Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-111035/25/Kl/Rd/BRe

Linz, 15.01.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des x, c/o Rechtsanwälte x, x, gegen das Strafer­kenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 27. März 2012, VerkGe96-5-2012/Bd-Dm, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güter­­beförderungsgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung am 27. Juni 2012 zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

          -   die verletzte Übertretungsnorm gemäß § 44a Z2 VStG zu lauten hat: " § 23 Abs.1 Z8 Güter­beförderungsgesetz 1995 – GütbefG iVm Art.3 und      Art.5 Abs.6 der Verord­nung (EG) Nr. 1072/2009 des          Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober       2009",

          - die Strafnorm gemäß § 44a Z3 VStG zu lauten hat: "§ 23 Abs.1 Einleitung und Abs.4 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG" und

          -anstelle des Wortes "Tatort" das Wort "Anhalteort" zu treten hat.    

 

II.     Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Berufungs­verfahren in der Höhe von 400 Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.


Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 27. März 2012, VerkGe96-5-2012/Bd/Dm, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 92 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.6 Abs.4 der VO (EG) Nr. 881/92 idFd VO (EG) 484/2002 des Rates vom 26.03.1992 über den Zugang zum Güterverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Beförderungsunter­nehmens "x" x GesmbH in x, nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungs­gesetzes eingehalten werden.

Das Fahrzeug wurde am 8. Dezember 2011 um 03.07 Uhr in der Gemeinde Rainbach im Mühlkreis, Landesstraße Ortsgebiet, B 310, von x, welcher als türkischer Staatsbürger Staatsangehöriger eines Drittstaates ist, mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern von einem Orte, welcher außerhalb des Bundesgebietes liegt, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von einem innerhalb des Bundesgebietes liegenden Ort in das Ausland verwendet. Er hat nicht dafür gesorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde, obwohl der Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmen erteilten Gemein­schaftslizenz durchgeführt hat. Lenkt ein Fahrer aus einem Drittstaat das Fahr­zeug, so hat dieser eine Fahrerbescheinigung mitzuführen. Die Fahrerbe­scheinigung konnte den Kontrollberechtigten auf deren Verlangen nicht vor­gezeigt werden.

Das KFZ war auf der Fahrt von x nach x und hatte Folgendes geladen: Sammelgut.

Tatort: Gemeinde Rainbach im Mühlkreis, Landesstraße Ortsgebiet, Nr. B310.

Tatzeit: 08.12.2011, 03.07 Uhr.

Fahrzeug: Kennzeichen x, Sattelfahrzeug, VOLVO x, rot.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass weder die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit noch die Tatsache, dass keine Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde, bestritten werde. Entgegen der Darstellung der belangten Behörde sei dem Berufungs­werber die objektiv begangene Nichtmitführung der Urkunden subjektiv nicht zuzurechnen. Der Berufungswerber habe am Vortag die Toureneinteilung selbst vorgenommen und den Lenker x ausdrücklich angewiesen, sich zu überzeugen, ob er seine Fahrerbescheinigung im Fahrerdokumentenordner auch mitführe. Normalerweise würde der Lenker die Anweisungen genau befolgen und könne er auch als verlässlich eingestuft werden. Der Berufungswerber habe seine Sorgfaltspflicht erfüllt, indem er die Touren für den 7. und 8.12.2011 höchst­persönlich eingeteilt und nicht einem Mitarbeiter des Unternehmens überlassen habe und den Fahrer auch persönlich telefonisch am Vortag angewiesen habe. Die Einhaltung eines strengeren Sorgfaltsmaßstabes sei dem Berufungswerber nicht zumutbar. Weiters sei einem Unternehmen in der Größe der "x" x GmbH, welche an einem Feiertag in der Nacht einige Lkw-Züge zum Einsatz bringt, nicht zumutbar, einen eigenen Mitarbeiter einzustellen und zu bezahlen, der die Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Normen durch die Lkw-Fahrer vor Ort überprüft. Zudem sei die ständige Anwesenheit des Geschäftsführers im Unternehmen dem Berufungswerber persönlich und auch wirtschaftlich nicht zumutbar, das gleiche gelte für die Anstellung eines eigenen Über­wachungs­organs, welches 24 Stunden pro Tag während der ganzen Woche – auch an Feiertagen – quasi eine interne Überprüfung der Fahrer durchführe. Eine lückenlose Überwachung rund um die Uhr durch den Geschäftsführer oder eine dritte Person überspanne den gebotenen Sorgfaltsmaßstab wesentlich. Weiters wurde noch vorgebracht, dass der Berufungswerber selbst die Kontrolle hin­sichtlich der von ihm verfügten Aufträge an die Lkw-Lenker vornehme. Dabei werde in unregelmäßigen Abständen  - aber häufig - die Einhaltung der verwal­tungs­­strafrechtlichen Normen und auch die Einhaltung seiner Anweisungen über­prüft. Der Berufungs­werber sei auch selbst als Lkw-Lenker unterwegs und somit auch zu unregel­mäßigen und von den Mitarbeitern des Unternehmens nicht im Voraus berechen­baren Zeiten im Unternehmen anwesend. Es werden unan­gekündigte Kontrollen bezüglich der Dokumentationen durchgeführt. Zudem werden vom Berufungs­werber auch Mitarbeitergespräche mit den Lenkern geführt, in welchen auf die Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Normen hingewiesen werde. Darüber hinaus wurde der Verfahrensmangel der fehlenden Einvernahme des Berufungs­werbers und der Spruchmangel iSd § 44a VStG, indem die als erwiesen ange­nom­mene Tat nicht eindeutig und verständlich beschrieben worden sei, geltend. Zur Strafbemessung wurde vorgebracht, dass für den Lenker eine entsprechende Bescheinigung bestehe und der Lenker lediglich die Mitnahme dieser Be­scheinigung vergessen habe. Weiters sei iSd § 34 Abs.1 Z13 StGB als besonderer Milderungsgrund zu werten, dass die Tat keinen Schaden herbeigeführt habe und der Berufungswerber die fehlende Bescheinigung umgehend der Behörde vorge­legt habe. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstraf­verfahrens, in eventu die Herabsetzung der ver­hängten Geldstrafe beantragt.       

