Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310503/2/Kü/Ba

Linz, 24.01.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufungen 1. von Herrn K H, 2. der U U & W-R GmbH & Co KG und 3. der U U & W-R Gesellschaft m.b.H., alle vertreten durch N H Rechtsanwälte GmbH, W, W, vom 19. April 2012 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 16. März 2012, BZ-Pol-11139-2011, betreffend Zurückweisung des Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 26. Jänner 2012 wegen verspäteter Einbringung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung von 1. wird abgewiesen und der angefochtene Zurück­weisungsbescheid bestätigt. Die Berufungen von 2. und 3. werden zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit "Ermahnung (Strafverfügung) vom 26.1.2012, BZ-Pol-11139-2011", hat die belangte Behörde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) als den im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma U U- und W-R Ges.m.b.H. & Co KG, I, W, angelastet, dass diese Firma im Zeitraum von Anfang Juni 2011 bis Ende August 2011 insgesamt 14 Be­gleitscheine an das Register gemäß § 22 Abs.1 Z 2 AWG übermittelt hat, bei denen die gesetzlich festgelegte Übermittlungsfrist von sechs Wochen über­schritten wurde. Als verletzte Rechtsvorschrift nennt die Strafverfügung § 79 Abs.2 Z 1 iVm § 18 Abs.3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 iVm § 7 Abs.2 Abfallnachweisver­ordnung 2003. Unter Hinweis auf die Rechtsgrund­lage § 21 VStG wurde von der belangten Behörde von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Bw eine Ermahnung erteilt. Die Erledigung der belangten Behörde enthält zudem den Hinweis auf § 21 VStG, wonach die Behörde bei Vorliegen einer Verwaltungs­übertretung ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen kann, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Die Behörde kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Die Rechtsmittelbelehrung enthält den Hinweis, dass der Bw das Recht hat, gegen diese Strafverfügung Einspruch zu erheben und der Einspruch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung schriftlich oder mündlich bei der bescheiderlassenden Behörde einzubringen ist. Weiters wird in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen, dass durch den Einspruch die Strafverfügung außer Kraft tritt und die Behörde das ordentliche Verfahren einleitet.

 

1.2. Der im Akt einliegende RSa-Rückschein zeigt, dass dem Bw diese Entscheidung der Behörde nach einem Zustellversuch am 27.1.2012 und der an der Abgabestelle I, W, zurückgelassenen Verständi­gung durch die Hinterlegung beim Postpartner W zugestellt wurde, wobei vom Zusteller als Beginn der Abholfrist der 30.1.2012 vermerkt wurde.

 

1.3. Gegen die unter Punkt 1.1. genannte Entscheidung der belangten Behörde richtet sich der von der Rechtsvertretung des Bw am 14.2.2012 zur Post gegebene Schriftsatz, welcher im Punkt II. als Berufung und im Teil III. als Einspruch bezeichnet wird. Begründend wurde zum Vorbringen hinsichtlich der Berufung festgehalten, dass der Ausspruch einer Ermahnung mittels Strafver­fügung nicht zulässig sei, wobei diesbezüglich auf Literaturstellen verwiesen wurde. Der Bw vertritt die Ansicht, dass es somit eindeutig rechtswidrig sei, eine Ermahnung gemäß § 21 VStG im abgekürzten Verfahren mit einer Strafverfügung zu erlassen. Möchte die Behörde gemäß § 21 VStG vorgehen und eine Ermahnung aussprechen, so hätte sie dies in Bescheidform zu tun. Dieser Bescheid unterliege denselben Voraussetzungen, wie die bescheidmäßige Erlassung eines Straferkenntnisses. Insbesondere müsse sie auch ein Ermitt­lungsverfahren durchführen.

 

Die Erlassung einer Strafverfügung, in der eine Ermahnung ausgesprochen würde, sei daher rechtswidrig, weshalb das als Strafverfügung bezeichnete Schriftstück ersatzlos zu beheben sei. Auch im Falle einer falschen Bezeichnung wäre dieser Bescheid zu beheben, da keinerlei Feststellungen getroffen worden seien und eine Begründung zur Gänze fehle.

 

Für den Fall, dass die Berufungsbehörde die Ansicht vertrete, dass es sich beim gegenständlichen Bescheid dennoch um eine Strafverfügung nach § 47 VStG handle, wurde vom Bw unter Punkt III. seines Schriftsatzes aus Gründen der Vorsicht eventualiter auch der Einspruch gegen die vorliegende Strafverfügung erhoben.

