Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222624/25/Bm/Th

Linz, 12.12.2012

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 02.08.2012, Ge96-10-2012, wegen Übertretungen nach der GewO 1994 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 09.11.2012 zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

    II.      Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs. 1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 02.08.2012, Ge96-10-2012, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 36 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 114 iVm § 367a GewO 1994 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Tat:

Der Beschuldigte, Herr X, geb. am X, X, hat es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Gewerbeinhaber (Gastgewerbe in der Betriebsart 'Cafe' in einer weiteren Betriebsstätte im Standort X) zu verantworten, wie aus der Anzeige der Polizeiinspektion Pregarten vom 31.1.2012, GZ A1/659/01/2012, hervorgeht, dass in der Nacht von 28. bis 29. Jänner 2012 im Gastgewerbebetrieb in X, vom Kellnerpersonal alkoholische Getränke

a.   an den alkoholisierten 17-jährigen X, geb. am X, (mehrere Gläser Bier; der Alkovortest durch die Polizei ergab 0,82 mg/1 Atemluft) sowie

b.   an den alkoholisierten 16-jährigen X, geb. am X, (mehrere Gläser Bier; der Alkovortest durch die Polizei ergab 0,52 mg/l Atemluft)

ausgeschenkt wurden und die beiden Jugendlichen dadurch Alkohol im übermäßigen  Ausmaß konsumierten, obwohl es Gewerbetreibenden untersagt ist, selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.

Die beiden Jugendlichen waren zu diesem Zeitpunkt erst 17 bzw. 16 Jahre alt und der übermäßige Konsum von alkoholischen Getränken war für sie nach § 8 Abs.1 des Oö. Jugendschutzgesetzes 2001 verboten (Übermäßiger Konsum von alkoholischen Getränken durch Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr)."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist durch seine anwaltliche Vertretung Berufung erhoben und darin ausgeführt, auf Seite 4 des angefochtenen Straferkenntnisses führe die erstinstanzliche Behörde zunächst korrekt aus, dass vom Beschuldigten auch die Zeugeneinvernahme der Kellnerin, welche für den Alkoholausschank zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt verantwortlich gewesen sei, beantragt worden sei. Diesbezüglich sei vom Bw bereits mit Stellungnahme vom 16.07.2012 ausdrücklich beantragt worden, man möge die zuständige Kellnerin als Zeugin vernehmen, da diese bestätigen könne, dass keinesfalls im unzulässigen Maße Alkohol an die beiden Jugendlichen ausgegeben worden sei. Zudem hätte sich die Behörde durch Einvernahme der beantragten Zeugin davon in Kenntnis setzen können, dass es sich bei dieser um eine äußerst umsichtige und verantwortungsvolle Person, welche selbst Mutter sei, handle. Das Argument der Behörde, dass die Einvernahme der beantragten Zeugin aufgrund eines behaupteten Abhängigkeitsverhältnisses zum Beschuldigten als Arbeitgeber nicht zielführend gewesen sei, sei völlig unangemessen und unrichtig. Dieses Argument zeige vielmehr eindeutig auf, dass sich die Behörde hier einer absolut unzulässigen vorgreifenden Beweiswürdigung schuldig gemacht habe. Bereits aus diesem Grund sei der vorliegende Bescheid als rechtswidrig zu erachten. Es könne nicht sein, dass die Erstbehörde auf die Einvernahme der einzigen Entlastungszeugen aufgrund einer völlig zu Unrecht erwogenen vorgreifenden Beweiswürdigung verzichte und lediglich belastende Umstände dem Verfahren zugrunde lege. Dies sei jedenfalls unzulässig und mit dem rechtsstaatlichen Prinzip und den Grundlagen einer fairen Verfahrensführung unvereinbar und zeige die Voreingenommenheit der Erstbehörde auf. Dies werde beispielsweise auch dadurch bestätigt, dass die Erstbehörde auf Seite 4 ihres Straferkenntnisses unter anderem auch ausführe, dass sie davon ausgehe, dass der Bw entweder kein wirksames Kontrollsystem habe oder dass er offensichtlich sein Personal nicht im ausreichenden Umfang angewiesen habe. Zu diesem Ergebnis gelange die Erstbehörde ohne jegliche Befragung der beantragten Zeugin. So wäre die Behörde jedenfalls auch angehalten gewesen, die Zeugin dahingehend zu befragen, wie und inwieweit diese vom Bw Anweisungen betreffend Alkoholausschank an Jugendliche erhalten habe. Auch dies sei durch die Erstbehörde vollständig unterlassen worden und fingiere die Erstbehörde vielmehr, dass der Bw unzureichende Anweisungen erteilt habe. Auch sei bereits in der Stellungnahme des Bw auf die äußerst unglaubwürdig erscheinenden Aussagen der beiden Jugendlichen hingewiesen worden. Insbesondere auch darauf, dass beide Jugendlichen zwar darauf hingewiesen haben, dass sie zwar nach einem Ausweis gefragt worden seien, diesen sodann nicht herzeigen hätten müssen. Dies sei jedenfalls völlig lebensfremd zurückzuweisen, da keinesfalls davon auszugehen sei, dass einerseits nach einem Ausweis gefragt werde, dieser jedoch dann nicht hergezeigt werden müsse. Jedenfalls stehe fest, dass die Behörde den Beweisanträgen des Bw, welche jedenfalls dazu geeignet seien, ein gänzlich anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen, auf völlig unzulässige Art und Weise nicht nachgekommen sei. Insbesondere übergehe die Erstbehörde in ihrem Straferkenntnis das beantragte medizinische Sachverständigengutachten. Die Erstbehörde tätige im vorliegenden Straferkenntnis Schlussfolgerungen, welche mit keinem einzigen Beweisergebnis gedeckt werden könnten. So führe sie aus, dass sie davon ausgehe, dass die starke Alkoholisierung, die bei der Messung durch die Polizeibeamten festgestellt worden sei, auch für das Kellnerpersonal ersichtlich gewesen sein müsse. Zu diesen Schlussfolgerungen gelange die Erstbehörde aufgrund der in den jeweiligen Anzeigen angeführten Vortestwerten, was diese Schlussfolgerungen jedenfalls keinesfalls zu decken vermöge. Vielmehr hätte die Behörde jedenfalls die Zeugin X sowie ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass übermäßiger Alkoholkonsum nach den Angaben der Jugendlichen im Lokal nicht vorgelegen sei, da diese nach eigenen Angaben 3 Seidel Bier konsumiert hätten. Die Ausgabe von 3 Seidl Bier an einen völlig unauffälligen Jugendlichen, der bereits das 16. Lebensjahr vollendet habe, sei keineswegs als übermäßiger Ausschank von alkoholischen Getränken zu werten.

