Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401244/2/WEI/Ba

Linz, 20.12.2012

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des B A (alias B A, auch A, alias B A A al D) geb. 28.09.1990, Staatsangehöriger von Ägypten, dzt. Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Wien, Rossauer Lände, wegen Rechtswidrigkeit der Verhängung und Anhaltung in Schubhaft durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Beschwerde wird die Verhängung der Schubhaft und Anhaltung auf der Grundlage des § 76 Abs 2 Z 1 FPG für rechtswidrig erklärt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft mit der Feststellung für zulässig erklärt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen auf der Grundlage des § 76 Abs 2 Z 3 FPG im Zeitpunkt dieser Entscheidung vorliegen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht auf Grund der Aktenlage vom nachstehenden Gang des Verfahrens und Sachverhalt aus:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 11. Dezember 2012, Zl. 1074518/FRB, ordnete die belangte Behörde auf der Grundlage des § 76 Abs 2 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden nur Bf) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und der Abschiebung (§ 46 FPG) an.

 

Der Bescheid, dessen Spruch und Rechtsmittelbelehrung ins Arabische und damit in eine für den Bf verständlichen Sprache übersetzt wurde, hat der Bf am 11. Dezember 2012 um 17:45 Uhr mit einem Schubhaftinformationsblatt auf Arabisch persönlich übernommen.

 

Der Bf wurde zunächst im polizeilichen Anhaltezentrum (PAZ) Linz angehalten und in der Folge am 13. Dezember 2012 ins PAZ Wien, Rossauer Lände, überstellt.

 

1.2. Der Bf erschien am 11. Dezember 2012 um 10:45 Uhr in der PI Nietzschestraße 33 in Linz und stellte einen Asylantrag. Die Abfrage der EDV-Systeme (EKIS, EURODAC) ergab, dass der Bf bereits als B A im Oktober 2011 einen Asylantrag zu Zl. 11 12.651 gestellt hatte und dass gegen ihn seit 3. Juli 2012 eine rechtskräftige Ausweisung besteht.

 

Es wurde mit dem Bf eine Niederschrift über die Erstbefragung "Folgeantrag" durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommen. Er gab an, dass er Österreich seit der Entscheidung im ersten Asylverfahren zu Zl. 11 12.651 nicht verlassen habe. Zu den Gründen seines neuerlichen Antrags befragt, meinte er, nicht nach Ägypten, wo alles so schlimm geworden sei, zurückgehen zu können. Genaue Gründe könne er nicht sagen. Über Vorhalt des abgeschlossenen Asylverfahrens verwies er auf Unruhen im Lande und dass er die Muslim-Brüder fürchte. Er hätte von einem Mann gehört, der von dieser Organisation entführt worden wäre und niemand wüsste, was mit ihm passierte. Er würde sicher Probleme mit der Muslim Bruderschaft bekommen. An der Meldeadresse W würde er sich schon monatelang nicht mehr aufhalten. Er wäre in Moscheen und bei Arabern gewesen. Identitätsdokumente konnte der Bf nicht vorweisen.

 

Eine Überprüfung der Meldeadresse durch Beamte der PI Nietzschestraße in Begleitung des Bf ergab, dass sich im Erdgeschoss des Hauses W ein indischer Laden und auf der anderen Seite eine Baustelle befindet. An der Meldeadresse könne man nicht schlafen. Es handelte sich offenbar um eine Scheinadresse.

 

In weiterer Folge wurde der Bf gemäß § 39 Abs 3 Z 1 FPG festgenommen, der Behörde vorgeführt und ins PAZ Linz eingeliefert (vgl Anzeige der PI Nietzschestraße vom 11.12.2012, Zl. B3/61251/2012).

 

1.3. Der Bf reiste am 22. Oktober 2011 illegal ohne Reisedokument über Arnoldstein per Bahn in das Bundesgebiet von Österreich ein (Zugticket von Rom nach Wien). Er stellte noch am gleichen Tag einen Asylantrag und die Erstbefragung wurde im PAZ Wiener Neustadt durchgeführt. Zum Fluchtgrund befragt gab er an, dass er in Ägypten keine Aussichten für ein besseres Leben gesehen hätte. Er wollte direkt nach Österreich. Es sei ein gutes und soziales Land und er wolle hier leben und arbeiten, damit es ihm besser gehe. Auf die Frage, was ihm bei einer Rückkehr drohe, räumte er ein, dass ihm keine unmenschliche Strafe seitens der Regierung drohe. Er wolle aber nicht zurück in seine Heimat, weil er Streit mit einigen Personen in seiner Heimatstadt gehabt hätte.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamts (BAA) vom 10. April 2012, Zl. 11 12.651-BAL, wurde dem Bf weder der Status des Asylberechtigten noch des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und die Ausweisung des Bf aus dem Bundesgebiet nach Ägypten ausgesprochen. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs (AGH) vom 28. Juni 2012, Zl. B2 426.304-1/2012/3E, wurde die Beschwerde vom 17. April 2012 gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1 und 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Auf seine Ausreiseverpflichtung innerhalb von 14 Tagen gemäß § 10 Abs 7 AsylG 2005, die Möglichkeit der Abschiebung nach § 46 FPG und der Antragstellung gemäß § 55a FPG auf Verlängerung der Frist zur freiwilligen Ausreise wurde der Bf ausdrücklich auf Arabisch hingewiesen.

 

Laut Mitteilung des AGH vom 10. August 2012 wurde das Asylbeschwerdeverfahren mit der am 3. Juli 2012 erfolgten Zustellung der Entscheidung des AGH abgeschlossen. Die Entscheidung des Asylgerichtshofs erwuchs damit in Rechtskraft.

 

1.4. Nach der rechtskräftigen Abweisung seines Asylbegehrens reiste der Bf weder freiwillig aus, noch stellte er binnen drei Tagen ab Durchsetzbarkeit der Ausweisung einen Antrag gemäß § 55a FPG auf Fristverlängerung zur freiwilligen Ausreise.

 

Ein Ladungsbescheid vom 21. August 2012 an die Meldeadresse W wurde mit Postfehlbericht "Unbekannt" vom 23. August 2012 zurückgesendet. In der Folge konnte die Ladung aber mit Hilfe von Beamten der PI K zugestellt werden. Nach Einvernahme des Bf am 12. September 2012 beantragte die belangte Behörde mit Schreiben vom 19. September 2012 ein Heimreisezertifikat für den Bf. Den aus diesem Anlass bekannt gegeben Termin zur Vorsprache in der Konsularabteilung der ägyptischen Botschaft am 25. September 2012 (Übergabe der Ladung erfolgte durch Beamte der PI K) nahm der Bf selbständig wahr.

 

Danach tauchte er in die Anonymität ab. Bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 12. Dezember 2012 gab der Bf über Vorhalt der rechtskräftig negativen Entscheidung im ersten Asylverfahren an, dass er dies wisse. Er erklärte weiter, dass er seit 2 1/2 bis 3 Monaten nicht mehr an seiner Meldeadresse L, W wohne. Er hätte in Österreich derzeit keinen Wohnsitz und habe bei verschiedenen Freunden gewohnt. Seine persönlichen Sachen hätte er bei einem Freund, dessen Adresse er nicht kenne, jedoch würde er dort hinfinden. Der Bf habe keine Verwandten in Österreich. Sein ägyptischer Reisepass und sein Personalausweis befänden sich bei seinen Eltern in Ägypten. An Barmitteln verfüge er über 10,67 Euro. Sein Lebensunterhalt sei durch die Zuwendungen von Freunden finanziert worden.

 

Die belangte Behörde teilte dem Bf ihre Absicht mit, ihn nach Entscheidung über seinen Asylfolgeantrag nach Ägypten abzuschieben. Dazu erklärte er, nicht nach Ägypten zurückkehren zu wollen, er habe dort Probleme. Die Gründe hätte er bereits bei seinem ersten Asylantrag bekannt gegeben. Andere Gründe habe er nicht. Die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr wollte er nicht in Anspruch nehmen.

 

1.5. Mit Telefaxeingabe vom 14. Dezember 2012 brachte der Bf bei der belangten Behörde Beschwerde wegen rechtswidriger Verhängung der Schubhaft durch den gegenständlichen Bescheid ein und begründete dies handschriftlich in seiner Muttersprache auf einem Beiblatt. Die belangte Behörde holte dazu von einem Dolmetscher eine Übersetzung ein, die wie folgt lautet:

 

"Ich möchte das sobald wie möglich vorlegen

Ich habe den Dolmetscher nicht verstanden

Ich habe eine neue Aussage bezüglich Asylangelegenheit über Probleme, die ich in Ägypten gehabt habe von Erniedrigung und Mordsdrohung

Ich habe mich der Polizei übergeben

Ich wurde nicht in Haft genommen.

Ich bitte um Hilfe und Unterstützung, weil ich nicht nach Ägypten zurückkehren möchte

Ich habe nichts getan, dass man mich in Haft nimmt."

 

1.6. Mit Vorlageschreiben vom 14. Dezember 2012, eingelangt am 17. Dezember 2012, hat die belangte Behörde ihren Verwaltungsakt vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet

 

2. In der Begründung des Schubhaftbescheides betont die belangte Behörde die mangelnde Bereitschaft des Bf, seiner Ausreiseverpflichtung nach rechtskräftig negativem Abschluss des ersten Asylverfahrens nachzukommen. Er wolle mit der neuerlichen Asylantragstellung nur seine Abschiebung vereiteln. Da ihm klar sein müsse, dass auch sein Asylfolgeantrag negativ und mit Ausweisung beschieden werden werde, könne nicht angenommen werden, dass er der Anordnung gelinderer Mittel Folge leisten würde. Er sei auf Grund seiner Einstellung nicht bereit, sich der Behörde zur Verfügung zu halten. Dies werde durch das Untertauchen nach dem negativen Abschluss des ersten Asylverfahrens dokumentiert. Diese negative Prognose werde dadurch untermauert, dass der Bf keinerlei verwandtschaftliche bzw soziale Beziehungen zu Österreich habe, keiner legalen Beschäftigung nachgehen könne und offensichtlich sofort bereit sei in der Anonymität unterzutauchen.

 

Aus diesen Gründen bestehe konkret ein hoher Sicherungsbedarf und könne der Zweck der Schubhaft nicht mit gelinderen Mitteln erreicht werden.

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat auf Grundlage der vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG (idF seit BGBl I Nr. 122/2009) ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Nach § 83 Abs 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

  1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
  2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

 

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den Schubhaftbescheid erlassen und die Anhaltung in Schubhaft angeordnet. Der Oö. Verwaltungssenat ist daher örtlich zuständig. Der Bf wird noch in Schubhaft angehalten, seine Beschwerde ist zulässig.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs 1a FPG dürfen unmündige Minderjährige nicht in Schubhaft angehalten werden.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

 

  1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;
  2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs 2 AsylG 2005 verletzt hat;
  3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;
  4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;
  5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder
  6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs 2 Z 1 bis 4 vorliegt,

 

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

4.3. Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Nach § 80 Abs 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

 

  1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;
  2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall des Abs 3 und 4 vorliegt.

 

Gemäß § 80 Abs 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge ohnehin auch ein Verlängerungsfall nach § 80 Abs 4 Z 1 bis 3 FPG vor. Wird einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von 10 Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

4.4. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs 1 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

In der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vermag die fehlende Ausreisewilligkeit eines Fremden für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht zu rechtfertigen. Deshalb kann auch die Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft noch nicht rechtfertigen. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland in Betracht kommt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon mehrfach betont, dass in Bezug auf die Annahme eines Sicherungsbedarfes aus Überlegungen zu einem strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Fehlverhalten alleine nichts zu gewinnen sei (ständige Rspr; vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288 und Zl. 2004/21/0003; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246).

 

Überdies ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beim Sicherungserfordernis die konkrete Situation des Beschwerdeführers (Einzelfallprüfung) zu prüfen. Deswegen verbietet sich auch ein Abstellen auf allgemeine Erfahrungen im Umgang mit Asylwerbern oder aus anderen Fällen (vgl VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0051; VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0091).

 

4.5. In dem aus Anlass einer Amtsbeschwerde ergangenen Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542, hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst wiederholt, dass die bloße Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, sondern der Sicherungsbedarf müsse in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde soziale Verankerung in Österreich in Betracht komme (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Für die Bejahung des Sicherungsbedarfs im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG komme daher insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, welche das befürchtete Risiko des Untertauchens rechtfertigen können (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0162). Abgesehen von der Integration des Fremden sei bei Prüfung des Sicherungsbedarfs auch das bisherige Verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen (Hinweis auf VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/0311; VwGH je vom 28.06.2007, Zl. 2006/21/0091 und Zl. 2006/21/0051). Auch wenn Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nach dem Gesetz keinen tauglichen Schubhaftzweck darstellen (vgl etwa VwGH 31.08.2006, Zl. 2006/21/0087; VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/311) kann nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2009 der Verurteilung eines Fremden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedeutung zukommen. Eine erhebliche Delinquenz des Fremden kann das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner baldigen Abschiebung – in Abhängigkeit von der Schwere der Straftaten - maßgeblich vergrößern.

 

4.6. Im Erkenntnis vom 26. August 2010, Zl. 2010/21/0234, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit den durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 (BGBl I Nr. 122/2009) neu eingeführten Schubhafttatbeständen des § 76 Abs 2a FPG näher befasst und unter Hinweis auf Judikatur des Verfassungsgerichtshofs und eigene Vorjudikatur klargestellt, dass die Schubhaft auch im Anwendungsbereich des neuen § 76 Abs 2a FPG mit der strukturell abweichenden Einleitung "hat... anzuordnen" nur zulässig sei, wenn sie notwendig und verhältnismäßig ist. Auch der Hinweis in den Erläuterungen (330 BlgNR 24. GP), dass in diesen Fällen grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein werde, stehe der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht entgegen. Sinngemäß habe dies nämlich schon in der bisherigen Judikatur zu § 76 Abs 2 FPG seinen Niederschlag gefunden, indem der Verwaltungsgerichtshof aussprach, dass sich mit dem Fortschreiten der einzelnen Phasen des Asylverfahrens aus der Sicht des Asylwerbers die Wahrscheinlichkeit verdichte, dass er abgeschoben werden könnte. Insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung könnten dann auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (Hinweis auf VwGH 25.3.2010, Zl. 2008/21/0617).

 

Der Tatbestand des § 76 Abs 2a FPG in der ersten Variante (Zurückweisung gemäß dem § 5 AsylG 2005 verbunden mit einer durchsetzbaren Ausweisung) stelle sich als Sonderfall des § 76 Abs 2 Z 1 FPG dar. Deshalb bedarf es in seinem Anwendungsbereich (Ähnliches mit unterschiedlicher Gewichtung gelte auch für die anderen Tatbestände) im Sinne des zitierten Erkenntnisses vom 25. März 2010 weniger ausgeprägter Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs. Auch bei den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs 2a FPG sei nach dem "ultima ratio–Prinzip" mit der Verhängung eines bloß gelinderen Mittels vorzugehen, wenn einem allfälligen Sicherungsbedürfnis schon auf diesem Weg genüge getan werden könne. Auch ein Sicherungsbedarf führe nicht zur Schubhaft, wenn iSd letzten Halbsatzes des § 76 Abs 2a FPG besondere Umstände in der Person des Asylwerbers entgegen stehen.

 

Auch zu § 76 Abs 2a FPG stellte der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 26. August 2010 klar (mit Hinweis auf seine Judikatur seit VwGH 8.09.2005, Zl. 2005/21/0301), dass fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein, wenn sie nicht in besonderen Umständen ihren Niederschlag findet, die Verhängung von Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, zumal das asylrechtliche Verfahren in den Fällen des § 76 Abs 2a FPG noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Auch die Abschiebevoraussetzungen des § 46 Abs 1 FPG können ein Sicherungsbedürfnis nicht begründen. Auch Mittellosigkeit und fehlende Integration sind bei Asylwerbern, die Anspruch auf Grundversorgung haben, kein tragfähiges Argument. Die Heranziehung dieser Gesichtspunkte ist bei Asylwerbern, die sich noch nicht lange in Österreich aufhalten, regelmäßig verfehlt (zur stRsp Hinweis auf VwGH 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512).

 

Auch bei Heranziehung eines Schubhaftgrundes nach § 76 Abs 2a FPG bedarf es der gerechtfertigten Annahme, der Fremde werde sich dem asylrechtlichen Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder der Abschiebung insbesondere durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen wesentlich erschweren. Bei dem für die Beurteilung entscheidenden "Vorverhalten" des Fremden spielen die Art und Umstände der Reisebewegung, des Behördenkontaktes in Österreich und Gesichtspunkte der Mitwirkung im Asylverfahren eine Rolle.

 

4.7. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Verhängung der Schubhaft auf den Tatbestand des § 76 Abs 2 Z 1 FPG offenbar in der Annahme gestützt, dass mit der rechtskräftigen Erledigung des ersten Asylverfahrens des Bf eine durchsetzbare Ausweisung vorläge. Diese Ansicht der belangten Behörde vernachlässigt die differenzierte Regelung des § 12a AsylG 2005 ist daher unzutreffend.

 

Gemäß § 12 Abs 1 AsylG 2005 kommt einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, außer in den Fällen des § 12a AsylG 2005 grundsätzlich faktischer Abschiebeschutz zu, das heißt, er darf weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist geduldet. Der gegenständlich maßgebende § 12a AsylG 2005 regelt den faktischen Abschiebeschutz bei Folgeanträgen iSd § 2 Abs 1 Z 23 leg.cit.

 

Nach dem § 12a Abs 1 leg.cit. kommt dem Folgeantragsteller faktischer Abschiebeschutz ex lege nicht zu, wenn eine zurückweisende Entscheidungen im vorangegangenen Asylverfahren vorlag und die in den Ziffern 1 bis 3 angeführten weiteren Voraussetzungen zutreffen. Liegt allerdings kein Fall des § 12a Abs 1 leg.cit. vor, etwa weil - wie im gegenständlichen Fall - eine inhaltliche Sachentscheidung im vorangegangenen Asylverfahren erlassen wurde, so kann die Asylbehörde nach dem § 12a Abs 2 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Fremden unter bestimmten in drei Ziffern angeführten Voraussetzungen aufheben, wobei solche Entscheidungen über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß dem § 22 Abs 10 AsylG 2005 mündlich in Bescheidform zu ergehen haben und gemäß § 62 Abs 2 AVG zu beurkunden sind.

 

Mit der Abweisung der Beschwerde im ersten Asylverfahren durch den AGH lag zwar gegen den Bf eine rechtskräftige und vollstreckbare Ausweisung und damit ein Rechtstitel für seine Abschiebung nach Ägypten vor, der eine Schubhaft auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG möglich erscheinen ließ. Im Hinblick auf die Regelung des § 12a Abs 2 AsylG 2005 kommt dem Bf aber allein auf Grund der Stellung des Folgeantrags vom 11. Dezember 2012 faktischer Abschiebeschutz zu, solange ihm dieser nicht bescheidförmig aberkannt wird. Eine Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch die Asylbehörde ist bislang nicht aktenkundig. Deshalb kann beim Bf derzeit trotz rechtskräftig negativer Erledigung seines ersten Asylverfahrens nicht von einer durchsetzbaren Ausweisung ausgegangen werden. Der Schubhafttatbestand des § 76 Abs 2 Z 1 FPG, der an sich nur für noch offenen Asylverfahren Sinn macht, scheidet nach seinem Wortlaut schon mangels Durchsetzbarkeit der Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 aus.

 

Allerdings hätte die belangte Behörde beim gegebenen Sachverhalt den Schubhafttatbestand des § 76 Abs 2 Z 3 FPG heranziehen können, weil gegen den Bf vor der Stellung des zweiten Antrags auf internationalen Schutz bzw Folgeantrags eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bzw Ausweisung erlassen worden ist (vgl abweisendes Erkenntnis des AGH vom 28.06.2012, Zl. B2 426.304-1/2012/3E, rechtswirksam seit am 03.07.2012). Dieser Schubhafttatbestand hat vor allem den Zweck, der missbräuchlichen Stellung von Asylanträgen (insbesondere von Folgeanträgen) kurz nach dem Vorliegen durchsetzbarer Ausreiseentscheidungen entgegenzuwirken. Gemäß § 10 Abs 7 Satz 1 AsylG 2005 gilt eine durchsetzbare asylrechtliche Ausweisung als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 und hat der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen.

 

Mit Fortgang des zweiten Asylverfahrens kommen künftig auch die weiteren Tatbestände des § 76 Abs 2 Z 2 FPG (Einleitung eines asylrechtlichen Ausweisungsverfahrens) und § 76 Abs 2 Z 1 FPG (Erlassung einer durchsetzbaren Ausweisung) in Betracht. Da der Bf schon nach eigenen Angaben keine anderen Fluchtgründe als im ersten Asylverfahren vorbringen konnte, ist mit einer baldigen Zurückweisung seines Folgeantrags wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG durch die Asylbehörde zu rechnen. Dies wird dem Bf voraussichtlich mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG 2005 angekündigt werden, welche Bekanntgabe im Zulassungsverfahren dann gemäß § 27 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 auch als Einleitung eines (weiteren) Ausweisungsverfahrens gilt.

 

4.8. Der Bf hält sich seit Erlassung der Entscheidung des AGH am 3. Juli 2012 unrechtmäßig in Österreich auf, weil das vorläufige Aufenthaltsrecht gemäß § 13 AsylG 2005 mit der rechtskräftigen asylrechtlichen Ausweisung weggefallen war. Er ist seiner Ausreiseverpflichtung binnen 14 Tagen gemäß § 10 Abs 7 Satz 1 AsylG 2005 nicht nachgekommen und hat auch keinen Antrag gemäß dem § 55a FPG auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise gestellt. Er hatte nach eigenen Angaben bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme am 12. Dezember 2012 seine Meldeadresse in der W in L schon seit 2 1/2 bis 3 Monaten nicht mehr aufgesucht und bei verschiedenen Freunden gewohnt. Seine persönlichen Sachen habe er noch bei einem Freund in L, dessen Adresse er nicht angeben konnte oder wollte. Somit kann davon ausgegangen werden, dass er zumindest nach dem von ihm noch wahrgenommenen Vorsprachetermin in der Botschaft am 25. September 2012 in die Anonymität untertauchte. Er wusste nämlich nach dem Gespräch in der Konsularabteilung nur, dass sich seine Vertretungsbehörde mit der Polizei in Verbindung setzen werde (Niederschrift vom 12.12.2012). Somit musste er jederzeit mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikats und der Möglichkeit einer Abschiebung rechnen. Um von einer solchen Entwicklung nicht überrascht zu werden, unterließ er offensichtlich eine polizeiliche Änderungsmeldung, hielt seine Meldeadresse als Scheinadresse aufrecht und tauchte gleichzeitig in die Anonymität unter. Nach einer monatelangen Zeit der Ungewissheit stellte der Bf schließlich einen Folgeantrag auf Asyl, um - wie ihm aus dem ersten Asylverfahren bekannt – zumindest faktischen Abschiebeschutz zu erlangen und der drohenden Abschiebung zu entgehen.

 

Da der Bf ausdrücklich dieselben - schon als untauglich befundenen - Fluchtgründe wie im ersten Asylverfahren vorbrachte (vgl dazu Erstbefragung "Folgeantrag" vom 11.12.2012 und Niederschrift vom 12.12.2012) kann der Oö. Verwaltungssenat der Ansicht der belangten Behörde nicht entgegentreten, dass der Bf mit der neuerlichen Asylantragstellung nur seine Abschiebung nach Ägypten - zumindest vorläufig für die Dauer des zweiten Asylverfahrens – vereiteln wollte, um seiner längst fälligen Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen zu müssen. Es trifft auch zu, dass dem Bf im Wissen, keine neuen Fluchtgründe tatsächlich vorzubringen, klar sein muss, dass auch sein Folgeantrag auf internationalen Schutz voraussichtlich negativ erledigt werden wird.

 

Deshalb durfte die belangte Behörde mit gutem Grund von der Prognose ausgehen, der Bf, der unter keinen Umständen in seine Heimat zurückkehren will, werde auch mangels einer aufenthaltsrechtlichen Perspektive im zweiten Asylverfahren bei nächster Gelegenheit wieder in die Anonymität abtauchen und sich dem Zugriff der Behörden entziehen. Da der Bf einige Monate schon nicht bereit war, das rechtskräftig negative Ergebnis im ersten Asylverfahren zu akzeptieren und der Ausreiseverpflichtung nachzukommen und darüber hinaus auch die drohende Abschiebung durch Untertauchen in die Anonymität zu verhindern trachtete, hat die belangte Behörde von der Anordnung gelinderer Mittel nach § 77 FPG mit Recht abgesehen, zumal der Zweck der Schubhaft damit voraussichtlich nicht erreichbar wäre. Es konnte nämlich nach dem bisherigen Verhalten des Bf nicht angenommen werden, der Bf werde sich dem behördlichen Zugriff auch dann noch zur Verfügung halten, wenn - wie sehr wahrscheinlich zu erwarten - der Gang des zweiten Asylverfahrens für ihn negativ verläuft und ihm beispielsweise die Einleitung eines weiteren Ausweisungsverfahrens mitgeteilt wird.

 

Nach der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs genügen in fortgeschrittenen Phasen des Asylverfahrens mit verdichteter Wahrscheinlichkeit, abgeschoben zu werden, auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs. Eine solche erhöhte Wahrscheinlichkeit der Abschiebung liegt auch gegenständlich vor, zumal das erste, rechtskräftig negativ abgeschlossene Asylverfahren mit durchsetzbarer Ausweisung endete und im zweiten Asylverfahren über den Folgeantrag des Bf mangels geänderter Sach- und Rechtslage voraussichtlich sehr bald mit einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache durch die Asylbehörde und einer weiteren Ausweisung zu rechnen ist.

 

Die belangte Behörde hat auch zutreffend argumentiert, dass die den Sicherungsbedarf begründende negative Prognose noch durch die mangelnden verwandtschaftlichen und sozialen Beziehungen des Bf in Österreich, die sein rasches Untertauchen in die Anonymität begünstigen, untermauert wird. Durch die besonderen Umstände des Falles mit der ausgeprägten Ausreiseunwilligkeit nach Ägypten, die hohe Flexibilität des Bf infolge mangelnder sozialer Verankerung in Österreich und das dargelegte Vorverhalten des Bf nach negativem Abschluss des ersten Asylverfahrens ist anzunehmen, dass sich der Bf der voraussichtlich negativen Entwicklung seines zweiten Asylverfahrens und der alsbald drohenden Abschiebung auf freiem Fuße mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entziehen würde.

 

5. Im Ergebnis war daher die Verhängung der Schubhaft und Anhaltung im Grunde des § 76 Abs 2 Z 1 FPG aus den im Punkt 4.7. dargelegten Überlegungen für rechtswidrig zu erklären, jedoch die weitere Anhaltung in Schubhaft im Grunde des § 76 Abs 2 Z 3 FPG zulässig und dementsprechend gemäß § 82 Abs 4 FPG festzustellen, dass im Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

Gemäß § 79a Abs 1 AVG 1991 iVm § 83 Abs 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs 3 AVG). Nach § 79a Abs 6 AVG 1991 ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten.

 

Eine Kostenentscheidung war bei diesem Ergebnis nicht zu treffen, weil die Absätze 2 und 3 des § 79a AVG über den Aufwandersatz nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nur bei gänzlichem Obsiegen anzuwenden sind (vgl VwGH 05.09.2002, Zl. 2001/02/0209 unter Hinweis auf VwGH 28.02.1997, Zl. 96/02/0481).

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabengebühren für die eingebrachte Beschwerde von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

 

VwGH vom 2. August 2013, Zl.: 2013/21/0012-7

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