Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253089/14/Lg/Ba

Linz, 29.01.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des F B, vertreten durch Rechtsanwälte H E, K, E, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Oktober 2011, Zl. 0007429/2011, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 730 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafen von 112 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben als Gewerbeinhaber der Firma B F, W, L, welche für die Erfüllung der sozialversicherungs­rechtlichen Meldepflicht keinen Bevoll­mächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungs­übertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG seit 20.09.2010 Herrn DI H H, geboren X, wohnhaft E, W als Dienst­nehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt - mtl. bis zu € 2800,00 - ausgehend vom Betriebsstandort als Zustellfahrer in einem dienstnehmerähnlichen Arbeitsverhältnis voll beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unter­worfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit - Einschulung durch Firma, Koordinierung der Transport­fahrten, Vorgabe der Fahrtroute, Zeitvorgaben für Lieferungen, Vorgabe des Wochenplans.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausge­nommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung voll versicherungs­pflichtig ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77 als zuständigem Sozialversi­cherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

 

Die gegenständliche Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1ASVG verstoßen."

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafan­trag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 17.2.2011, eine mit dem Bw aufgenommene Niederschrift vom 10.3.2011, die Stellungnahme des Finanz­amtes Grieskirchen Wels vom 1.4.2011, die Stellungnahme des Bw vom 10.5.2011, eine mit Z S am 30.6.2011 aufgenommene Niederschrift, eine Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 18.6.2011 und die Stellungnahme des Bw vom 1.9.2011.

 

Weiters führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Vor dem Hintergrund des sich darstellenden Sachverhaltes ist zu prüfen, ob gegenständlich von einer Beschäftigung im Sinne des ASVG (also in Form eines Dienstverhältnisses oder eines dienstnehmerähnlichen Verhältnisses) auszugehen ist oder ob eine selbstständige Tätigkeit auf Grund eines (unter dem Blickwinkel des wahren wirtschaftlichen Gehalts - § 4 Abs. 2 ASVG) unbe­denklichen Werkvertrages anzunehmen ist.

Unter dem Blickwinkel des wahren wirtschaftlichen Gehaltes ist, wie vorauszuschicken ist, der Zweck der Vereinbarung nicht bedeutsam. In ständiger Rechtsprechung erblickt der Verwaltungs­gerichtshof die wirtschaftliche Unselbstständigkeit des 'Dienstnehmerähnlichen' darin, 'dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig ist'. Dies ist ­sofern man nicht sogar von schlechteren wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen sprechen möchte - gegenständlich der Fall. Der Subunternehmer (Zusteller/Abholer) weist unter solchen Bedingungen 'de facto dieselbe Stellung wie ein Arbeitnehmer auf' (vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0105 zur Zeitungszustellung). Schon diese Überlegungen legen die Annahme einer Beschäftigung im Sinne des ASVG im vorliegenden Fall nahe.

Unter dem Gesichtspunkt des in Rede stehenden Kriteriums des wahren wirtschaftlichen Gehalts ist, wie hervorzuheben ist, die formale Gestaltung der Verhältnisse (etwa im Sinne der Deklaration des gegenständlichen Beförderungsvertrages, 'der AN ist selbstständig und steht in keinem
Dienstverhältnis') irrelevant Maßgeblich sind vielmehr die tatsächlichen Umstände des Tätigwerdens. Der Beförderungsvertrag hat gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen nur subsidiäre Bedeutung. Irrelevant ist daher auch der Besitz von Gewerbeberechtigungen. Für die erwähnte Abgrenzung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend, ob
ein 'Werk' im Sinne der diesbezüglichen Judikatur vorliegt. Ein 'Werk' im Sinne dieser Judikatur liegt vor, 'wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die bereits im Vor-
hinein genau fest umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsver­pflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein 'gewährleistungstauglicher' Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtbeachtung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können.

Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis.

Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerhaftes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen des an­gestrebten 'Ziels' auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag' (Erkennt­nis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.4.2010, Zl. 2010/09/0063 unter Hinweis auf das Er­kenntnis vom 23.5.2007, Zl. 2005/08/0003 mwN). Betrachtet man im Sinne dieser Rechtsprechung das vorliegende Vertragsverhältnis, so ist - selbst unter Berücksichtigung des Beförderungsvertra­ges - nicht im Entferntesten erkennbar, worin ein 'Werk' bestanden haben könnte. Von einer im Vertrag individualisierten und konkretisierten Leistung als einer geschlossenen Einheit kann keine Rede sein. Ein Endprodukt im Sinne dieser Judikatur ist nicht ersichtlich. Dementsprechend liegt also ein Dauerschuldverhältnis und kein Zielschuldverhältnis vor. Aus ähnlichen Erwägungen kann auch nicht von einem gewährleistungstauglichen Erfolg im Sinne dieser Rechtsprechung gespro­chen werden - ohne Werk keine Haftung. Schon mangels eines 'Werks' im Sinne der zitierten Rechtsprechung ist von einer Beschäftigung im Sinne des ASVG auszugehen. Zusätzlich sei auf die enge Einbindung in die Betriebsorganisation der Firma hingewiesen. Die Tätigkeit ließ weder in inhaltlicher (Zustelltransport) noch in zeitlicher und örtlicher Hinsicht einen zu beachtenden Dispo­sitionsspielraum zu. Bei derart intensiven Vorgaben ist nach der Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes von einem dienstnehmerähnlichen Verhältnis auszugehen. In diesem Sinne führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass Tätigkeiten, wie etwa das Einlegen von Werbematerial oder Aufkleben von Stickern, die Tätigkeit als Werbemittelverteilers, die Tätigkeit des Abholens von diversen Materialien oder Zustelldienste als dienst- bzw. arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten gewer­tet würden, die derart durch die Vorgaben des Auftraggebers vorherbestimmt sind, dass sie als arbeitnehmerähnlich im Sinne des ASVG zu qualifizieren waren. Die hier gegenständliche Tätigkeit erscheint insbesondere mit der Tätigkeit von Zustellern, Abholern und Werbemittelverteilern ver­gleichbar.

Zudem ist festzuhalten, dass der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig (es ging um die wiederholte Erbringung der Art nach umschriebener Leistungen) für die Firma B (und nicht für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer) bei Fehlen eige­ner Betriebsmittel (abgesehen vom eigenen Kfz) bzw. einer eigenen Betriebsorganisation tätig war. Somit liegt nach dem Überwiegen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand des Merkmalkata­logs, der über Bachler, AuslBG, Seite 11 in die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Eingang gefunden hat, jedenfalls ein dienstnehmerähnliches Verhältnis vor.

 

Gemäß § 4/2 ASVG gilt als Dienstnehmer derjenige, der in einem Verhältnis persönlich und wirtschaftli­cher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Be­schäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen. In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

 

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des ASVG lauten auszugsweise wie folgt:

 

Meldebestimmungen

§ 33

 

(1)       Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Ar­beitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a)     Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten mel­det, und zwar

1.      vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnum­mern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Be­schäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.      die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversi­cherung (vollständige Anmeldung).

(2)     Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Un­fallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldun­gen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Strafbestimmungen

§111

 

(1)       Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bun­desgesetzes

1.      Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.      Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.      Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.      gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versiche­rungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

(2)       Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsüber­tretung zu bestrafen, und zwar

·         mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

·         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstraf­bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwal­tungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Da Herr H von Ihnen in einem dienstnehmerähnlichen Dienstverhältnis beschäftigt wurde und somit der Versicherungspflicht des ASVG unterworden war, sie diesen jedoch nachweislich nicht vor Arbeitsan­tritt beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet habe, ist somit der Tatbestand der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

Schuldfrage:

 

Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 (1) VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn

·         einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und

·         zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und

·         der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Ver­schulden trifft.

Sie haben im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

 

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnten Sie mit Ihrer Rechtfertigung nicht erbringen bzw. geht diese ins Leere.

Sie haben vorgebracht, dass einerseits der Beförderungsvertrag als Werkvertrag gelebt worden und Herr H daher selbstständig tätig gewesen sei und andererseits es für Sie nicht erklärbar sei, dass Ihr Ver­trag mit der Firma M offensichtlich als Werkvertrag angesehen werde, da gegen diese kein Verwal­tungsstrafverfahren eingeleite worden sei, wogegen zwischen Ihnen und Herrn H ein dienstnehmerähnliches Dienstverhältnis bestünde. Dazu muss ausgeführt werden, dass im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht die Geschäftsbeziehung zwischen Ihnen und der Firma M zu betrachten war, sondern einzig und allein Ihr Verhältnis zu Herrn H. Hinsichtlich der Be­gründung, warum die Behörde zur Ansicht gelangte, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein dienstnehmerähnliches Dienstverhältnis handelte, darf auf die oben zitierten Ausführungen verwiesen werden.

