Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401248/4/MB/WU

Linz, 04.01.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des X alias X alias X, StA von Afghanistan, geb. am: X alias X, derzeit aufhältig im: X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit dem 19. Dezember 2012 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

 

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 19. Dezember 2012, GZ.: Sich40-3809-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 2a Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgF zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) und zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) die Schubhaft angeordnet und im PAZ X vollzogen. Der Bf befindet sich im Entscheidungszeitpunkt des Oö. Verwaltungssenates weiterhin im Stande der Schubhaft (seit dem 19. Dezember 2012).

 

Begründend führt die belangte Behörde aus:

"Gemäß § 76 Abs. 2a FPG 2005 hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn gemäß Ziffer 1 gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG. 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG. 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt; und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erfassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Gemäß § 80 Abs. 5 FPG 2005 kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Ziffer 1 bis Ziffer 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie brachten am 21.10.2012, um 11:45 Uhr, vor Beamten der Polizeiinspektion X einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz (Asyl) in Österreich ein. Weder anlässlich der Einbringung Ihres Asylantrages noch im Rahmen des weiteren Asylverfahrens waren Sie im Stande ein Nationalreisedokument, oder ein anderweitiges Dokument welches einen Rückschluss auf Ihre Identität zulassen würde, den österreichischen Behörden in Vortage zu bringen.

 

Im Zuge der geführten weiteren Erhebungen wurde mittels Abgleich Ihrer Fingerabdrücke in Erfahrung gebracht, dass - ehe Sie illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sind - bereits folgende erkennungsdienstliche Behandlung im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Ihrer Person vorliegt: 20.09.2012 Asylantragstellung in Rocella lonica / Italien

 

Im Zuge Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung zu Ihrem Asylantrag führten Sie gegenüber Beamten der Polizeiinspektion X am 22.10.2012 an, dass Sie keine Beschwerden oder Krankheiten hätten, die Sie an der Einvernahme hindern oder die das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Eine Medikamenteneinnahme verneinten Sie. Sie brachten weiters ins Treffen, dass Sie Ihre Heimat vor ca. 2 Monaten mit dem Auto verlassen hätten. Sie seien über den Iran in die Türkei gereist. Anschließend wären Sie mit einem Schiff nach Italien gereist und anschließend mit einem LKW nach Osterreich, von Österreich wären Sie im Zug von einem Schaffner kontrolliert worden und der nächsten Polizei übergeben worden. Befragt zu Asylantragsteifungen gaben Sie an. dass Sie in keinem anderen Land um Asyl ansuchten. Befragt nach Ihrem Reisepass gaben Sie an, dass Sie noch nie im Besitz eines Reisepasses gewesen wären. Auf die an Sie herangetragene Frage zu Angaben über Familienangehörige in Österreich oder in einem anderen EU-Staat führten Sie an, dass Sie keine familiären Bezüge zu Österreich oder einen anderen EU-Staat hatten. Auf die weiters an Sie gerichtete Frage, ob Sie über Barmittel oder andere Unterstützung verfügen führten Sie an, dass Sie völlig mittellos seien und auch von niemanden eine Unterstützung bekommen. Am 25.10.2012 wurde seitens des Bundesasylamtes, EAST-Ost ein Konsultationsverfahren an Italien gestellt, welchem mit Wirkung vom 21.11.2012 von Italien zugestimmt wurde. Die Zuständigkeit zur Prüfung des anhängigen Asylantrages geht somit an den EU-Mitgliedstaat Italien über.

 

Im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Einvernahme zu Ihrem Asylantrag führten Sie am ZB.11.2012 vor Beamten des Bundesasylamtes, EAST-West, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari an, dass Ihr Zielland Österreich gewesen sei. Befragt zu Ihrer Asylantragstellung in Italien gaben Sie an. dass Sie in Italien keinen Asylantrag stellen wollten, Ihr Wunschziel wäre Österreich, Sie würden auf keinen Fall nach Italien zurückwollen, da dort alle Afghanen unter der Brücke oder in Parks übernachten müssten Des Weiteren behaupteten Sie [m Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme, dass Sie erst 17 Jahre alt seien. Im Rahmen der Erstbefragung vor der Polizeiinspektion X gaben Sie jedoch X als Geburtsjahr an. In weiterer Folge wurde Ihre Volljährigkeit durch das Bundesasylamt EAST West festgestellt.

 

Ihr Asylantrag vom 21.10.2012 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, AZ: 12 15,188, vom .13.12.2012, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Gleich gehend wurde festgestellt, dass für di& Prüfung des Asylantrages Italien zuständig ist. Ferner wurden Sie mit gleichem Bescheid gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 ausgewiesen und gemäß § 10 Abs 4 AsylG 20D5 wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Italien zulässig ist.

 

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG 2005 kommt einer Entscheidung, mit der ein Antrag

zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

Dieser zitierte Bescheid wurde Ihnen am 19.12,2012 in der Erstaufnahmestelle West in 4BS0 St. Georgen i. A. persönlich ausgefolgt

 

Am 19.12,2012, um 03:45 Uhr - und demzufolge im unmittelbaren Anschluss nachdem Ihnen seitens des BAA EAST-West der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden ist - wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion St Georgen i. A,-EAST in der Erstaufnahmestelle X, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig - nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind und Sie zudem in Ihrem Asylverfahren durchsetzbar aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen wurden - unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Weiters sind Sie - abgesehen eines gegenwärtigen Geldbetrages in der Höhe von 28,97 Euro - mittellos.

 

Bei Erfüllung der Tatbestands Voraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG hat die Behörde - im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs, 2 FPG - kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung Gelinderer Mittel gemäß §77 FPG 2005. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig ist und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegenstehen.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit wird festgehalten, dass in Fällen, En denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde und gleich gehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt wurde, durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRAG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen (und bei Vorliegen einer Ausreiseunwilligkeit) eine Sicherungsnotwendigkeit bereits indiziert ist. Mit einer zeitnahen Abschiebung nach Italien ist in Ihrem Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich ihr Asyl verfahren im finalen Stadium befindet und selbst im Falle des Einbringenseiner Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren (bei Ausweisungen in einen EU-Staat ==> verkürzte Rechtsmittelfrist ==> 1 Woche) von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen ist.

