Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101387/5/Fra/Ka

Linz, 06.12.1993

VwSen - 101387/5/Fra/Ka Linz, am 6. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Dr. R H, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. Juni 1993, AZ.Pst.1334-P/92/Ka, betreffend Übertretungen des KFG 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 3 sowie 51 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Wien hat mit Straferkenntnis vom 16. Juni 1993, AZ.Pst.1334-P/92 Ka, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967, eine Geldstrafe in Höhe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und nach 2.) next§ 102 Abs.10 2. Fall KFG 1967 ebenfalls eine Geldstrafe in Höhe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er am 11. Februar 1992 gegen 17.30 Uhr auf der A1, Westautobahn, in H, Gemeindegebiet A, in Richtung W, als Lenker des PKW , 1.) den Zulassungsschein für das Kraftfahrzeug nicht mitgeführt und einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes über Verlangen zur Überprüfung ausgehändigt hat und 2.) keine geeignete Warnvorrichtung (Pannendreieck) mitgeführt hat.

Ferner wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

I.2. Gegen das unter Ziffer 1 angeführte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Wien eingebrachte Berufung. Da nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz in Oberösterreich die Übertretungen begangen wurden, leitete der unabhängige Verwaltungssenat Wien die Berufung an den örtlich zuständigen Verwaltungssenat für das Bundesland Oberösterreich weiter. Dieser entscheidet, weil jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1 (§ 102 Abs.5 lit.b KFG 1967):

Um den Erfordernissen des § 44a VStG zu entsprechen, muß der Spruch eines Strafbescheides dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß kein Zweifel bestehen kann, wofür er bestraft worden ist. Der Spruch muß weiters geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl.VwGH, verst Sen, 13.6.1984, Slg. 11.466A). Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird unter Punkt 1 dem Beschuldigten zur Last gelegt, "den Zulassungsschein für das Kraftfahrzeug nicht mitgeführt und einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes über Verlangen zur Überprüfung ausgehändigt", zu haben. Damit werden jedoch dem Beschuldigten zwei verschiedene Straftatbestände zur Last gelegt (vgl. VwGH vom 19.12.1985, 85/02/0272), jedoch nur eine Strafe verhängt. Diese Umschreibung entspricht nicht den oben angeführten Erfordernissen des § 44a VStG bezüglich der Umschreibung des Schuldspruches und verstößt auch gegen das im § 22 VStG normierte Kumulationsprinzip.

Zusammenfassend ist daher festzustellen: Aus der vorliegenden Spruchfassung kann nicht zweifelsfrei entnommen werden, wofür nun der Täter jeweils bestraft wurde. Da auch in der während der Verfolgungsverjährungsfrist erlassenen Strafverfügung vom 15.6.1992 dieselbe Umschreibung getroffen wurde - diese somit als taugliche Verfolgungshandlung ausscheidet - ist vom Eintritt der Verfolgungsverjährung auszugehen, weshalb von der weiteren Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und spruchgemäß zu entscheiden war.

Dem unabhängigen Verwaltungssenat erscheint es im übrigen nicht zulässig, einen diesbezüglich mangelhaften Spruch dahingehend zu ändern, dem Beschuldigten im Sinne des § 22 VStG erstmals zwei Übertretungen "(Nichtmitführen und Nichtaushändigen)" zur Last zu legen, denn diese Vorgangsweise käme quasi einer erstinstanzlichen Bestrafung gleich, (es müssen auch die Strafen neu bemessen werden) wodurch der Beschuldigte in seinen praktischen Auswirkungen der ordentlichen Rechtsmittelinstanz verlustig gehen würde.

Zum Faktum 2 (§ 102 Abs.10 2. Fall KFG 1967:

Unter Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, keine geeignete Warnvorrichtung (Pannendreieck) mitgeführt zu haben. Diese Annahme findet jedoch in der Aktenlage keine zwingende Deckung. Der Anzeige ist lediglich zu entnehmen, daß der Beschuldigte kein Pannendreieck vorwies (vorweisen wollte oder konnte). Bezüglich des Umstandes, ob der Beschuldigte tatsächlich kein Pannendreieck mitgeführt hat, liegt kein schlüssiger Beweis vor. Da während der Verfolgungsverjährungsfrist auch diesbezüglich keine ausreichende taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde (auch die Strafverfügung vom 15. Juni 1992 spricht vom Nichtmitführen des Pannendreieckes) ist auch diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Zusätzlich sei erwähnt, daß § 102 Abs.10 KFG 1967 nur das Mitführen einer geeigneten Warneinrichtung normiert. Nach § 102 Abs.11 KFG 1967 hat der Lenker auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen unter bestimmten Voraussetzungen Ausrichtungs- und Ausstattungsgegenstände etc des von ihm gelenkten Fahrzeuges zugänglich zu machen. Das Verhalten des Berufungswerbers hätte daher allenfalls unter § 102 Abs.11 KFG 1967 subsumiert werden können.

Die Berufung hatte daher aus den angeführten von Amts wegen wahrzunehmenden rechtlichen und tatsächlichen Gründen Erfolg, ohne daß noch auf die vom Berufungswerber vorgebrachten Argumente, welche im übrigen im Hinblick auf das Vorliegen allfälliger Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe nicht zu überzeugen vermögen, einzugehen war.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Fragner

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