 

Aus all diesen Gründen werde daher der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge das Ermittlungsverfahren einleiten, eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen und in weiterer Folge der Berufung stattgeben und das angefochtne Straferkenntnis ersatzlos aufheben.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelnmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2012, zu welcher der Bw und sein ausgewiesener Rechtsvertreter erschienen sind. Als Zeugen einvernommen wurden Frau X sowie die Jugendlichen X und X.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Der Bw betreibt im Standort X, das Lokal X und verfügt hiefür auch über die erforderliche Gewerbeberechtigung. In der Nacht vom 28. bis 29.01.2012 wurde das in Rede stehende Lokal vom 17-jährigen X und vom 16-jährigen X besucht.

Um ca. 02.00 Uhr wurden die beiden Jugendlichen von Polizeiorganen aufgegriffen und aufgrund deutlicher Anzeichen einer Alkoholbeeinträchtigung ein Alkovortest vorgenommen, der beim Jugendlichen X einen Messwert von 0,52 mg/l Atemluft und beim Jugendlichen X einen Wert von 0,82 mg/l Atemluft ergeben hat. In der mündlichen Verhandlung wurde vom Jugendlichen X angegeben im Lokal X ca. 2 bis 3 Seidel Bier getrunken zu haben; vom Jugendlichen X wurde ausgesagt, eine Halbe Bier getrunken zu haben.

Von beiden Jugendlichen wurde vorgebracht, vor dem Aufgriff durch die Polizei am Parkplatz gemeinsam mit anderen Bekannten andere alkoholische Getränke getrunken zu haben.

 

Der hier festgestellte Sachverhalt ergibt sich zum einen aus dem Akteninhalt und zum anderen aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen.

Die Aussagen der Jugendlichen waren zwar was die im Lokal X konsumierten Getränke betrifft, nicht gänzlich widerspruchsfrei und von Erinnerungslücken geprägt, stimmen aber darüber überein, dass von ihnen noch vor Aufgriff durch die Polizei am Parkplatz selbst mitgebrachte gebrannte alkoholische Getränke gemeinsam mit Bekannten konsumiert wurden. Diese Aussagen konnten im Rahmen des Beweisverfahrens nicht widerlegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 114 GewO 1994 dürfen Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten
16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten.

 

Gemäß § 367a GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens konnte der Vorwurf, am 29.01.2012 sei durch Kellnerpersonal an Jugendliche alkoholische Getränke im übermäßigen Ausmaß ausgeschenkt worden, nicht erhärtet werden, weshalb das Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen war.

 

Ergänzend ist auszuführen, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Sinne des Gebotes des § 44a Z1 VStG nicht jenen konkreten Sachverhalt darlegt, der der Gesetzesbestimmung zugeordnet werden kann, da eine konkrete Umschreibung, in welchem Ausmaß den genannten Jugendlichen Alkohol im Lokal ausgeschenkt wurde, fehlt. Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis angegebene Menge von "mehrere Gläser Bier" stellt keine ausreichend konkrete Darstellung eines übermäßigen Alkoholausschankes dar, zumal auch nicht angegeben ist, ob es sich dabei um Halbegläser oder Seidelgläser handelt. Der angeführte Grad der Alkoholisierung kann die erforderliche Feststellung des konkreten Ausmaßes des Alkoholausschankes nicht ersetzen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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