Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222573/14/Kl/BRe/TK

Linz, 21.01.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x Rechtsanwälte OG, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23.11.2011, GZ. 35134/2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 8. März 2012 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als im Tatvorwurf die beiden erstgenannten Anlagenteile "die Hochdruckreinigungsanlage wurde abgeändert. Eine Niederdruckpumpe wurde errichtet. Die Kälteanlage zur Kühlung der Nebenprodukthalle wurde erneuert. Eine Tötebox wurde erneuert und eine zusätzliche Box gelangte zur Aufstellung." zu entfallen haben und diesbezüglich der Tatvorwurf eingeschränkt wird. Im Übrigen wird das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld bestätigt.

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 700 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt wird.

 

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 70 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe.

Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat entfällt ein Kostenbeitrag.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64, 65 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.     Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23.11.2011, GZ.

35134/2010, wurde über dem Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 93 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 iVm. §§ 81 und 74 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der x GmbH. verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten hat, dass die x GmbH mit dem Sitz in x, als Gewerbeinhaberin und Betreiberin die weitere Betriebsstätte in x, am 10.06.2010 nach Durchführung gewerberechtlich genehmigungspflichtiger Änderungen betrieben hat, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Betriebsanlagenänderungsgenehmigung zu sein.

Diese Betriebsanlage (Anlage zum Schlachten von Rindern) wurde mit Bescheiden des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27.10.1983, GZ 501/O-191/81, vom 24.06.1986, GZ 501/O-107/86, vom 15.07.1986, GZ 501/O-142/86, vom 15.01.1991, GZ 501/O-992/82, vom 24.04.1991, GZ 501/O -57/91, vom 08.03.1994, GZ 501O-992/82b, vom 31.01.1996, GZ 501/O917036E, vom 15.12.1997, GZ 501/O960036D, vom 06.12.2000, GZ 501/O917036Q, vom 12.07.2001, GZ 501/0917036W, vom 14.01.2003, GZ 501/O014033E, vom 21.08.2003, GZ 501/O956004J, vom 15.12.2003, GZ 501/O031048Fund vom 30.12.2004, GZ 501/O917036Z.I gewerbebehördlich genehmigt.

Die Änderung besteht in der Hinzunahme folgender weiterer Maschinen und Betriebsanlagenteile,

welche zum Überprüfungszeitpunkt am 10.06.2010 in Betrieb waren:

-die Hochdruckreinigungsanlage wurde abgeändert. Eine Niederdruckpumpe wurde errichtet.

- -die Kälteanlage zur Kühlung der Nebenproduktehalle wurde erneuert.

- eine Tötebox wurde erneuert und eine zusätzliche Box gelangte zur Aufstellung.

-ein Gasflaschelager zur Lagerung von O2, Propan, N2 und Corgon im Freien an der NW-Seite des Gebäudes

-eine Verpackungsmaschine und die dazugehörigen Vakuumkompressoren (Energietunnel)

-eine Palettenwickelmaschine

-ein Rinderzerlegeband „Backloader"

-eine Tiefziehmaschine Multivac R530, Baujahr 1993,

-eine Leerkistenförderanlage von der Kistenwaschmaschine zur Schweinefeinzerlegung

-eine Kistenwaschmaschine

-eine Leerhakenfördereinrichtung in der Rinderschlachtung

-3 Bearbeitungspodeste in der Rinderschlachtung

-eine Kuttelputzmaschine in der Rinderschlachtung

-ein Lagerraum zur Lagerung von Reinigungsmitteln (Chemielager). Am Tag der Überprüfung lagerten dort ca. 300 - 400 l Reinigungsmitteln (ätzend) mit sauren Eigenschaften und 300 - 400 l Reinigungsmitteln (ätzend) mit basischen Eigenschaften und 4 Schachteln Desinfektionsmittel (brennbar).

-Im Kühlraum wurden zusätzliche Regalreihen zur Lagerung errichtet. Anstelle der Verpackungsli­nien sind 3 Zerlegelinien errichtet worden. Eine neue Verpackungsmaschine wurde als Ersatz für eine alte Maschine errichtet.