 

1.4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. März 2012, BZ-Pol-11139-2011, wies die belangte Behörde den Einspruch vom 14.2.2012 aufgrund der Bestimmungen des § 49 Abs.1 VStG iVm § 32 AVG als verspätet zurück. In der Begründung wies die Behörde darauf hin, dass die Ermahnung vom 26.1.2012 nach dem Zustellversuch am 27.1.2012 zur Abholung ab 30.1.2012 beim Postpartner W hinterlegt worden sei. Im vorliegenden Fall sei das Schriftstück am 30.1.2012 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt worden. Die Frist für die Einbringung eines Einspruches habe somit mit Ablauf des 13.2.2012 geendet.

 

1.5. Gegen diesen Zurückweisungsbescheid, der dem Bw nach dem akten­kundigen Zustellnachweis am 5.4.2012 zugestellt wurde, richtet sich die am 19.4.2012 zur Post gegebene und somit rechtzeitige Berufung, mit welcher die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

 

Gleichzeitig wird in dieser Berufung in eventu beantragt, der Bürgermeister der Stadt Wels möge dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Handlung (Punkt III. Berufung/Ein­spruch) gemäß § 71 AVG Folge geben.

 

Begründend wurde festgehalten, dass es richtig sei, dass das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt habe werden können, da der Bw am 27.1.2012, also am Tag des Zustellversuchs, aus beruflichen Gründen nicht anwesend gewesen sei. Er sei erst am Montag, dem 30.1.2012, an die Abgabestelle zurück­gekehrt und habe erst an diesem Tag von der erfolgten Zustellung erfahren. Am 27.1.2012 habe sich der Bw beruflich bei einer ganztätigen Besprechung in W aufgehalten. Auch wenn man davon ausgehe, dass für eine Berufung oder einen Einspruch nicht die vollen 14 Tage Rechtsmittelfrist zustehen müssten, sei in diesem Fall wohl vom Gegenteil auszugehen. Für den Bw sei nicht erkennbar gewesen, welche Rechtsqualität das von der Behörde übermittelte Schriftstück vom 1.2.2012 habe. Auch sei auf den ersten Blick nicht absehbar gewesen, welche Konsequenzen sich aus dieser als "Ermahnung (Strafverfügung)" titulierten behördlichen Erledigung für den Bw ergeben würden. Die Reaktion des Bw habe daher im Vergleich zu einer einfachen Berufung oder einem einfachen Einspruch jedenfalls einen höheren Aufwand beansprucht, da zumindest eine Einwendung und eine Berufung habe erfolgen müssen. Eine Verkürzung der Berufungsfrist – wenn auch nur um einen Tag – sei daher in diesem Fall angesichts des geschilderten Aufwandes wohl nicht zumutbar.

 

Der Bw habe demnach wegen Abwesenheit von der Abgabestelle zum Zeitpunkt der Zustellung nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen können. Das Dokument gelte deshalb nicht mit 30.1.2012 als zugestellt. Der Bw sei erst am 30.1.2012 an die Abgabestelle zurückgekehrt und habe erst an diesem Tag von der Zustellung Kenntnis erlangen können. Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz sei daher die Zustellung erst mit dem 30.1.2012 wirksam geworden. Die Berufungs- bzw. Einspruchsfrist sei demzufolge vom 31.1.2012 zu berechnen und habe somit am 14.2.2012 geendet. Ausgehend von diesen Überlegungen sei die Berufung bzw. der Einspruch rechtzeitig.

 

 

2. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat mit Vorlageschreiben vom 13.6.2012, eingelangt am 21.6.2012, die Berufung gegen den Zurück­weisungsbescheid samt dem Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat in ihrer Vorlage auf § 17 Abs.3 Satz 3 Zustellgesetz hingewiesen, wonach hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt gelten. Dies sei im gegenständlichen Fall der 30.1.2012. Nach den Bestimmungen des § 32 Abs.2 AVG habe die Frist für die Einbringung eines Einspruchs somit mit Ablauf des 13.2.2012 geendet. Der Einspruch sei jedoch erst am 14.2.2012 um 21.59 Uhr zur Post gegeben worden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verfahrensakt und die Berufung festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage, insbesondere dem Vorbringen des Bw in der Berufung hinlänglich geklärt erscheint und nur Rechtsfragen zu lösen sind.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Bei rechtzeitigem Einspruch ist gemäß § 49 Abs 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wurde der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, dann ist nach § 49 Abs 3 VStG die Strafverfügung zu vollstrecken.

 

Die Berechnung von Fristen ist in §§ 32 und 33 AVG geregelt, welche Bestimmungen gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden sind.

 

Nach § 32 Abs 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

 

Gemäß § 33 Abs 1 AVG wird der Beginn und Lauf einer Frist durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Karfreitag, so ist der nächste Werktag letzter Tag der Frist (§ 33 Abs 2 AVG).

 

Nach § 33 Abs 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

 

Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs 4 AVG weder verkürzt noch verlängert werden.

 

3.2. Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereits zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Der ordnungemäß ausgestellte Zustellnachweis (Postrückschein) iSd § 22 Zustellgesetz ist eine öffentliche Urkunde (vgl Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahrensgesetze18 [2012] Anm 2 zu § 22 ZustG), die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist nur widerlegbar, wenn das Gegenteil konkret begründet und dafür Beweise angeführt werden, welche die Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (stRspr; vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 20a zu § 17 ZustG und E 4a bis 4f zu § 22 ZustG). 

 

Der Hinterlegung nach ordnungsgemäßem Zustellversuch mit Hinterlegungs­anzeige kommt grundsätzlich die Wirkung der Zustellung zu. Wird die Sendung am selben Tag der versuchten Zustellung erstmals zur Abholung bereitgehalten, dann gilt schon dieser Tag als Tag der Zustellung (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch6 Anm 5 zu § 17 ZustG). Die Zustellung iSd § 17 Zustellgesetz ist mit der Hinterlegung in Verbindung mit der Abholbereitschaft beendet. Auf die tatsächliche Abholung kommt es nach dem Normzweck nicht mehr an (VwGH 31.08.1995, Zl. 95/19/0324).

 

Entscheidend für den Beginn der Abholfrist und damit für den Tag der Zustellung ist jener Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird (VwGH vom 16.09.2011, 2010/02/0273 mit Vorjudikatur). Bereits die Hinterlegung eines Schriftstückes – und nicht erst dessen Behebung – begründet die Wirkung der Zustellung (VwGH vom 17.07.2008, 2007/21/0227).

 

3.3. Gemäß § 49 Abs 2 VStG kann nur ein rechtzeitig erhobener Einspruch das Außerkrafttreten der Strafverfügung und die Pflicht der Strafbehörde zur Einleitung des ordentlichen Verfahrens bewirken. Im Fall eines nicht oder nicht rechtzeitig erhobenen Einspruchs ist die (rechtskräftig gewordene) Strafverfügung gemäß § 49 Abs 3 VStG zu vollstrecken.

 

Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist mit Bescheid zurückzuweisen. Dabei ist Voraussetzung für die Zurückweisung als verspätet allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung. Dieses wäre erst bei Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag von Belang (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch6, Anm 11 zu § 49 VStG).

 

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem unbedenklichen aktenkundigen Zustellnachweis (RSa-Rückschein), der vom Zusteller ausgefüllt und unterschrieben worden ist, eindeutig, dass die Hinterlegung der Strafverfügung vom 26.1.2012 nach einem ordnungsgemäßen Zustellversuch am 27.1.2012 am 30.1.2012 beim Postpartner W erfolgt ist.

 

Der Bw führt in seinem Berufungsvorbringen selbst aus, dass er am Freitag, dem 27.1.2012, berufsbedingt in W aufhältig gewesen ist und am Montag, dem 30.1.2012, wieder an die Abgabestelle zurückgekehrt ist und an diesem Tag die Möglichkeit hatte, von der Hinterlegung und somit Zustellung des Schriftstücks Kenntnis zu erlangen.

 

Eine vorübergehende Abwesenheit, welche die Anwendung des letzten Satzes des § 17 Abs.3 Zustellgesetz nach sich ziehen würde, liegt nur dann vor, wenn der Empfänger dadurch gehindert ist, Zustellvorgänge im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie z.B. im Fall einer Reise, eines Urlaubs oder eines Krankenhausaufenthalts. Die berufliche Abwesenheit von der Wohnung während des Tages ist keine vorübergehende Abwesenheit (vgl. VwGH 16.2.1994, 93/03/0128, vom 20.6.1994, 94/10/0022).

 

Ob jemand vom Zustellvorgang rechtzeitig Kenntnis erlangt hat, kann nur nach den Verhältnissen des Einzelfalls beurteilt werden. Wird durch die Zustellung der Beginn einer Rechtsmittelfrist ausgelöst, so erlangt der Empfänger noch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis, wenn ihm ein für die Einbringung des Rechtsmittels angemessener Zeitraum verbleibt (VwGH 2.6.1999, 98/04/0111, 19.4.2001, 99/06/0049). Im Fall der Behebung der Sendung drei Tage nach der erfolgten Hinterlegung liegt kein Fall vor, wonach wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt werden konnte (VwGH 27.9.1999, 99/17/0303, 19.4.2001, 99/06/0049). Wird durch die Hinterlegung der Strafverfügung der Beginn einer Rechtsmittelfrist ausgelöst, so erlangt der Empfänger noch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis, wenn ihm ein für die Erhebung eines Einspruchs angemessener Zeitraum (vier von zehn Tagen) verbleibt (VwGH 24.2.2000, 2000/02/0027).

