Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222637/8/Bm/Th

Linz, 10.01.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.10.2012, Ge96-101-2012, wegen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 18.12.2012 zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als zu Faktum 1 die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Stunden, herabgesetzt wird und in Faktum 2 von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen wird.

 

    II.      Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird auf 10 Euro herabgesetzt, für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF (VStG).

zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.10.2012, Ge96-101-2012, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 23 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 367 Z25 GewO 1994 iVm dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.08.2004, Ge20-90-2004, Auflagepunkt 6, verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.08.2004, Ge20-90-2004, wurde die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch die Mengenerweiterung für die Umladung der Abfälle in der bestehenden Ladehalle sowie Vergrößerung des Lagerplatzes für die Container und Errichtung eines LKW- und PKW- Abstellplatzes im Standort X, gewerberechtlich genehmigt.

Unter Auflage Punkt 6. des oben angeführten Bescheides wurde vorgeschrieben, dass die Abstellung der betriebseigenen LKWs nicht entlang der Grundgrenze X, sondern nur auf den in den Einreichplänen dargestellten Abstellplätzen erfolgen darf.

 

Sie haben nunmehr entgegen der oben angeführten Auflage

 

1.      am 31.05.2012 von 13.01 Uhr bis 16.09 Uhr einen LKW (Kennzeichen X) und

 

2.      am 05.06.2012 von 11.43 Uhr bis 06.06.2012 um 16.25 Uhr ein Müllauto               (Kennzeichen X)

 

auf Ihrem Betriebsgelände direkt an der Grundgrenze zur Nachbarin, Frau X, im Bereich des Küchenfensters ihrer Wohnung abgestellt."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seine anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen zu Faktum 1 ausgeführt, auffallend sei, dass die Anzeigerin zu dem behaupteten Auflagenverstoß keine Lichtbilder vorliegen haben können, obwohl sie sämtliche Fahrzeugbewegungen auf dem Parkplatz des Bw lichtbilddokumentiere. Die BH Braunau sei dennoch den Angaben der Anzeigerin gefolgt und habe ihre Glaubwürdigkeit über die des Bw gestellt. Begründend werde in einer Leerformel nur darauf hingewiesen, dass die Anzeigerin als Zeugin der Wahrheitspflicht unterliegen würde und sie im Falle einer Falschaussage mit einer gerichtlichen Verurteilung zu rechnen hätte. Vorliegend sei aber zu berücksichtigen, dass diesem Verwaltungsstrafverfahren eine Anzeige der Nachbarin zugrunde liege, was auf einen bereits sei Jahren und bisher ausschließlich einseitig geführten Nachbarschaftsstreit basiere. So würden auch weitere Anzeigen gegen den Bw vorliegen und handle es sich bei den nunmehr gegenständlichen Anzeigen um die Nummern 29 und 30. Nun sei es offenbar zutreffend, dass die Anzeigerin zwar in der Vergangenheit bislang ca. 30 oder mehr Anzeigen gegen den Bw eingebracht habe, der Bw jedoch keinesfalls 30 mal verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden sei. Der Großteil der erhobenen Anschuldigungen sei von der Verwaltungsbehörde als haltlos gar nicht weiterverfolgt worden, sohin überhaupt kein Strafverfahren eingeleitet, in einigen wenigen Fällen gegen den Ausspruch eine Ermahnung eingestellt oder mit der Verhängung einer geringen Geldstrafe vorgegangen worden. Erstaunlich sei jedoch, dass der Ausgang des jeweiligen Strafverfahrens gegen den Bw für die Anzeigerin stets konsequenzlos geblieben sei. Dies auch dann, wenn sich ihre Anschuldigungen als haltlos erwiesen haben und sei auch bei einer Einstellung des Verfahrens der Wahrheitsgehalt ihrer Angaben nie überprüft worden. Dieser Umstand führe nun dazu, dass die Anhaltung zur Wahrheitspflicht von der Zeugin offenbar bei weitem nicht mehr so ernst genommen werde, wie dies gesetzlich wohl vorgesehen sei.

 

Zu Faktum 2.: Die Abstellung des Fahrzeuges im Bereich der Grundgrenze sei nicht in Abrede gestellt worden. Der Umstand, dass das Fahrzeug defekt gewesen sei, sei von der Behörde aufgrund der vom Bw vorgelegten Urkunden gar nicht in Frage gestellt worden, sodass in rechtlicher Hinsicht nur zu beurteilen sei, ob es mir in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht anzulasten sei, dass ein nicht mehr funktionsfähiges Fahrzeug an eine Stelle geschleppt worden sei, an welcher das Abstellen von Fahrzeugen aufgrund von Auflagen untersagt gewesen sei. Der LKW sei im Bereich der Garagenausfahrt direkt im Torbereich liegen geblieben. Das betreffende Garagentor sei auf den von der Anzeigerin vorgelegten Lichtbildern ersichtlich. Bei dieser Garagenein- und ausfahrt handle es sich um jene, welche ausschließlich genutzt werde, um zum Containerbereich im Halleninnere zuzufahren. Aufgrund behördlicher Auflagen sei das Tor mit Ausnahme von Ein- und Ausfahrten stets geschlossen zu halten. Ein Schließen des Tores wäre aufgrund des defekten LKWs aber nicht mehr möglich gewesen, sodass der Bw nur die Möglichkeit gehabt habe, den LKW möglichst platzsparend nach vorne in Richtung Parkplatz zu rangieren. Ein Zurückschieben des LKW in den Hallenbereich wäre bereits deshalb nicht möglich gewesen, weil diesfalls die gesamte Zufahrt zum Containerbereich unmöglich gewesen wäre und dadurch der gesamte Betrieb still gestanden wäre. Die Verschuldensfrage sei von der Behörde unrichtig beurteilt worden. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH habe der Beschuldigte um straffrei zu bleiben, den Beweis zu erbringen, dass ihm die Einhaltung der betreffenden Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen sei. Die Behörde sei zwar nicht verpflichtet, von sich aus Erhebungen zu pflegen, ob Umstände vorliegen, die ein Verschulden ausschließen; sie dürfe sich vielmehr mit der Feststellung des rechtswidrigen Verhaltens begnügen. Alleine diese Überwälzung der Beweislast befreie die Behörde aber nicht von der Verpflichtung, von sich aus Umstände zu berücksichtigen, die sie schon bei Ermittlung des äußeren Tatbestandes festgestellt habe. Wie bereits eingangs erwähnt, sei der Fahrzeugdefekt von der Behörde aufgrund der vorgelegten Urkunden gar nicht in Frage gestellt worden, ein Verschulden bzw. ein Schuldausschließungsgrund im Lichte der vorzitierten Rechtsprechung jedoch unrichtig angenommen worden.

 

Es werde daher beantragt, in beiden Fällen das Strafverfahren einzustellen, in eventu mit einer Ermahnung vorzugehen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.12.2012.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde vom Bw die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

5.2. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis zu den Fakten 1 und 2 Geldstrafen in der Höhe von je 150 Euro bei einem Strafrahmen bis zu 2.180 Euro verhängt. Der Strafbemessung wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, Vermögen in der Höhe von 100.000 Euro und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Strafmildernde oder straferschwerende Umstände wurden nicht angenommen.

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung wurden die Einkommensverhältnisse und persönlichen Verhältnisse vom Bw dahingehend revidiert, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro verfügt, kein Vermöge besitzt und Sorgepflichten für 1 Kind bestehen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die belangte Behörde bereits im untersten Bereich des Strafrahmens liegende Geldstrafen verhängt hat.

Allerdings sind die finanziellen Verhältnisse im Sinne des § 19 Abs.2 VStG bei der Bemessung der Geldstrafe wichtige Kriterien und auch im Berufungsverfahren zu berücksichtigen, weshalb in Faktum 1 die Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabzusetzen war.

 

Im Faktum 2 konnte aufgrund der hervorgekommenen besonderen Umstände, die zum Abstellen des LKW geführt haben, im Grunde des § 21 Abs.1 VStG mit einer Ermahnung vorgegangen werden, da in diesem Fall das tatbildmäßige Verhalten des Bw hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

 

6. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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