 

Diese Änderungen sind geeignet, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden und unterliegen daher einer Genehmigungspflicht nach § 81 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 Z 1 GewO. Dies aufgrund der sicherheitstechnischen Gefahren im Zusammenhang mit der Aufstellung, der In­stallation und dem Zusammenwirken einzelner Maschinenteile und aufgrund der Lagerung von Chemikalien mit gefährlichen Eigenschaften.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, dass Zweifel am Gutachten von Frau Dr. x vom 16.6.2010 bestünden, weil von der gewerbetechnischen Amtsachverständigen bei ihrer Überprüfung am 10.6.2010 offensichtlich nicht überprüft worden sei, ob die bei der anlässlich der § 82 b-Überprüfung aufgezeigten Mängel auch am 10.6.2010 gegeben gewesen seien. Auch sei zu entnehmen, dass die unter den Fakten lit. e-m angeführten Maschinen der Behörde bereits angezeigt worden seien, allerdings die Unterlagen für eine Genehmigung nicht ausreichend seien. Es sei daher von einer Anzeige auszugehen. Es liege auch kein Untersagungsbescheid aufgrund der Anzeige vor, sodass keine Strafbarkeit hinsichtlich der Fakten e-m bestehe. Auch werde bestritten, dass es sich bei den Änderungen um solche handle, die abstrakt dazu geeignet wären, in die Rechtsgüter des § 74 Gewerbeordnung einzugreifen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Vom Berufungswerber wurden auftragsgemäß der Zwischenbericht des TÜV vom 16.6.2009 sowie die TÜV-Bescheinigung vom 25.8.2003 vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8. März 2012, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der  Berufungswerbervertreter sowie eine Vertreterin der belangte Behörde haben an der Verhandlung teilgenommen; der Berufungswerber ist nicht erschienen. Weiters wurden die Zeugen DI Dr. x sowie Ing. x geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest: Die x GmbH. mit Sitz in x ist im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe und Handelsagentengewerbe beschränkt auf den Handel mit Fleisch, Fleischwaren sowie mit Nutz-, Zucht-, Schlacht- und Stechvieh, Fetten und tierischen Abfällen, sowie für das Gewerbe Fleischer. Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist seit 2.10.2009 der Berufungswerber. Am Standort x, wird eine weitere Betriebsstätte betrieben.

Am 10.6.2010 hat durch die Gewerbebehörde eine gewerbebehördliche Überprüfung der Betriebsanlage (Anlage zum Schlachten von Rindern) der x GmbH. am Standort x, stattgefunden. Die Überprüfung hatte zum Gegenstand, ob die bestehenden Anlagen den dafür aufliegenden gewerbebehördlichen Genehmigungen entsprechen und die in diesen Bescheiden enthaltenen Bedingungen und Auflagen erfüllt sind, ob diese Auflagen ausreichen und allenfalls durch andere oder zusätzliche Auflagen ergänzt werden müssen, ob gegenüber dem gewerbebehördlich genehmigten Bestand der Betriebsanlage zwischenzeitig Änderungen durchgeführt wurden, die einer Genehmigungspflicht unterliegen, und ob und welche Abfälle im Betrieb anfallen und welcher Art und Weise diese beseitigt und entsorgt werden. Es hat unter anderem eine gewerbetechnische Amtssachverständige teilgenommen, die das Ergebnis der Überprüfung in einem schriftlichen Bericht vom 16.6.2010 dargestellt hat. Ihre Überprüfung am 10.6.2010 hat sich im Grunde des TÜV Berichtes vom 25.8.2003 und des Zwischenberichtes vom 16.6.2009 auf jene Anlagenteile beschränkt, für die nach diesen Berichten keine Betriebsanlagengenehmigungsbescheide vorhanden waren. Für die von der Amtssachverständigen im Überprüfungsbericht angeführten Maschinen und Anlagenteile gab es bis zum 10.6.2010 keine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung. Zu den Maschinen e-m der Aufzählung wurden Unterlagen eingereicht, allerdings handelte es sich bei den Unterlagen lediglich um Maschinenbeschreibungen und Prospektmaterial, nicht um Einreichunterlagen, aus denen die Situierung der Maschinen oder Teile bzw. Elektroinstallationen und der gleichen ersichtlich wäre. Es wurden alle im TÜV Bericht vom 25.8.2003 sowie Zwischenbericht vom 16.6.2009 angeführten Maschinen von der Amtssachverständigen besichtigt, diese waren im Betrieb vorhanden und zum Zeitpunkt der Besichtigung auch in Betrieb. Dabei wurde von der Amtssachverständigen festgestellt, dass die meisten Maschinen im Verbund errichtet waren bzw. im Verbund gearbeitet haben. Dies ist üblich bei einem Fließbandbetrieb. Die im Prüfbericht vom 16.6.2010 angeführten Maschinen e-m wurden von der Amtssachverständigen als genehmigungspflichtige Maschinen ausgewiesen, weil aus dem ihr vorgelegenen Akt hervor ging, dass es sich um neue Maschinen gehandelt hat. Auch das Glasflaschenlager unterliegt der Genehmigungspflicht. Es lag für sämtliche genannten Maschinen und Betriebsteile keine Genehmigung vor. Bei der Hochdruckreinigungsanlage kam es zur Auswechslung gegen eine Niederdruckpumpe. Es wurde der Wasserdruck dadurch erniedrigt. Die Amtsachverständige hat dies als anzeigepflichtig angesehen. Die Kälteanlage zur Kühlung der Nebenproduktehalle war im Betrieb. Ein Überprüfungsprotokoll im Sinn der Kälteanlagenverordnung wurde vorgelegt und weist keine Mängel auf. Die Niederdruckpumpe ist immer im Betrieb und dient der Betriebsreinigung. Die Nebenproduktehalle ist ein Extragebäude und liegt außerhalb des Hauptgebäudes. Eine Tötebox war erneuert und zum Zeitpunkt der Überprüfung in Betrieb. Die Erneuerung wurde der Behörde nicht angezeigt. Zusätzlich war eine weitere Tötebox aufgestellt für rituelle Tötungen, welche aber zum Kontrollzeitpunkt nicht in Betrieb war. Der Lagerraum zur Lagerung von Reinigungsmitteln weist keine gewerbebehördliche Genehmigung auf. Beim Kühlraum wurden anstelle der (genehmigten) Verpackungslinien drei Zerlegelinien errichtet. Weiters wurde eine neue Verpackungsmaschine als Ersatz für eine alte Maschine errichtet und ist dies anzeigepflichtig. Es wurde von der Amtssachverständigen festgestellt, dass es sich um Maschinen handelt, die aus sicherheitstechnischer Sicht Gefahren im Sinn der Aufstellung, Installation bzw. im Sinne des Zusammenwirkens einzelner Maschinenteile darstellen. Diese Aspekte beziehen sich auf vorgefundene Maschinen, die keine gewerbebehördliche Genehmigung aufweisen:

"e) Verpackungsmaschine und die dazu gehörigen Vakuumkompressoren (Energietunnel).

f) Palettenwickelmaschine

g) ein Rinderzerlegeband "Backloader"

h) eine Tiefziehmaschine Multivac R530, Baujahr 1993

i) eine Leerkistenförderanlage von der Kistenwaschmaschine zur Schweinefeinzerlegung

j) eine Kistenwaschmaschine

k) eine Leerhakenfördereinrichtung in der Rinderschlachtung

l) 3 Bearbeitungspodeste in der Rinderschlachtung

m) eine Kuttelputzmaschine in der Rinderschlachtung"

Hiebei muss man die Maschinen und ihre Wirkungsweise im Verbund sehen bzw. im Zusammenwirken in einem Arbeitsvorgang. Damit ist auch gemeint, dass die Maschinen auch physisch miteinander verbunden sind. Für eine Genehmigung sind daher Maschinenbeschreibungen und Prospektmaterial nicht ausreichend, weil die Umgebung der Maschine (Aufstellungsort, Installationen usw.) beurteilt werden muss. Die Reinigungsmittel sind Chemikalien mit gefährlichen Eigenschaften. Diesbezüglich und bezüglich der Lagerung brennbarer Gase gibt es bei der Gewerbebehörde keine Unterlagen.

Bereits im TÜV-Bericht vom 25.8.2003, Seite 19, wurden Abweichungen von den gewerberechtlichen Genehmigungsbescheiden festgestellt. Darunter wurden die Abänderung der Hochdruckreinigungsanlage, die Erneuerung der Kälteanlage zur Kühlung der Nebenproduktehalle, ein Containerbürozubau, eine neue Niederdruckanlage, die Ersetzung der Tötebox und eine zusätzliche Aufstellung einer Tötebox und Gasflaschenlager im Freien an der Nordwestseite des Gebäudes genannt.