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und wurde für den 27. Juni 2012 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden. Der Vertreter der belangten Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen x, x, x, x und x geladen und mit Ausnahme von x (nicht zur Verhandlung erschienen) zeugenschaftlich einvernommen. Weiters haben Mag. Dr. x als Dolmetscher für die rumänische Sprache sowie x als Dolmetscher für die türkische Sprache teilge­nommen.     

 

4.2. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass der Sachverhalt vom Berufungswerber nicht bestritten wird. Das Kontroll­system im Betrieb stellt sich dermaßen dar, dass Kontrollen durch den Berufungswerber stichprobenartig und für die Lenker in unvorhersehbaren un­regel­mäßigen Abständen von etwa vier Wochen durchgeführt werden. Dabei werden der Zustand des Fahrzeuges und auch die Fahrerdokumente, welche sich in der sogenannten "Fahrertasche" befinden, zB anlässlich von Beladungen bei den Speditionen, kontrolliert. Kontrollen betreffend die Fahrer­dokumente erfolgen auch telefonisch durch den Berufungs­werber. Zudem werden auch Kontrollen, insbesondere bei der Spedition in x, von x durchgeführt. Herr x ist als Disponent  und gelegent­lich auch als Lenker bei der x GmbH beschäftigt und ist er zuständig für die Einteilung der Transporte, die Über­prüfung der Fahrzeuge, die Kontrolle der Gefahrgutaus­rüstung, die technische Überprüfung bei der Landesregierung sowie die Fahrzeuge und Papiere der Lenker, insbesondere am Standort in x. Die Kontrollen durch x finden in unregelmäßigen Abständen statt, da die Lenker oft längere Zeit nicht in die Firma kommen. Im Zuge der Abgabe von Auf­zeichnungen und der Auslesung der Fahrtenschreiben – dies erfolgt monatlich -, werden die Fahrzeuge und Papiere der Lenker kontrolliert. Kontrollen finden auch durch Herrn x statt. Eine Überwachung der Beauftragten durch den Berufungswerber findet nicht statt. Fahrzeug­schäden, welche durch Lenker verursacht werden, ziehen finanzielle Sanktionen aber auch mündliche und schriftliche Abmahnungen nach sich. Sonstige Sanktionen betreffend die Nichteinhaltung von Weisungen waren den einvernommenen Zeugen nicht bekannt.   

 

4.3. Der Sachverhalt wurde vom Berufungswerber nicht bestritten und kann als erwiesen angesehen werden. Der festgestellte Sachverhalt betreffend das Kon­troll­system ist aufgrund der Aussagen  der einvernommenen Zeugen, welche im Übrigen einen glaubwürdigen Eindruck machten, anlässlich der mündlichen Ver­handlung ebenfalls erwiesen. Demnach finden zwar stichprobenartige unregel­mäßige Kontrollen durch den Berufungswerber selbst aber auch durch von ihm beauftragte Personen statt. Kontrollen betreffend die vom Berufungswerber Angewiesenen erfolgen jedoch nicht. Konsequenzen bei Nichteinhaltung von Weisungen im Hinblick auf selbstverschuldete Fahrzeug­schäden sind den Lenkern bekannt. Konkrete Konsequenzen bei Verfehlungen betreffend das Handling der Fahrerdokumente konnten vom einvernommenen Lenker nicht genannt werden und waren ihm, aber auch den weiters einvernommenen Zeugen, offenkundig nicht bekannt.

