Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252988/20/BMa/Th

Linz, 19.12.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der X, vertreten durch ihren Gatten X, vom 18. Oktober 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 22. September 2011, SV96-54-2011-Sc, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. November 2012 zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabgesetzt werden.

 

  II.      Der Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren ermäßigt sich auf 100 Euro. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011

zu II.: §§ 64ff VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom
22. September 2011, SV96-54-2011-Sc, wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

"Sie haben als Verantwortliche der Firma X GmbH mit Sitz in X, nachstehende ausländische Staatsbürgerin im X, X, als Prostituierte beschäftigt, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigenbestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine 'Rot-Weiß-Rot-Karte plus' oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde, obwohl ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen darf, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Rot-Weiß-Rot-Karte plus' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besitzt:

 

X, geb. X, Staatsbürgerschaft: Rumänien;

Beschäftigungszeitraum: zumindest von 01.02.2011 bis 07.05.2011

Beschäftigungsort: Club X, X

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von         falls diese uneinbringlich ist,  Gemäß

                               Ersatzfreiheitsstrafe von

2.000 Euro   65 Stunden             § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG, BGBl.Nr. 218/1975 idgF.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

200 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

         2.200 Euro."

 

 

1.2. Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es werde von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis ausgegangen, insbesondere deshalb, weil Frau X im Personenblatt einen Pauschallohn angegeben habe und es einen Hauspreis für Geschlechtsverkehr gebe, der vom Club vorgegeben werde. Außerdem sei sie am Getränkekonsum beteiligt. An einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit ändere auch die Tatsache nichts, dass Frau X in ihrer Zeiteinteilung grundsätzlich relativ frei gewesen sei. Weil eine Beschäftigung derselben von Anfang Februar 2011 bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 07. Mai 2011 ohne Vorliegen einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung als Prostituierte vorgelegen sei, habe die Bw die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen und auch zu verantworten. Der Bw sei nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Der Strafbemessung seien geschätzte Vermögens- und Familienverhältnisse zugrunde gelegt worden und strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet.

 

1.3. Gegen dieses der Bw zu Handen ihrer Vertretung am 6. Oktober 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 18. Oktober 2011.

 

1.4. Die Bw ficht das Straferkenntnis an und verweist auf noch ausstehende Rechtserhebungen, es würden noch wichtige Stellungnahmen des AMS und der Oö. GKK ausständig sein. Abschließend wurde der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beim Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich und Aufhebung des Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gestellt.

 

2.1. Die belange Behörde hat mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Weil keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Akt der belangten Behörde und am 12. November 2012 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Vertreter der Berufungswerberin und ein Vertreter der belangten Behörde gekommen sind. Als Zeugen wurden das Kontrollorgan FOI X und X einvernommen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bw, X, ist handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit gem. § 9 VStG Verantwortliche der X GmbH mit Sitz in X, die den "X" betreibt. Die rumänische Staatsangehörige X hat vom 01.02.2011 bis 07.05.2011 als Prostituierte Sexarbeit im von dieser GmbH betriebenen "X", X, verrichtet, ohne Vorliegen der entsprechenden arbeitsmarktrechtlichen Genehmigungen.

 

Die tägliche Arbeitszeit erstreckt sich von 20.00 Uhr bis 04.00 Uhr. Die Preise für die mit Kunden zu verrichtende Sexarbeit sind tarifmäßig für die Prostituierten vorgegeben. Die Prostituierten erhalten für die mit Kunden konsumierten Getränke eine Getränkepauschale. Die von den Kunden für die Dienstleistungen gezahlten Gelder werden an der Bar des Lokals hinterlegt oder über die im Lokal befindliche Bankomatkasse abgerechnet. Die Preise für die Dienstleistungen sind auch auf der Homepage des "X" Nachtclubs abrufbar.

Das in bar entrichtete Entgelt für die Dienstleistungen der Prostituierten wird bei der Bar hinterlegt und am nächsten Morgen abgerechnet.

Sonderleistungen werden von der jeweiligen Prostituierten selbst verrechnet.

Es besteht keine Arbeitsverpflichtung für die Prostituierten, diese können auch kurzfristig abreisen.

X, die Prokuristin der X GmbH, kontrolliert jeden Tag, welche Prostituierte anwesend ist, schickt diese zu Untersuchungen zum Arzt und kontrolliert auch die Ergebnisse im Gesundheitspass. Sie übernimmt die Fahrten zur Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, wo die Bestätigung der Untersuchung im Gesundheitspass der jeweiligen Prostituierten eingetragen wird.

