Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310468/12/Re/TO/Th

Linz, 21.12.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von Frau X, vom 12. Oktober 2011, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 28. September 2011, UR96-35-2011, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2012, zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

        II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm  §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

 

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 28. September 2011, UR96-35-2011, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z 3 iVm § 15 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002)  eine Geldstrafe in der Höhe von 360 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 36 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Folgende Verwaltungsübertretung wird Ihnen zur Last gelegt:

Tatort                                                                             Tatzeit

Auf der Westseite des Anwesens X                                      29.6.2011, 20.15 Uhr

Sie haben nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 außerhalb genehmigter Anlagen oder für die Behandlung vorgesehener geeigneter Orte behandelt. Die nicht erlaubte Abfallbehandlung war an diesem Tag: das Verbrennen von nicht gefährlichen Abfällen, konkret u.a. auch von Kunststoffen (rote Plastikwanne o.ä.), die beim Eintreffen der Beamten schon zu einem Klumpen zerschmolzen war sowie von blauen Kunststoffschnüren (aus der Verwendung von Heuballen).

Eine abfallrechtliche Bewilligung (für eine Abfallbehandlungsanlage) lag in Ihrem Fall nicht vor."

 

Begründend wird hervorgebracht, das Strafverfahren stütze sich auf eine Anzeige der Polizeiinspektion Neufelden am 2. Juli 2011 und dem daraufhin durch-geführten Ermittlungsverfahren. Demnach habe zur Tatzeit beim landwirtschaftlichen Anwesen der Bw ein Feuer im Freien gebrannt, das durch ein verbrennendes rotes Kunststoffteil und der damit verbundenen Rauchentwicklung schon von Weitem sichtbar gewesen sei. Die Bw wäre von den Beamten eine  Schachtel haltend neben dem Feuer stehend angetroffen worden und hätte  diesen gegenüber angegeben, dass sie nicht gewusst hätte, dass Plastik im Feuer liege. Zudem hätte es sich um ein "Petersfeuer" gehandelt und das Plastik hätte wahrscheinlich der Knecht "X" hineingegeben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw eingebrachte Berufung, in welcher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wird und zusammenfassend unter Verweis auf die bisherigen Stellungnahmen zur Rechtfertigung vorgebracht wird, dass am landwirtschaftlichen Anwesen der Bw schon seit mehr als 40 Jahren der mittlerweile pensionierte und entmündigte ehemalige Knecht X wohne, der vom Ehegatten der Bw besachwaltet werde. Herr X habe den Vornamen X und wollte deswegen so wie jedes Jahr zu X und X ein Feuer anzünden. Dies sei ihm erlaubt worden und er habe zu diesem Zwecke auch Holz und Laub in einer Schachtel gesammelt. Der Ehegatte der Bw habe das von Herrn X vorbereitete Lagerfeuer entzündet, das zu diesem Zeitpunkt nur aus Holz und Laub bestanden habe. Kurze Zeit später sei der Ehegatte ins Haus zurückgegangen, da Besuch kam. Die Bw hätte dann nach einiger Zeit im Auftrag des Ehegatten beim Feuer Nachschau gehalten. Als sie zur  Feuerstelle kam, habe sie nur die Schachtel, in der das Holz und Laub vorbereitet gewesen ist, vorgefunden. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch das Polizeiauto auf das Feuer zugefahren. Die Beamten wären aus dem Fahrzeug gesprungen, hätten das Feuer fotografiert und wären unter dem vorgebrachten Hinweis, dass man Kunststoff nicht verbrennen darf, wieder in das Auto eingestiegen und weggefahren. X hätte sich in der Zeit, in der die Polizei am Anwesen war, versteckt.

Die Bw betont, dass sie weder das Feuer angezündet habe, noch habe sie die Plastikteile verbrannt. Sie könne sich vorstellen, dass in jenem unbeaufsichtigten Zeitraum, nämlich, als der Ehegatte nach der Entzündung des Feuers wegging und sie noch nicht Nachschau bei der Feuerstelle hielt, Herr X die Kunststoffschnüre und das Plastikteil in das Feuer gegeben habe, da er in letzter Zeit einige Handlungen gesetzt habe, die er nicht machen sollte.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäfts-verteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2012, an welcher die Bw teilgenommen hat und deren Ehegatte sowie die anzeigenden Beamten der Polizeiinspektion Neufelden zeugenschaftlich einvernommen wurden. Der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach war entschuldigt, gab aber im Vorfeld eine schriftliche Stellungnahme ab.

 

4.1. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Am landwirtschaftlichen Anwesen der Bw wohnt auch der mittlerweile pensionierte Knecht Herr X. Dieser ist voll entmündigt und der Ehegatte der Bw unterstützt ihn als Sachwalter. Nachdem Herr X mit Vornamen X heißt, wollte er am 29.6.2011, das ist der Tag X und X, ein Brauchtumsfeuer entzünden. Dies wurde ihm von der Bw und ihrem Ehegatten  gewährt und Herr X hat dafür Holz und Laub gesammelt. Das Feuer wurde dann vom Ehegatten der Bw in Anwesenheit von X angezündet. Die Bw war zu diesem Zeitpunkt im Haus.