  

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß Art.3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (kurz EG-VO) unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittlandes ist – mit einer Fahrer­bescheinigung.

Gemäß Art.5 Abs.6 EG-VO ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrs­unternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt. Die Fahrerbescheinigung ist jedem Kontroll­berechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 153/2006, begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Ver­wal­tungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbe­scheinigungen mitgeführt werden.

Gemäß Art.18 der EG-VO wird ua die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 aufgehoben. Verweisungen auf die aufgehobene Verordnung gelten als Verweisungen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle im Anhang IV zu lesen.

Gemäß Art.19 der EG-VO gilt die Verordnung ab 4. Dezember 2011.

Es tritt daher anstelle der genannten Verordnung (EWG) Nr. 881/92 die nunmehr in Geltung stehende EG-VO.

 

Gemäß § 23 Abs.4 GütbefG hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z8 bis 11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

5.2. Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhalts wurde der gewerb­liche Gütertransport am 8. Dezember 2011 unter Verwendung einer gültigen Gemeinschaftslizenz durchgeführt und wurde die Fahrt durch einen türkischen Lenker vorgenommen, wobei bei der Kontrolle die Fahrerbescheinigung nicht mitgeführt wurde und daher nicht vorgewiesen werden konnte. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt, weil bei Verwendung eines Fahrers, welcher Staatsangehöriger eines Drittlandes ist, der grenzüber­schreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrer­bescheinigung unterliegt und der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass der von ihm eingesetzte Lenker die Fahrerbescheinigung mitführt. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer des Beförderungsunternehmens "x" x GmbH mit Sitz in x, und hat er daher die Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstraf­rechtlich zu verantworten.

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten:

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsbeweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen oder durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Vom Berufungswerber wurde anlässlich der Berufungserhebung aber auch im Zuge der abgehaltenen mündlichen Verhandlung das im Betrieb installierte Kontrollsystem insofern dargelegt, als er selbst, aber auch x und Herr x Kontrollen der Lenker betreffend Fahrzeug- und Fahrer­dokumente und den Zustand der Fahrzeuge durchführen. Die Kontrollen erfolgen am Unternehmenssitz, aber auch bei verschiedenen Speditionen anlässlich von Beladungen. Bei den Kontrollen, welche insbesondere vom Berufungswerber auch telefonisch abgehalten werden, werde die Vollständigkeit der Fahrertasche, in welcher sich die Fahrerdokumente befinden, abgefragt. Auch wird direkt Nachschau gehalten.

 

Die Beauftragung von Herrn x und Herrn x zur Durchführung von Kontrollen der Lenker ist dem Berufungswerber zwar zu­zubilligen, indem er die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich überlässt und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle beschränkt. Der Unternehmer ist dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der den Unternehmer nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden ist. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauf­tragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (vgl. VwGH vom 5.9.2008, 2008/02/0129).

 

Bei einem hierarchisch aufgebauten Kontrollsystem hat der Unternehmer aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet ist, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die Rechtsvor­schriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Rechtsvorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt würden (vgl. VwGH vom 9.9.2005, 2005/02/0018). 

 

Das "Vertrauen" des Berufungswerbers gegenüber seinem normalerweise verlässlichen Mitarbeiter ist für ein Kontrollsystem unzureichend (vgl. VwGH vom 4.2.1993, 93/18/0028).

 

Auch bei regelmäßig durchgeführten Mitarbeitergesprächen mit den Lenkern, in denen besonders auf die Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Normen hingewiesen wird, ist für ein effizientes und effektives Kontrollsystem nicht weitreichend genug (vgl. VwGH vom 25.4.2008, 2008/02/0045).

 

Der Unternehmer ist nur dann entschuldigt, wenn er darlegt und glaubhaft macht, dass er Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung allfälliger von ihm erteilter Anordnungen/Weisungen zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er errichtet und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat (vgl. VwGH vom 10.12.2009, 2009/090230). Eine telefonische Kontrolle ist – wie es sich gegenständlich gezeigt hat – keine geeignete Maßnahme um sicherzustellen, dass die Fahrerbescheinigung auch tatsächlich mitgeführt wird. Zudem wurde vom Berufungswerber auch nicht näher dargelegt, welche Konsequenzen Mitarbeiter bei Nichtbefolgung von Weisungen zu erwarten haben. Dies geht aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen x und x hervor, beiden waren keine Konsequenzen bekannt, die bei Nichtbefolgung von Weisungen betreffend Fahrerdokumente eintreten.

 

Die vom Berufungswerber behaupteten Kontrollen seiner Fahrer und Fahrzeuge bei anderen Speditionen, wo sie sich gerade aufhalten, sind auch keine effizienten Maßnahmen, zumal diesfalls der Fahrtantritt schon längst statt­gefunden hatte und Kontrollen nur einen Sinn machen, wenn erst danach die Fahrt angetreten wird.         

 

Im konkreten Fall wurde nach Angaben des Berufungswerbers der Transport von ihm persönlich eingeteilt und der Lenker am 7. Dezember 2011 um 23.30 Uhr telefonisch kontaktiert, dass er den gegenständlichen Transport am 8. Dezember 2011 durchzuführen und auch die Fahrer­tasche auf deren Vollständigkeit zu kontrollieren habe. Diese Vorgehensweise deutet zwar auf den ersten Blick auf ein Vorhandensein eines Kontrollsystems hin, welches jedoch – wie es sich gezeigt hat – nicht effizient genug gestaltet war, zumal dem Lenker offensichtlich die Wichtigkeit der Fahrerdokumente nicht bewusst war, ansonsten er die Fahrertasche – wie in der Verhandlung ausgesagt - keinesfalls seinen Kindern am Vortag "zum Spielen" überlassen hätte. Auch hat sich der Lenker bewusst der Anweisung des Berufungswerbers widersetzt und keine Nachschau gehalten, ansonsten ihm auffallen hätte müssen, dass die Fahrerbescheinigung fehle. Bei einem tauglichen Kontrollsystem hätte der Lenker gewusst, dass er durch sein gesetztes Verhalten mit dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen habe. Wie vom Berufungswerber weiters vorgebracht wurde, finden aufgrund der Größe des Unternehmens (vgl. VwGH vom 25.1.2005, 2004/02/0293 hinsichtlich der "Größe") auch Abfahrten spät in der Nacht statt und sei weder ihm noch einer dritten Person zumutbar, persönliche Kontrollen durchführen. Ein taugliches Kontrollsystem hat aber genau in solchen Fällen durch geeignete Maßnahmen Platz zu greifen. Im Übrigen kann auch davon ausgegangen werden, dass nächtliche Abfahrten keine Sonderfälle, sondern eher die Regel darstellen. Eine konkrete Kontrolle des Lenkers vor Fahrtantritt tatsächlich bei seinem Fahrzeug wurde vom Bw aber nicht einmal behauptet.

 

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass das vom Berufungswerber im Betrieb installierte Kontrollsystem bei weitem nicht dem strengen Maßstab des Verwaltungsgerichtshofes – gemäß der Judikatur hat das Kontrollsystem im Ergebnis "perfekt" zu sein (vgl. VwGH vom 24.3.2004, 2001/09/0163) -  gerecht wird, weshalb der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsüber­tretung auch subjektiv zu verantworten hat.

    

6. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interes­sen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 Euro bei einem Strafrahmen von 1.453 Euro bis 7.267 Euro verhängt.  Weiters hat die belangte Behörde zu Recht einschlägige Verwaltungsstrafvormerkungen als straferschwerend, strafmildernd keine Umstände gewertet. Die verhängte Geldstrafe ist im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat  gerechtfertigt und zu bestätigen. Den von der belangten Behörde geschätzten persönlichen Verhältnissen, und zwar ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten, ist der Berufungswerber nicht entgegengetreten, weshalb der Oö. Verwaltungssenat von der Richtigkeit selbiger auszugehen hatte und der nunmehrigen Strafbemessung zugrunde gelegt werden konnte.

 

Bei der in Rede stehenden Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei dem der Nichteintritt eines Schadens schon nach dem Zweck der Strafdrohung (§ 19 Abs.2 VStG) nicht als Milderungsgrund in Betracht kommt (VwGH vom 25.8.2010, 2010/03/0066).

 

Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorgelegen ist.

 

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG war schon deshalb nicht möglich, weil die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen der Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutender Folgen der Übertretung nicht als gegeben erachtet werden können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erheblich zurückgeblieben wäre.

 

7. Die Spruchkorrektur hinsichtlich des Wortes "Tatort" erschien aufgrund der besseren Verständlichkeit geboten. Die Spruchberichtigung hinsichtlich der Übertretungs- und Strafnorm erschien gesetzlich geboten und erfährt der Berufungswerber diesbezüglich auch keine Schlechterstellung.    

 

Ein Spruchmangel – wie vom Bw behauptet – liegt hingegen nicht vor, ist doch dem Tatvorwurf die Übertretung des Nichtmitführens der Fahrerbescheinigung eindeutig zu entnehmen.

 

8. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem

 

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