Von der X GmbH wird sämtliche Infrastruktur wie Aufenthaltsraum, Waschmaschine, Trockner und Küche zur Verfügung gestellt (Seite 7 des Tonbandprotokolls vom 12.11.2012).

 

Die Zimmer, in denen die Prostituierten wohnen, sind gleichzeitig die Zimmer, die sie mit ihren Kunden benutzen. Präservative und Duschmittel werden von der X GmbH zur Verfügung gestellt.

Die Prostituierten selbst sind dafür verantwortlich, dass die Zimmer sauber sind und sie wechseln auch die Tisch- und Bettwäsche in diesen Zimmern. Die Leintücher und Handtücher, die von den Prostituierten verwendet werden, werden von der X GmbH zur Verfügung gestellt. Die Grundreinigung der Bar wird von den Prostituierten durchgeführt, diese sprechen sich dafür untereinander ab.

Der Whirlpool wird von der Prokuristin der X GmbH gereinigt. Sie trägt auch Sorge für die Wäsche im Haus.

Auch bei den Behördenwegen wie zB. der Einreichung des Antrags auf Meldebescheinigung bei der Bezirkshauptmannschaft werden die Prostituierten von X unterstützt.

Mit Schreiben vom 9. Jänner 2012 des Finanzamts Braunau Ried Schärding wurde der X GmbH eine Steuernummer für die Festsetzung und Einhebung von Abgabenschuldigkeiten bekannt gegeben. Aus einem Schreiben der X Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung vom 31. Dezember 2011 an das Finanzamt Braunau Ried Schärding, ist ersichtlich, dass mit dem Finanzamt vereinbart wurde, dass die X GmbH von allen als Prostituierte tätigen Damen, die zum 1. eines jeden Monats als Stichtag in den Betrieben tätig sind, ein Steuerbetrag von 250 Euro als Ersatz der Einkommenssteuer auf Einkünfte der Prostitution eingehoben wird.

Es wurde zur Einhebung und Überweisung der Steuerbeträge mit Schreiben vom 31. Dezember 2011 um die Zuteilung einer AB-Steuernummer ersucht. Hinsichtlich zweier – angeblicher – Prostituierter wurden Anmeldebescheinigungen für EWR-Bürger/innen und Schweizer Bürger/innen mit Datum vom 01. April 2009 (ausgestellt vom Bezirkshauptmann von Salzburg Umgebung) und vom 12. Juli 2011 (ausgestellt vom Bezirkshauptmann von Braunau/I) vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass die angeführten Frauen als Selbstständige arbeiten würden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass  X einen monatlichen Pauschallohn von 2.000 Euro bezogen hat und keine Zimmermiete bezahlt hat. Das Lokal wurde in der Nacht vom 6. Mai auf 7. Mai 2011 einer Kontrolle unterzogen.  X war als Prostituierte im Lokal anwesend und konnte keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung für die Tätigkeit der Prostitution im Lokal vorweisen.

Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurden Erhebungen zum Berufungsvorbringen getätigt, es seien noch wichtige Stellungnahmen des AMS und der Oö. GKK ausständig.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 wurde von der Oö. GKK der Schriftverkehr mit der Vertretung der Firma X GmbH übermittelt, wonach eine Prüfung der Pflichtversicherung für Prostituierte erfolgt ist. Dieser Schriftverkehr beinhaltet Schreiben vom 31. Oktober 2011, wonach von der X GmbH bemängelt wurde, dass die Erteilung einer Steuernummer verweigert wurde. In diesem Schreiben wurde auch mitgeteilt, dass die X GmbH bereit sei, sämtliche Prostituierte als Dienstnehmer anzumelden. Dies sei jedoch bislang wegen Sittenwidrigkeit nicht möglich gewesen.

Abschließend wurde mitgeteilt, dass, um Rechtssicherheit herbeizuführen, eine Prostituierte als Dienstnehmerin mit Wirksamkeit vom 07.10.2011 angemeldet worden sei. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2011 wurde der X GmbH mitgeteilt, dass die Beschäftigung von Prostituierten in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht sowohl in selbstständiger als auch in unselbstständiger Form erfolgen könne. Die Tätigkeit der Prostituierten, hinsichtlich derer eine Anmeldung erfolgt sei, sei als Dienstnehmerin einzustufen gewesen. Hinsichtlich der anderen beschriebenen Personen sei jedoch von einer "neuen Selbstständigkeit" nach § 2 Abs.1 Z4 GSVG auszugehen.