Einige Zeit später ist der Ehegatte der Bw ins Haus gegangen, da Besuch für ihn eingetroffen ist. Die Bw hat für die Bewirtung des Gastes gesorgt und wurde dann vom Ehegatten beauftragt nach dem Feuer zu sehen.

In der Zwischenzeit wurde von zwei Beamten der Polizeiinspektion Neufelden schon von weitem schwarzer Rauch beim Anwesen der Bw bemerkt. Beim Annähern an das Anwesen konnten sie dann feststellen, dass es sich nicht um einen Hausbrand sondern um ein Feuer im Freien gehandelt hat.

Zur gleichen Zeit hat die Bw Nachschau nach dem Feuer gehalten und sich gewundert, dass X nicht anwesend war. Es lag lediglich eine Schachtel am Boden. Diese wollte die Bw wegtragen. In diesem Augenblick fuhr das Polizeiauto vor, die Beamten fotografierten das Feuer und stellten dabei fest, dass blaue Kunststoffschnüre und ein größerer Plastikteil im Feuer verbrannten und zum Teil schon geschmolzen waren. Die Bw wurde verdächtigt hier Abfälle zu verbrennen. Die Bw hat den Beamten versichert, dass sie kein Plastik ins Feuer gegeben hat und dass es sich hierbei um ein "Petersfeuer" handeln würde. Sie hat den Beamten gegenüber auch noch die Vermutung geäußert, dass X die Plastikteile ins  Feuer gegeben haben könnte.

Die Bw wurde von den Beamten noch darauf hingewiesen, dass Plastik nicht verbrannt werden darf, dann sind die beiden wieder abgefahren.

Nachdem die Polizei vom Anwesen der Bw weg war hat die Bw ihren Ehegatten, der noch im Haus war, über den Vorfall informiert und auch Herr X ist wieder aus seinem Versteck hervorgekommen. Er hat sich hinter einem Anhänger vor den Polizeibeamten versteckt.

X ist mit den Gegebenheiten am landwirtschaftlichen Anwesen sehr vertraut, da er seit mittlerweile 40 Jahren hier lebt und auch gearbeitet hat. Es ist ihm bekannt, wo die Kunststoffschnüre gesammelt werden, mit denen Heu- und Strohballen gebunden werden. Er führt auch immer wieder eigenmächtig Arbeiten durch, die sich für die Bw und ihren Ehegatten als kontraproduktiv herausstellen.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstrafver-fahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs. 1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen. Es ist Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen.

 

Die Erstinstanz geht in ihrer Straferkenntnis davon aus, dass die Bw als Miteigen-tümerin des Anwesens die Verbrennung des Kunststoffteiles sowie der Kunst-stoffschnüre zu verantworten hat. Dazu ist festzuhalten, dass eine Verwaltungs-übertretung nach § 79 Abs.2 Z3 iVm § 15 Abs. 3 AWG 2002 nur derjenige zu verantworten hat, der selbst die Behandlung von Abfällen vorgenommen hat. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass das gegenständliche Feuer zunächst vom Ehegatten der Bw entzündet worden ist. Wer jedoch erwiesenermaßen die – in der Folge zweifelsfrei festgestellten - Plastikteile dem Feuer zugeführt hat, konnte auch im ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren, auch nicht im Rahmen der Zeugeneinvernahmen, mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden.

Insbesondere die anzeigenden Polizeibeamten haben zwar das Feuer und die danebenstehende Bw festgestellt, konnten jedoch nicht bezeugen, wer das Feuer tatsächlich angezündet bzw. Plastikteile zugeführt hat.

 

Sofern im Straferkenntnis festgehalten ist, dass der Einwand, dass die verantwortliche Person, der am Hof lebende und voll entmündigte X sei, nicht gelten kann, da dieser einer Betreuung bedürfe, ist anzumerken, dass ein Sachwalter  einem entmündigten Menschen, der aufgrund einer psychischen Erkrankung, einer geistigen, körperlichen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, zur Seite stehen und ihn unterstützen soll. Er hat aber  keine generelle Aufsichtspflicht wie Eltern von minderjährigen, unmündigen Kindern.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hält daher fest, dass gegenständlich kein ausreichender  Beweis dafür erbracht werden konnte, dass die Verbrennung von Abfällen von der Bw selbst durchgeführt wurde und sie dies daher zu verantworten hätte. Es war daher bei der gegebenen Sachlage gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die der Bw angelastete Tat nicht erweisen ist, weshalb das angefochtene Straferkenntnis – im Zweifel - aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, ent-fallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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