 

Indem sie es unterlassen haben sich vor der Beschäftigung von Herrn H bei einer zuständi­gen Stelle, beispielsweise der Finanzpolizei oder der Gebietskrankenkasse zu informieren, haben Sie zumindest fahrlässig gehandelt.

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbe­standsmäßigkeit erwiesen.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass in Anbetracht Ihrer bisherigen Unbescholtenheit trotz des langen Beschäftigungszeitraumes mit der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden konnte.

 

Bei der Berücksichtigung Ihrer Vermögens-, Einkommens- und Familien­verhältnisse ging die Behörde aufgrund Ihrer Angaben von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 2200,- und keinen Sorgepflich­ten aus.

 

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG 1991 maßgebender Bemessungs­gründe ist daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden angemessen.

 

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG 1991 festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts­und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Das Bezirksverwaltungsamtes des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, hat im angefoch­tenen Straferkenntnis vom 12.10.2011 ohne ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchzu­führen wider mich auf Basis der §§ 33 Abs. und Abs. 1a i.V.m. 111 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von € 730,00 verhängt. Als Begründung führte die Verwaltungsstrafbehörde erster In­stanz lediglich an, ich hätte gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen, da ich als Dienstgeber isd § 35 Abs. 1 ASVG seit 20.09.2010 DI H H, geb. X, E, W als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt - monatlich bis zu € 2.800,00 - ausgehend vom Betriebsstandort als Zustellfahrer in einen dienstnehmerähnlichem Arbeits­verhältnis voll beschäftigt hätte. Der in Rede stehende Beschäftigte wäre in meiner Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterwor­fen gewesen und bestünde auch eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebun­denheit, Einschulung durch Firma, Koordinierung der Transportfahrten, Vorgabe der Fahrtru­te, Zeitvorgaben für Lieferungen, Vorgabe des Wochenplanes. Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung isd § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Un­fall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig sei, wäre hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖGKK als zuständigem Sozialver­sicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet worden.

 

Auch wird ohne nähere Begründung den von meinen gefertigten Rechtsvertretern erstatteten Stellungnahmen vom 10.05.2011 und 01.09.2011 die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Wei­ters hat die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz unzulässigerweise davon Abstand ge­nommen, mich, den Beschuldigten dieses Verwaltungsstrafverfahrens, einzunehmen. Ich hätte allerdings zur Aufklärung von Missverständnissen im Zuge einer persönlichen Einver­nahme beitragen können und hätte dies - schon allein aus Gründen der Verpflichtung, den tatsächlichen Sachverhalt zu ermitteln - seitens der Erstbehörde veranlasst werden müssen.

 

Der von der Erstbehörde im angefochtenen Straferkenntnis erhobene und festgestellte Sachverhalt entspricht in keinster Weise den Tatsachen.

 

Unrichtig ist insbesondere, dass gegenständlich keine auf Werkvertrag basierende selbst­ständige Erwerbstätigkeit vorliegen sollte. Davon geht offensichtlich selbst das Finanzamt Grieskirchen-Wels aus, da dem Subunternehmer DI H H eine eigene Steuer­nummer (X) und eine eigene UID-Nr. (ATU X) zugeteilt wurde, was wohl bei einem reinem Dienstnehmerverhältnis jedenfalls nicht erfolgt wäre. Ein weiteres gewichtiges Indiz der Selbstständigkeit des Zeugen DI H H ist der Umstand, dass dieser seit 16.09.2010 über eine eigene Gewerbeberechtigung (Gewerberegister 403/18327 zu GZ BZ-VerkGE-1078-2010 des Magistrates der Stadt Wels) verfügt, und zwar über das Gewerbe 'Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, wenn die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500,00 kg nicht übersteigt'. Ein Dienstnehmer würde jedoch eine derartige Gewerbeberechtigung nicht benötigen. Zu­dem ist der Zeuge DI H H bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert, was ebenfalls ein weiteres Indiz dafür darstellt, dass dieser nicht Dienstnehmer des Beschuldigten sein kann, da er ansonsten wohl bei der OÖGKK ASVG-versichert wäre.

