Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-740171/2/WEI/HUE/Ba VwSen-740172/2/WEI/HUE/Ba VwSen-740173/2/WEI/HUE/Ba

Linz, 11.12.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufungen der 1.) C C "L" Betriebsstätten GmbH, R, V, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, K, I, und durch K W Rechtsanwälte GmbH, M, S, der 2.) R H k.s., K, B, Slowakei, vertreten durch K W Rechtsanwälte GmbH, M, S, und der 3.) C A & IT-Service GmbH, V, G, vertreten durch P & Z Rechtsanwälte-Partnerschaft GbR, W, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Juni 2012, Zl. Pol96-49-2012, betreffend die Beschlagnahme von 19 Glücksspielgeräten (Terminals) gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Beschlagnahmebescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch durch folgende Auflistung der beschlagnahmten Eingriffsgegenstände ergänzt wird:

 

            FA-Nr.             Bezeichnung                                                 Seriennummer

         1                 Multi Game Max Master                 01801-00160

         2                 Multi Game Max Master                 01801-00232

         3                 Multi Game Max Master                 02717-00869

         4                 Multi Game Max Master                 01801-00168

         5                 Multi Game Max Master                 01801-00182

         6                 Multi Game Max Master                 01801-00057

         7                 Multi Game Max Master                 01801-00091

         8                 Games Unlimited                                     3102800228

         9                 Games Unlimited                                     3115700020

         10              Games Unlimited                                     3102800227

         11              Games Unlimited                                     3115700019

         12              Games Unlimited                                     3102800229

         13              Games Unlimited                                     3115700017

         14              Act                                                   keine

         15              World Games                                  keine

         16              Net Station                                               keine

         17              Net Station                                               keine

         20              Tipomat Y-Line                               30600

         21              Wett PC                                           003018495F6F

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Juni 2012 an die Erstberufungswerberin (ErstBwin) "als Unternehmer und Inhaber" wurde wie folgt abgesprochen:

 

"BESCHEID ÜBER EINE BESCHLAGNAHME

 

Durch die Organe der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht iSd. § 50 Abs 2 GSpG wurde anlässlich einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 22.6.2012 im Lokal ' C C 'L' Betriebstätten GmbH, mittels Testspielen an den Eingriffsgegenständen dienstlich wahrgenommen festgestellt, dass Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden. Unter Berücksichtigung der festgestellten Betriebsdauer wurde in der Folge durch die Organe der öffentlichen Aufsicht die vorläufig Beschlagnahme der Eingriffsgegenstände ausgesprochen.

Aufgrund der der Beschlagnahmebescheinigung in Form eines Aktenvermerks beigeschlossenen ausführlichen Begründung der verfügten Beschlagnahme, der Versiegelung der Eingriffsgegenstände und des ausgesprochenen Verfügungsverbotes besteht nach wie vor gerechtfertigt der Verdacht, dass mit den Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, zum Zeitpunkt der Beschlagnahme fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wurde.

 

Es ergeht daher folgender Spruch:

Die Beschlagnahme der folgenden anlässlich dieser Kontrolle festgestellten Eingriffsgegenstände in das Glücksspielmonopol des Bundes, mit welchem im Lokal ' C C 'L' Betriebstätten GmbH R, V, jedenfalls seit 17.2.2012 bis 22.6.2012 Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden, wird zur Verhinderung der weiteren Begehung bzw. Fortsetzung einer Verwaltungsübertretung angeordnet:

            1.        Die elektronischen Glückspielgeräte mit denen vorwiegend                                 Glückspiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt              wurden, samt den dazu gehörigen Abbuchungsschlüsseln mit den               Finanzamtskontrollnummern Fa 1 - Fa 17 mit der Dokumentation                   gemäß Gsp26

            2.        1 elektronisches Wettspielgerät mit denen Wetten auf virtuellen                        Hunderennen abgeschlossen werden können mit der                                             Finanzamtskontrollnummer 20, samt Media PC mit der FA Nummer                   21 und der Dokumentation gemäß Gsp 26

 

Rechtsgrundlage:

§ 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG, BGBL I. Nr. 73/2010

 

Begründung:

 

Sie sind Unternehmer und Inhaber der ggst. Eingriffsgegenstände, nämlich der angeführten Spielapparate.

 

Während der ausführlich dokumentierten Kontrolle am 22.6.2012 im angeführten Standort wurden die Eingriffsgegenstände mit den im Spruch angeführten Bezeichnungen betriebsbereit vorgefunden und von den Kontrollorganen mit FA-Kennnummern versehen.

 

Auf den ggst. Geräten Nr. 1 bis 17 und 20 wurden während der Kontrolle durch Testspiele in Form von virtuellen Walzenspielen festgestellt, dass die Entscheidung über das Spielergebnis stets erst nach der letzten Handlung des Spielers durch das Spielprogramm getroffen wurde. Die Spieler konnten nur den Einsatz wählen, den Walzenumlauf mit der Start-Taste auslösen und das Spielergebnis abwarten. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab und ist daher als Glücksspiel im Sinn des § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren.

 

Aus der Art der Durchführung der Spielveranstaltungen mittels diesen Glücksspielgeräten in Gewinnerzielungsabsicht ergibt sich, dass selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt wurde, die Ausspielung daher durch einen Unternehmer gem. § 2 Abs. 2 GSpG erfolgte. Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG durchgeführt.

 

Schließlich wurde festgestellt, dass die für die Veranstaltung von derartigen Glücksspielen erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht vorlag, und dass diese Glücksspiele auch nicht nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Die Eingriffsgegenstände stellen einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG dar, für die die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG zwingend vorgesehen ist, und bei denen aufgrund der festgestellten Betriebsdauer der hinreichend begründete Verdacht gerechtfertigt vorliegt, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Die im § 53 Abs 1 Z 1 lit. a bestimmten Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme durch die Behörde waren aufgrund der Versiegelung der Eingriffsgegenstände durch die Kontrollorgane und wegen des ausgesprochenen Verfügungsverbotes nach wie vor gegeben. Die Beschlagnahme war somit aufgrund der Bestimmungen des § 53 Abs 3 GSpG durch die Behörde

anzuordnen.

 

Da diese Voraussetzungen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG unverändert vorliegen, war die Beschlagnahme anzuordnen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

2.1. Gegen diesen Beschlagnahmebescheid, der der ErstBwin am 22. Juni 2012 zugestellt wurde, richten sich die folgenden, rechtzeitig eingebrachten Berufungen.

 

2.1.1. In der von Rechtsanwalt Dr. P R für die ErstBwin eingebrachten Berufung vom 6. Juli 2012 wird wie folgt ausgeführt:

 

"Mit Beschlagnahmebescheid vom 22.06.2012 wurde gegenüber der Einschreiterin die Beschlagnahme von nicht näher bezeichneten Glücksspielgeräten mit den Finanzamtkontrollnummern 1 – 17 mit der Dokumentation gem GSpG 26 sowie hinsichtlich eines elektronischen Wettspielgerätes, mit denen Wetten auf virtuelle Hunderennen abgeschlossen werden können, angeordnet.

 

Dem ist zu entgegnen:

1.)

Der Bescheid ist nicht nachvollziehbar und unbegründet.

Dem Bescheid fehlt insbesondere eine nachvollziehbare Begründung, weshalb die Beschlagnahme erfolgte, geschweige den eine Bezeichnung durchgeführter Spiele oder Testspiele, auch die Dokumentation ist dem Bescheid nicht angeschlossen.

Der Bescheid ist daher bereits aus diesem Grunde rechtswidrig.

 

 

 

2.)

Es wird beantragt, im Berufungsverfahren eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und sämtliche bei der Kontrolle anwesenden Beamten als Zeugen zu vernehmen.

Insbesondere wird bestritten, dass die Entscheidung über das Spielergebnis stets nach der letzten Handlung des Spielers durch das Spielprogramm getroffen wurde. Es wurde auch nicht einmal festgestellt, ob Glückspiele gespielt wurden, in welcher Art und wodurch in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde.

Selbst für den Fall, dass der Beschuldigte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung zu verantworten hätte, ist das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, da mit einem Straferkenntnis – in unvertretbarer Rechtsansicht – gegen das unionsrechtlich begründete Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG verstoßen würde:

 

Am 09.09.2010, wurde das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft in der Rechtssache C-64/08 (Engelmann) verkündet. Ausgangsfall für die Entscheidung 'Engelmann' war ein Strafverfahren nach § 168 StGB, weil Herr Engelmann, ein deutscher Staatsbürger, in Linz und Schärding Spielcasinos betrieb. Herr Engelmann verfügte über keine Konzession für den Betrieb einer Spielbank in Österreich. Er bestritt auch nicht, eine solche gar nicht beantragt zu haben, brachte aber vor, dass er eine Konzession aufgrund zahlreicher unionsrechtswidriger Bestimmungen im österreichischen Glücksspielgesetz auch gar nicht hätte erlangen können. In erster Instanz wurde er noch zu einer Geldstrafe von EUR 2.000,-- verurteilt. Das Landesgericht Linz als Berufungsgericht hatte allerdings erhebliche unionsrechtliche Zweifel

 

·         an dem Erfordernis einer Niederlassung in Form einer Aktiengesellschaft in      Österreich,

·         an der Kohärenz und Systematik der österreichischen Politik zur Beschränkung          des Glücksspiels,

•   sowie an der Vorgangsweise des Bundesministeriums für Finanzen bei der Vergabe von Glücksspielkonzessionen in Österreich.

 

Bezüglich des in der Rechtssache C-64/08 (Engelmann) ergangenen Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ist zunächst auf die Randnr. 24 und 26 hinzuweisen, wonach es dem vorlegenden Landesgericht Linz zufolge von der - in Übereinstimmung auch mit dem Unionsrecht – Zulässigkeit des Ausschlusses von Herrn Engelmann vom Erhalt einer Spielbankkonzession abhing, ob Herr Engelmann den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiel nach § 168 StGB verwirklicht hat. Daher waren nach Ansicht des Europäischen Gerichthofes zuerst die erste und die dritte Vorlagefrage der Randnr. 25 zu prüfen.

 

Zur erfolgten Vergabe der Spielbankkonzessionen nimmt der Gerichtshof dann in Randnrn. 49-57 Stellung und kommt in Randnr. 58 zum Ergebnis, dass das Transparenzgebot, das sich aus den Art. 43 EG und 49 EG sowie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ergibt, einer Vergabe sämtlicher Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates, die ohne Ausschreibung erfolgt, entgegensteht.

 

Da sich aus der Beantwortung der ersten und dritten Vorlagefrage bereits ergeben hat, dass der Ausschluss von Herrn Engelmann vom Erhalt einer Spielbankkonzession gegen das Unionsrecht verstoßen hat und unrechtmäßig war, erachtete der Gerichtshof in Randnr. 59 die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage o Vereinbarkeit/Zulässigkeit eines innerstaatlichen Monopols für den Betrieb von Spielbanken, wenn es im Mitgliedsstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen ermuntern o für nicht mehr notwendig.

 

Ebensowenig wie Herr Engelmann verfügt die Beschuldigte über eine Konzession für den Betrieb einer Spielbank oder von Glücksspielautomaten in Österreich, da sie von der Möglichkeit eine solche zu erlangen, gemeinschaftsrechtswidrigerweise ausgeschlossen sind, zumal sämtliche Konzessionen vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das im Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die Casinos Austria AG vergeben wurden.

 

In einem solchen Fall dürfen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Sanktionen gegen Betreiber, die infolge des gemeinschaftsrechtswidrigen Ausschlusses über keine Konzession verfügen, nicht verhängt werden.

 

Zum unrechtmäßigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat hat der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 06. März 2007 (Strafverfahren gegen Massimiliano Placanica) für Recht erkannt (Punkt 3.), dass die Art. 43 EG und 49 EG dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die Wirtschaftsteilnehmer mit der Rechtsform von Kapitalgesellschaften, deren Anteile auf reglementierten Märkten gehandelt werden, vom Glücksspielsektor ausschließt und darüber hinaus im Sinne eines solchen Ausschlusses fortwirkt.

 

Zu den Folgen des unrechtmäßigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat nimmt der Gerichtshof in Randnr. 63 Stellung, wobei im letzten Satz festgehalten wird, dass in jedem Fall festzustellen ist, dass in Ermangelung eines Verfahrens der Konzessionsvergabe, das auch den bei der letzten Ausschreibung rechtswidrig von einem möglichen Konzessionserhalt ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmern offensteht, der Umstand, dass sie keine Konzession besitzen, nicht zum Anlass für die Verhängung einer Sanktion gegen sie genommen werden darf. (Generelles Sanktionsverbot)

 

Zu strafrechtlichen Sanktionen im speziellen wird in diesem Zusammenhang in Randnr. 69 festgehalten, dass sich aus der Rechtsprechung ergibt, dass ein Mitgliedsstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten  Verwaltungsformalität verhängen darf, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt oder vereitelt hat (vgl.  in diesem Sinn Urteil vom 15. Dezember 1983, Rienks, 5/83, Slg 1983, 4233,  Randnr. 10 und 11).

 

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften gilt sowohl  für  die  Vergangenheit  als  auch   bis  zur  Herstellung   einer unionsrechtskonformen Rechtslage der Grundsatz, dass Sanktionen jenen Anbietern, die bisher aufgrund unionsrechtswidriger Umstände von vornherein keine Konzession erhalten konnten, nicht entgegengehalten werden dürfen (dazu auch EuGH vom 08.09.2010, Markus Stoß u.a. C-316/07 unter anderem RN 115 iVm 19), sowie

 

Stadler/Arzt in ecolex 2010, 617 ff,

Talos/Stadler in ecolex 2010, 1006 ff, mwN,

Franz Leidenmühler in medien und recht 5/2010, 247 ff. mwN,

Franz Kensteiner in RdW2011,134 ff. mwN, und

Franz Leidenmühler in medien und recht 5/2011, 243 ff. mwN

 

In den Urteilen Carmen Media und Markus Stoß hat der EuGH zudem klargestellt, dass das von einem Mitgliedsstaat verfolgte ordnungspolitische Ziel des Spielerschutzes (als alleinig übrig gebliebenes Monopolargument) tatsächlich auch in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden muss. Die in obigen Fällen für Deutschland bestimmten Regeln gelten naturgemäß auch für Österreich. Der EuGH legt auch hinsichtlich Glücksspielwerbung Kriterien fest: Die Werbung muss maßvoll und strikt auf das begrenzt sein, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme und zum Spielen angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden, oder indem die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne vorspiegeln (EuGH 08.09.2010, Markus Stoß u.a., C-316/07 u.a. RN 103). Daraus folgt, dass der Ist-Zustand in Österreich mit omnipräsenter Casino- und Lottowerbung – auch nach den Glücksspielgesetznovellen 2008 und 2010 – nach wie vor EU-widrig ist.

 

Schließlich ist desweiteren auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 08.09.2010, C-409/06, Winnerwetten GmbH hinzuweisen, wonach jedes nationale Gericht verpflichtet ist, das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte die es den Einzelnen verleiht, zu schützen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechtes unangewendet lässt (EuGH Winner Wetten, C409/06 RN 55).

 

Unter Berufung auf den Europäischen Gerichtshof vertritt auch Kensteiner (Der EuGH und das Glücksspiel, RdW 2011, 134), dass 'im Fall eines unionrechtswidrigen Marktzugangsregimes strafrechtlich absichernde Sanktionsrecht unanwendbar zu bleiben hat'.

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes ist nach ständiger Rechtssprechung  des  Gerichtshofes der Europäischen  Gemeinschaften  ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes. Die Gerichte der Mitgliedsstaaten haben insoweit den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (EuGH, Winner Wetten, C-409/06 RN 58).

 

Auch in der Entscheidung vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer betont der Gerichthof der Europäischen Gemeinschaften in Rn 32 und 43 abermals und unzweideutig, dass der Verstoß gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu strafrechtlichen Sanktionen führen darf, wenn diese Regelung unionsrechtswidrig ist. Diese Rechtsfolge haben die österreichischen Gerichte und Behörden größtenteils trotz ihrer aus Art 4 Abs3 des Vertrages über die Europäische Union entspringen Pflicht zur Anwendung der EuGH-Rechtsprechung ignoriert.

 

Stellt sich in einem Verfahren eine vom Gemeinschaftsrecht vorgegebene Vorfrage im Rahmen der zu treffenden Entscheidung, so kann diese Vorfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.

 

Die Unionsrechtswidrigkeit der intransparenten Vergabe bezieht sich nicht nur auf den Zeitpunkt der Vergabe, sondern dauerhaft bis zu Neuausschreibung und korrekten Vergabe der Konzession. Es steht im groben Widerspruch zu der Rechtsprechung des EuGH und der effektiven Durchsetzung der europarechtlichen Grundfreiheiten, im Falle einer Vergabe der Konzessionen 'unter der Hand' von mitgliedstaatlichen Anbietern die Erfüllung der Konzessionsvoraussetzungen vor einer europarechtskonformen, rechtmäßigen Ausschreibung zu verlangen. Vielmehr liegt es am jeweiligen Mitgliedstaat die fehlende Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit zu sanieren. Bis dahin schlagen aber die Grundfreiheiten durch.

 

Angesichts der eindeutigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und der übereinstimmenden Literatur ist es daher - sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen - dringend geboten dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

 

'Sind die Art 49 und 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 4 des Vertrages über die Europäische Union sowie die zum Glücksspielrecht ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dahingehend auszulegen, dass gegen einen Glücksspielanbieter, der über keine nach nationalem Recht des Mitgliedsstaates erteilte Konzession verfügt, auch dann wegen des Fehlens dieser Konzession keinerlei Strafsanktionen verhängt werden dürfen, wenn dieser Glücksspielanbieter nicht sämtliche nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates vorgeschriebenen Konzessionsvoraussetzungen erfüllt, wenn bei der Vergabe sämtlichen, nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates zu vergebenden Konzession jegliche Transparenz gefehlt hat und der Glücksspielanbieter schon aufgrund dieser unionsrechtswidrigen Vergabe der Konzession für den Zeitraum bis zumindest 31.12.2012 von der Möglichkeit ausgeschlossen ist, sich um eine solche Konzession zu bewerben?'

 

Die Beschuldigte weist insbesondere darauf hin, dass alle Beschränkungen an den europarechtlichen Grundfreiheiten zu messen sind und die österreichische Glücksspielpolitik nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes insgesamt kohärent und systematisch auf im zwingenden Allgemeininteresse liegende Rechtsfertigungsgründe ausgerichtet sein muss. Bemerkenswerterweise ist der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Engelmann nicht mehr auf die ihm gestellte Frage nach der (In)Kohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik eingegangen, da er dies aufgrund der bereits festgestellten Unionsrechtswidrigkeiten für nicht mehr erforderlich hielt (vgl Kensteiner, Der Europäische Gerichtshof und das Glücksspiel, RdW 2011,134 (136)). Das bedeutet aber gerade nicht, dass österreichische Gerichte und Behörden auf die Kohärenzprüfung verzichten könnten, zumal an der Erfüllung dieses Erfordernisses nach wie vor erhebliche Zweifel bestehen (vgl bspw Talos/Stadler, EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 (1008); Leidenmühler, Das 'Engelmann'-Urteil des EuGH - Rien ne va plus für das österreichische Glücksspielgesetz, Medien und Recht 2010, 247).

 

Der Europäische Gerichtshof hat jüngst klargestellt, dass bei jeder nationalen  Beschränkung der Grundfreiheiten im Glücksspielbereich zu prüfen ist, ob sie tatsächlich dem Anliegen entspricht, die Gegebenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 56). Insbesondere hat der Europäische Gerichtshof auch Präzisierungen dahingehend vorgenommen, dass zur Rechtfertigung der Errichtung eines Monopols der Mitgliedstaat ein besonders hohes Schutzniveau verfolgen muss, da es sich um eine besonders schwere Restriktion handelt (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 48, 71). Die nationalen Gerichte haben dabei zu prüfen, 'ob die nationalen Behörden im entscheidungserheblichen Zeitraum tatsächlich bestrebt waren, im Hinblick auf die geltend gemachten Ziele ein besonders hohes Schutzniveau zu gewährleisten, und ob die Errichtung eines Monopols im Licht dieses angestrebten Schutzniveaus tatsächlich als erforderlich angesehen werden konnte' (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 54). Der Europäische Gerichtshof bestätigt in diesem Zusammenhang, dass die tatsächliche Verhältnismäßigkeit der restriktiven Regelung vom Mitgliedstaat bewiesen werden muss (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 54) und dass es grundsätzlich Feststellungen geben muss, dass kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht im betreffenden Mitgliedstaats ein Problem darstellen (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 66 und 100).

 

Dieser Nachweis wurde bis heute vor keinem österreichischen Gericht und vor keiner österreichischen Behörde erbracht. Ebensowenig wurden derartige Feststellungen bis dato in keiner einzigen Entscheidung eines österreichischen Gerichtes und in keiner einzigen Entscheidung einer österreichischen Behörde jemals getroffen.

 

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer enthält weiters Präzisierungen zum zulässigen Umfang der vom Monopolisten betriebenen Werbung. Nach dem Europäische Gerichtshof ist zwischen Strategien des Monopolinhabers zu unterscheiden, die nur die potenzielle Kunden über die Existenz der Produkte informieren und durch Lenkung der Spieler in kontrollierte Bahnen einen geordneten Zugang zu Glücksspielen sicherstellen sollen, und Strategien, die zu aktiver Teilnahme an Glücksspielen auffordern, anregen oder anreizen. Es müsse zwischen einer restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen oder die Kunden an ihn binden soll, und einer expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt, differenziert werden (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 69).

 

Angesichts der gängigen exzessiven Werbepraxis der österreichischen Monopolisten wird   diesen europarechtlichen  Anforderungen für  die   Rechtfertigung   einer Monopolstellung nicht genügt, was auch jüngst vom Landesgericht Linz (als Zivilgericht erster Instanz) in seinem Urteil vom 22. März 2012, 1 Cg 190/11y-14 bestätigt wurde.

 

Zuvor hatte das Landesgericht Linz, das selbst das Vorlageverfahren in der Rechtssache Engelmann initiiert hatte, Herrn Engelmann noch – ohne weitere Feststellungen zur Werbestrategie des Monopolinhabers und zur (In)Kohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik getroffen zu haben – verurteilt. Das Bezirksgericht Zell am See hingegen hat bereits die richtige Konsequenz der Sanktionsfreiheit für Herrn Engelmann gezogen und ihn aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vom Strafantrag freigesprochen.

 

Das Sanktionsverbot wurde jüngst auch vom Landesgericht Ried im Innkreis in seinem Berufungsurteil vom 23.04.2012 – als letztinstanzliches Gericht – bestätigt, in dem es ausführt:

 

Zur Frage der Konsequenzen des Urteils des EuGH vom 09. September 2010 in der RsC 64/08 'Engelmann' für die Anwendung des § 168 StGB liegt bislang, soweit auch unter Einsatz von RIS-Justiz überschaubar, eine Entscheidung des OGH nicht vor.

 

Vielmehr ist hiezu eine kontroversielle Diskussion zwischen Vertretern der Lehre einerseits und einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen andererseits entstanden.

 

Dabei schließt sich das Berufungsgericht den Vertretern der Lehre an, wobei Univ. Prof.DDr. Peter Lewisch  im  Rahmen dessen Rechtsgutachtens vom 04. November 2010 am überzeugendsten erscheint. Danach kommt Lewisch, der sich unter anderem auch ausführlich mit der gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen auseinandergesetzt hat, zum Ergebnis, dass sich aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Engelmann die EU-Rechtswidrigkeit der österreichischen glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln in den entscheidenden Fragen des Sitzerfordernisses und der intransparenten Vergabe der Konzessionen ohne Ausschreibung ergibt. Die diesbezüglichen Regeln des österreichischen Glücksspielrechts haben daher gegen die Artikel 43 und 49 EG - nunmehr Artikel 49 und 56 AEUV - verstoßen. Diese EU-Rechtswidrigkeit im Bezug auf das österreichische     Marktzugangsrecht schlägt auf das strafrechtliche Rechtsdurchsetzungsregime durch: Sind die glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln EU-rechtswidrig, dürfen diese auch nicht im Wege eines Strafverfahrens gemäß § 168 StGB durchgesetzt werden. Es gilt infolge der Vorrangwirkung des EU-Rechts ein unmittelbar EU-rechtlich begründetes Anwendungsverbot konfligierenden Strafrechts.

 

Darauf, ob sich das maßgebliche Sachrecht auch EU-konform ausgestalten ließe, kommt es nicht an. Maßgeblich ist der Verstoß gegen das EU-Recht hier und jetzt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Fall Engelmann und auch in allen vergleichbaren Konstellationen § 168 StGB unangewendet zu bleiben hat.

 

Mehr noch: Angesichts der eindeutigen Rechtslage wäre eine Anwendung des   § 168 StGB rechtlich unvertretbar!

 

Angesichts der in obigen Ausführungen dargestellten Kontroverse zwischen Lehre und - einem Teil - der Rechtsprechung ist es - sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen – dringendst geboten, beim Europäischen Gerichtshof über obige Vorlagefrage möglichst rasch die Klarstellung der Rechtsfolgen festgestellter Unionsrechtswidrigkeiten im Glücksspielsektor, insbesondere zum Fehlen einzelner, mehrerer oder auch aller nach nationalem Recht gesetzlich vorgeschriebener Konzessionsvoraussetzungen nach erfolgter unionsrechtswidriger Konzessionsvergabe ohne jeglicher Transparenz einer Ausschreibung herbeizuführen.

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes sowie der Grundsatz, dass die Gerichte der Mitgliedsstaaten den Schutz der Rechte zu gewährleisten haben, die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen, gilt auch für den Beschuldigten als Geschäftsführer F GmbH als Gesellschaft mit Sitz in Österreich, da es im gegenständlichen Fall an einer sachlichen Rechtfertigung für  eine Ungleichbehandlung von inländischen Gesellschaften gegenüber Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union fehlt. Dies insbesondere deshalb, weil im vergleichbaren Fall Engelmann Herr Engelmann eine Spielbankkonzession nicht nur wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit, sondern auch deshalb nicht erlangen konnte, weil er nicht das Erfordernis einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich erfüllt hat, und sämtliche Konzessionen für den Betrieb einer Spielbank und Glücksspielautomaten in Österreich vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das in Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die Casinos Austria AG vergeben wurden.

 

Von den beiden letzteren Ausschlussgründen sind Inländer in gleicher Weise betroffen wie andere Unionsbürger, so dass eine Ungleichbehandlung mangels sachlicher Rechtfertigung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde.

 

Die Frage der Anwendung des Unionsrechtes auf Österreicher ist vergleichbar mit den Lockerungen im Bereich des österreichischen Grundverkehrsrechtes, die erst durch die EuGH-Urteile zugunsten von Gebietsfremden zustande kamen (EuGH 01.06.1999, Kohle, C-302/97, Slg. 1999, I-3099; EuGH 15.05.2003, Salzmann, C-300/01, Slg. 2003, I-4899; EuGH 23,09.2003, Ospelt, C-452/01, Slg. 2003, I-9743).

 

Die darauf folgenden Begünstigungen von Gebietsfremden und Diskriminierung von Inländern konnten folglich dem Gleichheitsgrundsatz nicht mehr standhalten (Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, RZ 1355, Seite 647 mwH auf VfSLG 17.150; 17.422; VfGH 08.06.2005, G 163/04; VfGH 08.06.2005, G 159/04; VwGH 28.07.2004, 2002/04/0173).

 

Es wird beantragt eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

Sodann wird beantragt, der Berufung Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufzuheben."

 

2.1.2. Die K W Rechtsanwälte GmbH führt für die Erst- und ZweitBwin in der Berufung vom 6. Juli 2012 wie folgt aus:

 

"Berufung:

 

1.       Der bekämpfte wird hinsichtlich der in Punkt 1. angeführten 'Glücksspielgeräte        FA1 bis FA 17' angefochten.

 

2.       Die Bezirkshauptmannschaft sofort die Beschlagnahme ausgesprochen, ohne ihrer   Verpflichtung zu entsprechen, den Eigentümer auszuforschen bzw. ohne die im GSpG genannte Frist von 4 Wochen abzuwarten, innerhalb der sich der         Eigentümer nach Beschlagnahme melden kann. Die Beschlagnahme wurde          gegenüber der C C 'L' Betriebsstätten GmbH ausgesprochen, obwohl diese nicht       Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte ist. Eigentümerin ist die R H k.s., mit dem Sitz in Bratislava, K, S. Die R H k.s. ist als Eigentümerin legitimiert, gegen      den Beschlagnahmebescheid zu berufen, auch wenn dieser Bescheid nicht          gegenüber der Eigentümerin ausgestellt worden ist.

 

3.       Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 10.10.2011, Zl      2011/17/0158-5 festgelegt, dass, auch wenn der bloße Verdacht, dass         unzulässige Ausspielungen durchgeführt werden, ausreicht, um eine    Beschlagnahme zu verfügen, dennoch im Beschlagnahmebescheid ausreichend        begründet werden muss, warum es sich nach Meinung der Behörde bei den         durchgeführten Spielen um dem GSpG unterliegende Glücksspiele handle. Dies    setzt voraus, dass bei jedem der beschlagnahmten Geräte festgestellt wird,      welche Spiele möglich sind und wie im Einzelnen diese Spiele ablaufen, weil eben      nur dann eine Feststellung möglich ist, ob es sich bei diesen Spielen um     unzulässige Glücksspiele im Sinne des GSpG handelt.

 

         In den vorliegenden Bescheiden findet sich keine, im vorbeschriebenen Sinn   ausreichende Begründung, warum es sich nach Meinung der   Bezirkshauptmannschaft bei den, auf den beschlagnahmten Geräten möglichen      Spielen um solche Glücksspiele handelt. Insoweit leidet daher der angefochtene       Bescheid an einem Feststellungs- und Begründungsmangel, der wesentlich ist,       weil die Bezirkshauptmannschaft bei Vermeidung dieses Mangels zu einem       anderen Bescheid hätte kommen können.

 

4.       Voraussetzung für eine Beschlagnahme ist, dass der zumindest begründete   Verdacht besteht, dass mit den Eingriffsgegenständen in das Glücksspielmonopol     des Bundes eingegriffen wurde. Dieser Verdacht liegt nicht vor. Aufstellerin und   Betreiberin der in Rede stehenden Geräte war die Netgames Holding k.s. Diese          Gesellschaft hat ihren Sitz in der Slowakei, also in einem Mitgliedsstaat der    Europäischen Union. Die Durchführung von Ausspielungen im Sinne des GSpG     durch Aufsteller und Betreiber, die ihren Sitz in einem Mitgliedsstaat der     Europäischen Union, ist weder strafbar, noch verboten. Der EuGH hat in seiner          Entscheidung vom 15.9.2011 in der Rechtssache Dickinger und Ömer, C-347/09,      nunmehr eindeutig klargelegt, dass die rechtliche Situation so liegt, wie dies          nunmehr zusammenfassend noch einmal im Nachstehenden dargestellt ist:

 

4.1.     Zur Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit

         Wie der EuGH in ständiger Rechtsprechung feststellt, erfüllt das          grenzüberschreitende Anbieten eines Glücksspiels, u.a. auch über das        Internet, den Begriff der Dienstleistung iSv. Art. 57 AEUV.

 

         Siehe nur EuGH, Rs. C-275/92, Schindler, Rz. 25 ff.; Rs. C-67/98, Zenatti, Rz, 24; Rs, C-       243/01, Gambelli, Rz. 52 ff.; Rs. C-42/07, Liga Portuguesa, Rz. 45 ff. u. 52 ff.; Rs. C-            46/08, Carmen Media Group Ltd., Rz. 40 f.; Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer, Rz, 38;   ebenso VwGH, 21.12.1998, Gz. 97/17/0175.

 

         Das Internet-Glücksspiel kann dabei auf vielfältige Weise abgewickelt werden, sei     es als herkömmliches Online-Glücksspiel, sei es vermittels VLTs. Das Angebot       des Glücksspiels über einen solchen Terminal, der selbst weder Programme   verwalten, noch elektronische Daten verarbeiten kann, sondern es nur ermöglicht, sich über eine IP-Adresse in einen Server mit Standort in einem anderen EU-         Mitgliedstaat einzuloggen, in dem die Entscheidung über Gewinn und Verlust getroffen wird, ist ein geradezu typischer Fall einer Dienstleistungserbringung unter Verwendung grenzüberschreitender Netzstrukturen. Diese Form der     grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung, ohne dass Leistungserbringer    und -empfänger ihren Herkunftsstaat verlassen müssen, wird als          Korrespondenzdienstleistung bezeichnet.

         Die Qualifikation dieses Glücksspielangebots über VLTs als Dienstleistung wird          schließlich auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der betreffende    Wirtschaftsteilnehmer zwar von einem anderen Mitgliedstaat aus operiert, seine   gesamte Aktivität aber auf einen bestimmten Aufnahmemitgliedstaat - in unserem   Falle möglichenweise Österreich, sofern VLTs nur hier betrieben werden sollten -   ausgerichtet ist.

         Siehe EuGH, Rs. C-23/93, TV 10, Rz. 15.

 

         Ja selbst die Ausstattung mit einer gewissen Infrastruktur (in unserem Fall      die VLTs) wird vom EuGH im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit noch als     zulässig erachtet, ohne dass vom Vorliegen einer Niederlassung auszugehen   wäre.

         Siehe EuGH, Rs. C-55/94, Gebhard, Rz. 27; Rs. C-215/01, Schnitzer, Rz. 28 u. 32; Rs. C-      347/09, Dickinger und Ömer, Rz. 38; siehe auch Schlussanträge GA ALBER, Rs. C-243/01,   Gambelli, Rz. 87.

 

         Aus diesem Grunde vermag beispielsweise auch der Ankauf oder die Anmietung      von Terminals, über die das (elektronische) Glücksspielangebot erfolgt, in       Österreich, also in einem der Staaten der Dienstleistungserbringung, nichts am        Charakter der Tätigkeit als Inanspruchnahme der unionsrechtlich gewährleisteten       Dienstleistungsfreiheit zu ändern.

         Ebensowenig ist von rechtlicher Bedeutung, ob ein technisches Hilfsmittel zur Dienstleistungserbringung, wie dies beispielsweise ein Terminal ist, vom       Dienstleistungserbringer selbst betrieben oder als Supportleistung zugekauft oder     angemietet wird. Für die rechtliche Zuordenbarkeit ist allein maßgeblich, wo      das Unternehmen registriert ist, das im Zusammenhang mit der         Dienstleistungserbringung die organisatorische Verantwortung (z.B. die      Entscheidung über Fragen wie das konkrete Spielangebot usw.) und auch das Auftreten nach außen übernimmt. In unserem Falle erfolgt dies ausschließlich          durch den Dienstleistungserbringer aus einem anderen EU-Mitgliedstaat.               Weiters findet die Dienstleistungsfreiheit auch auf die österreichischen      Einzelpersonen und   Unternehmen, die für den Dienstleistungserbringer aus einem          anderen EU-Mitgliedstaat Supportleistungen (z.B. Vermietung, Betrieb oder Wartung eines Terminals, Betreuung eines oder mehrerer Terminals z.B. in einem    Internet-Cafe, Inkasso- und Auszahlungstätigkeiten, z.B. durch einen     Inkassanten, Verlinkung des Angebots durch Affiliates usw.) anbieten,    Anwendung.

         Der EuGH hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich festgestellt, dass eine Beschränkung dieser Tätigkeit einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit          darstellt, selbst wenn das Supportunternehmen in demselben Mitgliedstaat - in       diesem Fall Österreich - wie die Empfänger der Dienstleistungen ansässig ist.

         Siehe EuGH, Rs. C-243/01, Gambelli, Rz. 58; verb. Rs. C-338/04, C-359/04 u. C-      360/04, Placanica, Rz. 44.

 

         Vom EuGH wird regelmäßig, in unserem Zusammenhang zuletzt im Fall Stoß,          ausgeführt, dass im Falle inländischer natürlicher oder juristischer Personen, die      eine Tätigkeit als Vermittler von Glücksspielen für Rechnung von            Gesellschaften ausüben möchten, die ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten         haben und nicht beabsichtigen, sich im Inland niederzulassen nicht etwa die          Niederlassungsfreiheit, sondern allein die Dienstleistungsfreiheit betroffen ist.    Diese begünstigt dann die inländischen Supporter gleichsam im Reflex.

         Siehe in diesem Zusammenhang nur die Schlussanträge GA MENGOZZI, verb. Rs.    C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07, Markus Stoß u.a., Rz. 40.

 

4.2.     Unionsrechtsverstoß durch Österreich

         Schon im Engelmann-Urteil vom 09.09.2010 hat der EuGH klargestellt, dass die        Vergabe und Ausgestaltung der österreichischen     Spielbankenkonzessio-     nen gegen Unionsrecht verstößt. Ab diesem Zeitpunkt war einhellige    Meinung in der Literatur, dass dieser Befund der Unionsrechtswidrigkeit auch auf       die Vergabe und Ausgestaltung der Lotterienkonzession (unter die auch das im     gegebenen Fall relevante Glücksspielangebot über VLT fällt) zu übertragen ist,   weil diese an nahezu idente Voraussetzungen anknüpft.

         Siehe nur Leidenmühler, Das 'Engelmann'-Urteil des EuGH - Rien ne va plus für das            österreichische Glücksspielgesetz, MR 2010, 247 ff; Barbist/Pinggera, Zur Zulässigkeit des   österreichischen Gücksspielmonopols, EuZW 2010, 285 f.; Talos/Stadler, EuGH kippt            österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 ff.; Kensteiner, Der EuGH und       das Glücksspiel, RdW 2011, 134 ff.

 

         Im Dickinger und Ömer-Urteil vom 15.09.2011 hat der EuGH nun auch explizit für    den Bereich des Lotterien-Monopols ausgeführt, dass eine solche Monopolregelung ganz streng auf folgende zwei Fragen zu prüfen ist:

 

4.2.1.  Kann der Nachweis geführt werden, dass die kriminellen und betrügerischen        Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht in         Österreich ein Problem waren und nur eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeiten diesem Problem hätte abhelfen können? Mit dieser Frage erwartet der EuGH eine ganze Reihe umfangreicher empirischer Feststellungen        sowie rechtlicher Würdigungen. Zum ersten wird festzustellen sein, ob es in       Österreich ein Problem mit kriminellen Handlungen und Spielsucht im        Zusammenhang mit Internet-Glücksspiel gegeben hat. Und für den Fall der          Bejahung, ob eine Ausweitung der Tätigkeit des Konzessionärs dieses allenfalls        vorhandene Kriminalitätsproblem zu verringern geeignet war bzw. ist. Die   Nachweispflicht trifft dabei in allen Punkten die Republik Österreich: '[...] In          diesem Zusammenhang obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel         berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien    Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu        entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand deren dieses Gericht sich   vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz     der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt'.

         EuGH, Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer, Rz. 54.

 

4.2.2.  Zum zweiten ist der Nachweis zu führen, dass die Geschäftspolitik des        Konzessionärs - und insbesondere seine Werbeaktivitäten - maßvoll und       begrenzt sind. Dies, so der EuGH, ist z.B. dann nicht der Fall, wenn         'verführerisch bedeutende Gewinne in Aussicht' gestellt werden.

 

         Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist laut EuGH die gesamte Monopolregelung nicht unionsrechtskonform und kann daher wegen des      Vorrangs des Unionsrechts nicht mehr angewendet werden.

         Im gegebenen Fall liegt es klar auf der Hand, dass die von intensivem          Werbeaufwand begleitete expansionistische Politik des Monopolisten   (Österreichische Lotterien GmbH und Casinos Austria AG können aufgrund der          wechselseitigen Beteiligungsverflechtungen hier durchaus als Einheit betrachtet          werden) unzulässig ist, weil der vom EuGH geforderte Schutz der Verbraucher    vor einem Anreiz zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen damit      geradezu konterkariert wird. Nach den eindeutigen Vorgaben des EuGH darf die Werbung des Konzessionsinhabers keinesfalls '[...] darauf abzielen, den          natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver         Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm        wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegende          Aktivitäten ein positives Image verliehen wird oder seine Anziehungskraft durch        zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne             verführerisch in Aussicht stellen'.

         EuGH, Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer, Rz. 68.

 

         Der EuGH erlaubt damit nur Strategien des Monopolinhabers, die die am Markt        vorhandenen Kunden über die Existenz der Produkte informieren sollen. Jene          Strategien dagegen, die zu aktiver Teilnahme an Glücksspielen auffordern        und anregen, die also auf das Wachstum des gesamten Marktes für   Spieltätigkeiten abzielen, sind strikt untersagt, wenn das Monopol     unionsrechtskonform sein will. Erfüllt der Konzessionsinhaber diese   Voraussetzungen nicht, ist die gesamte Monopolregelung nicht             unionsrechtskonform und kann wegen des Vorrangs des Unionsrechts nicht mehr angewendet werden.

 

Die Marktpolitik der Konzessionsinhaber Österreichische Lotterien GmbH und Casinos Austria AG erfüllt geradezu mustergültig alle vom EuGH aufgestellten Kriterien, wie das Marktverhalten des Monopolisten gerade NICHT sein darf:

   In zahlreichen Werbekampagnen erfolgt eine Anregung zur aktiven Teilnahme am Spiel:

     Beweis: Österreichische Lotterien GmbH/Casinos Austria AG stehen bei den Werbeausgaben in Österreich an 7. Stelle (35,5 Mio Euro; Focus Media Research 2010); regelmäßig ganzseitige Einschaltungen in sämtlichen Tagesmedien [Beispiel in Anlage 1]; große Reichweite durch Kooperation mit ORF (öffentliche Lottoziehungen im Vorabendprogramm als versteckte Werbung usw.); Werbekampagnen wie z.B. für die Produkte 'Magic Money' oder 'Lucky Joker' dienen eindeutig der Anregung zur aktiven Teilnahme am Spiel [Anlagen 2 und 3].

   Sexistische Werbung:

     Beweis: Regelmäßig wird versucht, die Werbewirkung für die Produkte der Österreichischen Lotterien GmbH/Casinos Austria AG mit sexistischer Werbung zu steigern [Anlage 4].

   Dem Spielen wird ein positives Image zugeschrieben:

     Beweis: Werbebotschaften wie z.B. 'Gewinne Ruhm für die Ewigkeit!' beim Hörsaal-Poker [Anlage 5]; 'Lotto sichert ihre Pension' (Anlage 1)

   Bedeutende Gewinne werden verführerisch in Aussicht gestellt:

     Beweis: Im Rahmen der 'Euro-Millionen' werden Gewinne bis zu 120 Millionen Euro (!) in Aussicht gestellt [Anlage 6]; Zeitungswerbung '10 Millionen Euro an einem Tag' [Anlage 1]; permanent beworbene millionenschwere 'Lotto-Jackpots'.

   Neue Zielgruppen werden zum Spielen animiert und damit insgesamt der Markt für Spiele zu erweitern versucht:

    

     Beweis: Gezieltes Ansprechen von neuen Zielgruppen wie z.B. Studierende ('Gewinn Deine Familienbeihilfe beim Hörsaal-Poker' [Anlage 5]); Jugendliche Internet-Benutzer (Internet-Spiel 'Farmwin' [Anlage 7]; win2day-Facebbok-Seite   (siehe Geschäftsbericht der Österreichischen Lotterien GmbH 2010, S. 31]. Neue 'stylische' Werbelinie im Internetauftritt: So heißt es im Subtext eines Werbevideos auf 'Youtube.com' (http://www.youtube.com/watch?-v=WiQNFBlo0JU; hochgeladen von casagTV am 27.09.2011:

 

     'Start der neuen Werbelinie Stylish, modern und zeitgemäß - die neue Kampagne von Casinos Austria inszeniert das 'Erlebnis Casino' aus einem neuen Blickwinkel. Der neue Auftritt - kreiert und umgesetzt von der Agentur 'L G' - stellt dabei den modernen, selbstbewussten Gast ins Zentrum der Kommunikation, setzt das Erlebnis gekonnt in Szene und verleiht den Casinos Austria einen neuen, stilsicheren Auftritt. Gespielt wird bei den Sujets mit Headlines in Dialogform wie etwa 'Sie sind ein Glückskind? Beweisen Sie es!', die mit Augenzwinkern und einer stylischen Bildsprache das Flair der Casinos wiederspiegelt'.

 

         Das faktische Verhalten der Konzessionsinhaber Österreichische Lotterien GmbH     und Casinos Austria AG widerspricht damit den klaren Vorgaben des EuGH       eindeutig und offenkundig. Zu diesem Ergebnis gelangen auch sämtliche bislang publizierten Beiträge zu diesem Thema aus der Wissenschaft:

         Siehe Leidenmühler, EuGH-Urteil Dickinger und Ömer: Neues zum Online-Glücksspiel, MR 2011, 243 1f.; Aquilina/Arzt, Der Kampf um den Glücksspielmarkt geht in die nächste        Runde, ecolex 2011,1070 ff,

 

         Im Ergebnis ist damit die gesamte Monopolregelung über die           Lotterienkonzession nicht mit EU-Recht vereinbar und kann als Gesamtes   nicht mehr angewendet werden. Die Frage, ob ein VLT-Betreiber aus einem anderen Mitgliedstaat theoretisch eine Konzession hätte erhalten können usw.          (dahingehend die Argumentation der Stellungnahme BMJ/BMF vom 19.10.2010)       ist damit ohne jede Bedeutung.

 

 

4.3. Zusammenfassung

 

         Da die Monopolregelung und -praxis des österreichischen Glücksspielgesetzes          nicht den Vorgaben der Judikatur des EuGH entspricht und daher      unionsrechtswidrig ist, kann sie in Sachverhalten mit Unionsrechtsbezug nicht      weiter angewendet werden. Sie kann daher insbesondere Wirtschaftsteilnehmern          aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die von ihrer Dienstleistungsfreiheit Gebrauch         machen, nicht entgegengehalten werden. Sowohl strafrechtliche Sanktionen als        auch Verwaltungsrechtliche Sanktionen dürfen darauf nicht mehr gestützt werden.

 

         Schäden, die Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten unter Verstoß       gegen das Unionsrecht zugefügt werden, müssen ersetzt werden.

 

5.       Zum Beweis für den exorbitanten Werbeaufwand des Monopolisten     Österreichische Lotterien wird die Einvernahme des Zeugen Gen.Dir. Dr. K   S,       p.A. Österreichische Lotterien, Rennweg 44, 1030 Wien, und die Einholung eines   Sachverständigengutachtens aus dem Werbefach beantragt. Weiters wird     ein          Auszug aus der Studie Gewista vom 29.7.2011 beigeschlossen, aus dem       ersichtlich ist, dass im Jahr 2010 die Österreichische Lotterien GmbH nur für Außenwerbung einen Betrag von € 35,5 Mio. ausgegeben hat.

 

6.       Zum Beleg dafür, dass die EU-rechtliche Einschätzung der Einschreiter richtig ist,      wird ein erst jüngst ergangenes Urteil des LG Ried als Berufungsgericht in einem    Strafverfahren wegen § 168 StGB vorgelegt. In diesem Berufungserkenntnis hat    das LG Ried festgestellt, dass die Strafbestimmungen des § 168 StGB (und somit selbstverständlich auch die Strafbestimmungen des GSpG) wegen EU- Rechtswidrigkeit nicht Anwendung finden. Die vom LG Ried hinsichtlich  der   gerichtlichen Strafbarkeit angestellten Erwägungen sind natürlich auch in gleichem    Maße für Verwaltungsstrafen und damit zusammenhängende Verfahren wie z.B.          Beschlagnahmeverfahren, uneingeschränkt anwendbar.

 

7.       Es wird daher beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen,       die beantragten Beweise aufzunehmen, der Berufung Folge zu geben und den   bekämpften Bescheid aufzuheben."

 

Die angeführten Beilagen 1 – 7 sowie ein Urteil des LG Ried sind in Kopie angeschlossen.

 

2.1.3. Die Drittberufungswerberin (DrittBwin) hat durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter rechtzeitig folgende Berufung eingebracht:

 

"Binnen offener Frist erhebt die Einschreiterin gegen den Beschlagnahmebescheid der BH Vöcklabruck vom 22.06.2012, Pol96/49-2012, soweit er sich gegen die Beschlagnahme des im Punkt 2. des Spruchs genannten 'elektronischen Wettspielgerätes samt Media PC (Finanzamtskontrollnummer 20 und 21) handelt, dessen Eigentümerin die Einschreiterin ist,

 

BERUFUNG

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich.

 

Im angefochtenen Bescheid wird dargelegt, dass mit dem am 22.06.2012 im Lokal C C L, in V, R Str. 11,, beschlagnahmten 'elektronischen Wettspielgerät' samt Media PCGeräts der Marke Sportwettterminal, Profitech 3000/PC, SNr. G1200100896F, wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt worden seien, und dadurch der Verdacht bestand, dass in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei.

 

Nachdem der gegenständliche Bescheid offensichtlich bereits am 22.06.2012, dem Tag der vorläufigen Beschlagnahme, erlassen wurde, ist ersichtlich, dass die erkennende Behörde unter Außerachtlassung sämtlicher Parteienrechte nicht die geringsten Erhebungen durchgeführt hat.

 

Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Bezirkshauptmannschaften ohne jegliche Ermittlungen die vorläufigen Beschlagnahmen der Finanzorgane bestätigen, hätte es nicht der im GSpG vorgesehenen Trennung in eine vorläufige und eine endgültige Beschlagnahme bedurft.

 

Bezeichnend ist leider wie auch in anderen Fällen von Beschlagnahmen, dass nicht einmal der geringste Versuch unternommen wurde, sich mit den offensichtlich angeprangerten aufgezeichneten Hunderennen auseinander zu setzen. So verfügt der Wettkunde, bei Tipomaten, bei denen auch derartige Wetten angeboten werden, tatsächlich über eine Vielzahl von Informationen – sogar weit mehr als beispielsweise bei einer Fußballwette – sodass keine Rede davon sein kann, dass es sich hierbei um ein Glücksspiel handelt. Die im Bescheid getroffenen Feststellungen beziehen sich nur auf die (unvollständigen) Ermittlungsergebnisse der beschlagnahmenden Beamten.

 

Dass dem Kunden über entsprechende – im konkreten Fall nicht abgerufene – Masken alle für den Abschluss der Rennen notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt werden, bleibt im Bescheid unerwähnt So sind die Namen der teilnehmenden Hunde sogar schon fünf Rennen im Voraus ersichtlich, weiters die Historie der einzelnen Rennteilnehmer (Siege und Plätze in den voran gegangenen Rennen), der Kunde kann eine Formkurve abrufen und sich entscheiden, lediglich auf jene Rennen zu setzen, in denen seine 'Favoriten' teilnehmen. Auch der Veranstaltungsort ist für den Kunden ersichtlich.

 

Auch kann der Kunde zwischen den folgenden fünf Rennen, wählen und jeweils auf seine Favoriten setzen. Der Ablauf aller von C angebotenen bewettbaren Rennen ist im gesamten Bundesgebiet gleich. Dies bedeutet, dass das ein und dasselbe bewettbare Rennen gleichzeitig in ganz Österreich angeboten wird. Es kann keine Rede davon sein, dass nach dem letzten Handeln des Kunden eine Entscheidung durch ein 'Spielprogramm' getroffen wird. Diese Feststellung zeigt nur, dass sich bislang NIEMAND mit dem Wettablauf ernsthaft auseinander gesetzt hat.

 

Beweis: Ladung und Einvernahme des Zeuge T B, Angestellter, p.A. C A & IT-Service GmbH, V, G sowie Ladung und Einvernahme aller bei der Beschlagnahme anwesenden Beamten.

 

Die Wettkunden können sohin mittels eines Internetterminals wie auch mit jedem PC Sportwetten abschließen. Ob derartige Wetten zum Zeitpunkt der Beschlagnahme überhaupt angeboten wurden, wurde nicht einmal erhoben!

 

Unbestrittener Maßen zählen heutzutage im Zeitalter der Europäischen Union (die besonders im angelsächsischen Raum beliebten) Hunde- und Pferderennen zu sportlichen Veranstaltungen. Bei den angebotenen Wetten handelt es sich normale Wetten, die nicht unter das Glücksspielgesetz subsumierbar sind. Ob eine Bewilligung für Hunderennen nach Landesrecht vorliegt (bzw. vorliegen kann) oder nicht, stellt keine rechtserhebliche frage im Zusammenhang mit der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz dar!

 

Sämtliche angebotenen Rennen als solche sind sportliche Veranstaltungen. Keine Bestimmung des GSpG oder einer sonstigen Gesetzesnorm besagt, dass Wetten -seien sie auch in der Vergangenheit erfolgt - keine Sportwetten seien.

 

Beweis: Gutachten Dris. S.

 

In einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung des UVS Niederösterreich vom 12.08.2011, GZ: Senat-PP-11-0001, wurde im Rahmen eines umfassenden Beweisverfahrens genau das Gegenteil von dem tatsächlichen Wettablauf festgestellt, als dies im angefochtenen Bescheid der Fall ist; nämlich, dass der Wettkunde, der Interesse daran hat, umfassende Informationen am Terminal abrufen kann und auch auswählen kann, auf welche Rennen mit welchen teilnehmenden Hunden er setzen will, wie gut die einzelnen Hunde in den vorangegangenen Rennen gelaufen sind und - so er will - nur auf seine Favoriten setzen kann, wie dies auch bei jedem Fußballspiel oder Schirennen möglich ist. Letztendlich wurde vom UVS Niederösterreich in der genannten Entscheidung die Beschlagnahme aufgehoben!

 

Auch im Falle einer Media PCs wurde bereits vom UVS Niederösterreich dargelegt, dass es sich hierbei um KEIN Glücksspielgerät oder sonstigen Eingriffsgegenstand handelt (UVS NÖ Senat-PP-11-0002).

 

Es wird insbesondere darauf verwiesen, dass auch die dort einschreitenden Finanzbeamten den Sachverhalt nicht bzw. nur unvollständig dargestellt haben.

 

Die Erstbehörde ist weder auf die vorgelegten Urkunden, noch auf die bereits ergangenen UVS-Entscheidungen eingegangen, wonach die von C (Malta) Ltd. angebotenen Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen im Sinne des GSpG KEIN Glücksspiel darstellen.

 

Die Zitate auf bestehende Judikatur zu Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen ist schon deswegen unzulässig, da sich die Erstbehörde nicht mit dem Wettablauf im konkreten Fall auseinandergesetzt hat.

 

Hinsichtlich der Wetten, die von C (Malta) Ltd. angeboten werden bestehen bereits mehrere Erkenntnisse des UVS Niederösterreich, wonach diese Wetten KEIN Glücksspiel darstellen.

 

2.

Selbst wenn man davon ausginge, dass im konkreten Fall durch den beschlagnahmten Internetterminal in das Glücksspielmonopol des Bundes – fortgesetzt – eingegriffen oder gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen, oder fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gem. Z 1 lit. a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen würde oder fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen würde, wäre die Beschlagnahme aus nachstehenden Überlegungen rechtswidrig.

 

Der Europäische Gerichtshof hat durch diverse Urteile vom 08.09.2010 in den verbundenen Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07 betreffend diverse Vorabentscheidungsverfahren festgehalten, dass aufgrund des Vorrangs des unmittelbar geltenden Unionrechtes eine nationale Regelung über ein staatliches Monopol die nach den Feststellungen eines nationalen Gerichts Beschränkungen mit sich bringt, die mit der Niederlassungsfreiheit und dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbar sind, weil sie nicht dazu beitragen, die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen, nicht (erg. einmal) für eine Übergangszeit weiter angewandt werden dürfen, ferner dass die Errichtung eines Monopols mit der Einführung eines normativen Rahmens anhergehen muss, der dafür sorgt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das Ziel der Bekämpfung der Spielersucht unter dem Aspekt eines hohen Verbraucherschutzniveaus mit einem Angebot, dass nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.

 

Wird festgestellt, dass die Werbemaßnahmen des Inhabers eines solchen Monopols für andere, ebenfalls von ihm angebotene Arten von Glücksspielen nicht auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, und Verbraucher zum Angebot des Monopolinhabers hinzulenken und sie damit von anderen, nicht genehmigten Zugangskanälen zu spielen wegzuführen, sondern darauf abzielend den Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zwecks Maximierung der aus den entsprechenden Tätigkeit erwarteten Einnahmen zur aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren, dass ein solches Monopol nicht geeignet ist, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, und dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen, dann ist ein solches Monopol im Lichte des EU-Rechtes nicht geeignet, die mit seiner Errichtung verfolgten Ziele (erg. Spielerschutz) zu bekämpfen, und damit keine Alternative zu einem privaten Erlaubnissystem ohne Ausschließlichkeitscharakter.

 

In einem Zusammenhang mit den hier dargelegten Ausführungen des Europäischen Gerichtshofes ist die Entscheidung vom 09.09.2010 ('Ernst Engelmann') zu sehen.

 

Hier hat der Europäische Gerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass Artikel 43 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaates entgegen steht, die den Betrieb von Glücksspielen und Spielbanken ausschließlich Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates vorbehält. Ferner führt der EuGH hier aus, dass das Transparenzgebot, das sich aus den Artikeln 43 EG sowie 49 EG sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ergibt, der Vergabe sämtlicher Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates, die ohne Ausschreibung erfolgen, entgegen steht.

 

Dass die österreichische Monopolregelung gleich der deutschen Monopolregelung gegen Gemeinschaftsrecht widerspricht, ergibt sich aus der gleichartigen Sachlage, wonach die (europarechtswidrig) konzessionierten Monopolanbieter (Casinos Austria AG sowie Österreichische Lotterien GmbH) exzessiv Werbung in allen österreichischen Medien betreiben, welche diametral dem widerspricht, was der Europäische Gerichtshof als Voraussetzung für ein zulässiges, kohärentes System ansieht. Beispielsweise sei an dieser Stelle nur angeführt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein 'Lotto-Zusatzzahlenspiel' auf Hit Radio Ö3 mit der Chance, stündlich EUR 5.000,00 zu gewinnen angeboten wird. Die Casino-Werbung mit dem besonders günstigen 'Damentag' im Fernsehen sowie televisionäre Veranstaltungen wie die Glücksrad-Show, Moneymaker etc. werden als amtsbekannt vorausgesetzt. In nahezu jeder Tankstelle oder Trafik werden selbst Kindern oder Jugendlichen stets unzählige Rubbellos-Varianten vorgesetzt, sodass der vermeintliche Spielerschutz durch Monopolbewirtschaftung nur eines zum Ziel hat, nämlich die Gewinnmaximierung der Monopolbetriebe und des Staates aus den Bezug habenden Abgaben.

 

Die österreichische Monopolrechtslage ist daher mindestens gleich EU-rechtswidrig wie jene in Deutschland anzusehen, da aufgrund der massiven Werbung über alle Medien alle Bevölkerungsschichten in einer exzessiven Weise angesprochen und zum Glücksspiel hin verleitet werden.

 

An dieser Stelle sei ausgeführt, dass alle im Lokal und auf den beschlagnahmten Internetterminals angebotenen Wetten nicht von der C A und IT Service GmbH angeboten wurden oder werden, sondern vielmehr von dem in Malta ansässigen Unternehmen 'C (Malta) Ltd.'.

 

Bei dem in Malta ansässigen Unternehmen handelt es sich um ein solches, welches sich zweifelsfrei im Gebiet der europäischen Union befindet.

 

In der 'Engelmann-Entscheidung' wird in Rz 51 festgehalten, dass die ohne jede Transparenz erfolgende Vergabe einer Konzession an einen Wirtschaftsteilnehmer, der in dem Mitgliedstaat niedergelassen ist, dem der öffentliche Auffraggeber zugehört, eine Ungleichbehandlung zum Nachteil von in anderen Mitgliedsstaaten niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmern darstellt, die keine reale Möglichkeit haben, ihre Interessen an der fraglichen Konzession zu begründen. Eine derartige Ungleichbehandlung verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.

 

Ginge man daher fiktiv davon aus, dass das Unternehmen C (Malta) Ltd. in irgendeiner  Weise  gegen  §   52   GSpG  verstoßen   hätte,   oder  irgendeine Voraussetzung vorläge, welche tatsächlich eine Beschlagnahme gerechtfertigt erscheinen lassen würde, wären die von der Erstbehörde zitierten Gesetzesbestimmungen nicht unmittelbar anwendbar.

 

Noch viel deutlicher ist die Entscheidung der EuGH zu C-347/09 (Dickinger-Ömer) vom 15.09.2011. Auf den gleichgelagerten Bezug zu Malta wird besonders hingewiesen!

 

Das Österreichische Glücksspielrecht widerspricht - wie vom Europäischen Gerichtshof aufgezeigt - in wesentlichen Teilen zwingenden europarechtlichen Vorschriften. Die österreichischen Behörden und deren Vertreter sind verpflichtet, die Anwendung europarechtswidriger Vorschriften zu unterlassen. Dem Gemeinschaftsrecht widersprechendes nationales Recht tritt zwar nicht außer Kraft, es darf aber im Konfliktfall nicht angewendet werden (Öhlinger, Verfassungsrecht, 8. Auflage [2009], Rz 145).

 

Erst im Märt 2012 erging ein Urteil des Landesgerichts Linz, welches fundiert begründet, warum die österreichische Glücksspielgesetzeslage EUROPARECHTSWIDRIG ist.

 

Beweis: beiliegendes Urteil 1 Cg 190/11 y des LG Linz vom 22.03.2012; Aufsatz des Herrn Univ-Prof. Dr. Franz Leidenmühler.

 

Die verfügte Beschlagnahme von Geräten, mit denen das Unternehmen C (Malta) Ltd. seine Wettpalette auf dem österreichischen Markt anbietet, verstößt sohin massiv gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.

 

Es wird bereits an dieser Stelle ausdrücklich auf die zwingende Anwendung des Europarechts hingewiesen; sollte der erkennende Senat die Meinung vertreten, dass der gegenständliche Sachverhalt nicht auf die zitierten europarechtlichen Entscheidungen anwendbar sein sollte, wird er den gegenständlichen Sachverhalt im Hinblick auf die aufgeworfenen europarechtlichen Fragen im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH als Vorfrage zu prüfen haben.

 

 

 

3.

Zur bisherigen Judikatur des VwGH:

 

Grundsätzlich muss man sich von der Vorstellung trennen, dass nur die Wette auf ein in der Zukunft liegendes Ereignis eine Wette ist, und eine Wette auf ein Ereignis in der Vergangenheit automatisch ein Glücksspiel darstellt.

 

Weder das ABGB, noch das Glücksspielgesetz oder eine sonst damit verwandte Bestimmung bringt eine derartige Unterscheidung zum Ausdruck.

 

Auch der VwGH hat dies anlässlich seines Erkenntnisses (zur Vergnügungssteuer) vom 21.01.2010 (ZI. 2009/17/0158), welches mittlerweile mehrfach bestätigt wurde, in dieser Form nicht zum Ausdruck gebracht!

 

Ansatzpunkt des zitierten Erkenntnisses ist der § 6 Abs. 1 Wr. Vergnügungssteuergesetz, da die Steuerpflicht am Spielapparatebegriff ansetzt. Sportwetten selbst durften wegen des Doppelbesteuerungsverbots von Wiener Vergnügungssteuer auch nicht erfasst sein.

 

Der VwGH führte auch aus, das im damals zu beurteilenden Fall der Wettkunde sich weder das Rennen aussuchen konnte (dies ist hier der Fall). noch über andere Informationen als die Quote verfügte. Ungeachtet stellt die Quote - wie bei allen Wettereignissen - die Konzentration aller dem Buchmacher zugänglichen Informationen dar, und ist daher die Essenz aller Einflussfaktoren, die den Ausgang des Rennens mitbestimmen können. Auf die anderen den Kunden zugänglichen Informationen (die sogar wesentlich weiter gehend sind, als jene Informationen, die Kunde über ein Regionalliga-Fußballspiel in Süd-West-Tadschikistan, einholen kann - und wo wohl nicht der geringste Zweifel besteht, dass es sich dennoch um eine Wette und kein Glücksspiel im Sinne des GSpG handelt).

 

Auch eine Wette auf den Umstand, wie im Jahre 2008 das Zweitrunden-Liga-Match der beiden uruguayischen Fußballmannschaften der Universitätsmeisterschaften der Division 'H' zwischen Remonte und Pavsandu ausgegangen ist, stellt unzweifelhaft eine Wette dar und nicht ein Glücksspiel, auch wenn über dieses Spiel prima vista keinerlei Informationen vorliegen. Dieses Spiel endete übrigens 3:3 unentschieden.

 

Im konkreten Fall liegen aber leicht zugängliche Informationen über die Hunde, deren Form und deren unmittelbare Ergebnisse in den letzten Rennen vor dem wettgegenständlichen Lauf vor, sohin weitaus mehr Informationen als über das zitierte uruguayische Fußballballspiel. Auch der Austragungsort der Rennen ist jeweils ersichtlich.

 

Auch das Kriterium, dass nach Annahme der Wette das Spielprogramm von einem Zufallsgenerator ausgesucht würde (vgl. VwGH in Zl. 2010/17/0006), trifft im konkreten Fall nicht zu! Alle Hunderennen werden auch 'geräteunabhängig' zeitgleich an allen C-Aufstellungsorten angeboten. Die Auswahl der Rennen erfolgt auch für fünf Rennen im Voraus, und stellt der Ausgang daher auch für C ein ungewisses Ereignis im Sinne des § 1270 ABGB dar.

 

Letztendlich verwendet der VwGH (wohl mit Bedacht) im Erkenntnis zu Zl. 2010/17/0006 niemals den Begriff des Glücksspiels.

 

Deswegen ist wohl der Schluss zutreffend, dass ein 'Spiel' im abgabenrechtlichen Sinne nicht zwangsläufig ein solches im Sinne des Glücksspielrechtes ist, andernfalls vom VwGH wohl eine andere (einfachere) Wortwahl verwendet worden wäre.

 

Es wird sohin gestellt der

 

ANTRAG,

 

der UVS Oberösterreich möge eine mündliche Verhandlung durchführen und in Stattgebung der gegenständlichen Berufung den angefochtenen Beschlagnahmebescheid raschest möglich ersatzlos beheben."

 

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 5. September 2012 dem Oö. Verwaltungssenat die Berufungen mit ihren Verwaltungsakten zur Entscheidung vorgelegt.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere in die aktenkundige Dokumentation (Anzeige, Niederschriften, umfangreiche Fotodokumentation) der Organe des Finanzamtes.

 

Da die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0171; ebenso VwGH 27.4.2012, Zl. 2011/17/0313 sowie VwGH 27.4.2012, Zl. 2011/17/0315) gemäß § 51e Abs 4 VStG ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung auch nicht erwarten ließ und dem auch nicht Art 6 EMRK entgegensteht. Mit anderen Worten: Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen; der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt. Die Beurteilung der Glücksspielnatur des in Rede stehenden Spieltyps und der vorliegenden Verdachtslage iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG war unzweifelhaft möglich, weshalb auch die beantragten Zeugeneinvernahmen entbehrlich waren.

 

Die Berufungseinwände, es sei nicht entnehmbar, weshalb die oa. Geräte gegen das GSpG verstoßen bzw. es sei nicht einmal festgestellt worden, ob Glücksspiele gespielt worden seien, sind unzutreffend. Die entsprechenden Angaben gehen aus den Erhebungen der Finanzpolizei und den durchgeführten Probespielen hinreichend hervor und werden auch im Folgenden näher dargelegt. Im Übrigen enthält die Berufung selbst keine entsprechend konkretisierten Angaben.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem S a c h v e r h a l t aus:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 22. Juni 2012, ca. 18.00 Uhr, im Lokal in V, R, der C C  durchgeführten Kontrolle wurde die im Spruch angeführten Geräte aufgestellt und funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Die ErstBwin ist Lokalbetreiberin und sorgt dafür, dass die Glücksspielgeräte Interessenten betriebsbereit zur Verfügung stehen und über deren Wunsch die erzielten Gewinne ausbezahlt wurden (vgl Niederschrift mit D L), weshalb sie die Glücksspiele unternehmerisch zugänglich macht.

 

Es wurden jedenfalls zwischen dem 17. Februar 2012 und der vorläufigen Beschlagnahme

 

a) bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1 – 17 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (Mindesteinsatz ab 0,01 Euro und Maximaleinsatz bis zu 15 Euro; in Aussicht gestellte Gewinne von bis 10.000 Euro) und

 

b) bei den Geräten mit den FA-Nrn. 20 und 21 wiederholt (virtuelle) Hunderennen durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Quoten Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl dazu die Ausführungen in der Fotodokumentation des Finanzamtes über die erfolgten Probespiele, die Niederschrift mit Herrn L sowie die Anzeige vom 21. August 2012, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht).

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf die umfangreiche Fotodokumentation, die Anzeige vom 21. August 2012 und die durchgeführten Probespiele an den oa. Geräten wie folgt dar:

 

Walzenspiele:

Für einen Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Die virtuellen Walzenspiele konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei diesen virtuellen Walzenspielen hatte der Kunde keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Hunderennen:

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des gewünschten Spieleinsatzes und nach Festlegung eines vermuteten Rennergebnisses kann die Wette durch Betätigung einer entsprechenden virtuellen Bildschirmtaste abgeschlossen werden. Über Wunsch wird ein Wettschein ausgedruckt. Die aufgezeichneten, bereits in der Vergangenheit stattgefundenen, allenfalls nur mit einer fortlaufenden Nummerierung gekennzeichneten Rennen werden am Bildschirm dargestellt. Nach dem Zieleinlauf werden die ersten Drei in Zeitlupe oder mit Standbild noch einmal kurz gezeigt. Der Kunde kann nur aufgrund von Vermutungen, vergleichbar mit dem Roulette-Spiel, eine Nummer oder eine Farbe wählen, durch welche jeder Hund gekennzeichnet ist und auf diese Weise eine Wette auf den Sieger oder eine Kombinationswette auf den ersten und zweiten, allenfalls auch noch auf den dritten durch das Ziel laufenden Hund abschließen, um sodann den Rennverlauf und das Ergebnis abzuwarten. Jedem möglichen Einlaufergebnis ist eine bestimmte Quote zugeordnet, welche am Gerätebildschirm in einem Quotenblatt dargestellt wird. Der in Aussicht gestellte Gewinn errechnet sich durch Multiplikation des gewählten Einsatzbetrages mit der dem erwarteten Rennverlauf entsprechenden Quote. Die Wiedergabe von aufgezeichneten Rennveranstaltungen stellt nicht eine sportliche Veranstaltung sondern eine Abfolge elektronischer Funktionen dar.

 

Die Kunden haben keinen Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Spielergebnisse (vgl auch unter Punkt 4.6.). Die Entscheidung über das Spielergebnis hing deshalb jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, Zl. 2005/17/0178; VwGH 3.7.2009, Zl. 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [Glücksspielgesetz] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 Glücksspielgesetz auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates § 53 Glücksspielgesetz (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz (sowie unmittelbar nach Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG; vgl diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie VwGH 20.7.2011, Zl. 2011/17/0097, VwGH 27.4.2012, Zl. 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

 

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs. 1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Hinsichtlich der Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich aus § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 76/2011, dass für die Durchführung von Strafverfahren – hierzu zählen auch Beschlagnahmen iSd § 53 GSpG – in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion diese, zuständig sind. Die Zuständigkeit der belangten Behörde war damit im vorliegenden Fall ebenfalls gegeben.

 

4.2. Die ErstBwin ist Betreiberin des gegenständlichen Lokals und damit als Inhaberin der Glücksspielgeräte iSd § 53 Abs 3 GSpG iVm § 309 ABGB zu qualifizieren, da sie sich in ihrer Macht bzw. Gewahrsame befunden hatten (vgl etwa VwGH 26.1.2004, Zl. 2003/17/0268 zur vergleichbaren alten Rechtslage). Als Inhaberin der Geräte kommt ihr Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu.

 

Der angefochtene Bescheid wurde lediglich der ErstBwin zugestellt. Ein Rechtsmittel dagegen wurde jedoch auch von der Zweit- und DrittBwin eingebracht.

 

Aus § 53 Abs 3 GSpG ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.6.1997, Zl. 94/17/0388), dass der Beschlagnahmebescheid jedenfalls einer der genannten Personen, also dem Eigentümer, dem Veranstalter oder dem Inhaber zuzustellen ist, wobei das Gesetz offen lässt, ob der Bescheid im Falle, dass diese Personen nicht identisch sind, aber alle der Behörde bekannt sind, jeder dieser Personen zuzustellen ist.

 

Die Zweit- und Drittberufungswerberinnen gehören als Eigentümerinnen (dazu die Ausführungen in den jeweiligen Berufungsschriften) der in Rede stehenden Geräte zum Kreis der vom Gesetz genannten Parteien (vgl § 53 Abs 3 GSpG). Wenn ihnen der gegenständliche Beschlagnahmebescheid auch nicht zugestellt wurde, so ist der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge im Mehrparteienverfahren eine Berufung auch von Parteien gegen einen Bescheid, der ihnen nicht zugestellt wurde, wohl aber gegenüber anderen Parteien bereits erlassen wurde, zulässig. Dies trifft im vorliegenden Fall schon insofern zu, als der bekämpfte Beschlagnahmebescheid neben dem Finanzamt, dem gemäß § 50 Abs. 5 GSpG Parteistellung zukommt, auch der ErstBwin als Inhaberin der Geräte zugestellt wurde. Die Parteistellung der Erst- und ZweitBwin ist im Verfahren somit nicht strittig und kommt ihnen als Eigentümerinnen der beschlagnahmten Geräte auch zu. (Vgl. ausführlich mwN VwGH 27.4.2012, Zl. 2011/17/0313.)

 

Die Berufungen der ZweitBwin und der DrittBwin gegen den Beschlagnahmebescheid sind daher zulässig.

 

4.3. In den Berufungsvorbringen wird bemängelt, dass der bekämpfte Bescheid der ErstBwin zugestellt wurde, obwohl diese nicht Eigentümerin der oa. Geräte ist bzw. die belangte Behörde ihrer Verpflichtung zur Ausforschung des Eigentümers nicht nachgekommen sei. Eigentümerinnen seien die Zweit- und Drittberufungswerberinnen.

 

In diesem Zusammenhang ist auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.6.1997, Zl. 94/17/0388, zu verweisen, in der sich für den Verwaltungsgerichtshof aus § 53 Abs 3 Glücksspielgesetz ergibt, dass der Beschlagnahmebescheid jedenfalls einer der genannten Personen, also dem Eigentümer, dem Veranstalter oder dem Inhaber zuzustellen ist. Eine "Hierarchie" unter den genannten Parteien ist dabei freilich schon allein aus dem Gesetzeswortlaut keineswegs erkennbar.

 

In weiterer Folge führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27.4.2012, Zl. 2011/17/0313, aus, dass im Mehrparteienverfahren eine Berufung auch von Parteien gegen einen Bescheid, der ihnen nicht zugestellt wurde, zulässig sei, was allein durch die Zustellung eines Beschlagnahmebescheides an das Finanzamt, dem gemäß § 50 Abs 5 GSpG Parteistellung zukommt, zuträfe.

 

Die ErstBwin ist als Lokalbetreiberin – unbestritten – Inhaberin der beschlagnahmten Gegenstände und gehört damit jedenfalls zum Kreis der vom Gesetz im § 53 Abs 3 GSpG genannten Parteien. Damit sind aber auch jedwede Zweifel darüber beseitigt, dass der vorliegende Beschlagnahmebescheid durch seine Erlassung an eine Partei im Mehrparteienverfahren rechtliche Wirkung entfaltet hat und insofern nicht rechtswidrig sein kann.

 

4.4. Mit der Novelle BGBl I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

4.4.1. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs 3 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gem. § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 leg.cit. daran beteiligt.

 

Ebenso begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 52 Abs 1 Z 6 GSpG mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs 1 GSpG Glücksspiele (das sind gemäß § 1 Abs 1 leg.cit. Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

 

1.  die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.  bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.  bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Der Unternehmerbegriff wird im 2. Satz noch wie folgt erweitert:

 

"Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiel unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von Ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind."

 

Gemäß § 2 Abs 3 Satz 1 GSpG liegt eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.

 

Gemäß § 2 Abs 4 GSpG sind solche Ausspielungen verboten, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht iSd § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

 

4.4.2. Nach § 4 Abs 2 GSpG unterliegen Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gemäß § 5 GSpG (unter Einhaltung ordnungspolitischer Mindestanforderungen an Bewilligungswerber sowie besonderer Begleitmaßnahmen) nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes. Dies trifft – soweit im vorliegenden Fall von Interesse – insbesondere dann zu, wenn im Zuge einer Ausspielung in einem Automatensalon (mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten) als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 10 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 10.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, bzw. im Zuge einer Ausspielung im Wege einer Einzelaufstellung als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 1 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 1.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, eingehalten wird (§ 5 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 5 lit a Z 1 und 2 bzw § 5 Abs 5 lit b Z 1 und 2 GSpG).

 

Insgesamt folgt daraus für den vorliegenden Fall, dass Landesausspielungen mittels Glücksspielautomaten in Automatensalons bzw im Wege der Einzelaufstellung dann schon von vornherein nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, wenn der Höchsteinsatz von 10 Euro bzw 1 Euro pro Spiel bzw. der Höchstgewinn von 10.000 Euro bzw 1.000 Euro pro Spiel nicht überschritten wird.

 

4.4.3. Gemäß § 12a Abs 1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

 

Elektronische Lotterien bzw über Internet betriebene Terminals (Video Lotterie Terminals - VLT) werden im § 12a GSpG näher geregelt. Sie unterliegen dem Glücksspielmonopol und der Konzessionspflicht nach § 14 GSpG und sind nicht von der Ausnahme nach § 4 Abs 2 GSpG für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten erfasst. Für Ausspielungen mit solchen zentralseitig vernetzten Video Lotterie Terminals an ortsfesten öffentlich zugänglichen Betriebsstätten ist überdies nach § 12a Abs 2 GSpG eine Standortbewilligung des Bundesministers für Finanzen (BMF) erforderlich.

 

4.4.4. Das Glücksspielgesetz geht ersichtlich davon aus, dass der Betrieb eines Automatensalons ebenso wie eine Landesausspielung in Form der Einzelaufstellung einer Konzession bzw. Bewilligung bedarf (vgl zBsp § 5 Abs 1 und 8 sowie die §§ 31a und 31b GSpG); es normiert das Verfahren zur Konzessions- bzw. Bewilligungserteilung jedoch nicht unmittelbar selbst, sondern überlässt dessen Regelung den Landesgesetzgebern.

 

Soweit es das Land Oberösterreich betrifft, besteht eine an § 5 GSpG anknüpfende Regelung der Landesausspielungen erst durch das am 4. Mai 2011 kundgemachte Oö. Glücksspielautomatengesetz (LGBl Nr. 35/2011), welches in den §§ 3 ff für die Ausspielung mit Glücksspielautomaten eine Bewilligung durch die Landesregierung vorsieht.

 

4.5. Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofs (vgl VwGH 27.4.2012, Zl. 2011/17/0046 unter Hinweis auf VwGH 20.7.2011, Zl. 2011/17/0097) ist von der Zulässigkeit einer verwaltungsbehördlichen Beschlagnahme auch in Fällen der Subsidiarität des verwaltungsbehördlichen Straftatbestandes auszugehen. Denn die Notwendigkeit der Sicherung des Verfalls oder der Einziehung sei im Fall eines subsidiären Verwaltungsstraftatbestandes in gleicher Weise gegeben wie im Fall eines kumulativ neben einem gerichtlichen Straftatbestand anwendbaren Straftatbestandes oder im Falle des gänzlichen Fehlens eines gerichtlichen strafbaren Tatbestandes, der durch die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Handlungen verwirklicht sein könnte. Da nach dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme auch dann zulässig ist, "wenn wegen der inkriminierten Handlungen gleichzeitig ein gerichtliches Strafverfahren geführt wird bzw. zu führen ist", stellt sich auch nicht die Frage, "welcher Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung eines gerichtlichen Straftatbestandes vorliegen muss, um die Beschlagnahme unzulässig zu machen".

 

Die vorliegende Beschlagnahme erfolgte aufgrund eines Verdachtes, dass gegen die Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG fortgesetzt verstoßen wird. Dieser Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG muss entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch) ausreichend substantiiert sein (VwGH 26.1.2009, Zl. 2005/17/0223 und Zl. 2008/17/0009; VwGH 10.5.2010, Zl. 2009/17/0202; VwGH 20.7.2011, Zl. 2011/17/0097).

 

Hinsichtlich des Charakters der mit den beschlagnahmten Gegenständen verfügbaren virtuellen Walzenspielen (FA-Nr. 1 – 17) und virtuellen Hunderennen (FA-Nr. 20 und 21) ergibt sich aufgrund des unter Punkt 3.2. skizzierten Spielablaufes – entgegen den Behauptungen in den Berufungen – der hinreichend begründete Verdacht, dass das Spielergebnis jedenfalls vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

4.6. Zum Vorbringen der DrittBwin, dass es sich bei den auf den Geräten FA-Nr. 20 und 21 verfügbaren Hunderennen nicht um Spiele, sondern um Wetten handeln würde, weshalb – ungeachtet einer etwaigen Zufallsabhängigkeit – von vornherein kein Glücksspiel vorliegen könne, ist auf die eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. In der Entscheidung vom 27. April 2012, Zl. 2008/17/0175, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gleich gelagerten Fall ausgesprochen, dass die zivilrechtliche Begriffsbildung, die für die Anwendung der Vorschriften des ABGB maßgeblich ist, nicht von entscheidender Bedeutung ist. Maßgeblich sei vielmehr, wie die Begriffsbestimmung des § 1 Abs 1 GSpG zu verstehen ist. Und dieser zufolge ist das Vorliegen eines entgeltlichen Glücksvertrages, bei dem die Entscheidung über Gewinn oder Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt, erforderlich.

 

Außerdem ist der Beschwerde das jüngst ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 2012, Zl. 2011/17/0299, entgegen zu halten, in welchem der Verwaltungsgerichtshof in einem vergleichbar gelagerten Fall konstatierte, dass "… nicht die Kenntnisse des Wettenden über die Umstände des Hunderennens, sondern lediglich der Umstand, welches Rennen ausgewählt wird, Einfluss auf das Spielergebnis haben". Dabei bekräftigte der Verwaltungsgerichtshof auch den Unterschied zu der dem Glücksspielmonopol gemäß § 3 Glücksspielgesetz nicht unterliegenden Sportwette, indem er ausführte, dass "… eine Sportwette nicht vorliegt, wenn nicht auf ein künftiges sportliches Ereignis gewettet werden kann, sondern der Ausgang des Spiels davon abhängt, welches bereits in der Vergangenheit stattgefundene Rennen abgespielt werde…".

 

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Behauptung der DrittBwin, wonach die Kunden bei den gegenständlichen Terminals zusätzlich zu den Startnummern der Hunde inkl. Namen, die jeweiligen Quoten sowie Informationen über Wetter, Zeit und Ort des Rennens sowie den bisherigen Erfolg (innerhalb der letzten Rennen) des jeweiligen Hundes erhalten würden, zutrifft. Selbst bei Wahrunterstellung würden diese dem Kunden zur Verfügung gestellten Daten den gegenständlichen Hunderennen ihren Glücksspielcharakter nicht nehmen. Wie die DrittBwin selbst einräumt, handelt es sich um aufgezeichnete Rennen, die von einem EDV-Programm ausgewählt und wiedergegeben werden. Die Teilnehmer des in der Vergangenheit stattgefundenen Rennens sind dem Kunden somit aus eigener Wahrnehmung völlig unbekannt. Im Gegensatz zu einem in der Zukunft stattfindenden Rennen, über welches der Kunde alle ihm von Bedeutung erscheinenden Informationen selbst einholen kann, um seine Chancen abschätzen zu können, ist er beim Setzen auf ein aufgezeichnetes, zufällig ausgewähltes Rennen auf die vom Gerät oder zentralseitig bestimmten (und beschränkten) Informationen angewiesen (vgl VwGH 15.3.2012, Zl. 2012/17/0042). Derartige allenfalls zur Verfügung gestellte Informationen ermöglichen jedoch keine denklogischen Schlussfolgerungen auf das Ergebnis von in der Vergangenheit stattgefundenen und zufällig ausgewählten Rennen. Dies auch insbesondere vor dem Hintergrund der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgenden Rennstarts, die eine sinnvolle Verwertung der Informationen nahezu unmöglich machen.

 

Wie bereits ausgeführt, hat der Kunde bei den gegenständlichen Hunderennen – ungeachtet des Zutreffens der von der DrittBwin aufgestellten Behauptungen – somit keine Einflussnahmemöglichkeit auf das Zustandekommen eines bestimmten Rennergebnisses. Auch hängt die Entscheidung über das Spielergebnis von der zufälligen Auswahl durch das Gerät bzw. von der zentralseitig bestimmten zufälligen Auswahl und damit vorwiegend vom Zufall ab. Es liegt daher jedenfalls ein Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG vor.

 

4.7. Weiters handelt es sich bei diesen Glücksspielen offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG: Aufgrund der oa. Geräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs 1 iVm Abs 4 GSpG auszugehen. Dabei ist es im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens unerheblich, ob die Ausspielung mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs 3 GSpG oder in Form von elektronischen Lotterien iSd § 12a Abs 1 GSpG erfolgte; in beiden Fällen liegt bei Fehlen einer entsprechenden Konzession bzw Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes eine verbotene Ausspielung gemäß § 2 Abs 4 leg.cit. vor.

 

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass es nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenats – im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0155) – entgegen den Behauptungen in der Berufung auch für die – im gegenständlichen Fall naheliegende – Qualifikation als elektronische Lotterie iSd § 12a GSpG nicht darauf ankommt, ob der Spieler sich im konkreten Fall einer Servicefirma bedient oder nicht. Unabhängig davon findet nämlich die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler selbst iSd § 12a GSpG statt. Denn als Spielteilnahme wäre unter Zwischenschaltung einer Servicefirma bereits die "Beauftragung" dieser – wobei die Steuerung des Spieles nichts desto trotz allein durch den Spieler selbst erfolgt – zu qualifizieren. Die Servicefirma (in einem anderen Land) stellt demnach lediglich einen "verlängerten Arm" des Spielers (ohne eigenständige Steuerungsgewalt) dar. Die Spielteilnahme iSd § 12a GSpG erfolgt daher unabhängig davon jedenfalls "unmittelbar" durch den Spieler.

 

Es kann im Beschlagnahmeverfahren auch nach stRspr des Verwaltungsgerichtshofs (noch) dahinstehen, ob es sich bei den gegenständlichen Ausspielungen um "elektronische Lotterien" iSd § 12a GSpG oder um Ausspielungen mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs 3 leg.cit. handelt; denn als strafrechtlicher Anknüpfungspunkt, auf den sich der begründete Verdacht nach § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG bezieht, dient ausschließlich das Vorliegen einer verbotenen Ausspielung gemäß § 2 Abs 4 GSpG. In beiden Fällen ist die Beschlagnahme nach § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG vorgesehen (vgl VwGH 10.05.2010, Zl. 2009/17/0202 mwN). Der für die Beschlagnahme nach § 53 GSpG erforderliche Verdacht liegt auch vor, wenn die beschlagnahmten Geräte als "elektronische Lotterien" (im Besonderen auch Video-Lotterie-Terminals) anzusehen sind (vgl VwGH 04.11.2009, Zl. 2009/17/0147). Eine abschließende Klärung, ob ein Glücksspielautomat iSd § 2 Abs 3 GSpG oder ein Gerät (Terminal) vorliegt, bei dem das Spielergebnis zentralseitig (über einen Server im Internet) herbeigeführt wird, ist für die Rechtmäßigkeit des Beschlagnahmebescheids nicht von Bedeutung (vgl VwGH 27.04.2012, Zl. 2011/17/0074 unter Hinweis auf VwGH 27.01.2012, Zl. 2011/17/0269).

 

Da im Beschlagnahmeverfahren der begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen die Bestimmungen iSd § 52 Abs. 1 GSpG genügt und im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens "noch keine endgültige und gesicherte rechtliche Beurteilung der Spiele erforderlich" ist (VwGH 26.01.2009, Zl. 2005/17/0223), braucht eine abschließende Beurteilung der Spiele und eine abschließende Klärung, ob die beschlagnahmten Geräte tatsächlich Glücksspielautomaten oder sonstige Eingriffsgegenstände iSd Glücksspiel-Gesetzes sind oder nicht (vgl VwGH 03.07.2009, Zl. 2005/17/0178), im gegenständlichen Beschlagnahmeverfahren – anders als in einem Straferkenntnis – (noch) nicht getroffen zu werden.

 

4.8. Für die Beschlagnahme genügt iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG der entsprechend substanziierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen (mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird) fortgesetzt gegen § 52 Abs 1 leg.cit. verstoßen wird; es muss also etwa ein begründeter Verdacht von (fortgesetzten) verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 leg.cit. – konkret deren Veranstaltung, Organisation oder unternehmerische Zugänglichmachung oder Beteiligung als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 leg.cit. (§ 52 Abs 1 Z 1 leg.cit.) oder die Förderung oder Ermöglichung der Teilnahme an solchen Ausspielungen (§ 52 Abs 1 Z 6 leg.cit.) – bestehen. Dass aber mit den oa. Geräten jedenfalls seit dem 17. Februar 2012 bis zur Beschlagnahme am 22. Juni 2012 verbotene Ausspielungen iSd § 2 leg.cit. im oa. Aufstellungslokal mit entsprechend erbrachtem Spieleinsatz der Spieler bei in Aussicht gestellten Gewinnen/Quoten durchgeführt wurden bzw. jedenfalls ein diesbezüglicher Verdacht vorliegt, ergibt sich unstreitig aus den Ausführungen des Finanzamtes, insbesondere auch hinsichtlich der erfolgten Probespiele und aus der Niederschrift mit Herrn L und wird auch von den Berufungswerbern dem Grunde nach nicht bestritten. Darauf gründet sich der Verdacht, dass auch künftig – dh "fortgesetzt" – gegen die Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird (vgl eingehend VwGH 20.12.1999, Zl. 97/17/0233).

 

Die rechtliche Qualifikation der Stellung der Berufungswerber in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist nicht von Bedeutung (VwGH 10.5.2010, Zl. 2009/17/0202). So ist unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nach § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG nicht ausschlaggebend, ob die Berufungswerber selbst Veranstalter der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele ist bzw. ob diese Spiele auf seine Rechnung betrieben wurden. "Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz, unerheblich ist es hingegen, ob (auch) der Eigentümer der Geräte eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten hat."

 

4.9. Die in der Berufung vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz können im Lichte der für den Oö. Verwaltungssenat maßgeblichen höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs als nicht ausreichend angesehen werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl.2011/17/0068, mit der Judikatur des EuGH (insb Urteil v 8.09.2010, Rs C-316/07 ua, Rechtssachen Placanica und Stoß, und Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08, Rechtssache Engelmann) zum Art 43 und 49 EGV (nunmehr Art 49 und 56 AEUV) und weiter im darauffolgenden Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, näher befasst. Dabei hat er ausgesprochen, dass aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht abgeleitet werden könne, dass das Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) der Anwendung jeglicher nationaler Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstünde, sobald nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform ist. Die Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften bestehe nach der Rechtsprechung des EuGH nur für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. So könne eine nationale Vorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform (Aktiengesellschaft) für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspielwesens normiere, für sich nicht unionsrechtlich bedenklich sein. Eine aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen gegenüber Personen, denen unionsrechtswidriger Weise die Erlangung einer Konzession verwehrt worden wäre, greife etwa gegenüber einem Rechtsträger in Form einer GmbH nicht. Dies sei auch auf die Rechtsform der Limited zu übertragen.

 

Entsprechend der vom EuGH in der Rechtssache Engelmann (Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08) mit Rücksicht auf das Transparenzgebot geforderten Ausschreibung wurde die österreichische Rechtslage der §§ 14 und 21 GSpG zur Konzessionsvergabe bekanntlich inzwischen geändert (BGBl I Nr. 111/2010) und eine öffentlich Interessentensuche vorgesehen, wobei sich auch Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz im Hoheitsgebiet von anderen Mitgliedsstaaten bewerben können.

 

Auch aus der Rechtssache Dickinger und Ömer (Urteil v 15.09.2011, Rs C-347/09) lässt sich die in der Berufung behauptete Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und die Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht ableiten. Der EuGH hat in dieser Entscheidung zur österreichischen Rechtslage festgehalten, dass ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonderes Schutzniveau für Verbraucher im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zu der Annahme haben kann, dass ihm nur die Errichtung eines Monopols zugunsten einer einzigen Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, erlaubt, die Kriminalität in diesem Sektor zu beherrschen und hinreichend wirksam zu verfolgen. In diesem Zusammenhang können auch gewisse verhältnismäßige Beschränkungen des Monopolinhabers erforderlich sein: Etwa kann das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform der Glücksspielanbieter durch das Ziel der Geldwäsche- und Betrugsvorbeugung gerechtfertigt sein; ebenso kann sich das Erfordernis, über ein Gesellschaftskapital in einer bestimmten Höhe zu verfügen, als nützlich erweisen, um eine gewisse Finanzkraft des Anbieters zu gewährleisten und sicherzustellen, dass er in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die er gegenüber Gewinnern haben könnte. Das Unionsrecht sei auch derart auszulegen, dass – um mit den Zielen der Kriminalitätsbekämpfung und der Verringerung der Spielgelegenheiten im Einklang zu stehen – eine nationale Regelung nur den Einsatz maßvoller Werbung zulassen darf.

 

Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, könne keinen Einfluss auf die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben.

 

Im zitierten Urteil des EuGH in der Rechtssache Dickinger und Ömer hält der Gerichtshof fest, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei steht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele – im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung – festzulegen. Es steht durchaus im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, wenn der österreichische Gesetzgeber davon ausgeht, dass das Glücksspielmonopol vorrangig ordnungspolitischen Zielen (wie Verbraucherschutz ist Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder, Jugendschutz, Vorbeugung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Kriminalitätsabwehr, Wettbewerbsfairness – vgl. eingehend RV 657 BlgNR 14. GP) dient (vgl. die Er der RV 1067 und AB 1139 BlgNR 17. GP; weiters Strejcek/Bresich, Glücksspielgesetz-Kommentar [2009], 24 und Rz 9 ff zu § 3 GSpG).

 

Eine entsprechende Aufsicht über die Ausübung der Konzessionen durch den Bundesminister für Finanzen ist ausdrücklich im § 31 GSpG vorgesehen. Durch das Erfordernis eines gewissen Stamm- und Grundkapitals für die Erteilung einer Konzession (nach § 14 Abs 2 und nach § 21 Abs 2 GSpG) will der Gesetzgeber sicherstellen, dass "das verlangte eingezahlte Eigenkapital dem konzessionierten Spielbetrieb bei Konzessionsantritt als Haftungsstock auch unbelastet zur Verfügung steht" (RV 981 BlgNR 14. GP zu § 14 und zu § 21 GSpG). Weiters wird im § 56 Abs 1 GSpG normiert, dass bei Werbeauftritten ein "verantwortungsvoller Maßstab" zu wahren ist, was im Aufsichtswege überwacht wird.

 

Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenat hat die Berufung keine hinreichend schlüssige Argumentation vorgebracht, warum die geltende Regelung nicht im Sinne der Judikatur des EuGH verhältnismäßig sein soll. Deshalb sind beim Oö. Verwaltungssenat auch keine Bedenken wegen der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit aufgekommen. Von der schlechthin behaupteten Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen kann - insbesondere im Lichte der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur - keine Rede sein.

 

5. Abschließend sei für das weitere Verfahren Folgendes angemerkt:

 

Wenn auch die Beurteilung des Vorliegens eines begründeten Verdachts iSd § 53 Abs. 1 GSpG noch keine abschließende rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts als Verwaltungsübertretung iSd GSpG erfordert, wird dies – insbesondere auch im Hinblick auf eine endgültige und gesicherte Abgrenzung zum Gerichtsdelikt nach § 168 StGB, der im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Doppelbestrafungsverbotes und der vom Verwaltungsgerichtshof postulierten Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes gegenüber dem Gerichtsdelikt (vgl VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181) besondere Bedeutung zukommt – im Rahmen eines allfällig folgenden Strafverfahrens sehr wohl Gegenstand sein.

 

Da es im vorliegenden Fall schon im Beschlagnahmeverfahren nicht ausgeschlossen erscheint, dass das dem Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG zugrundeliegende Verhalten den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet und dann infolge der Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände nach § 52 GSpG nicht von den Verwaltungsbehörden zu ahnden wäre, wird die belangte Behörde eingehend zu prüfen haben, ob (auch) ein Verdacht auf eine gemäß § 30 Abs 2 VStG relevante gerichtlich strafbare Handlung vorliegt; gegebenenfalls wird – unter Zugrundelegung der diesbezüglich eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134) – gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und sodann das Verwaltungsstrafverfahren bis zum Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens gemäß § 30 Abs 2 VStG auszusetzen sein.

 

6. Aufgrund des hinreichend substantiierten Verdachts von fortgesetzten Verstößen gegen die Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG waren die Berufungen im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 

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