 

Vom AMS wurde mit Mail vom 23. Oktober 2012 mitgeteilt, es seien keine Verfahren hinsichtlich der Beschäftigung von Prostituierten beim AMS geführt worden. Es sei auch keine konkrete Anfrage bezüglich der Beschäftigung von Prostituierten im Nachtclub der X GmbH erinnerlich.

 

3.2. Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Akt und den sich nicht widersprechenden Angaben des Vertreters der Berufungswerberin und der X in der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich der Angaben des Vertreters der Berufungswerberin zum Tatzeitraum, wonach dieser zunächst den vorgeworfenen Tatzeitraum von 1. Februar 2011 bis 7. Mai 2011 nicht bestritten hatte und sich danach, über Vorhalt seines Berufungsvorbringens, auf die Angaben in der Berufung zurückgezogen hat, ist den Angaben der  X im Personenblatt zu folgen, die durch die erste Aussage des Vertreters der Bw in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde.

 

Die Einvernahme der Frau X vom Finanzamt Schärding zur Befragung über den Inhalt des Personenblatts der  X und die Einvernahme des Amtsdirektors X vom Finanzamt Braunau konnte unterbleiben, ist doch einerseits der Inhalt des Personenblatts klar ersichtlich und hinsichtlich der angegebenen Bezahlung, die in Widerspruch zum Vorbringen der Bw steht, wurde den Angaben letzterer gefolgt und es wird nicht bezweifelt, dass (nach der gegenständlichen Kontrolle) mit dem Finanzamt Braunau Vereinbarungen getroffen wurden, wonach die Prostituierten als neue Selbstständige arbeiten können.

 

Die Kontrolle, anlässlich derer  X am 6. Mai 2011 im Bordell "X" angetroffen wurde, war vor der Erteilung der Steuernummer für die Festsetzung und Einhebung von Abgabenschuldigkeiten als Ersatz für die Einkommenssteuer auf Einkünfte der Prostituierten.

 

Die beiden in den Feststellungen angeführten Schreiben der Oö. GKK und des AMS stehen nicht in Widerspruch zu den Angaben der Berufungswerberin.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)     in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)     überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" (§ 41a NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

3.3.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. VwGH vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).

 

Zudem ist auf die nunmehr ständige Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes hinzuweisen, wonach eine Tätigkeit als "Prostituierte und Animierdame" in einem Barbetrieb oder Nachtclub in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht wird wie in einem Arbeitsverhältnis. In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis, zumindest aber von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH vom 14. Jänner 2010, Zl. 2008/09/0067).

 

3.3.3. Von der Bw wird die Tätigkeit der Ausländerin als Selbständige aus der Erteilung einer Steuernummer durch das Finanzamt und der Aussage der Oö. GKK, dass Prostituierte in selbstständiger und unselbstständiger Weise tätig sein können, abgeleitet. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Heranziehung einer steuerlichen Bewertung, die noch dazu einige Monate nach dem vorgeworfenen Tatzeitraum erfolgte, im gegenständlichen Fall nicht geeignet ist, der Bewertung des wahren wirtschaftlichen Gehalts der Tätigkeit der Prostituierten entgegen zu treten.

 

Fest steht, dass die Sexarbeiterin für die Ausübung der Prostitution von der X GmbH vorgegebene Preise, welche auf einer Homepage im Internet ersichtlich sind, die gestaffelt nach Zeiteinheiten ausgewiesen waren, vom jeweiligen Kunden eingezogen hat.

Die Prostituierten hatten einen eigenen Sozialraum und eine Küche zur Verfügung. Die Reinigung von gemeinsam genutzten Bereichen, wie zB. dem Whirlpool, wurde von der X GmbH übernommen. Der Barbereich wurde nach Einteilung durch die Prostituierten selbst in Stand gehalten. Die Organisation der Wäschereinigung erfolgte durch die Prokuristin der GmbH. Den Sexarbeiterinnen wurden Kondome, Duschmittel etc. ebenso wie Handtücher und Leintücher von der X GmbH zur Verfügung gestellt. Die Bezahlung erfolgte an der Bar oder über den Bankomat des Lokals und wurde nachträglich mit den Prostituierten abgerechnet. Die Sexarbeiterinnen waren am Getränkekonsum beteiligt. Arzt und Behördenwege wurden von der X GmbH überwacht und unterstützt.

 

Demgegenüber steht die grundsätzlich freie Zeiteinteilung der Prostituierten, die kommen und gehen konnten, wann immer sie wollten.

 

In Würdigung dieser Gesamtumstände kommt der Unabhängige Verwaltungs­senat zum Schluss, dass im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Einbindung der Prostituierten in den Betrieb des von der GmbH betriebenen Lokals, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin die Bw ist, von einem Unterordnungsverhältnis auszugehen ist.

Angesichts der planmäßigen Eingliederung der Sexarbeiterin in die von der Bw zu verantwortende Betriebsorganisation ist die Tätigkeit der Prostituierten der Bw zuzurechnen. Dass entgegen der Annahme der belangten Behörde kein monatlicher Pauschallohn gezahlt wurde, steht dem nicht entgegen.

 

Insgesamt kommt daher der Unabhängige Verwaltungs­senat zum Schluss, dass gegenständlich von einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 lit.b AuslBG ausgegangen werden kann. Da nachweislich arbeitsmarkt­rechtliche Papiere für die Tätigkeit der Prostituierten nicht vorgelegen sind, ist der Bw die Übertretung in objektiver Hinsicht anzulasten.

 

3.4. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Die Bw bringt vor, die anzeigenlegende Behörde habe durch Bekanntgabe einer Steuernummer konkludent die neue Selbstständigkeit von Prostituierten anerkannt. Es seien auch Anmeldebescheinigungen für EWR-Bürger für Prostituierte erteilt worden, mit der Begründung, dass diese selbstständig erwerbstätig seien. Auch wenn dies für  X nicht der Fall gewesen sei, weil diese noch nicht 3 Monate im Betrieb der Bw gearbeitet habe, so könne dies der Bw nicht vorgeworfen werden. Die Bw habe auf Urteile von Behörden vertraut und es sei daher die subjektive Tatseite zu verneinen.

Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass die Erteilung der Steuernummer erst Monate nach dem Zeitpunkt der Betretung der  X als Prostituierte im Betrieb der Bw erfolgt ist und das diesbezügliche Vorbringen daher im konkreten Fall ins Leere geht.

Auch wenn die Bw eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürgerinnen, die am 1. April 2009 von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung für eine Prostituierte mit der Begründung "Selbstständige" ausgestellt wurde, vorweisen konnte, entbindet das die Bw nicht, Auskünfte zur Beschäftigung der  X beim AMS vor deren Arbeitsaufnahme einzuholen.

Ein Kontakt mit dem AMS aber zur Abklärung der rechtlichen Einstufung der Prostituierten vor deren Arbeitsaufnahme wurde von der Bw nicht ins Treffen geführt. Es wurde lediglich in der Berufung angeführt, dass zum Zeitpunkt der Erhebung der Berufung aufgrund umfangreicher Rechtserhebungen noch wichtige Stellungnahmen unter anderem des AMS ausständig seien, deren Ergebnis aber in der Folge nicht vorgelegt wurde.

Der Bw ist daher zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten, weshalb sie die angelastete Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten hat.

Es ist der Bw zwar zuzugestehen, dass die Vorgehensweise mehrerer verschiedener Behörden aufgrund der von der Bw vorgelegten Unterlagen nicht als einheitlich erscheint und Rechtsunsicherheit herbeiführen kann, dies entbindet die Bw aber nicht, hinsichtlich der konkreten Sexarbeiterin bei der zuständigen Stelle Erkundigungen einzuholen.

 

3.5. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Im vorliegenden Fall ist die Strafe nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs.1 Z1 AuslBG zu bemessen, wonach bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern eine Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro zu verhängen ist. Weil im gegenständlichen Fall somit für die der Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nunmehr ohnehin die nicht unterschreitbare gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde, sind begründende Ausführungen über das Strafausmaß entbehrlich.

 

Die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG war nicht in Betracht zu  ziehen, ist doch im gegenständlichen Fall kein beträchtliches Überwiegen der Strafmilderungsgründe gegenüber den Erschwernisgründen, das als gesetzliche Voraussetzung für die Unterschreitung der Mindeststrafe vorliegen muss, gegeben.

Auch eine Anwendung des § 21 VStG scheidet aus, weil die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, zumal der bei illegaler Ausländerbeschäftigung zu erwartende volkswirtschaftliche Schaden nicht unbedeutend ist, sowie das öffentliche Interesse an einer Unterbindung der unerlaubten Beschäftigung von Ausländern jedenfalls hoch einzuschätzen ist und es daher an einer der kumulativen Voraussetzungen (unbedeutende Tatfolgen sowie geringfügiges Verschulden) mangelt.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Weil die Berufung hinsichtlich der Strafhöhe Erfolg hatte, waren die Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu reduzieren. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 

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