Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167359/2/Kei/TR/AK

Linz, 22.01.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Michael KEINBERGER über die Berufung der X, X , X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 5.10.2012, AZ: Verk96-16505-2012-Kub, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Bezüglich der Strafe wird der Berufung insofern teilweise Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 72 Stunden herabgesetzt wird.

II.              Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 15 Euro, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs. 1 VStG.

zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 und § 65 VStG.


Entscheidungsgründe:

Zu I.:
1. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie mit dem Fahrzeug Audi A6, S6, grau mit dem amtlichen Kennzeichen X am 18.7.2012 von 9:20 bis 9:30 Uhr in Vöcklabruck, X, X, mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe. Frau X habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gem. § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen, weshalb über sie gem. § 99 Abs. 3 lit. b leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt wurde.

Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 20 Euro verpflichtet.

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin zusammengefasst aus, dass das gegenständliche Verwaltungsstraferkenntnis nicht der Wahrheit entspreche. Sie habe einen kleinen Parkschaden verursacht, welchen sie aber nicht bemerkt habe. Sie sei ein paar Stunden später von der Polizei Vöcklabruck verständigt worden. Sie habe bei der Polizei Vöcklabruck eine Aussage getätigt, worin sie bekräftigt habe den Parkschaden nicht bemerkt zu haben und  es seien auch keine Schäden an ihrem Auto festgestellt worden. Sie sei derzeit als arbeitslos gemeldet und gehe keiner Beschäftigung nach, weshalb sie ein sehr geringes Einkommen und keine Möglichkeit habe diese Schuld zu begleichen.

3. Der BH von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich, UVS Oö. zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt  sich daher die Zuständigkeit des UVS Oö., wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (51c VStG).

4. Der UVS hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

Da sich bereits aus den Akten in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde sowie die Berufungswerberin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt hatte, jedoch von der Behörde in der Rechtsmittelbelehrung dezidiert auf die Beantragung einer solchen hingewiesen wurde (Vgl VwGH 18.9.2008, 2006/09/0110), hatte gem. § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entfallen.

4.1. Es ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

Von der Polizeiinspektion Vöcklabruck wurde der Verkehrsunfall unter GZ: C2/19357/2012-RR baufgenommen.

X gibt an er habe sein Fahrzeug am 18.7.2012, um 9:20 Uhr vor der Fleischerei X in X, X, abgestellt.  Danach habe er sein KFZ verlassen. Zu diesem Zeitpunkt sei hinter seinem KFZ noch genügend Platz gewesen. Als er nach ca 10 Minuten zu seinem KFZ zurückgekehrt sei, sei eine Verkäuferin aus der Fleischerei gekommen und habe ihm gesagt, dass eine unbekannte Passantin gesehen habe, wie ein anderes Fahrzeug beim Ausparken sein KFZ gestreift hat und dann weggefahren sei. Die Passantin habe ihr das Kennzeichen hinterlassen. Am Fahrzeug selbst sei kein Schaden entstanden; Schaden habe sich an der Fahrradaufhängung befunden.

X gab an, dass sie ihr KFZ (X) am 18.7.2012 auf der X geparkt habe. Nach ca 10-20 Minuten, kurz vor 9:30 Uhr, ganz genau wisse sie das nicht mehr, habe sie ihr KFZ aus der X ausgeparkt. Sie habe dabei nicht gemerkt, dass sie ein anderes KFZ gestreift habe. Sie sei auch ein wenig im Stress gewesen. Hätte sie etwas bemerkt, wäre sie selbstverständlich stehen geblieben. An ihrem PKW könne sie keinen Schaden feststellen.

Als Erhebungsergebnis wurde festgehalten, dass am Fahrzeug von Herrn X kein Schaden entstanden sei, jedoch die Fahrrad-Anhänger-Kupplungshalterung, Marke Thule, welche am Heck des PKW von besagter Person befunden hat, beschädigt wurde. Am Fahrzeug von Frau X wurden rechts vorne an der Stoßstange leichte Kratzspuren entdeckt, sonst sei jedoch kein Schaden entstanden. Aufgrund des Kennzeichens konnte der Zulassungsbesitzer X ermittelt werden. Dieser gab an, dass seine Frau X gefahren sei. Diese sei am 18.7.2012 um 20:00 Uhr zur PI Vöcklabruck gekommen. Dabei wurden von ihrem KFZ Lichtbilder angefertigt. Nach telefonischer Rücksprache am 19.7.2012 um 10:30 Uhr, gab sie an, zum Unfallszeitpunkt ausgeparkt zu haben.

Am 28.8.2012 wurde die Berufungswerberin zur Rechtfertigung aufgefordert und es wurde ihr zur Last gelegt, am 18.7.2012 um 9:30 Uhr, in der Gemeinde Vöcklabruck, X, X mit dem KFZ X mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichen Zusammenhang gestanden zu sein und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt zu haben.

Sie wurde dabei aufgefordert ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgfaltspflichten bekannt zu geben, widrigenfalls diese mit Einkommen ca. 800 Euro, Vermögen: keines und Sorgfaltspflicht keine geschätzt werden. Davon hat die Berufungswerberin allerdings keinen Gebrauch gemacht.

In weiterer Folge wurde durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck über die Berufungswerberin am 5.10.2012 das gegenständliche Straferkenntnis erlassen. Darin wurde begründend ausgeführt, dass die angelastete Verwaltungsübertretung von der Berufungswerberin unbestritten geblieben sei, sodass spruchgemäß zu entscheiden war. Durch das Nichtfolgeleisten der Aufforderung zur Rechtfertigung wurde das Verwaltungsstrafverfahren ohne Anhörung durchgeführt, was der Berufungswerberin auch angedroht wurde. Mangels Angaben zu Einkommens und Vermögensverhältnisse und sonstige Sorgepflichten wurden diese wie oben angeführt geschätzt. Strafmildernd wurde die Unbescholtenheit hinsichtlich derartiger Verwaltungsübertretungen. Straferschwerende Umstände lagen nicht vor. Die Geldstrafe sei nach Ansicht der Behörde jedoch aus spezialpräventiven Erwägungen notwendig um die Berufungswerberin künftig vor solchen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Dagegen erhob die Frau X die oben ausgeführte Berufung.

 

4.2. Zu diesen Darstellungen wird in freier Beweiswürdigung folgendes festgehalten:

Frau X hat am 18.7.2012 in der Zeit von 09.20 Uhr bis 09.30 Uhr in der Gemeinde Vöcklabruck, X, X, mit dem Fahrzeug Audi A6, S6 mit dem amtlichen Kennzeichen X einen Parkschaden an der Fahrrad-Anhänger-Kupplungshalterung, Marke Thule, angebracht am Fahrzeug des Herrn X, verursacht. Die Tatsache des Unfalls wird von der Berufungswerberin nicht bestritten. Bei der Untersuchung des Fahrzeuges der Berufungswerberin wurden auch leichte Kratzer auf der rechten Seite des Fahrzeuges, im Bereich der Stoßstange festgestellt, was die Feststellungen des ursächlichen Sachschadens stützt. Frau X gab ihrerseits an, dass keine Schäden an ihrem Auto festgestellt wurden, was jedoch mit dem Erhebungsergebnis der BH Vöcklabruck nicht übereinstimmt.

Die Berufungswerberin gibt an, den Schaden nicht bemerkt zu haben, was jedoch am Vorliegen des Tatbestands des § 4 Abs. 5 StVO nichts ändert (siehe Punkt 5.1.).   

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

5.1. Gem § 4 Abs. 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in einem ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizeiinspektion vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche darf jedoch unterbleiben, wenn die in Abs. 1 genannten Personen, oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Infolge des Ergebnisses der Beweiswürdigung steht fest, dass ein Sachschaden entstanden ist (Fahrrad-Anhänger-Kupplungshalterung bei Herrn X); zum Sachschaden und dessen Grenzen vgl VwGH 20.1.1984, 82/02/0222. Auch wenn es sich in casu um einen geringfügigen Schaden handelt ist, besteht die Verständigungspflicht gem § 4 Abs. 5 StVO; vgl VwGH 15.1.1982, 81/02/0260; 25.9.1991, 90/02/0217. Da es damit de facto zu einem Schaden gekommen ist, ist es unerheblich, ob das Fahrzeug der Berufungswerberin ihrer Ansicht nach keinen Sachschaden erlitten hat.

Gem § 4 Abs. 5 StVO ist der Schaden vom Lenker der dem Unfallort der nächstgelegenen polizeilichen Dienststelle ohne unnötigen Aufschub zu melden (vgl VwGH 15.6.1984, 84/02A/0152). Da die Berufungswerberin den Unfallort verlassen hat und nach Hause gefahren ist, ist auch dieses Tatbestandelement als erfüllt anzusehen.  

Der Tatbestand gem § 4 Abs. 5 StVO, ist auch dann erfüllt, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH 22.3.2000, 99/03/0469). Dementsprechend kann das Delikt des § 4 Abs. 5 StVO auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden (VwGH 9.3.1983, 81/03/0024). Fährlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkannt hat, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Der Täter erkennt daher nicht die sozial-inadäquate Gefährlichkeit seiner Handlung (unbewusste Fahrlässigkeit; VwGH 2.11.1987, 97/10/0090; 2.7.1997, 96/17/0456); zur Fahrlässigkeit näher Wessely in N. Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG (2010) § 5 Rz 3.  

5.2. Gem. § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gem. § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung beträgt gem. § 99 Abs. 3 lit. b StVO € 726.

 

Wie auch die Erstbehörde wertet auch der UVS Oö. die Tatsache, dass die Berufungswerberin in den letzten fünf Jahren noch nie wegen einer derartigen Verwaltungsübertretung bestraft wurde; als mildernd weiters wird der Umstand der Arbeitslosigkeit, kein Vermögen und keine Sorgepflichten berücksichtigt. Darüberhinaus ist angesichts des geringen Schadensbildes und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Wahrnehmbarkeit des Schadenseintritts (vgl VwGH 22.3.1991, 88/18/0095) geboten, die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe entsprechend Spruchpunkt I. zu senken. Damit besteht auch Gleichklang zur Tatsache, dass auf das Ausmaß des Verschuldens – welches sich in casu in einer unbewussten Fahrlässigkeit manifestiert – besonderes zu würdigen ist. Die nunmehr verhängte (herabgesetzte) Strafe erscheint jedoch aus spezialpräventiven Erwägungen notwendig, die Berufungswerberin künftig zur besseren Aufmerksamkeit und damit zur Vermeindung solcher Art von Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Der Aspekt der Generalprävention wird ebenfalls berücksichtigt. Ein straferschwerender Umstand liegt nicht vor. 

 

Zu II.:        
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Michael KEINBERGER

 

 

 

 

 

 

 

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