Im TÜV-Zwischenbericht vom 16.6.2009 wurden unter Bezugnahme auf die letzte wiederkehrende Prüfung am 25.8.2003 Abweichungen vom Genehmigungszustand unter Punkt 6.1.3 aufgelistet:

"1.  Abänderung der Hochdruckreinigungsanlage (Betriebsdruck wurde von 60 auf 25 Bar gesenkt, zusätzliche Pumpen wurden errichtet. Das Rohrleitungsnetz bleibt bestehen)

2.           Kälteanlage zur Kühlung der Nebenproduktehalle wurde erneuert

3.           Der kleinere Dampfkessel Hoval 3200.... wurde auf Warmwasserbetrieb umgestellt

4.           Eine neue Niederdruckanlage Type Henkel Ecolab mit elektronischer Steuerung wurde installiert und an das bestehende Rohrleitungsnetz angeschlossen.

5.           Die Tötebox wurde im Laufe der Jahre durch eine neuere ersetzt und eine zusätzliche gelangte zur Aufstellung

6.           Zwei Lastenaufzüge im Expedit Schweinefeinzerlegung...gelangten zur Aufstellung

7.           Ein Förderkorbaufzug der Firma x zwischen Keller und Erdgeschoss wurde errichtet

8.           Ein Personenaufzug im Bürogebäude

9.           Gasflaschenlager im Freien an der NW-Seite des Gebäudes (Sauerstoff, Stickstoff, Argon, Propan).

10.      Verpackungsmaschine und die dazugehörigen Vakuumkompressoren (Energietunnel)

11.      Eine Palettenwickelmaschine

12.      Ein Rinderzerlegeband "Backloader"

13.      Eine Kistenwaschmaschine

14.      Ein Lagerraum für Reinigungsmittel für Putzfirma

15.      Eine Leerhakenfördereinrichtung in der Rinderschlachtung (ca. 3 Jahre alt)

16.      Drei Bearbeitungspodeste in der Rinderschlachtung

17.      Eine Kuttelputzmaschine in der Rinderschlachtung

18.      In dem mit Bescheid GZ 501/0960036d vom 15.12.1997 genehmigten Kühlraum wurden 7 Regalreihen zur Lagerung von Kisten aufgestellt. Die Regale sind zirka 3 m hoch und 20 m lang. Eine statische Berechnung für die Belastbarkeit des Bodens lag in der Betriebsanlage auf. Anstelle der Verpackungslinien sind drei Zerlegelinien für Schweinefleisch errichtet worden.

         ......"

Zu den diesbezüglichen Maßnahmen wurde als Behebungsvorschlag angeführt, dass diesbezüglich mit dem Magistrat Kontakt aufzunehmen und eine gewerbebehördliche Genehmigung der Anlagen und Einrichtungen zu erwirken ist.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich einerseits auf die vorliegenden TÜV Berichte vom 16.6.2009 und 25.8.2003 sowie den Überprüfungsbericht der gewerbetechnischen Amtsachverständigen über die Überprüfung am 10.6.2010. Diese Feststellungen wurden auch anlässlich der mündlichen Verhandlung von der Amtsachverständigen zeugenschaftlich bestätigt. Sie hat sämtliche Anlagen, die in ihrem Prüfbericht bzw. im angefochtenen Straferkenntnis aufgelistet sind, besichtigt. Zum Kontrollzeitpunkt wurde von der Amtsachverständigen nicht überprüft, ob es sich um anzeigepflichtige oder genehmigungspflichtige Maßnahmen handelt. Es wurde aber von ihr festgestellt, dass die meisten Maschinen im Verbund errichtet waren und im Verbund gearbeitet haben. Es konnten daher die Unterlagen sowie auch die zeugenschaftliche Aussage der Entscheidung zugrunde gelegt werden. An der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestehen keine Zweifel. Im Übrigen decken sich die Aussagen auch mit den Aussagen des weiters einvernommenen Zeugen Ing. x. Dieser war ebenfalls bei der Begehung der gewerbetechnischen Amtsachverständigen anwesend.

 

Die in der Berufung beantragte Abhaltung eines Lokalaugenscheines war nicht erforderlich, zumal zum Entscheidungszeitpunkt nicht gesagt werden kann, ob der entsprechende Zustand wie bei der Überprüfung am 10.6.2010 auch noch weiterhin anhält. Darüber hinaus war die Einholung eines Sachverständigengutachtens insofern nicht erforderlich, als sämtliche Feststellungen bei der Überprüfung bereits von einem Amtsachverständigen durchgeführt wurden. An der Fachkunde der Amtsachverständigen hegte auch der Berufungswerber keine Zweifel. Auch der bei der Begehung anwesende technische Betriebsleiter Ing. x bestreitet nicht das Vorhandensein der vorgefundenen Maschinen und Anlagenteile. Vielmehr decken sich seine Aussagen jedenfalls mit den Aussagen der Amtsachverständigen. Die Anzeigepflicht bzw. Genehmigungspflicht ist eine rechtliche Frage und ist von der Behörde in der rechtlichen Beurteilung zu klären.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81 ff).

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.                das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß Aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dienliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dienliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte.

Gemäß § 81 Abs. 2 GewO 1994 ist eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 jedenfalls in folgenden Fällen nicht gegeben:

5. Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen; Maschinen, Geräte oder Ausstattungen sind gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck dem der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen nicht so abweichen, dass der Ersatz als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Abs. 1 zu behandeln ist.

Gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1994 sind der Ersatz solcher gleichartiger Maschinen, Geräte oder Ausstattungen gemäß Abs. 2 Z. 5, wegen deren Verwendung die Anlage einer Genehmigung bedurfte, sowie Änderung gemäß Abs. 2 Z. 9 der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.

 

5.2. Im Grunde der getroffenen Feststellungen, die sich insbesondere auf das Überprüfungsergebnis laut Überprüfungsbericht der Amtssachverständigung vom 16.6.2010 und der Zeugenaussage anlässlich der mündlichen Verhandlung stützen, ergibt sich einwandfrei eine Änderung der Betriebsanlage gegenüber dem bescheidmäßig genehmigten Zustand in den Bereichen Gasflaschenlager zur Lagerung von O2, Propan, N2 und Korgon im Freien an der Nordwestseite des Gebäudes, eine Verpackungsmaschine und die dazugehörigen Vakuumkompressoren (Energietunnel), eine Palettenwickelmaschine, Rinderzerlegeband "Backloader", Tiefziehmaschine Multivac R530, Baujahr 1993, Leerkistenförderanlage von der Kistenwaschmaschine zur Schweinefeinzerlegung, Kistenwaschmaschine, Leerhakenfördereinrichtung in der Rinderschlachtung, drei Bearbeitungspodeste in der Rinderschlachtung, eine Kuttelputzmaschine in der Rinderschlachtung, ein Lagerraum zur Lagerung von Reinigungsmitteln, sowie zusätzliche Regalreihen zur Lagerung im Kühlraum und drei Zerlegelinien anstelle der Verpackungslinien. Diese Maßnahmen sind auch geeignet, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dienliche Rechte der Nachbarn zu gefährden. Die abstrakte Möglichkeit einer Gefährdung bzw. Beeinträchtigung hat die Amtssachverständige in ihrem Überprüfungsbericht vom 16.6.2010 auch dahingehend dargelegt, dass die Aufstellung, Installation usw. der Maschinen im Sinn eines Zusammenwirkens der einzelnen Maschinenteile zu betrachten und beurteilen ist. Dies wurde auch in der abgehaltenen mündlichen Verhandlung von ihr so erläutert, dass die meisten Maschinen im Verbund errichtet waren bzw. gearbeitet haben, wie es eben üblich ist bei einem "Fließbandbetrieb". Man kann daher die Maschinen oder Teile nicht gesondert voneinander beurteilen, sondern muss man die Maschinen und ihre Wirkungsweise im Verbund sehen bzw. im Zusammenwirken in einem Arbeitsvorgang. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Maschinen nicht unbedingt auch physisch miteinander verbunden sein müssen, dennoch ist ihr Zusammenwirken im Arbeitsvorgang zu berücksichtigen. Es wurde daher zumindest eine abstrakte Gefährdungsmöglichkeit schlüssig dargelegt. Diese Darstellung konnte auch das Vorbringen des Berufungswerbers nicht entkräften. Es ist auch anhand der Zeugenaussage erwiesen, dass die genannten Maschinen bzw. Teile zum Kontrollzeitpunkt in Betrieb waren. Genehmigungsbescheide liegen für diese Maschinen zum Kontrollzeitpunkt nicht vor. Es wurde daher der objektive Tatbestand des Betriebes einer genehmigungspflichtigen Änderung der Betriebsanlage ohne erforderlichen Änderungsbescheid begangen.

Hinsichtlich der weiteren im Spruch angeführten Maschinen, nämlich Abänderung der Hochdruckreinigungsanlage durch Errichtung einer Niederdruckpumpe, Erneuerung der Kälteanlage zur Kühlung der Nebenproduktehalle, Erneuerung der Tötebox sowie Aufstellung einer zusätzlichen Tötebox, ist auszuführen, dass nach den Angaben der Amtsachverständigen zum Zeitpunkt der Überprüfung eine Genehmigungspflicht bzw. Anzeigepflicht nicht geprüft wurde, dass aber nach ihren Angaben anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung es sich um den Ersatz bzw. Erneuerung von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen handelt, welche einer Anzeigepflicht unterliegen. Der Vorwurf des Betriebes ohne Änderungsgenehmigungsbescheid ist daher nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich der zusätzlichen Tötebox ist auch festgestellt, dass diese zum Tatzeitpunkt nicht in Betrieb stand und daher ein Betrieb ohne Änderungsgenehmigung nicht vorgeworfen werden kann. Es war daher auch diesem Grunde dieser Teil des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und der Tatvorwurf dahingehend einzuschränken. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer hat der Berufungswerber die Tat gemäß § 370 Abs. 1 GewO zu verantworten.

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Der Berufungswerber hat kein Vorbringen hinsichtlich seiner Entlastung gemacht. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer ist ihm die Kenntnis der gewerberechtlichen Vorschriften zuzumuten bzw. ist ihm zuzumuten, dass er im Zweifelsfall entsprechende Erkundigungen bei der zuständigen Gewerbebehörde anstellt. Diesbezügliche Sorgfaltsmaßnahmen hat der Berufungswerber nicht getroffen. Es ist daher zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

Dass der Berufungswerber Maschinenbeschreibungen und Prospektunterlagen der Behörde vorgelegt hat und eine Anzeige erstattet hat, kann den Berufungswerber von seinem Verschulden nicht befreien. Vielmehr ist es an ihm gelegen, entsprechende ausreichende Projektsunterlagen der Behörde vorzulegen und um Genehmigung anzusuchen. Darüber hinaus ist ihm auch vorzuwerfen, dass ihm die Behörde eine Verbesserung hinsichtlich der vorgelegten Unterlagen aufgetragen hat und eine Verbesserung zum gegebenen Zeitpunkt nicht stattgefunden hat.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat der Strafbemessung insbesondere spezialpräventive Gesichtspunkte zugrunde gelegt und dazu ausgeführt, dass in beträchtlichem Umfang konsenslos Maschinen und Anlagenteile hinzugenommen wurden, sodass eine ausreichende Sorgfalt des Beschuldigten hinsichtlich der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zu vermissen sei. Auch die im Zusammenhang mit der Lagerung von Chemikalien hinzugekommenen Anlagenteile stellen eine besondere Gefahrenquelle dar, die vor in Betriebnahme durch die Gewerbebehörde überprüft werden muss. Dagegen hat die belangte Behörde als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit gewertet und Straferschwerungsgründe nicht zugrunde gelegt. Die persönlichen Verhältnisse wurden mangels Angaben durch den Berufungswerber geschätzt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten.

Diesen Ausführungen wurde vom Berufungswerber nichts entgegen gesetzt. Auch kamen keine geänderten Strafbemessungsgründe hervor. Diese können daher auch im Berufungsverfahren der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Allerdings musste berücksichtigt werden, dass der Tatvorwurf eingeschränkt wurde. Es war daher mit einer Herabsetzung des Strafausmaßes vorzugehen. Mit der nunmehr verhängten Geldstrafe von 700 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, wurde die Tatbestandseinschränkung berücksichtigt. Die nunmehr festgesetzte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe ist tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen angepasst. Sie beträgt nicht einmal ein Fünftel des gesetzlichen Höchstrahmens.

Hingegen ist Geringfügigkeit des Verschuldens des Berufungswerbers nicht gegeben, sodass nicht mit einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG vorzugehen war. Geringfügigkeit liegt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt.

Darüber hinaus ist neben der Unbescholtenheit kein weiterer Milderungsgrund festzustellen. Mangels eines erheblichen Überwiegens der Milderungsgründe war daher auch nicht die Voraussetzung für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG gegeben.

 

6. Im Grunde der Herabsetzung der Geldstrafe war der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz mit 10 % der verhängten Geldstrafe gemäß § 64 VStG mit 70 Euro festzusetzen. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Änderung der Betriebsanlage, Genehmigungspflicht, Anzeigepflicht

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum