Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167463/2/Ki/Ga

Linz, 21.12.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn Dr. A.S., vom 23. November 2012, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 7. November 2012, VerkR96-5639-2012-STU, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene  Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich Schuldspruch als auch hinsichtlich Strafbemessung bestätigt.

 

II.              Zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 30 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

 

zu I: §§ 19, 24 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II: § 64 Abs.1 & 2 VStG

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 7. November 2012, VerkR96-5639-2012-STU, wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 18.6.2012, 10:23 Uhr, in der Gemeinde L, Autobahn Freiland, A7 bei Str-km. 3,400; Richtungsfahrbahn A1, mit dem Fahrzeug "Kennzeichen XX, PKW" zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Es sei mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,48 Sekunden festgestellt worden. Er habe dadurch § 18 Abs. 1 StVO 1960 verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 69 Stunden) verhängt. Außerdem wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 15 Euro (das sind 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber am 23. November 2012 Berufung erhoben und dies wie folgt begründet:

 

"1. Durch das Lenken des Fahrzeuges mit erhöhter Aufmerksamkeit und entsprechender Bremsbereitschaft wäre es mir jederzeit möglich gewesen rechtzeitig auf plötzlich auftretende Hindernisse zu reagieren und das Fahrzeug rechtzeitig zum Stillstand zu bringen.

2. Die erhöhte Sitzposition in meinem PKW gestattet mir einen überdurchschnittlich guten Über- und Vorausblick, so dass es mir jederzeit möglich gewesen wäre rechtzeitig anzuhalten.

3. Ihrem Straferkenntnis enthält zudem einen Begründungsfehler, denn § 18 Abs. 4 StVO ist hier nicht anwendbar. Weder war ich auf einer Freilandstraße unterwegs, noch war ein Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen auf irgendeine Art und Weise involviert."

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das lt. Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung eingebracht sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). Festgehalten wird, dass der Berufungswerber in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses darauf hingewiesen wurde, dass er das Recht hat, im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat eine mündliche Verhandlung zu beantragen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Die gegenständlicher Verwaltungsübertretung wurde am 20. Juni 2012 vom Landespolizeikommando Oberösterreich, Landesverkehrsabteilung, der Bundespolizeidirektion Linz zur Kenntnis gebracht. Die Feststellung des Abstandes erfolgte durch Messung mit einem geeichten Messsystem VKS3.1, Nr. A910, welches gemäß den eichamtlichen Verwendungsbestimmungen unter Beachtung der Bedienungsanleitung eingesetzt wurde. Danach ergibt sich nach Abzug der vorgesehenen Messtoleranz ein vorwerfbarer Wert (zeitlicher Abstand) von 0,48 Sekunden.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat zunächst gegen den Rechtsmittelwerber eine Strafverfügung (S25851/12-3 vom 16. Juli 2012) erlassen, welche von diesem beeinsprucht wurde.

 

Nach Abtretung des Verfahrens gemäß § 29a VStG von der Landespolizeidirektion Oberösterreich an die dem Wohnsitz nach zuständige Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat Letztere nach weiteren Ermittlungen das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt aufliegenden oben dargelegten Unterlagen. Der Berufungswerber ist dem Messergebnis nicht entgegengetreten.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

3.1. Gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Der Umstand, dass in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses
§ 18 Abs. 4 StVO 1960 zitiert wurde schadet insofern nicht, als eine entsprechende Korrektur durch die gegenständliche Berufungsentscheidung erfolgt.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat. Allgemein wird festgestellt, dass der Reaktionsweg von Reaktionszeit und Geschwindigkeit linear abhängig ist. Für die Reaktionszeit gilt laut Ausführung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit in der Regel ein von den äußeren Umständen abhängiger Richtwert von etwa 0,8 bis 1,2 Sekunden, bei längeren monotonen Fahrten bis zu 2,5 Sekunden. Vor Gerichten werden in Fällen, in denen vom Lenker erhöhte Aufmerksamkeit erwartet werden kann, auch niedrigere Werte (0,6 bis 0,8 Sekunden) angenommen, diese aber nur bei Kraftfahrern, die besonders vorsichtig und bremsbereit fahren müssen.

 

Allgemein muss auch festgestellt werden, dass, wenn der Abstand kleiner als die Reaktionszeit ist, es unweigerlich zu einem Auffahrunfall kommt, wenn das vordere Fahrzeug voll abgebremst wird, wobei das Kuratorium für Verkehrssicherheit einen Abstand von weniger als 1 Sekunde grundsätzlich als sehr bedenklich erachtet.

 

Im gegenständlichen Falle hat die Messung unbetritten ergeben, dass der Berufungswerber tatsächlich nur einen Abstand von 0,48 Sekunden zum vorderen Fahrzeug eingehalten hat.

 

Umstände, welche der Berufungswerber im Bereich der subjektiven Tatseite entlasten würden, sind nicht hervorgekommen, der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

 

3.2. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs. 1).

 

Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 – 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldsstrafen zu berücksichtigen.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass das Nichteinhalten des erforderlichen Sicherheitsabstandes eine gravierende Übertretung der Straßenverkehrsordnung darstellt. Das geringe Ausmaß des Sicherheitsabstandes bedingt, dass unter Umständen ein Auffahrunfall mit gravierenden Folgen unvermeidlich werden könnte. Im Interesse der Verkehrssicherheit, insbesondere zum Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer, ist daher aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Strafe geboten, um die Allgemeinheit entsprechend zu sensibilisieren.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet, erschwerende Umstände wurden keine festgestellt.

 

Hingewiesen wurde in der Begründung des Straferkenntnisses, dass die Strafbemessung unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfälliger Sorgepflichten erfolgte bzw. diese geschätzt und vom Rechtsmittelwerber im laufenden Verfahren nicht korrigiert wurden. Ebenso wurde der Unrechtsgehalt der Übertretung berücksichtigt.

 

Weiters sind bei der Strafbemessung auch spezialpräventive Überlegungen anzustellen, der Betreffende soll durch eine empfindliche Bestrafung motiviert werden, künftighin keine derartigen Verwaltungsübertretungen zu begehen.

 

Unter Berücksichtigung des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass bezogen auf den konkreten eingehaltenen Abstand, die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung bei der Strafbemessung Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat, eine Herabsetzung wird daher nicht in Erwägung gezogen.

 

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

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