Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167474/2/Br/Ai

Linz, 27.12.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau X, geb. X, X, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 30. November 2012, Zl.: VerkR96-6029-2012,  zu Recht:

 

 

I.         Der Strafberufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als  unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.

 

II.    Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I. § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 21,  24, 51 Abs.1 und zu II. § 65 VStG

 

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 220 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 54 Stunden verhängt, weil sie am 7.10.2012, um 17:15 Uhr, in X, L 1498 bei km 14:030, als Lenkerin eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges eine Einrichtung zur Reglegung und Sicherung des Verkehrs beschädigte (Leitpflock u. Leitschiene) und hiervon nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigte bzw. dem Straßenerhalter ihre Identität nachgewiesen habe.

 

 

1.2. Die Behörde erster Instanz begründete den Schuld- u. Strafausspruch im Ergebnis mit dem Hinweis, dass die von der Berufungswerberin angegebenen Umstände (ihre Schwangerschaft sowie die übrigen von ihr ins Treffen geführten Umstände) weder einen Entschuldigungs- noch einen Rechtfertigungsgrund darstellten.

 

 

2. Gegen das Ausmaß der ausgesprochenen Bestrafung wendet sich nun die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung.

Wie bereits in ihrem Einspruch gegen die wider sie vorerst von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt erlassenen Strafverfügung, schildert sie abermals die Umstände des Falles, wobei bereits kurz nachdem sie zu Hause angekommen war, schon die Polizei da gewesen ist. Sie hätte weder die Absicht noch einen Grund gehabt Fahrerflucht zu begehen. Ebenfalls habe sie kein Handy dabei gehabt um die Polizei sofort zu verständigen. Ebenfalls verwies sie auf die Probleme ihrer damaligen Schwangerschaft welche sie zu belegen bereit wäre.

Der Berufungswerberin wurde im Rahmen eines Parteiengehörs vor der Behörde erster Instanz die erstinstanzliche Rechtsmeinung zur Kenntnis gebracht. Diese läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass aus der Sicht der Behörde erster Instanz "ein Grund einer Nichtmeldung eines derartigen Vorfalls nicht berücksichtigt werden müsse", weil bereits fahrlässiges Verhalten genügte bzw. Vorsatz nicht Tatbestandsvoraussetzung sei.

Schließlich macht sie in der Strafberufung vom 10.12.2012 ein Monatseinkommen von 600 Euro und die Sorgepflicht für drei Kinder und die Schwangerschaft zu einem 4. Kind glaubhaft.

 

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit wurde dessen Zuständigkeit begründet, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Eine Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Unstrittig ist, dass die Berufungswerberin vermutlich auf Grund eines Fahrfehlers am 7.10.2012 um 17:15 Uhr an der oben bezeichneten Örtlichkeit mit ihrem Fahrzeug gegen eine Leitschiene stieß und ihre Fahrt mit dem offenbar stark beschädigten Pkw, ohne zwischenzeitig die Polizei von der Beschädigung auch der Verkehrsleiteinrichtung zu verständigen, fortsetzte. Offenbar verkennt der Anzeiger, dass die Meldung beim Straßenerhalter oder der Polizeidienststelle typischer Weise das Verlassen der Unfallstelle bedingt. Eine Verweilpflicht an der Unfallstelle ist dem Gesetz nicht abzuleiten.  Wenn schließlich die Polizei trotzdem bereits eineinhalb Stunden nach dem Vorfall -  aus welchen Grund auch immer - ohne Zutun der Unfalllenkerin über den Vorfall Kenntnis erlangte, kann darin selbst bei der hier verstrichenen Zeitspanne noch keine objektiv greifbare Verletzung des mit der genannten Rechtsnorm der StVO gesetzlich geschützten Wertes erkannt werden. Vielmehr genügt die bloße Mitteilung an den Straßenerhalter ohne unnötigen Aufschub. Diese muss nicht einmal zwingend durch die Unfalllenkerin persönlich erfolgen, sondern kann von einem oder einer derart betroffenen Lenkerin oder Lenker dem klaren Gesetzeswortlaut nach sogar delegiert werden.  Als der Berufungswerberin vorwerfbares Verhalten verbleibt demnach, dass sie nicht für eine zeitgerechte, nämlich ohne unnötigen Aufschub zu erfolgende Mitteilung an den Straßenerhalter bzw. die Polizei Sorge trug. Gemäß gesicherter Judikatur sind jedoch zu dieser Tageszeit eineinhalb Stunden als nicht mehr "ohne unnötigen Aufschub" qualifizierbar.

Die von ihr genannten psychischen u. psychischen Umstände stellen im Gegensatz zur Auffassung der Behörde erster Instanz, der offenbar das subjektiv tatseitige Schuldelement fremd zu sein scheint, sehr wohl einen berücksichtigungswürdigen Umstand dar. Das es in diesem Fall zwingend einer Geldstrafe bedürfte um der Berufungswerberin ihr Fehlverhalten zu verdeutlichen und sie vor weiteren derartigen Fehlverhalten abzuhalten, vermag der Unabhängige Verwaltungssenat in diesem Fall keineswegs zu befinden.

 

 

 

5. Nach § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der ein Täter bzw. eine Täterin zuwidergehandelt hat, wohl nur dann, wenn er/sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter oder die Täterin das Unerlaubte seines/ihres Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Sehr wohl sind hier die von der Berufungswerberin ins Treffen geführten Umstände, nämlich die psychische Erregung nach einem derartig zum Glück glimpflich verlaufenen Unfall in Verbindung mit ihrer vierten Schwangerschaft, neben der bloß geringfügig verspäteten Kenntnis des Unfallgeschehens an die Polizei zusätzlich als schuldmildernd zu qualifizieren. Es gibt keinen Grund der Berufungswerberin darin nicht zu folgen.  

Vor diesem Hintergrund konnte in Anwendung des § 21 VStG mit einer bloßen Ermahnung, der sich im Ergebnis einsichtig zeigenden und bislang im Straßenverkehr völlig wohl verhaltenden Berufungswerberin  das Auslangen gefunden werden.

Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach der ständigen  Rechtsprechung ist das Verschulden geringfügig, wenn - unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH v. 25.8.2010, 2010/03/0066  mit Hinweis auf VwGH 20.3.2002, 2000/03/0139).

 

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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