 

Fest steht, dass der Bw am Tag der Hinterlegung - nach seiner beruflich bedingten Abwesenheit am 27.1.2012 - an die Abgabestelle zurückgekehrt ist und somit an diesem Tag vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt hat. Gleichzeitig bedeutet dies, dass der Bw auch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt hat, zumal ihm die gesamte Frist zur Einbringung des Rechtsmittels zur Verfügung gestanden ist. Die berufsbedingte Abwesenheit von der Abgabestelle am 27.1.2012 führt nicht zur Annahme, dass der Zustellvorgang unwirksam gewesen wäre, vielmehr ist die regelmäßige Anwesenheit des Bw an der Abgabestelle aufgrund der konkreten Sachlage anzunehmen. Bei den gegebenen Verhältnissen ist dem Bw zudem ausreichend Zeit (gesamte Frist von 14 Tagen) zur Verfügung gestanden, die Sendung abzuholen und das Rechtsmittel einzubringen. Insofern steht fest, dass mit der Hinterlegung der Sendung am 30.1.2012 die Zustellung erfolgt ist und mit diesem Tag die Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen hat. Da das Rechtsmittel nachweislich erst am 14.2.2012 zur Post gegeben wurde, hat der Bw die Rechtsmittelfrist versäumt und ist der Einspruch gegen die Strafverfügung bei der belangten Behörde als verspätet eingebracht zu werten. Aus diesen Gründen ist daher der wegen Verspätung erlassene Zurück­weisungsbescheid der belangten Behörde zu Recht ergangen.

 

Dem Bw ist zwar beizupflichten, dass von der Lehre (entsprechende Literatur­hinweise wurden vom Bw gegeben) überwiegend die Ansicht vertreten wird, dass der Ausspruch einer Ermahnung mittels Strafverfügung nicht zulässig ist. Gestützt wird diese Ansicht darauf, dass im § 47 VStG die Ermahnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Dem gegenüber ist in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens § 47 Anmerkung 8 festgehalten, dass auch weiterhin die Möglichkeit, mit Strafverfügung eine bloße Ermahnung gemäß § 21 Abs.1 VStG auszusprechen, offen bleibt. Wenn vom Bw eingewendet wird, dass aus der behördlichen Erledigung vom 21.6.2012 nicht erkennbar ist, ob es sich dabei um eine Strafverfügung oder einen Bescheid handelt, mit dem eine Ermahnung ausgesprochen wurde, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Klammerbezeichnung "Strafverfügung" verbunden mit der Rechtsmittel­belehrung, die eindeutig darauf hinweist, dass gegen diese Strafverfügung innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung Einspruch erhoben werden kann, durch diesen Einspruch die Strafverfügung außer Kraft tritt und das ordentliche Verfahren eingeleitet wird, sehr wohl vom Bw bei gehöriger Aufmerksamkeit zu erkennen gewesen ist, dass von der Behörde eine Strafverfügung verhängt wurde. Dies unabhängig von der an dieser Stelle nicht zu lösenden Rechtsfrage, ob mit einer Strafverfügung eine Ermahnung ausgesprochen werden kann oder nicht. Allein aufgrund der ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung wurde dem Bw klar und eindeutig die Möglichkeit zur Bekämpfung dieser Strafverfügung aufgezeigt.

 

Auch wenn – entgegen der Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates – von einem Bescheidausspruch der belangten Behörde über die Erteilung einer Ermahnung auszugehen sei, ändert dies nichts an der verspäteten Einbringung des Rechtsmittels.

 

Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist mit Bescheid zurückzuweisen. Dabei ist Voraussetzung für die Zurückweisung als verspätet – wie erwähnt – allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung. Da vom Bw bereits im Punkt II. des Schriftsatzes vom 19.4.2012 beim Bürgermeister der Stadt Wels der Antrag der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht wurde, wird die belangte Behörde in dem über diesen Antrag abzuführenden Verfahren gehalten sein, diese Rechtsfrage einer Klärung zuzu­führen.

 

3.4. Die Anträge der U U- und W-R GmbH & Co KG sowie der U U- und W-R Gesellschaft m.b.H. waren insofern zurückzuweisen, zumal diese Gesellschaften nicht Bescheid­adressat sind und deshalb durch die vorliegende Entscheidung der belangten Behörde auch nicht beschwert sein können.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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