 

Auch der vorliegende Beförderungsvertrag vom 20.09.2011 samt Anhang ist juristisch ein­deutig als Werkvertrag und nicht als Dienstvertrag zu qualifizieren, und zwar nicht nur aufgrund der gewählten Terminologie, sondern auch aufgrund seines Vertragsinhaltes (Punkt I. 2., Punkt I. 3., Punkt I. 4., Punkt III. 1., Punkt III. 2., Punkt VI. 1., Punkt VI. 2., Punkt V. 4.).

 

Zudem wurde das Vertragsverhältnis zwischen dem Beschuldigten und dessen Subunter­nehmer DI H H auch eindeutig als Werkvertrag 'gelebt' und ergibt sich dies auch aus der Beschuldigteneinvernahme vom 10.03.2011, worin der Beschuldigte ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Zeuge DI H H über eine eigene Gewerbebe­rechtigung verfügt, bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert ist und eine eigene Steuernummer sowie UID-Nr. beim Finanzamt Grieskirchen-Wels hat. Der Zeuge DI H H wurde vom Beschuldigten auch ausdrücklich als Subunternehmer bezeich­net und das vertragliche Verhältnis mit Beforderungsvertrag beschrieben.

 

Zudem hat der Beschuldigte auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Zeuge DI H H in keiner persönlichen Abhängigkeit zum Beschuldigten steht, da sich der Zeu­ge selbst um seine Vertretung kümmern muss und sich auch vertreten lassen kann. Weiters hat der Beschuldigte auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Zeuge DI H H über eigene Betriebsmittel, wie etwa Kraftfahrzeug und Handy verfügt und zudem einen eigenen Dienstnehmer bei ihm fix angestellt hat, und zwar den Zeugen S Z, geb. X. Es wäre wohl nicht erklärlich, dass, wäre der Zeuge DI H H tatsächlich Dienstnehmer des Beschuldigten, ein Dienstnehmer einen weiteren Dienstneh­mer bei ihm fix anstellt

 

Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz führt im angefochtenem Straferkenntnis auf Sei­te 11 zwar zutreffenderweise aus, dass vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhal­tes auszugehen sei, qualifiziert diesen wahren wirtschaftlichen Gehalt jedoch unrichtig, da sie die vom Subunternehmer DI H H zu erbringende Leistung nicht als Werk qualifiziert.

 

Tatsächlich handelt es sich jedoch bei der verfahrensgegenständlichen Transportleistung um eine Erfolgsverbindlichkeit und keine bloße Sorgfaltsverbindlichkeit, da gemäß dem vorlie­gendem Werkvertrag ein Erfolg und nicht bloß sorgfältiges Bemühen um den Erfolg vom Subunternehmer DI H H geschuldet äst. Der Erfolg seiner Leistung liegt in der auftrags-, frist- und ordnungsgemäßen Durchführung der Transportleistung, sohin in der er­folgreichen Verbringung der medizinischen Produkte vom Ort A zum Ort B. Würden die me­dizinischen Produkte beim Transport durch den Subunternehmer DI H H etwa in Verstoß geraten oder beschädigt werden, würde der Subunternehmer Dl H H gegenüber dem Beschuldigten nach Maßgabe des vorliegenden Werkvertrages gewährleis­tungsrechtlich haften, sodass auch aus diesem Grund die von der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz vorgenommene Subsumtion des gegenständlichen Rechtsverhältnisses als Dienstnehmer- bzw. dienstnehmerähnliches Verhältnis ins Leere geht. Dies muss jedoch umso mehr gelten, als ein zwischen der M M L und S GmbH und dem Beschuldigten im Wesentlichen gleichlautender Beförderungsvertrag vom 19.01.2004 bis dato immer als Werkvertrag qualifiziert wurde. Wenn nunmehr der Beschul­digte im Sinne eines defakto Back-to-Back Vertrages ein im wesentlichen gleichlautendes Vertragswerk zwischen dem Zeugen DI H H und ihm erstellt, kann - auch im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsordnung und der Rechtssicherheit - nicht ein und das­selbe Vertragsverhältnis einmal als werkvertraglich (und daher nicht dem ASVG unterlie­gend) und derselbe Vertrag ein andermal als dienstnehmerähnliches Arbeitsverhältnis (und daher dem ASVG unterliegend) qualifiziert werden, noch dazu, wenn dieses Vertragsverhält­nis in beiden Fällen tatsächlich gleich 'gelebt' wird.

 

Auch der Umstand, dass der Beschuldigte seinem Subunternehmer DI H H ge­genüber für den Abschluss eines Leasingvertrages bestätigt hat, dass dieser monatlich brut­to € 2.800,00 verdienen würde, kann dem Beschuldigten nicht zum Nachteil gereichen, da hier lediglich eine auf den Migrationshintergrund zurückzuführende unglückliche Terminolo­gie gewählt wurde; gemeint war tatsächlich, dass die gegenständliche 'Tour E' einen monatlichem Auftragsvolumen von etwa brutto € 2.800,00 entspricht. Der Umstand, dass der Subunternehmer DI H H das wesentliche Betriebsmittel Kraftfahrzeug selbst auf eigene Gefahr und Rechnung geleast hat, spricht wiederum eindeutig für das Vorliegen ei­nes nicht dem ASVG unterliegenden Werkvertrages. Der Umstand, dass diverse Transport­behältnisse vom Land an den Beschuldigten und von diesem wiederum weiter an seinen Subunternehmer DI H H zur Verfügung gestellt werden, liegt in der Natur des gegenständlichen Beförderungsvertrages und stellt diese geringfügige Betriebsmittel Zur­verfügungstellung in Bezug auf die Transportbehältnisse beim Beschuldigten lediglich einen 'Durchläufer' dar. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte seinem Subunternehmer DI H H Transportbehältnisse zur Verfügung stellt, son­dern bloß ihm selbst zur Verfügung gestellte Transportbehältnisse - offensichtlich aus logisti­schen Vereinfachungsgründen - weiter zur Verfügung stellt. Doch selbst wenn der Beschul­digte seinem Subunternehmer die gegenständlichen Transport­behältnisse zur Verfügung stellen würde, handelt es sich hiebei lediglich um geringfügige Betriebsmittel, die an der rechtlichen Qualifikation des gegenständlichen tatsächlich gelebten Vertragsverhältnisses als nicht dem ASVG unterliegender Werkvertrag nichts ändern würde.

 

Ich erlaube mir daher nochmals festzuhalten, dass bislang die Verwaltungsstrafbehörde ers­ter Instanz in jeder Hinsicht eine Begründung für die wider mich verhängte Strafe und den Schuldspruch schuldig geblieben ist, sich auf bloße Vermutungen stützt und in keinerlei Art und Weise nachvollziehbar ist, weshalb die wider mich ausgesprochene Strafe gerechtfertigt sein sollte. Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des ASVG ist zu keinen Zeitpunkt vorgele­gen und auch nicht schlüssig nachvollziehbar. Insofern erlaube ich mir auch darauf hinzu­weisen, dass für den Fall der Erlassung eines Straferkenntnisses die Behörde mit an Sicher­heit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen muss, dass eine Verwaltungsübertretung vorgelegen hat. Auch dies ist der Erstbehörde in keinster Weise gelungen.

 

Zum Beweis meines Vorbringens beantrage ich die Durchführung einer öffentlichen mündli­chen Verhandlung vor der Berufungsbehörde, beantrage in diesem Zusammenhang meine persönliche Einvernahme als Beschuldigtem sowie die zeugenschaftliche Einvernahme von DI H H, geboren X, E, W sowie die zeugen­schaftliche Einvernahme von S Z, geb. X, R, T, jeweils zum Beweis dafür, dass das Rechtsverhältnis zwischen mir und dem Subunterneh­mer DI H H keinesfalls ein dem ASVG unterliegendes Dienstverhältnis bzw. dienstnehmerähnliches Verhältnis ist, sondern ein Werkvertrag."

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 17.2.2011 enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Aufgrund der Niederschrift mit H H, geb. X, gem. § 89 Abs. 3 Einkommensteuergesetze 1988 iVm § 143 Bundesabgabenordnung mit einer zur Auskunft verpflichteten Person, gab dieser hinsichtlich seiner Tätigkeit an, dass er seit September 2010 (Beginn der Tätigkeit 21.9.2010) als selbständiger gewerblicher Zusteller Kleintransporte durchführe.

 

Aufgrund seiner Angaben mußte aber festgestellt werden, dass er persönlich und wirtschaftlich von seinem Auftraggeber derart abhängig ist, dass von einer nichtselbständigen Tätigkeit auszugehen ist Auch aufgrund der Einfachheit der zu verrichtenden Arbeit kann von keiner selbständigen gewerbliche Tätigkeit ausgegangen werden.

 

Dies ergibt sich aus in dem mit H aufg          enommenen Sachverhalt.

a)      Einschulung durch den Auftraggeber persönlich

b)      B hat den Fahrer bei seinem Auftraggeber bekanntgeben müssen

c)      B hat die Leitung der Transporte der Fa. M für ganz

d)     B koordiniert die Transportfahrten für die Fa. M

e)      B gibt Wochenpläne für anstehende Transporte bekannt

f)       für Lieferungen sind Zeitvorgaben vorgegeben

g)      H hat sich an den Fahrplan B zu halten um die Fahrtkosten so gering wie möglich zu halten

h)      B stellt auch eine Vertretung bei Verhinderung

i)        es besteht keine Transportversicherung

 

H H wurde hinsichtlich seiner Tätigkeit von B F nicht als Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet.

 

Aufgrund des Sachverhalts liegt von einem Verstoß nach dem Allgemeinen

Sozialversicherungsgesetz vor und es wird die Einleitung eines entsprechenden Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Beweismittel:

-         Niederschrift aufgenommen mit H H

-         Beförderungsvertrag

-         Bestätigung vom 3.1.2011

-         Rechnungen

-         Leasingvertrag

-         Auszug aus dem Gewerberegister

-         SV-Abfrage

-         ZMR Abfragen"

 

Beigelegt ist die mit DI H H am 11.2.2011 aufgenommene Niederschrift:

 

"Sie geben an seit September 2010 selbständig zu sein. Welche Tätigkeit üben sie aus?

Antwort:

Ich mache Kleintransporte für die Fa. B F, L, W

Wie sind sie zu ihrem Auftraggeber der Fa. B F gekommen und haben sie für ihre Tätigkeit eine Einschulung erhalten. ?

Antwort:

Über einen Bekannten bin ich zu Fa. B gekommen. Ich wurde von B hinsichtlich der anzufahrenden Ärzte und Tierärzte eingeschult.

Um welche Transporte handelt es sich dabei?

Antwort:

Es ist so, dass mein Auftraggeber B F mit der Fa. M, S einen Vertrag hat, dass er für Arztpraxen Zustellungen macht (medizinische Produkte etc.). Außerdem macht er Bluttransporte von Arztpraxen zu Laboren in L und E. Ich habe von B diesbezüglich die Fahrten im Räume E und Umgebung erhalten. B hat diesbezüglich mit der Fa. M eine Abmachung getroffen. Er hat dort bekanntgeben müssen, wer die Transporte für ihn durchführt. Die Fahrten werden von mir am Tage durchgeführt.

B hat die Leitung der Transporte der Fa. M für ganz und dies schon längere Zeit. Er ist diesbezüglich für die lückenlose Abwicklung der anfallenden Transporte was die Koordinierung betreffend der Fahrtstrecke (hinsichtlich Kostenersparnisse) betrifft zuständig.

Brauchen sie für ihre Transporte spezielle Transportbehältnisse (Kühlbox) etc.?

Antwort:

Von der Fa. M werden den Kunden (Ärzten und Tierärzten) entsprechende Behältnisse aus Styropor mit sterilen Gefäßen zur Verfügung gestellt.

Haben sie sich eventuell auch an Anweisungen der Fa. M zu halten?

Antwort:

Die Fa. M erteilt B die täglichen Aufträge und dieser gibt sie an mich weiter.

Sind sie bei ihren Fahrten an gewisse Zeiten gebunden und wer gibt ihnen die Zeiten vor?

Antwort:

Über die Zustellfahrten hat B die Oberleitung. Von ihm bekomme ich wöchentlich einen Plan, welche Fahrten ich zu machen habe. Er teilt sozusagen die Fahrtstrecke ein, damit ich nicht zu viele Tageskilometer mache. Er macht für mich einen Wochenplan und zwischendurch bekomme ich telefonisch oder mittels SMS weitere Aufgaben zugeteilt. Der Wochenplan macht dabei ca. 70 % meiner Arbeit aus.

Die Lieferungen müssen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in den jeweiligen Labours abgeliefert werden.

Sie geben an, dass B ihre Tour einteilt damit sie nicht zu viele Tageskilometer machen. Haben sie sich an seine Vorgaben zu halten und was ist, wenn sie sich nicht daran halten?

Antwort:

B ist über den jeweiligen Tourenplan im Bilde. Es ändert diesen Plan auch Telefonisch, wenn z.B. bei einem Arzt Probe außertourlich abzuholen ist. Sollte ich mich nicht an seinen Plan halten und so mehr Kilometer fahren, bekomme ich diese nicht bezahlt. B sind die einzelnen Entfernungen genau bekannt.

Wenn sie einmal nicht fahren können, wer macht dann ihre Tour bzw. was haben sie diesbezüglich mit ihrem Auftraggeber ausgemacht?

Antwort:

Zwischen B und mir besteht ein schriftlicher Vertrag hinsichtlich meiner Zustellungen. Es ist so, dass mit B vereinbart wurde, dass vorläufig bei einem Ausfall von mir, von ihm eine Vertretung eingesetzt wird. Dies ist auch schon einmal geschehen, weil ich aufgrund der Schneelage nicht fahren konnte. Für einen späteren Zeitraum haben wir aber ausgemacht, dass ich für solche Fälle eine Vertretung selbst zu stellen habe.

Der von ihnen diesbezüglich vorgelegte Vertrag wurde von ihnen nicht unterschrieben. Gibt es dafür einen Grund?

Antwort:

Es ist mein Exemplar. Der Vertrag welcher bei B liegt, wurde von mir unterschrieben.

Wie wird ihre Kilometerleistung (nach der sie bezahlt werden) von ihrem Auftraggeber kontrolliert bzw. nimmt ihr Auftraggeber auf ihre Fahrtroute Einfluß?

Antwort:

B ist über den jeweiligen Tourenplan genau informiert was die Entfernungen betrifft. Er erteilt die Aufträge bzw. die jeweilige Tour so ein, dass die Kilometerleistung so gering wie möglich ausfällt.

Was haben sie mit B hinsichtlich der Entlohnung vereinbart?

Antwort:

Es ist so, dass ich pro gefahrenen Kilometer 37 Cent bekomme. In diesen 37 Cent sind mein Zeitaufwand und die Fahrzeugkosten enthalten.

In der Bestätigung vom 3.1.2011 gibt B an, dass sie monatlich bis ca. 2800 € Btto bei ihm verdienen. Wie ist das zu verstehen?

Antwort:

Dabei handelt es sich nur um das Kilometergeld was mit ihm vereinbart wurde. Es gibt keinen Fixlohn.

Haben sie eine Transportversicherung?

Antwort:

Nein

Sie geben im Fragebogen an, dass sie im Eröffnungsjahr 6000 € und im Folgejahr 20.000 € an Umsätzen machen.

Mit diesen Umsätzen sind sie Kleinunternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (genaue Erklärung hinsichtlich Optierung und deren Folgen). Warum stellen sie Rechnungen mit Umsatzsteuer? (momentan Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung)

Antwort:

B hat mir gesagt dass ich die Rechnungen mit Umsatzsteuer stellen soll.

Aufgrund der Aktenlage sind sie Kleinunternehmer. Falls sie darauf verzichten wollen ist ein Antrag notwendig, ebenso für die Vergabe einer Umsatzsteueridentifikationsnummer.

Sie geben weiters an, dass der Gewinn im Eröffnungsjahr 3000 € und im Folgejahr 10.000 € sein wird. Wie werden sie ihren Lebensunterhalt bestreiten?

Antwort:

Ich beabsichtige weitere Aufträge, eventuell auch von anderen Firmen, anzunehmen.

In der Bestätigung vom 3.1.2011 (Aussteller B F) gibt dieser bekannt, dass sie monatlich bis 2.800 € (Btto) bei ihm verdienen. In den vorgelegten Rechnungen (1-3) rechnen sie über 'Labortransporte' ab. Erhalten sie neben den 'Labortransportkosten' auch noch einen Lohn oder eine Entschädigung?

Antwort:

Nein

Gibt es bereits eine steuerliche Vertretung?

Antwort:

Ich beabsichtige Frau K als Steuerberater zu nehmen."

 

Beigelegt ist ferner der Beförderungsvertrag:

 

"BEFÖRDERUNGSVERTRAG

 

geschlossen zwischen

Herrn

F B

W

L

im folgenden kurz 'Auftraggeber' genannt

und

Herrn

H H

E

W

im folgenden kurz 'Auftragnehmer' genannt

wie folgt

 

I.       VERTRAGSGEGENSTAND

 

1.      Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der Durchführung von Laborprobentransporten und Transporten anderer medizinischer Artikel gemäß gesondert bekannt zugebenden Tourenplan

 

2.      Der Auftragnehmer hat selbst und auf eigene Rechnung für die Durchführung der Touren zu sorgen und hierfür die erforderlichen Betriebsmittel (PKW, etc.) beizubringen. Er übt die vertragsgegenständlichen Tätigkeiten selbstständig und weisungsungebunden aus; er ist insbesondere an keinen Dienstort gebunden. Der Auftragnehmer verfügt über sämtliche für die Durchführung der in Absatz 1 genannten Tätigkeiten erforderlichen Gewerbeberechtigungen.

 

3.      Der Auftragnehmer ist berechtigt, für die Durchführung der in Absatz 1 genannten Tätigkeiten Dritte einzusetzen. Er verpflichtet sich, diese vor deren erstmaligen Einsatz dem Auftraggeber schriftlich bekannt zu geben. Die Abrechnung für die Vertretung durch Dritte hat der Auftragnehmer direkt mit dem Dritten vorzunehmen.

 

4.      Die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich, dass der Auftragnehmer hinsichtlich der übernommenen Tätigkeiten keinem Konkurrenzverbot unterliegt, sondern daneben Leistungen gegenüber Dritten erbringen darf. Der Auftragnehmer erklärt sich indes bereit, dem Auftraggeber auf dessen Verfangen Art und Ausmaß der Leistungserbringung gegenüber Dritten bekannt zu geben, soweit der Auftragnehmer dadurch weder gegen allfällige gesetzliche oder vertraglich übernommene Pflichten verstößt.

 

 

II.        VERTRAGSDAUER, KÜNDIGUNG

 

1.      Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Dauer, beginnend mit 20.09.2010. geschlossen. Dieser Vertrag kann von beiden Vertragsteilen schriftlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat jeweils zum Ende des Monats gekündigt werden.

 

2.      Ungeachtet der ordentlichen Kündigung gemäß Absatz 1 ist der Auftraggeber berechtigt, diesen Vertrag schriftlich mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund aufzulösen, insbesondere wenn der Auftragnehmer seine vertraglichen Leistungen nicht vereinbarungsgemäß erbringt oder gegen eine Bestimmung dieses Vertrages verstößt.

 

III.       HONORAR

 

1.      Der Auftragnehmer stellt dem Auftraggeber für die Durchführung der in Punkt I. Absatz 1 genannten Tätigkeiten ein angemessenes Honorar wie im Anhang zu diesem Vertrag geregelt in Rechnung. Die Vertragsparteien halten einvernehmlich fest, dass die Versteuerung des Honorars ausschließlich dem Auftragnehmer obliegt. Für die Abfuhr allfälliger Sozialversicherungsbeiträge bzw dem Abschluss einer allfälligen Pflichtversicherung hat der Auftragnehmer selbst zu sorgen.

 

2.      Das Honorar ist jeweils am 20. Tag des auf das Monat der Leistungserbringung rechtzeitig einer ordnungsgemäße Rechnung an den Auftraggeber legt.

 

IV.     GEWÄHRLEISTUNG UND HAFTUNG

 

1.      Der Auftragnehmer leistet Gewähr und haftet dafür, dass er oder von ihm beauftragte Dritte über sämtliche für die Durchführung der in Punkt I. Absatz 1 genannten Tätigkeiten erforderlichen Gewerbeberechtigungen verfügen.

 

2.      Der Auftragnehmer leistet Gewähr und haftet dem Auftraggeber für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung der transportierten Waren in der zeit von der Annahme bis zur Ablieferung oder durch Verzug entsteht. Diese Haftung besteht auch dann, wenn sich der Auftragnehmer eines Dritten zur Durchführung der in Punkt I. Absatz 1 genannten Tätigkeiten bedient.

 

V.      SCHLUSSBESTIMMUNGEN

 

1.      Nebenabreden wurden - mit Ausnahme des jeweils bekannt zu gebenden Tourenplans und der Termine für die Erbringung der Transportleistungen - keine getroffen. