 

Punkt 9 der Vertragsbestimmungen lautet:

 

9.    Preisminderung bei mangelnder Qualität:

Bei Nichteinhaltung der vom Auftragnehmer angebotenen Qualität (insbesondere mit den der Bewertung seines Angebotes zu Grunde gelegten Qualitätskriterien; (Sieblinie, NaCl-Gehalt, Sulfatgehalt, Feuchtgehalt) ist der Auftraggeber zur Preisminderung nach Maßgabe nachstehender Regelungen berechtigt, wobei die einzelnen Abzugspositionen nebeneinander zustehen. Lieferungen mit mehr als 10% Qualitätsabzug gelten als aliud; in diesem Fall ist der Auftraggeber nach freier Wahl berechtigt, einen Deckungskauf vorzunehmen.

 

9.1. Sieblinie:

Feinanteil: (Korngröße unter 0,15 mm) max. 5 %

Bei Überschreitung der Tolleranzgrenze von 5 % erfolgt je vollendete 0,5 % ein Preisabzug von 2 % des Lieferwertes.

Grobanteil: (Korngröße über angebotenem Größtkorn) max. 5 %

Bei Überschreitung der Toleranzgrenze von 5 % erfolgt je vollendete 0,5 % ein

Preisabzug von 2 % des überwertes.

Die Kornverteilung hat einen stetigen Verlauf aufzuweisen.

Abweichung Größtkorn:  Bei Abweichungen von dem seitens des Bieters angegebenen Größtkorn erfolgt je 0,1 mm Überschreitung ein Abzug in Höhe von 2 % des Einheitspreises. Größtkorn ist jener Durchmesser, der von maximal 5 % aller Körner überschritten werden darf (Anteil Überkorn).

Die Größe des Überkornes darf 3,5 mm nicht überschreiten.

 

9.2. NaCI-Anteil:       Grenzwert mind. 97,5 %

Bei Unterschreitung NaCl-Anteils erfolgt ein Preisabzug in Höhe der Unterschreitung in %. (je Prozent Unterschreitung somit ein Abzug von 1 % des Einheitspreises). Unterhalb des Grenzwertes erfolgt ein zusätzlicher prozentueller und anteiliger Preisabzug bis zum Wert von 95,5 %.

D. h. bei einem NaCI-Anteil von 96,5 % erfolgt ein zusätzlicher Preisabzug von 50 % des überwertes; bei Unterschreitung von 96,5 % erfolgt ein Preisabzug von 100 %. Unterhalb eines NaCI-Anteils von 95,5 % erfolgt keine Abnahme des Auftausalzes.

 

9.3. Sulfatanteil:

Der Sulfatanteil ist maximal 2.000 mg/kg und der im Angebot angegebene Sulfatanteil wird mit EUR 0,015 mg/kg bewertet.

 

9.4. Feuchtigkeit:      Grenzwert max. 0,3 %

Bei Überschreitung erfolgt je vollendete 0,1 % ein Preisabzug von 2 % des Lieferwertes.

 

Die Leistungsbeschreibung unter Punkt 3. D der Ausschreibungsunterlagen lautet:

 

D)   Leistungsbeschreibung

Leistungsgegenstand ist die Lieferung von Auftausalz für die Landesstraßen B und L im Bundesland X und beginnend mit 01.09.2012. Die vorgegebenen Grenzwerte sind einzuhalten. Die dem Angebot zugrunde liegenden Kennwerte sind durch eine in Österreich anerkannte Prüfstelle nachzuweisen. Eine Über- bzw. Unterschreitung der vorgegebenen Grenzwerte führt zur Ausscheidung des Angebotes.

 

1.    Größtkorn: max. 3,2 mm; max. Korngröße Überkorn: 3,5 mm

Zulässiger Feinanteil ≤ 0,15 mm: max. 5 %

Zulässiger Grobkornanteil ≥ 3,2 mm: max. 5 %

tatsächliches Größtkorn                                                                                  ....................mm

Die Sieblinie hat einen stetigen Verlauf aufzuweisen.

 

2. NaCI-Anteil: mind. 97,5 %

tatsächlicher NaCI-Anteil                                                                                               ....................%

 

3. Sulfatanteil (S042): max. 0,2 M-% entspricht 2.000 mg/kg

tatsächlicher Sulfatanteil                                                                                .................... mg/kg

 

4. Feuchtigkeitsgehalt: max. 0,3 % (+/- 0,05 %)

tatsächlicher Feuchtigkeitsgehalt                                                                   ....................%

 

5. Lagerfähigkeit: mind. 15 Monate

Beigabemenge von Antibackmittel:

mindestens durchschnittlich                                                            .................... mg/kg +/-.............

mg/kg

Art des Antibackmittels (E-Nummer)                                                                           ....................

 

Es können Antibackmittel im unbedingt erforderlichen Ausmaß beigegeben werden. Diese müssen im EWR zugelassen sein. Auf Verlangen des Auftraggebers ist ein entsprechendes Zertifikat vorzulegen.

 

 

3.4.4. Die vorliegende Ausschreibung insbesondere hinsichtlich der vorgesehenen Ausschreibungsbedingungen und des festgelegten Leistungs­­gegenstandes kann faktisch nur durch Lieferung von Siedesalz und nur von der X AG erfüllt werden.

 

Grundsätzlich ist auch Auftausalz, das die Vorgaben und Grenzwerte der Richtlinien und Vorschriften für das Straßenverkehrswesen X 12.04.16, veröffentlicht am 01.10.2011, der Österreichischen Forschungsgesellschaft Straße Schiene Verkehr einhält, für den Ausschreibungszweck geeignet.

 

Die im Spruch angeführten Inhalte der Ausschreibungsunterlagen sind diskriminierend und wettbewerbsbeschränkend.

 

3.5 Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Ausschreibungsunterlagen, den Ergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlungen, den vorgelegten Urkunden und vor allem aus dem Gutachten des beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen Dr. X.

Beim diesem handelt es sich um eine anerkannte internationale Kapazität für Fragen des Winterdienstes, der auch im Schriftsatz des Auftraggebers mehrfach zitiert wurde (Seite 13 der Stellungnahme vom 05.04.2012). Der Auftraggeber hat sich im Rahmen seiner vorgängigen Äußerungen nicht ausdrücklich gegen die Bestellung dieses Sachverständigen ausgesprochen und diesen insbesondere nicht abgelehnt und ihn auch im Laufe des weiteren Verfahrens nicht als befangen oder fachlich unqualifiziert angesehen. Auch die vom Auftraggeber angeregten Beweisfragen wurden inhaltsgleich in den Gutachtensauftrag übernommen. Dem Sachverständigen kann auch kein Naheverhältnis zur Steinsalzindustrie unterstellt werden, zumal er in seiner Position zumindest in Deutschland für die Auftraggeberseite tätig ist.

Für den Unabhängige Verwaltungssenat ist Herr Dr. X auch durch seine Qualifikation als Leiter des gemeinsamen Arbeitsausschusses Winterdienst der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln und des Verbandes Kommunaler Unternehmen Berlin durchaus als sehr kompetent einzustufen und wurde dieser Eindruck neben seinem schriftlichen Gutachten auch in der öffentlich mündlichen Verhandlung durch seine besonnene und sachliche Vorgehensweise und Expertise  bestätigt.

 

Seine gutachtlichen Ausführungen, die in der öffentlichen mündlichen Ver­handlung vom 17.8.2012 von ihm in vom Auftraggeber problematisierten Bereichen noch weiter erörtert und in gewissen Punkten präzisiert wurden, sind für den Unabhängige Verwaltungssenat durchaus schlüssig und nachvollziehbar. Sie konnten vom Auftraggeber (zumindest auf gleicher fachlicher Ebene) nicht widerlegt werden.

 

Es kann somit in der Gesamtheit auf die gutachtlichen Äußerungen des nicht­amtlichen Sach­verständigen verwiesen werden, auf die im Folgenden auch noch näher eingegangen wird.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen. Das Land Oberösterreich ist ein solcher öffentlicher Auftraggeber und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Das gegenständliche Vergabeverfahren ist gemäß § 345 Abs. 15 Z 3 BVergG 2006 idF BGBl I Nr. 10/2012 ('BVergG-Novelle 2012') nach der bisherigen Rechtslage (BVergG 2006 idF BGBl I Nr. 15/2010) zu Ende zu führen und sind anhängige Verfahren nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Ge­mein­schafts­recht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom

Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. ihr nach § 5 Abs. 1 Z. 5 gelten gemachten Rechten verletzt und

2. diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von westlichem Einfluss ist.

Nach Abs. 2 kommt als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen insbesondere auch die Streichung von diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in den Ausschreibungsunterlagen oder in jedem sonstigen Dokument des Vergabeverfahrens in Betracht.

 

4.2. Nach § 4 Abs. 4 Oö. VergRSG können Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibungsunterlagen über die in den Abs. 1 und 2 genannten Zeiträume hinaus bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Angebotfrist eingebracht werden, sofern diese Frist mehr als siebzehn Tage beträgt.

 

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war im gegenständlichen Fall der Nachprüfungsantrag daher spätestens am achten Tag vor Ablauf der Angebotsfrist am 5.4.2012, somit spätestens am 28.3.2012 einzubringen.

 

Gemäß § 13 Abs.5 AVG iVm § 1 Abs. 2 Satz 2 der Kundmachung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 02.01.2012, GZ VwSen-990000/121, gelten Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an Empfangsgeräte wie Telefax und E-Mail gerichtet werden, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt).

 

Es wäre daher die alleinige Einbringung des Nachprüfungsantrages per E-Mail am 28.3.2012 um 20:57 Uhr, somit nach Ablauf der Amtsstunden des Unabhängigen Verwaltungssenates erst als am nächsten Tag eingebracht anzusehen. Der Nachprüfungsantrag wurde jedoch auch am 28.3.2012 zur Post gegeben. Dies bestätigt das Datum des Poststempels, sodass im Sinne des § 33 Abs. 3 AVG die Tage des Postlaufs in die Frist nicht eingerechnet werden und der Nachprüfungsantrag daher als rechtzeitig eingebracht anzusehen ist.

 

4.3. Nach § 68 Abs. 1 BVergG 2006 hat der Auftraggeber – unbeschadet der Absätze 2 und 3 – Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn

1. der Auftraggeber Kenntnis hat von einer rechtskräftigen Verurteilung, die einzelne aufgezählte Straftatbestände betrifft, gegen sie – oder sofern es sich um juristische Personen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeitsge­meinschaften handelt - gegen in deren Geschäftsführung tätige physische Personen;

4. gegen sie oder - sofern es sich um juristische Personen, eingetragene Personengesellschaft oder Arbeitsgemeinschaften handelt - gegen in deren Geschäftsführung tätige physische Personen, ein rechtskräftiges Urteil wegen eines Deliktes ergangen ist, dass ihre berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellt;

5. sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechts, begangen haben, die vom Auftraggeber nachweislich festgestellt wurde.

 

Es erfolgte am 12.11.2008 die Verhängung einer Geldbuße durch das deutsche Bundeskartellamt über die X GmbH, einer konzernmäßigen Xgesellschaft der Antragstellerin in der Höhe von 15,6 Mio Euro wegen der Beteiligung an einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache (Kartell) auf dem Markt für Auftausalz. Diese Entscheidung ist auch rechtskräftig. Zudem laufen auch Schadenersatzansprüche gegen die X GmbH wegen dieser Absprache in Millionenhöhe. Diese Verfahren sind aber noch nicht abgeschlossen. Weiters wurden auch Strafen zu 90 Tagessätzen über den ehemaligen Prokuristen und den ehemaligen Geschäftsführer der X GmbH, der zugleich auch Vorstand der X AG war, verhängt.

 

Gegen den derzeitigen Geschäftsführer der Antragstellerin, der zugleich auch Vorstand der X AG und Geschäftsführer des X GmbH ist und dies alles erst seit August 2008, wurde kein Strafverfahren geführt. Er ist unbescholten. Dies trifft auch für den zweiten Geschäftsführer der Antragstellerin zu.

 

Weiters wurde die Antragstellerin erst im Dezember 2007 gegründet und ist eine von der X GmbH rechtlich getrennte, wenn auch konzernmäßig verbundene Xgesellschaft. Sie kann auch schon rein zeitlich mit den vorgeworfenen kartellrechtlichen Verstößen vor ihrem Entstehen nicht in Verbindung gebracht werden. Es liegen somit keine Verfehlungen weder der für die Antragstellerin tätigen Geschäftsführer vor, noch der Antragstellerin als solcher. Grundsätzlich muss der Ausschlussgrund aber beim Unternehmer selbst z.B. bei der juristischen Person vorliegen. Die Unzuverlässigkeit eines mit dem Unternehmer gesellschaftlich verbundenen Unternehmens führt nicht zu dessen Unzuverlässigkeit (siehe dazu Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum BVergG 2006, RZ 12 zu § 68). Gerade im konkreten Fall schließt sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat auf Grund der vorhin beschriebenen Gesamtverhältnisse dieser Auffassung an.

Ein Ausschlussgrund im Sinne des § 68 BVergG 2006 ist somit nicht ersichtlich und besteht daher die Antragslegitimation der Antragstellerin zu Recht.

 

4.4.1. Gemäß § 19 Abs. 1 BVergG 2006 sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bieter durchzuführen.

Nach Abs. 5 ist im Vergabeverfahren auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung ökologischer Aspekte (wie etwa Energieeffizienz) bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen oder durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien mit ökologischem Bezug erfolgen.

 

Gemäß § 96 Abs. 1 BVergG 2006 sind die Leistungen bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung so eindeutig, vollständig und neutral zu beschreiben, dass die Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet ist.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung darf die Leistung und die Aufgabenstellung nicht so umschrieben werden, dass bestimmte Bieter von vornherein Wettbewerbs­vorteile genießen.

Nach Abs. 4 sind in der Beschreibung der Leistung gegebenenfalls auch Spezifikationen für die Lieferung von umweltgerechten Produkten oder für die Erbringung von Leistungen im Rahmen umweltgerechter Verfahren, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der Technik und nach dem jeweils aktuellen Marktangebot möglich ist, anzugeben. Leistungs- und Funktionsanforderungen haben, soweit dies aufgrund der Aufgabenstellung möglich ist, Anforderungen an die Umweltgerechtheit der Leistung zu beinhalten.

 

§ 98 Abs. 1 BVergG 2006 bestimmt, dass technische Spezifikationen für alle Bewerber und Bieter gleichermaßen zugänglich sein müssen und den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern dürfen.

Gemäß Abs. 7 dürfen, soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, in den Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmer oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann.

 

Art. 18 AEUV verbietet die Diskriminierung von Unionsbürgern aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Art. 28 AEUV verbietet mengenmäßige Einfuhr­be­schränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitglieds­staaten.

 

4.4.2. Da das BVergG 2006 und die einschlägigen EU-rechtlichen Vorschriften grundsätzlich nur festlegen, wie eine Leistung zu beschaffen ist, aber nicht vorschreiben, welche Leistung beschafft werden soll, hat der Auftraggeber einen sehr großen Spielraum bei der Festlegung des Auf­trags­gegenstandes. Die Entscheidung des Auftraggebers bei der Festlegung des Auftraggegenstandes ist jedoch nicht unbegrenzt. Er muss dabei einerseits die allgemeinen Regeln und Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachten, insbesondere daher das Diskriminierungsverbot und die Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Daraus folgt, dass der Auftragsgegenstand nicht mit der Absicht oder der Wirkung festgelegt werden darf, dass der Marktzugang zu Lasten von Unternehmern aus anderen Mitgliedstaaten heimischen Unternehmen vorbehalten bleibt oder der Marktzugang von Unternehmern aus anderen Mitgliedstaaten beschränkt wird (Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, RZ 92 zu § 19).

Wesentlich ist dabei im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Bieter, dass die vom öffentlichen Auftraggeber ausgeschriebenen Leistungen eindeutig vollständig und neutral umschrieben sind bzw. nicht so umschrieben sind, dass bestimmte Bieter von vornherein Wettbewerbsvorteile genießen. Auch Zu­schlags­­kriterien müssen mit dem Gegenstand des Auftrages zusammenhängen und dürfen dem Auftraggeber keine unbeschränkte Wahlfreiheit übertragen und müssen die wesentlichen Grundsätze des Vergabeverfahrens Gleichbehandlung, Diskriminierungsverbot und Transparenz beachten.

 

Grundsätzlich hat sich nach dem durchgeführten Beweisverfahren insbesondere aus dem Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen ergeben, dass die vom Auftraggeber festgelegten technischen Spezifikationen in Verbindung mit den Eignungs- und Zuschlagskriterien dazu führen, dass praktisch nur Siedesalz und dieses wiederum nur faktisch von der X AG in der vorgegebenen Qualität und Menge geliefert werden kann. Durch die konkreten Festlegungen in der gegenständlichen Ausschreibung hat der Auftraggeber die Grenzen seiner Wahlfreiheit überschritten und gegen die Grundsätze des Diskriminierungs­verbotes und der Gleichbehandlung aller Bieter sowie der Gewährleistung eines möglichst unbeschränkten freien und lauteren Wettbewerbes verstoßen.

 

Unter Hinweis auf die zu Salzausschreibungen bereits ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.3.2008, GZ 2006/04/0030 und vom 26.4.2007, GZ 2005/04/0189 ist dazu festzuhalten, dass diese Entscheidungen für das konkrete Verfahren nicht als einschlägig angesehen werden können, da die Ergebnisse des sehr ausführlichen und umfassenden Beweisverfahrens durch die Einholung eines Gutachtens einer internationalen Kapazität im Bereich des Winterdienstes von den Feststellungen der dortigen Vergabenachprüfungs­behörden, die in beiden Fällen aus dem Jahr 2005 stammen und den Kenntnis­stand und das Marktumfeld von damals wiedergeben, massiv ab­weichen.

 

Die Einwendungen des Auftraggebers wurden allesamt durch die gutachtlichen Ausführungen entkräftet bzw. in ihrer Relevanz und in den praktischen Auswirkungen entsprechend herabgestuft, sodass ihnen keine verfahrens­ent­scheidende Bedeutung mehr zugemessen werden konnte.

 

Somit war großteils den Anträgen der Antragstellerin zu folgen und waren die im Spruch angeführten Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen für nichtig zu erklären und zu streichen. Eine Gesamtnichtigerklärung der Ausschreibung ist deshalb nicht erfolgt, da eine solche nicht beantragt war. Die nunmehrigen Streichungen werden aber zu einem Widerruf der Ausschreibung im Sinne des § 139 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 (wenn Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor der Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten) führen müssen.

 

Mit dieser Entscheidung wird keinesfalls auf den Zuschlag für einen konkreten Unternehmer Einfluss genommen sondern lediglich sichergestellt, dass in der Folge ein den vergaberechtlichen Grundsätzen entsprechendes öffentliches Auftragsverfahren mit möglichst breitem Bieterkreis durchgeführt wird.

 

4.5. Zu den einzelnen Bestimmungen kann ausgeführt werden:

 

4.5.1. Zur Bewertung Größtkorn (Pkt. 24.1. der Angebotsbestimmungen und Pkt 3. D 1. der Leistungsbeschreibung) hat der nichtamtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten zur Frage 4a festgestellt:

 

"Zusammenfassend ist bezüglich der Kornverteilung festzustellen, dass sich diese auf die An­fangstauwirkung (10 Minuten nach dem Streuen) auswirkt, nicht aber auf die Taukapazität. Insofern ist dies nur bei kurativer Streuung bei Eisglätte bedeutend, wird aber durch den Ein­satz von Feuchtsalz deutlich relativiert. Dementsprechend sind die Auswirkungen auf den Salzverbrauch und die Kosten des Winterdienstes äußerst gering und kaum zu beziffern.

 

Maßgebend für die bestehenden Unterschiede ist der Anteil feiner und mittelfeiner Körner, nicht das absolute Größtkorn. Insofern ist das von der X angebotene extrafeine Steinsalz einem Siedesalz mit Größtkorn 1,6 mm praktisch gleichwertig in Bezug auf Tauleistung, Tau­kapazität, Salzverbrauch und Winterdienstkosten."

 

Weiters hat er sich auch in den Fragen 5 bis 12 seines Gutachtens mit den Auswirkungen der Korngröße beschäftigt und kann darauf verwiesen werden.

 

Das Umstellen der Streugeräte ist kein maßgeblicher Aufwand. Auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 19.8.2012 hat der Sachverständige zugestanden, dass es zum Teil bei älteren Anlagen, die rein auf die Verwendung von Siedesalz konzipiert sind, zu Problemen mit Verstopfungen durch das taube Gestein oder wasserunlösliche Stoffe kommen kann. Er hat jedoch dazu ausgeführt, dass es erst problematisch wird, wenn diese unlöslichen Bestandteile auf 4 % oder größer gehen und dies zwar einen entsprechenden Wartungsaufwand bedingt, aber grundsätzlich im Betrieb es dabei zu keinen Problemen kommt. Auch hiezu kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die bereits zitierten einschlägigen Ausführungen verwiesen werden.

 

In Punkt 20 des Gutachtens hat er ausgeführt: "Wie unter Punkt 4 dargelegt, ist die Kornverteilung in dem im vorliegenden Fall betrachteten Rahmen nur für die Anfangstauwirkung beim kurativen Einsatz von Belang, wobei dies noch beim Einsatz von Feuchtsalz relativiert wird. Insofern ist die Kornverteilung als Qualitätskri­terium grundsätzlich geeignet. Allerdings wäre dann der Feinkornanteil ein sinnvolles Kriteri­um (z.B. %-Anteil unter 0,8 bzw. 1,6 mm), nicht jedoch das absolute Größtkorn wie im vor­liegenden Fall.

 

Zudem ist der Einfluss der Kornverteilung auf die Wirksamkeit des Salzes wie in Punkt 4 dargelegt sehr begrenzt und sollte daher wenn überhaupt nur dementsprechend geringfügig in die Wertung eingehen.

 

Ein Preiszuschlag von 1 % je 0,1 mm Unterschreitung des zulässigen Größtkorns von 3,2 mm ist keinesfalls zu begründen und gerechtfertigt. Gleiches gilt für die Preisminderungsregeln bei Überschreitung des Größtkorns.

Die Abweichung von den Qualitätskriterien der x 12.04.16 ist fachlich nicht nachvollzieh­bar. Sie ist auch nicht sinnvoll und zweckmäßig, da dadurch ohne Not potentiell geeignete Salzarten ausgeschlossen werden bzw. durch massive Zuschläge zu negativ bewertet werden."

 

Durch die gutachtlichen Ausführungen wurde auch das einschlägige Vorbringen des Auftraggebers entkräftet bzw. in ihrer Relevanz und in den praktischen Auswirkungen entsprechend herabgestuft.

 

Der Pkt. 24.1. der Angebotsbestimmungen erweist sich somit im Sinne der vorstehenden Ausführungen als diskriminierend und schränkt den freien Wettbewerb unzulässigerweise ein, sodass dieser für nichtig zu erklären und zu streichen war. Dies gilt auch für die diesbezüglichen Festlegungen in Punkt 3. D 1. der Leistungsbeschreibung hinsichtlich Größtkorn.

 

4.5.2. Zur Bewertung des NaCl-Gehaltes (Pkt. 24.2 der Ausschreibungs­bestimmungen und Pkt. 3. D 2. der Leistungsbeschreibung) hat der Sachverständige im Pkt. 20 b des Gutachtens ausgeführt: "Der NaCl-Gehalt als Qualitätskriterium ist wie in Punkt 4 dargelegt durchaus sinnvoll und zweckmäßig. Auch die auf dieser Basis vorgenommene Zuschlagsregelung bei der Angebots­wertung, proportional zum sinkenden NaCl-Gehalt den Angebotspreis zu erhöhen, ist logisch begründet und nachvollziehbar.

 

Die Preisminderungsregel bei dem tatsächlich gelieferten Salz ist bis 97,5 % ebenfalls nach­vollziehbar, darunter allerdings extrem (-50 bzw. 100 %). De facto bedeutet dies eine absolute Untergrenze bei 97,5 %. Dies entspricht der X 12.04.16 und ist zwar europaweit an der obersten Grenze, aber als Qualitätskriterium durchaus zu begründen, insbesondere auch im Hinblick auf die Verwendung in Salzlöseanlagen."

 

Daraus ergibt sich grundsätzlich keine Diskriminierung, sondern liegt darin eine sachgerechte Festlegung, sodass diese Punkte nicht für nichtig zu erklären und zu streichen waren.

 

4.5.3. Zur Bewertung des Sulfatgehaltes (Pkt. 24.3 der Angebotsbe­stimmungen) hat der Sachverständige insbesondere im Pkt. 14 und 21 des Gutachtens Ausführungen getroffen und dabei festgestellt, dass diese Abweichung von den Qualitätskriterien der X 12.04.16 nicht nur fachlich nicht nachvollziehbar ist, sondern auch nicht sinnvoll und zweckmäßig und dadurch ohne Not Steinsalze de facto ausgeschlossen werden. Wie sich aus Pkt. 23 des Gutachtens ergibt, könnte nur durch eine Nachbehandlung des Steinsalzes und zwar in Art fast identisch mit der Gewinnung von Siedesalz eine derartige Qualität sichergestellt werden, die aber keinesfalls sachlich begründet und notwendig ist und auch wirtschaftlich und ökologisch sinnlos bzw. bedenklich ist.

 

Auch die vom Auftraggeber vorgenommene Angebotsbewertung führt, wie sich aus Pkt. 21 ergibt, zu einem völlig unrealistischen Aufschlag für Steinsalze.

 

Der Pkt. 24.3. der Angebotsbestimmungen erweist sich somit im Sinne der vorstehenden Ausführungen als diskriminierend und schränkt den freien Wettbewerb unzulässigerweise ein, sodass dieser für nichtig zu erklären und zu streichen war.

 

Dies gilt auch für die diesbezüglichen Festlegungen in Punkt 3. D 3. der Leistungsbeschreibung hinsichtlich Sulfatanteil. Aus der Zusammenschau der Einleitung der Leistungsbeschreibung: "Eine Über- bzw. Unterschreitung der vorgegebenen Grenzwerte führt zur Ausscheidung des Angebotes." und der Formulierung beim Sulfatanteil: " max. 0,2 M-% entspricht 2000 mg/kg" insbesondere dem abgekürzten Wort "maximal" ist zu erkennen, dass es sich nach objektivem Erklärungswert dabei um ein Ausschlusskriterium handelt und einen im Sinne der Einleitung festgesetzten Grenzwert. Da auch dieser sachlich nicht gerechtfertigt ist, wie sich aus den Sachverständigenausführungen ergibt, war auch dieser Punkt für nichtig zu erklären und zu streichen.

 

Dies gilt auch für die Preisminderungsregel für das tatsächlich angelieferte Salz im Punkt 9.3. der Vertragsbestimmungen, die lautet: "Der Sulfatanteil ist maximal 2.000 mg/kg und der im Angebot angegebene Sulfatanteil wird mit EUR 0,015 mg/kg bewertet."

Eine Gesamtzusammenschau auch mit den Festlegungen in der Leistungsbeschreibung Punkt 3 D 3., die einen Sulfatgrenzwert festlegt, ergibt für einen verständigen Bieter nach objektivem Erklärungsinhalt nur die Auslegung, dass bei Abweichungen zum im Angebot angegebenen Sulfatanteilen bei der konkreten Lieferung nach oben hin hier ein Preisabzug von 0,015 Euro pro mg/kg Sulfatgehalt anzunehmen ist. Ein Überschreiten des maximalen Sulfatanteils kann zur Zurückweisung der Leistung führen, da der Grenzwert nicht eingehalten wurde und somit keine vertragskonforme Leistungserbringung erfolgt. Da auch diese Regelung nach den Ausführungen des Sachverständigen im Pkt. 21 des Gutachtens nicht sachgerecht und somit diskriminierend und wettbewerbseinschränkend ist, war auch dieser Punkt für nichtig zu erklären und zu streichen.

 

4.5.4. Soweit von der Antragstellerin pauschal die Nichtigerklärung und Streichung der gesamten Leistungsbeschreibung in Punkt 3. D der Ausschreibungsunterlagen begehrt wurde, finden sich dafür nach dem Verfahrensergebnis keine Anhaltspunkte und wurde auch ein zielgerichtetes Vorbringen dahingehend nicht erstattet. Eine Gesamtaufhebung der Leistungsbeschreibung wäre daher überschießend und kommt daher nicht in Betracht.

 

4.6. Gemäß § 78 Abs. 3 BVergG 2006 sind die Ausschreibungsunterlagen so auszuarbeiten, dass die Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risken von den Bietern ermittelt werden können.

 

4.6.1. In Punkt 2.2. dritter Satz der Vertragsbestimmungen findet sich die Formulierung: "Vom Auftraggeber nicht abgerufene Mengen erhöhen die Mindestlieferverpflichtung des Auftragnehmers für den Folgemonat, wobei aber die Lieferverpflichtung für das Vertragsjahr nicht berührt wird."

 

Im Zusammenhang mit Punkt 2.4 der Vertragsbestimmungen ergibt sich, dass der Auftraggeber eine Mindestabnahmemenge von 20.000 Tonnen pro Jahr hat und der Auftragnehmer eine Höchstliefermenge von 100.000 Tonnen je angefangenem Vertragsjahr. Wenngleich die Schlussfolgerung der Antrag­stellerin, dass es möglich wäre, dass der Auftraggeber monatelang nichts bestellt und dann praktisch fast 100.000 t der Jahresverpflichtung, wie auch der Sachverständige ausgeführt hat, zwar praktisch kaum zu erwarten, aber doch vom Wortlaut der Formulierung her möglich. Wenn der Auftraggeber dazu anführt, dass nur die Wendung "für den Folgemonat" verwendet wurde und sich damit keine mehrmonatige Aufstockung ergeben könne, ist dem entgegenzuhalten, dass dies dadurch nicht beschränkt wird, da hiezu eine einschränkende Formulierung etwa: "nur für den nächsten Folgemonat" oder dergleichen fehlt. Auch der objektive Erklärungswert der tatsächlich verwendeten Formulierung lässt diese einschränkende Interpretation nicht zu. Somit hat auch die Auslegung der Nachprüfungsbehörde das vom Sachverständigen ange­nommene Ergebnis erbracht, wenngleich dem Auftraggeber diesbezüglich zuzugestehen ist, dass die Auslegung des Vertrages Aufgabe der Nachprüfungsbehörde ist und nicht dem Sachverständigen zukommt.

 

Diese doch möglichen extremen Kumulationen der Liefermengen lassen für einen Bieter, wie die Antragstellerin zutreffend näher ausführt, tatsächlich unkalkulierbare Risken entstehen noch dazu als von den Auskunftspersonen des Auftraggebers angegeben wurde, dass schon die Möglichkeit bestünde, theoretisch auch 100.000 t in einem Monat zu lagern und zu verstreuen bei entsprechendem maximalen Geräteeinsatz.

Es war somit der dritte Satz von Pkt. 2.2 der Vertragsbestimmungen entsprechend dem Eventualantrag für nichtig zu erklären und zu streichen. Die übrigen Regelungen im Pkt. 2.2. und 2.4 sind nicht zu beanstanden. Die vorgegebene Mindest- und Höchstliefermengen sind, wie auch der Sachver­ständige ausgeführt hat, durchaus begründet und nachvollziehbar sowie in Bezug auf einen vorausschauenden gesicherten Winterdienst notwendig.

 

Hinsichtlich der Regelung betreffend Auftausalzreserve gemäß Pkt 5.1 der Vertrags­bestimmungen wurde keine Nichtigerklärung beantragt, sodass sich Ausführungen darüber erübrigen.

 

4.6.2. Zum Pkt. 4.2 a der Vertragsbestimmungen betreffend Lieferfristen von 72 Stunden haben die Ausführungen des Sachverständigen in Punkt 25 des Gutachtens ergeben, dass diese durchaus üblich, notwenig und sachgerecht sind.

 

Zum Vorbringen, dass auch über die Feiertage entsprechend geliefert werden müsste und es hier zu Problemen mit Ausnahmegenehmigungen vom LKW-Wochenend- und Feiertagsfahrverbot in Deutschland kommen könnte, ist auszuführen, dass dies nicht Umstände sind, die der Auftraggeber zu verantworten hat, sondern dies in das unternehmerische Risiko des Bieters fällt und er entsprechende Vorsorgen dafür zu treffen hat, z.B. durch eine entsprechende Lagerhaltung in Österreich, wenn diese Genehmigungen nicht erreicht werden können. Auf jeden Fall ist dieses Bestimmung absolut sachgerecht und nicht diskriminierend. Es war daher keine Nichtigerklärung und Streichung vorzunehmen.

 

4.6.3. Zum Pkt. 6.1 der Vertragsbestimmungen, wonach bei einer Vertragslaufzeit von 5 Jahren jährlich jeweils zum Ende des Vertragsjahres bis 31.8. einseitig eine Kündigung ohne besondere Gründe unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten möglich sein soll, ist auszuführen, dass dies für den jeweiligen Bieter nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ein unkalkulatorisches Risiko bedeutet, da er sich grundsätzlich auf eine Vertragsdauer von 5 Jahren einrichten muss und dies, wie auch die Antragstellerin ausgeführt hat, in Bezug auf Lagerhaltung, Produktion und dergleichen relevant ist, sein Auftragsverhältnis aber nach einem Jahr sogar bei ordnungsgemäßer Leistungserfüllung ohne weiteres gekündigt werden kann. Auch die Regelung, dass die Kündigung erst am 31.5. beim Auftragnehmer einlangen muss und er daher aufgrund der gängigen Praxis, da üblicherweise Auftausalzbestellungen schon früher erfolgen, für die freiwerdenden Auftausalzmengen auch schwer einen weiteren Abnehmer finden kann, ist nicht von der Hand zu weisen und zeigt sich dies auch durch die gegenständliche Ausschreibung mit Ablauf der Angebotsfrist im April.

 

Wenn der Auftraggeber anführt, dass ja auch ein außerordentliches Kündigungsrecht nach Pkt. 6.2 besteht, allerdings nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und damit praktisch die Auswirkungen für den Auftragnehmer die gleichen wären, so ist dem entgegen zu halten, dass dies dann durch den Bieter selbst verschuldet oder zumindest verursacht ist, er somit diesen wichtigen Grund gesetzt haben muss und daher in keiner solch schutzwürdigen Position zu sehen ist und in einem solchen Fall auch nicht auf die Weitererbringung der Leistung vertrauen darf. Ein einjähriger Vertrag mit Verlängerungsoption wurde in der Ausschreibung nicht vorgesehen und ist daher nicht relevant.

Es war daher auch diese Bestimmung für nichtig zu erklären und zu streichen.

 

4.7. Zusammenfassend war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden, wobei der Schwerpunkt des Verstoßes gegen die Vergabebestimmungen eindeutig darin zu sehen ist, dass durch die derzeitigen Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen, wie vom Sachverständigen abschließend in Punkt 26 des Gutachtens dargelegt, in der Praxis nur die X für eine Leistungserfüllung und damit als Bieter für den Zuschlag in Betracht kämen. Damit werden die vergaberechtlichen Grundsätze massiv verletzt.

 

5. Da die Antragstellerin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zumindest teilweise obsiegt hat, war gemäß § 23 Abs. 1 . VergRSG 2006 der Auftraggeber zum Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren zu verpflichten. Über die Kostenvorschreibung der aufgelaufenen Sachverständigengebühren wird gesondert entschieden.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind für die Antragstellerin Stempelgebühren in der Höhe von 77,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt der postalisch zugestellten Ausfertigung bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

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