 

Durch die Gesamtheit Ihrer Handlungsweise und Ihrer Aussagen im Asylverfahren (illegale Einreise in die EU, illegale Weiterreise nach Österreich, Vortäuschen der Minderjährigkeit, mangelnder Wille freiwillig in den zuständigen EU-Staat Italien auszureisen) ist es offensichtlich, dass Sie den EU-Staat Italien als vollkommen ungeeignet halten um ein Asylbegehren im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens prüfen zu lassen und um sich zur Verfügung der dortigen Behörden zu halten. Sie nahmen für Ihr Vorhaben, nämlich Ihr Reiseziel oder zumindest ein Reisezwischenziel von Ihnen (Österreich) am Landweg zu erreichen einen illegalen Grenzübertritt Innerhalb er Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz bewusst in Kauf, welcher sich jedoch (objektiv betrachtet) keinesfalls mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung in Ihrem Herkunftsstaat Afghanistan rechtfertigen lässt.

 

In der Beurteilung des Sachverhaltes war auch jener Faktum nicht außer Acht zu lassen, dass Sie flexibel En Ihrer Lebensgestaltung und im Wechsel der Aufenthalts-, und Lebensorte sind. Sie sind alleinstehend, begleiten keine minderjährigen Kinder für die Sie die Obsorge hätten, gehen keiner Beschäftigung nach, haften sich erst seit Kurzem in Ostedeich auf und sind daher, an absolut keine Örtlichkeiten gebunden, in Bedachtnahme Ihres jungen Alters und der medizinischen Untersuchungen ohne Befund, sind Sie ebenso an keine medizinische Versorgungen angewiesen. Wie Ihre Reiseroute auch zeigt, sind Sie in der Lage und auch Willens, jederzeit die Örtlichkeit zu wechseln. Verantwortung haben Sie letztlich über keine weiteren Personen, sondern nur über sich selbst zu tragen. Dieser Faktum erhöht eine Flexibilität in der Lebensgestaltung und die faktische Möglichkeit eines jederzeitigen Ortswechsels und somit auch bedeutend die Gefahr eines Untertauchens und Aufenthaltes in der Anonymität.

 

Nicht nur alleine Ihr Verhalten in Österreich zeigt auf, dass Sie keinesfalls gewillt sind, sich der Abschiebung nach Italien zu stellen, um dort Ihr Asyl begehren prüfen zu lassen. Anstelle sich in Italien den dortigen Behörden zur Verfügung zu halten, haben Sie es vorgezogen illegal nach Österreich auszureisen. Mit der Asylantragstellung in Österreich wollten Sie augenscheinlich den Aufenthalt in Österreich legalisieren, eine Abschiebung hintanhalten und das in der Dublin-VO vorgesehene Regelungsregime unterlaufen.

 

Nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde ist dem von Ihnen praktizierten Asylantragstourismus" mit aller Entschieden heft entgegen zu treten um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen.

 

Bei der Bewertung der Wahl der Mittel zur Erreichung Ihres nachhaltigen Zieles ist im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass Sie sich - auf freien Fuß belassen - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen werden um eine Außerlandesbringung von Österreich nach Italien mit Erfolg zu vereiteln oder um diese Maßnahmen zumindest wesentlich zu erschweren.

 

Ebenso kommt bei der Wahl der Mittel zur Sicherung fremden polizeilicher Maßnahmen dem Grad der Bereitschaft des Fremden an der Mitwirkung zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes hohe Bedeutung zu.

 

In den Fallen des § 76 Abs. 2a FPG 2005 ist von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen; Konkret stehen der Schubhaft besondere Umstände in der Person des Asylwerbers entgegen. Laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRAG) 2009 umfasst der Begriff der besonderen Umstände, die in der Person des Asylwerbers liegen, insbesondere Alter und Gesundheitszustand. So wären beispielsweise bei minderjährigen Asylwerbern, Asylwerber hohen Alters oder in Fällen, in denen der Gesundheitszustand eines Asylwerbers gegen die Einschränkungen einer Schubhaft spricht, vorrangig gelindere Mittel anzuordnen (anstelle der Schubhaft). Derartige Umstände liegen in Ihrem Fall jedoch offenkundig nicht vor, da Sie volljährig sind und keine familiären und/oder sozialen Pflichten in Österreich zu erfüllen haben Es konnten im Rahmen des Asyl- und Ausweisungsverfahrens keinerlei Sachverhaltsfakten festgestellt werden, die aus gesundheitlicher Sicht einer Überstellung von Ihnen nach Italien entgegen stehen.

 

Ein gelinderes Mittel wurde zudem die Gefahr beinhalten, dass Sie - nach Abtauchen in die Anonymität - dem österreichischen Staat weiters finanziell zur Last fallen könnten. Da Sie Ihren Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müssen, ist die Gefahr sehr groß, dass Sie dies auf illegale Art und Weise bewerkstelligen werden Nachdem Sie bereits mehrfach unter Beweis gestellt haben, dass Sie keinen Wert an der Einhaltung der Rechts- und Werteordnung in Ihren Gastländern legen, ist auch davon auszugehen, dass Sie Ihren erforderlichen Unterhalt auch im Bundesgebiet oder in der europäischen Union notfalls durch illegaler Beschäftigung oder anderwärtiger strafrechtlicher Begehen erwirtschaften werden Denn für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verfügen Sie nicht über ausreichende Barmittel. Eine rechtmäßige Beschäftigung können Sie nicht ausüben, da Sie weder im Besitz einer arbeitsmarkt- noch aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sind. Es müssten daher für den werteren Aufenthalt öffentliche Mittel aufgewendet werden bzw. ist der Schluss zulässig, dass Sie versuchen durch Begehung strafbarer Handlungen Ihren Unterhalt zu fristen

 

Darüber ist im Besonderen die Gefahr nach Abtauchen in die Anonymität sehr groß, dass letztlich Osterreich für die inhaltliche Prüfung gemäß Dublinabkommen zuständig werden könne, sofern den Erfordernissen des Abkommens - einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nachgekommen werde! Wessen Erzwingen durch einen Aufenthalt in der Anonymität nicht im öffentlichen Interesse stehen kann. Bezüglich wird explizit auf Artikel 13 der Dublinverordnung hingewiesen.

 

Der vorliegende Sachverhalt lässt somit einen Vorrang der Anordnung gelinderer Mittel nicht zu, und wie der Verfassungsgerichtshof in der Entscheidung vom 03.10.2012 zu Zln.: 140/11-11; Gl/12-12; G3/12-12 unter 2.3.1. bereits festhält, hat die Behörde keine freie Wahlmöglichkeit zwischen der Anordnung gelinderer Mittel und der Verhängung von Schubhart

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck kommt nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung des vorliegenden Sachverhaltes zum Ergebnis, dass die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung Ihrer Außerlandesbringung von Österreich nach Italien verhältnismäßig ist, denn Ihrem Recht als Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das in diesem Fall überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen (sowie insbesondere die Einhaltung des für die Republik Österreich von nachhaltiger Wichtigkeit bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens) gegenüber."

 

1.2. Gegen den Schubhaftbescheid sowie gegen die darauf basierende Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf die Beschwerde vom 28. Dezember 2012, welche am 31. Dezember 2012 beim Oö. Verwaltungssenat einlangte.

 

Der Bf stellt darin die Anträge:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge,

 

§         Den Schubhaftbescheid aufheben und die Festnahme und Anhaltung für rechtswidrig erklären und

 

§         dem Beschwerdeführer die Verfahrenskosten zu ersetzen (verzeichnete Kosten idHv 750,80 Euro: Beschwerde 737,60 Euro, Gebühr 13,20 Euro).

 

 

 

Begründend führt der Bf weiter aus:

 

"Mit nachstehender Beschwerde bekämpfe ich die Schubhaftverhängung vom 19.12.2012 durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, und die Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, durch Schubhaftbescheid vom 19.12.2012.

 

SACHVERHALT

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.12.2012, AZ: Sich40-3809-2012 wurde gegen mich gemäß §76 Abs. 2a Zi. 1 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG die Schubhaft zur Erlassung einer Ausweisung (§10 AsylG) und zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) angeordnet.

 

Seit der Schubhaftverhängung befinde ich mich in Schubhaft. Sowohl die Schubhaftverhängung als auch die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft sind rechtswidrig

 

Begründung

§ 76 FPG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011) lautet: „Schubhaft

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2,gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4.auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die Örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1.gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs, 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2.eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß §12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4.der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1Z4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6.sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2Z1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß §10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des §71AVG wiedereingesetzt zu werden.

(4)     Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeltpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5)     Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6)     Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs, 2 oder 2a verhängt Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7)     Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden."

 

1. Unverhältnismäßigkeit der Haft

Art. 1 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit lautet:

„(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

(2)     Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

(3)     Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

(4)     Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind."

 

Art 1 Abs 3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit sieht demnach vor, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist. Im konkreten Fall stützt sich die Schubhaft auf §76 Abs 2a Zi. 1 FPG.

 

Auch wenn § 76 Abs 2a FPG vorsieht, dass die Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber in den dort genannten Fällen die Schubhaft anzuordnen hat. hat im Sinne einer verfassungskonformen Anwendung der Bestimmung eine individuelle Prüfung der Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen,

 

Bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die gesamte Bestimmung des § 76 FPG im Lichte des aus dem Bundesverfassungsgesetz vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit erfließenden unmittelbar anwendbaren Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen ist Mit Erkenntnis vom 26.08.2010, 2010/21/0234 hat der VwGH bestätigt, dass sich auch im Anwendungsbereich des § 76 Abs 2a FPG die Anordnung von Schubhaft nur dann als zulässig erweist, wenn sie notwendig und verhältnismäßig im Sinne einer ultima ratio ist.

 

Von der Behörde ist daher auch bei der Anwendung des § 76 Abs 2a FPG zu prüfen, ob die Schubhaft notwendig ist, um eines der oben genannten Verfahren oder die Abschiebung, Zurückschiebung oder Durchbeförderung eines Fremden zu sichern.

 

Deshalb geht auch die Argumentation der Behörde, dass bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG die Behörde - im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG - kein Ermessen Im Hinblick auf die Anwendung Gelinderer Mittel gem. § 77 FPG 2005 habe - ins Leere.

 

Die Behörde stellt zwar in ihrem Bescheid fest, dass sie eine umfassende Einzelfallprüfung vorgenommen hätte, diese erschöpft sich jedoch bei näherer Betrachtung lediglich in Annahmen und Spekulationen der Behörde, die sogar den Schluss nahe legen lassen, dass die Behörde voreingenommen und willkürlich gehandelt hat. Denn bloß allgemeine Annahmen oder Erfahrungswerte, wie die von der Erstbehörde herangezogenen, können nicht genügen, um die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit eines Freiheitsentzuges im Einzelfall zu begründen (VfGH 28.09.2004, B 292/04 unter Hinweis auf VfSlg. 14.981/1997).

 

Bloß allgemeine Annahmen oder "Erfahrungswerte" genügen jedoch nicht, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Einzelfall zu begründen (vgl. bereits VfSlg, 14.981/1997). Der Umstand, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen Land die Gewährung von Asyl beantragt hat (dem Akteninhalt zufolge hat der Beschwerdeführer den in Polen gestellten Asylantrag zurückgezogen), rechtfertigt für sich nicht den Schluss, dass er "unrechtmäßig in einen anderen Schengenstaat weiterziehen" und sich so dem Verfahren entziehen werde. Mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers hat sich der UVS in seinem Bescheid aber nicht auseinandergesetzt [...]

 

2.3. Dadurch, dass der UVS die im Lichte des Art 2 Abs 1 Z 7 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlassen hat, hat er die Rechtslage grob verkannt und den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzt."

 

Zur Prüfung des Sicherungserfordernisses ist auf alle Umstände des konkreten Falls Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.02,2007, 2006/21/0311), jedoch muss die konkrete Situation des Betroffenen geprüft werden - sogar wenn der Fremde vorher in einem sicheren Drittstaat einen Asylantrag gestellt hat (VfGH 29.09.2004, B 292/04). In einem solchen Fall ist auch der Grund für eine allfällige Weiterreise nach Österreich nach Stellung eines Asylantrags in einem anderen Staat und die dabei eingeschlagene Vorgangsweise zu berücksichtigen (VwGH 28.06.2007, 2006/21/0051).

 

1330/06). Schubhaft ist hingegen nicht als Standard-Maßnahme gegenüber Asvlwerbern anzuwenden; weder eine illegale Einreise noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung noch der Mangel finanzieller Mittel sind für sich genommen als Schubhaftgründe zu werten (VwGH 24.10.2007, 2006/21/0239),

 

Ich habe am 22.20.2012 einen Asylantrag gestellt und wurde in der Erstaufnahmesteife West untergebracht, wo ich mich auch bis zur Inschubhaftnahme am 19.12.2012 aufhielt - ich habe mich niemals ungerechtfertig von der Erstaufnahmestelle entfernt und bin zu allen Ladungen und Untersuchungen erschienen, weshalb ich keinerlei Verhalten gesetzt habe, das darauf hinweisen würde, dass ich untertauchen würde.

Auch hat die Behörde meine Minderjährigkeit bei der Schubhaftverhängung und Anhaltung in der Schubhaft überhaupt nicht berücksichtigt! 1

 

Ich habe nicht übet meine Volljährigkeit zu täuschen versucht, sondern, im Gegenteil, von Anfang an gesagt, dass ich 17 Jahre alt bin und habe den Asylbehörden auch eine Geburtsurkunde mit Lichtbild vorgelegt.

 

Die Behörde begründet weiters die Schubhaftverhängung damit, dass mit einer zeitnahen Abschiebung zu rechnen sei, zumal sich durch die verkürzte Rechtsmittelfrist gegen zurückweisende Entscheidungen der Asylbehörden das Asylverfahren des BF im finalen Stadium befinden würde und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen ist.

 

Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebots und wegen der Formulierung des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG („um zu sichern"^ kann auch die Ausweisungsabsicht zur Rechtfertigung eines Freiheitsentzuges nur dann hinreichen, wenn die Verhängung der bzw. Anhaltung in Schubhaft tatsächlich notwendig ist, um die Außerlandesschaffung zu sichern.

 

Die Behörde spekuliert weiters über „Asylantragstourismus" und darüber, dass ich nur in einen wirtschaftlich interessanten Mitgliedsstaat reisen wollte, wirft mir vor, ich würde untertauchen und kriminell werden, dem österreichischen Staat zur Last fallen, und unterstellt mir letztendlich sogar, ich würde dann versuchen, meinen Unterhalt durch Begehung strafbarer Handlungen sichern. Die Behörde unterstellt mir dies vollkommen willkürlich, ohne dass es dafür auch nur irgendwelche Anhaltspunkte gibt, insbesondere bin ich auch niemals strafrechtlich in Erscheinung getreten !! Vielmehr ist aus dieser Formulierung herauszulesen, dass die Behörde keine sachliche, sondern willkürliche und voreingenommene Entscheidung getroffen hat El

 

Das erforderliche Sicherungsbedürfnis, welches die Anordnung von Schubhaft rechtfertigen könnte, liegt bei mir nicht vor.

 

Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft sind daher rechtswidrig.

 

2. Nichtanwendung des gelinderen Mittels

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18.05.2001, ZI, 2001/02/0048 ausgesprochen und in ständiger Judikatur bekräftig hat, hat die schubhaftverhängende Behörde die Anwendung des gelinderen Mittels zu prüfen.

 

Nunmehr wurde auch die Rechtslage an die Entscheidungspraxis des VwGH angepasst. Das gelindere Mittel hat nach der neuen Regelung des § 77 Abs 1 FPG an die Stelle der Schubhaft zu treten, wenn die Gründe des § 76 vorliegen.

 

Gemäß § 77 Abs 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in 5 76 FPG genannten Gründe, gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Da ich minderjährig bin, wäre auf mich jedenfalls das gelindere Mittel anzuwenden gewesen!!!

 

Mangels ausreichender Auseinandersetzung mit meiner tatsächlichen Situation hat die Erstbehörde auch nicht hinreichend begründet, weswegen in meinem Fall der nach Ansicht der Erstbehörde gegebene Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels nicht erreicht werden könnte.

 

Die Schubhaft ist daher rechtswidrig.

 

3. Verstoß gegen die RL 2008/115/EG

Die Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger („Rückführungsrichtlinie") sieht bestimmte Rechtsschutzgarantien in Zusammenhang mit der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vor. Die Richtlinie war von den Mitgliedstaaten spätestens bis zum 24.12.2010 umzusetzen. Art 15 der Rückführungsrichtlinie regelt die Inhaftnahme für die Zwecke der Abschiebung. Dort ist vorgesehen, dass die Rechtmäßigkeit der Inhaftnahme gerichtlich zu überprüfen ist (vgl. Abs 2 lit. b).

 

Da die Umsetzungsfrist für die Richtlinie bereits abgelaufen ist, sind die den Einzelnen betreffenden begünstigenden Richtlinienbestimmungen unmittelbar anwendbar und verdrängen ihnen widersprechende nationale Bestimmungen.

 

Die Anwendbarkeit der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ist Im vorliegenden Fall zweifellos gegeben, da es sich auch bei asylrechtlichen Ausweisungen um Rückkehrentscheidungen im Sinne der Richtlinie handelt; Rückkehrentscheidung ist gemäß Art 3 Abs 4 der Richtlinie Jede behördliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.

 

Dass auch im Anwendungsbereich des Art 15 der Richtlinie die Entscheidung durch ein Tribunal erforderlich ist, bestätigt die einschlägige Literatur.

„The term Judiclal authority' is to be interpreted in conformity with the case-iaw of the ECtHR, i.e. it does not necessarily have to be a judge or a court as long as the relevant body has similar features - independence, impartiality - and guarantees an adversary procedure" (Schlaffer, CHAPTER V. TERMINATION OF RESIDENCE, Directive 200S/115/EC of the European Parliament and of the Council of 16 December 200S on common Standards and procedures in Member States for returning iilegally staying third-country nationals, in: Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law - Commentary on EU Regulations and Directives [2010], 1543, Rz 7)

 

Wenn die Haft durch eine „administrative authority" angeordnet wurde, haben die Mitgliedstaaten sicher zu steilen, dass die Anhaltung einer raschen richterlichen Überprüfung („speedy judicial review by a court") unterzogen wird, (vgl Schlaffer, aaO 1543, Rz 8). Dies ist im österreichischen Gesetz nicht vorgesehen, da eine amtswegige Überprüfung nur durch die Verwaltungsbehörde selbst und eine Überprüfung durch ein unabhängiges Tribunal überhaupt erst nach vier Monaten vorgesehen ist.

 

Der angefochtene Bescheid verstößt daher gegen das Unionsrecht.

 

4. Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie

Die Richtlinie vom Februar 1999 über anwendbare Kriterien und Standards betreffend die Haft von Asylsuchenden von UNHCR legt folgende Kriterien fest;

„Es sollte die (rechtliche) Vermutung gegen eine Inhaftierung sprechen. Sofern andere Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Haft zur Verfügung stehen (etwa Meldepflicht oder Bürgen [siehe Richtlinie 4]), sollten diese zuerst Anwendung finden, es sei denn, es gibt Anhaltspunkte für die Vermutung, dass eine solche Alternative im betreffenden Fall nicht wirksam wäre. Zur Haft sollte es daher erst kommen, wenn alle möglichen Alternativen ausgeschöpft wurden oder wenn sich gezeigt hat, dass Überwachungsmaßnahmen nicht den gesetzmäßigen, legitimen Zweck erreicht haben. Bei der Beurteilung, ob die Inhaftierung eines Asylsuchenden notwendig ist, sollte geprüft werden, ob die Haft angemessen ist und ob sie verhältnismäßig ist gegenüber dem angestrebten Ziel" [...] „Angesichts der negativen Auswirkungen der Haft auf die psychische Verfassung der Inhaftierten sollte aktiv nach Alternativen zur Haft gesucht werden, bevor gegen Asylsuchende folgender besonders schutzbedürftiger Personenkategorien ein Haftbefehl erlassen wird: Unbegleitete ältere Personen, Opfer von Folter oder Trauma, Personen mit geistiger oder körperlicher Behinderung."

 

Auch aus diesem Grund sind die Anordnung der Schubhaft, die Festnahme und die Aufrechterhaltung der Schubhaft inhaltlich rechtswidrig.

 

5. Widerspruch zur Verordnung (EG) Nr. 1560/2003

Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist lautet:

 

„KAPITEL III

DURCHFÜHRUNG DER ÜBERSTELLUNG Artikel 7

Modalitäten der Überstellung

(1) Die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat kann auf eine der folgenden Weisen erfolgen:

a)       auf Initiative des Asylbewerbers innerhalb einer vorgegebenen Frist;

b)       in Form der kontrollierten Ausreise, wobei der Asylbewerber bis zum Besteigen des Beförderungsmittels von einem Bediensteten des ersuchenden Staates begleitet wird und dem zuständigen Staat Ort, Datum und Urzeit seiner Ankunft bis zu einer vereinbarten Frist vor der Ankunft mitgeteilt wurden;

c)       in Begleitung, wobei der Asylbewerber von einem Bediensteten des ersuchenden Staates oder einem Vertreter einer von dem ersuchenden Staat zu diesem Zweck beauftragten Einrichtung eskortiert und den Behörden des zuständigen Staats überstellt wird."

 

 

Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass es eine Rangordnung der Überstellungsmodalitäten gibt bzw. dass eine freiwillige Ausreise des Asylwerbers in den zuständigen Mitgliedsstaat prioritär ist. Auch die österreichische Rechtsordnung geht von der grundsätzlichen Annahme aus, dass Gesetze zwar mit Zwangsandrohung, aber zunächst ohne Zwangsausübung eingehalten werden. Zunächst ist davon auszugehen, dass ein Gesetz bzw. eine gesetzlich ergangene Entscheidung von den Rechtsunterworfenen grundsätzlich respektiert und eingehalten wird. Erst, wenn sich herausstellt, dass dies nicht der Fall ist, kann zu Zwangsmaßnahmen gegriffen werden. Eine automatische Schubhaftverhängung, d.h. die grundsätzliche Annahme ein Gesetz würde von den Rechtsunterworfenen generell nicht befolgt werden - wie sie derzeit in der Praxis stattfindet - findet keine Deckung in der Österreichischen Verfassung.

 

Nach Abschluss des Verfahrens über die (Un-)Zuständigkeit Österreichs ist zunächst dem Asylwerber die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben. Erst wenn sich herausstellt, dass dies nicht der Fall ist, kann zu Zwangsmaßnahmen gegriffen werden, Eine automatische Schubhaftverhängung, d.h. die grundsätzliche Annahme ein Gesetz würde von den Rechtsunterworfenen generell nicht befolgt werden - wie sie derzeit in der Praxis stattfindet - findet keine Deckung in der österreichischen Verfassung.

 

 

Nach Abschluss des Verfahrens über die (Un-)Zuständigkeit Österreichs ist zunächst dem Asylwerber die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben, Erst wenn sich herausstellt, dass der Asylwerber nicht freiwillig ausreist bzw. zu verstehen gibt, dass er dies nicht tun wird, ist eine Haftverhängung zulässig.

 

Die Schubhaftverhängung über mich ohne Einhaltung dieser Abfolge steht daher sowohl in Widerspruch zur oben genannten Verordnung, als auch zur österreichischen Verfassung und ist daher inhaltlich rechtswidrig."

 

2.1. Die belangte Behörde übermittelte dem Oö. Verwaltungssenat den bezughabenden Verwaltungsakt samt Gegenschrift mit Schreiben vom
1. Jänner 2013 zur weiteren Entscheidung.

 

In der Gegenschrift führt die belangte Behörde nachfolgend aus:

"Im Besonderen wird auf die ha. Aktenunterlagen und den bereits im Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.12.2012 ausgeführten Sachverhalt hingewiesen.

 

Im Weiteren darf auch ein aktueller Auszug aus dem AIS beigefügt werden.

Wie aus dem AIS, dem Schubhaftbescheid und nunmehr auch aus der vorliegenden Beschwerde unbestreitbar hervorgeht, befindet sich das Dublinverfahren des Fremden im finalen Stadium, unmittelbar vor der durch den Beschwerdeführer absolut nicht gewünschten Überstellung nach Italien.

 

Darüber hinaus wird hervorgehoben, dass im vorliegenden Fall ein konkreter Sicherungsbedarf vorliegt und ohne einer freiheitsentziehenden Sicherheitsmaßnahme berechtigt und klar im angefochtenem Schubhaftbescheid begründet, nicht davon ausgegangen werden kann, das vorliegende Ausweisungsverfahren zu beenden und eine Vollstreckung mit der Abschiebung nach Ungarn vollziehen zu können.

 

Im vorliegenden Fall konnte in der Gesamtschau des Sachverhaltes:

•        mehrfache illegale Grenzübertritte und Durchreisen mehrerer Mitgliedstaaten der EU

(Reiseroute laut eigenen Angaben: Afghanistan – Iran – Türkei – Italien – Österreich)

•        Eurodac-Treffer vom Mitgliedstaat Italien vom 20.09.2012

•        offensichtliches Entfernen in Italien, Abtauchen in die Anonymität und illegale Weiterreise in weitere Mitgliedstaaten

•        Identität in Österreich durch Unterdrückung von Unterlagen und Urkunden nicht gesichert

•        bewusstes Vernichten und Unterdrücken von Unterlagen und Papieren, die zur Reiseroute und Identität Hinweise geben – siehe ausgefolgte Unterlagen (Bescheide, Einvernahmen, Verfahren,...) in Italien (alle Unterlagen von Italien wurden durch den Fremden bewusst entweder zurückgelassen, vernichtet oder werden in Österreich versteckt gehalten)

•        Falschangaben bzw. Verschleierung von Angaben (zB erkennungsdienstliche Behandlung in Italien) in der Erstbefragung trotz eingänglicher Belehrung

•        keine Vorlage von Dokumenten - keine gesicherte Identität

 

nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer sein Verhalten geändert hätte und eine Tendenz dahingehend nunmehr zeigen würde, die Einhaltung der Rechtsordnung und Rechtsbestimmung zu akzeptieren. Es war nicht zu erkennen und daher auch nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr die Rechtsordnung befolgen und sich zur Verfügung der Behörde halten werde. Folglich konnte mit vorliegenden Sachverhalt kein Anhaltspunkt erkannt werden, der für den Fremden spreche und eine Sicherung des Ausweisungsverfahrens und eine Sicherung der Abschiebung nach Italien abseits der Schubhaft mit einem gelinderen Mittel zulassen würde.

 

Es befindet sich nicht nur das Außerlandesbringungsverfahren im absolut letzten Stadium, sondern zeigt auch die Handlungsweise des Beschwerdeführers erneut auf, dass er alles daran setzen werde, um dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme, seiner Außerlandesbringung aus Österreich, zu entgehen.

 

Der Fremde befindet sich seit 19.12.2012 in Schubhaft zur Verfügung der BH Vöcklabruck im PAZ X. Folgend der Begründung der Beschwerde – die Schubhaft wird als nicht rechtmäßig angesehen – wäre die logische Schlussfolgerung, dass solche unmittelbar nach der Verhängung der Schubhaft eingebracht wird, um eine unrechte Maßnahme einer Behörde ehest richtig zu stellen. Im vorliegenden Fall wird jedoch die Beschwerde unmittelbar bei drohender Abschiebung eingebracht, wessen Vorgehen unübersehbar daher ein anderes Ziel verfolgt. Nämlich die Entlassung aus der Schubhaft, um dem Zugriff der Behörden zu entkommen und dadurch der drohenden Abschiebung nach Italien zu entgehen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, EAST West vom 18.12.2012 wurde der Fremde durchsetzbar nach Italien ausgewiesen und sein Asylbegehren nach der Dublin-VO gem. § 5 AsylG 2005 nach Italien zurückgewiesen. Am 28.12.2012 brachte der Genannte Beschwerde beim Asylgerichtshof ein.

 

Es ist daher beabsichtigt, den Beschwerdeführer – nach Ablauf der Wochenfrist – ca. in der KW 3 nach Italien abzuschieben. Dass der Beschwerdeführer nicht nach Italien zurückkehren will, ist nicht nur auf Grund seiner Handlungsweise, sondern auch auf Grund seiner letztlich nunmehr eingebrachten Schubhaftbeschwerde außer Zweifel. Um letztlich die in Kürze bevorstehende Überstellung in den für den Beschwerdeführer zuständigen Mitgliedstaat Italien auch vollziehen zu können, wird dringend die kostenpflichtige Abweisung vorliegender Beschwerde beantragt."

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt und in den entscheidungswesentlichen Punkten auch unbestritten ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen vom Bf nicht substantiell widersprochenen - unter den Punkten 1.1., 1.2. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

Zudem ergibt sich, dass der Bf zum Beweis seiner Identität (insbesondere seines Lebensalters) die Kopie einer Geburtsurkunde beigebracht hat.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1.  Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 112/2011, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren

Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Gemäß § 82 Abs. 1 des FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde seit dem 19. Dezember 2012 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.2.1 Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1.       gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5        AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2.       eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der      Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3.       der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG mehr als einmal verletzt hat;

4.       der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 4 vorletzter Satz AsylG nicht nachgekommen ist, oder

5.       der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde,

6.       sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegen stehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1.      in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2.      sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden      oder

3.      eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.3.1. Zuvorderst ist festzuhalten, dass der Bf zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Verhängung der Schubhaft nicht in Haft befindlich war. Insofern hat die belangte Behörde rechtsrichtig einen Mandatsbescheid gem. § 57 AVG erlassen.

 

3.3.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst völlig unbestritten, dass der Bf zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft mittels Bescheid der belangten Behörde ein anhängiges Asylverfahren vorweisen konnte. Überdies ist ebenso unstrittig, dass der Bf in diesem Asylverfahren seit dem Beginn der Verhängung der Schubhaft mit 19. Dezember 2012 eine durchsetzbare Ausweisung (vgl. §§ 10 iVm 36 Abs. 1 und 4 AsylG 2005) samt einer Zurückweisung seines Asylbegehrens gem. § 5 AsylG 2005 gegen sich gelten lassen muss. Eine aufschiebende Wirkung wurde vom Asylgerichtshof bis dato nicht zuerkannt. Von einer Durchführbarkeit iSd § 36 Abs. 4 AsylG 2005 ist in naher Zukunft auszugehen (siehe dazu DGA der AI vom 3. Jänner 2013).

 

Es kommt somit vom Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft bis dato § 76 Abs. 2a Z 1 FPG zur Anwendung. Daher gilt es anhand dieses Maßstabes weiter zu prüfen.

 

3.3.3. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2 FPG, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg. cit., der mit der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 introduziert wurde, grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten 6 Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z. 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z. 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet, aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des
§ 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Ein Vergleich mit den Materialien zeigt zudem, dass durch diese Norm das Institut des gelinderen Mittels nach § 77 FPG unberührt bleibt und somit in die Erörterung mit einzubeziehen ist.

 

3.4.1. Zur Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Schubhaft ist in dieser Hinsicht darzulegen, dass entgegen den Ausführungen des Bf in der Beschwerde die belangte Behörde das Sicherungsbedürfnis nicht alleine mit der Ausreiseunwilligkeit bzw. der Mittellosigkeit begründet. Vielmehr wird aus ersterer nur zusätzlich zum Vorliegen des im Anwendungsbereich des Abs. 2a gelegenen Sachverhaltes, die Indizwirkung für den Sicherungsbedarf abgeleitet und in weiterer Folge mit der konkreten Verhaltensweise bzw. Historie des Bf weiter begründet.

 

3.4.2. In der Person des Bf konkret ist zu erkennen: Der Bf hat seinen eigenen Angaben nach beginnend vor ca. 2 Monaten im Jahr 2012 seine Reisebewegungen gestartet. Von Afghanistan aus ist der Bf selbstorganisiert und illegal in den Iran eingereist, daraufhin weiter in die Türkei und wiederum weiter nach Italien. In Italien wurde der Bf erkennungsdienstlich behandelt (EURODAC IT2RC00MEF) und reiste sodann aber ohne Stellung eines Asylantrages weiter nach Österreich. In Österreich wurde der Bf im Zug ohne Fahrschein aufgegriffen und der PI X übergeben. Im Zuge der Vernehmung brachte der Bf am 21. Oktober 2012 einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes ein. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 28. November 2012 vor der EAST-West gab der Bf zudem an, auf keinem Fall nach Italien zurückkehren zu wollen, da in diesem Land alle Afghanen unter der Brücke oder in Parks übernachten müssen. Als sein Zielland gab der Bf wiederum Österreich an. Aus all diesen unstrittigen Feststellungen lässt sich ableiten, dass der Bf ein hohes Maß an Selbstorganisation betreffend seiner Reisebewegungen aufweist und losgelöst von asyl- bzw. fremdenrechtlichen Hürden die für ihn am günstigsten scheinende Reiseroute bzw. das für ihn am günstigsten scheinende Reiseziel mit Erfolg umsetzt. Hinzutritt, dass der Bf deutlich zum Erkennen gibt, dass Italien keine Reiseoption für ihn darstellt. Dies zeigt sich schon durch das illegale Verlassen des Landes ohne Asylantragstellung und trotz erkennungsdienstlicher Behandlung. Gepaart mit der zeitlichen Abfolge der asyl- und fremdenrechtlichen Entscheidungen (Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG 2005 am 30. Dezember 2012; Zustellung Bescheid des Bescheides des BAA am 19. Dezember 2012) und dessen Wahrnehmung durch den Bf wird, zumal den Bf diese Abschiebung an das vehement verweigerte Reiseziel bringt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein, dass sich der Bf der Abschiebung entziehen wird. Selbst das vom Bf ins Treffen geführte Alter kann – so es verifiziert werden kann – nicht zum gegenteiligen Schluss führen, da der Bf seine bisherige Reise selbst organisiert und umgesetzt hat.

 

Bestätigung findet dieses Ergebnis darin, als der Bf betreffend die Feststellung seiner Identität und seines Alters eine Kopie einer afghanischen Geburtsurkunde beigebracht hat. Diese Kopie wurde wiederum im Rahmen des Verfahrens vor dem BAA übersetzt und ergab, dass als Ausstellungsdatum dieser Urkunde der 24. November 2012 ersichtlich wird und die Altersfeststellung zu diesem Zeitpunkt aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes des Bf vom Bürgermeister von Kasham erfolgte. Nachdem der Bf aber nach seinen eigenen Angabe ca. 2 Monate vor der Einreise nach Österreich, d.h. beginnend mit ca. dem Mitte September 2012, kann eine derartige Feststellung in dieser Form nicht erfolgt sein. Insofern zeigt sich auch hierdurch, dass der Bf gewillt ist, sämtliche Mittel auszuschöpfen, um sein Wunschreiseziel zu erreichen und auch nicht mehr zu verlassen.

 

Hinzutritt, dass der Bf zwar seinen Reiseweg nicht verschleiert hat, aber die Qualität seiner Behandlung im Mitgliedsstaat Italien im Dunkeln lassen wollte. So antwortete der Bf auf die Frage: "Wurden Sie in einem anderen Land von den dortigen Behörden angehalten und/oder untergebracht", mit nein, obschon er in Italien von den Behörden sowohl erkennungsdienstlich behandelt, als auch mehrere Tage angehalten wurde. Erst nach Vorhalt hat sich der Bf dazu bekannt.

 

Abgerundet wird dieses Bild, wenn man erkennt, dass der Bf nicht nur sein Lebensalter, sondern auch sonstige Bestandteile seiner Identität verschleiert. So finden sich in der AI ein weiterer Vorname und ein weiterer Nachname. Selbst in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde berichtigt der Bf diese Mehrfachnennung nicht. Vielmehr bringt er die Beschwerde selbst mit Alias-Identitäten ein. Selbst in der Italienischen Zustimmungsnote im Rahmen des Dublinverfahrens wird der Bf unter den Identitäten: X und X mit jeweils unterschiedlichen Geburtsdaten geführt.

 

All diese Umstände und Schlussfolgerungen verdichten sich, wenn erkannt wird, dass das Verfahren zur Abschiebung des Bf sich in einem fortgeschrittenen Stadium befindet. Eine Zustimmung Italiens zur Rückübernahme liegt bereits vor (21. November 2012) und es kann insofern zeitnahe mit dem Abschiebevorgang gerechnet werden, zumal auch die aufschiebende Wirkung bis dato nicht zuerkannt wurde und die Durchführbarkeit ehestbald gegeben ist.

 

3.4.3. Der belangten Behörde folgend ist somit im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente samt der bisherigen Verhaltensmuster des Bf - von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf in dieser Situation – auf freiem Fuß belassen – umgehend dem Zugriff der Behörde entziehen wird, da ansonsten sein Wunschreiseziel nicht erreicht wird.

 

3.5. Mit der Begründung des Sicherungsbedarfes unter 3.4.2. und 3.4.3. scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, ebenso nicht die Unterkunftnahme in einer behördlich bestimmten Räumlichkeit. Auch die vom Bf vorgebrachte mündige Minderjährigkeit vermag – selbst wenn sie als gegeben angenommen wird – an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Es ist an dieser Stelle zu erkennen, dass der Bf sämtliche seiner Reisebewegungen eigenständig durchgeführt hat und er diese Entscheidungen auch jeweils selbst getroffen hat. Jedes Transportmittel und jede weitere Handlung wurde alleine durch den Bf organisiert und gesetzt. Die – vorgebrachte – Minderjährigkeit schlägt sich somit nicht entscheidungsrelevant im Lichte des gelinderen Mittels nieder. Zudem findet § 76 Abs. 1 2. Satz FPG keine Anwendung (Vorbringen: 17 Jahre).

 

3.6. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf über keine familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt. Solches wird auch von ihm selbst nicht behauptet und ist im Akt auch sonst nicht indiziert.

 

3.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.      zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.      vier Monate  nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein         Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.7.2. Der Bf wird seit dem 19. Dezember 2012 in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch beträchtliche Zeit andauern werde, zumal die für eine Außerlandesbringung des Bf getroffenen Maßnahmen durch die belangte Behörde konsequent verfolgt werden und eine Finalisierung zu erwarten ist. Die Zustimmung von Italien im Rahmen des Dublinverfahrens liegt bereits vor.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Abschiebung, ist somit zum Entscheidungszeitpunkt als absolut zeitnah erreichbar für die gesamte Zeit der Anhaltung anzusehen, da keine gegenteiligen Umstände bekannt sind.

 

3.8. Es sind zudem keinerlei weitere Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

3.9.1. Zunächst zum behaupteten Widerspruch zur Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (Abl L 348/98 ff):

Richtig ist, dass nach dem die Haft für Zwecke der Abschiebung behandelnden Art. 15 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie im Fall der Inhaftnahme durch eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich eine gerichtliche Überprüfung vorgesehen wird. Dabei ist aber entgegen der Beschwerdedarstellung nicht bloß auf die amtswegige Überprüfung der Schubhaft nach vier Monaten abzustellen. Die RL überlässt es vielmehr dem Mitgliedstaat, die Rechtmäßigkeit entweder nach Haftbeginn innerhalb kurzer Frist gerichtlich überprüfen zu lassen (Abs. 2 lit. a) oder dem Drittstaatsangehörigen das Recht einzuräumen, einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der Haft innerhalb kurzer Frist zu stellen, worüber er auch zu belehren ist (Abs. 2 lit. b).

 

Die Regelung der §§ 82 f FPG mit dem Recht, die Prüfung der Schubhaft durch den unabhängigen Verwaltungssenat jederzeit zu beantragen, und die Entscheidungspflicht binnen einer Woche bei aufrechter Anhaltung entspricht daher den Vorgaben der Richtlinie. Eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung hat der Schubhaftbescheid in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten (vgl § 76 Abs. 3 FPG). Die behauptete Verletzung der Rückführungsrichtlinie ist demnach unzutreffend.

 

3.9.2. Was schließlich den behaupteten Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie und den Verstoß gegen die VO EG Nr. 1560/3003 betrifft, ist auf die bereits dargelegten Ausführungen zur Prüfung der Möglichkeit der Verhängung eines gelinderen Mittels weiter oben zu verweisen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabe- und Beilagegebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Markus Brandstetter

 

 

Beachte:

 

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VwGH vom 20. Dezember 2013, Zl.: 2013/21/0032-5

 

 

 

 

 

 

 

 

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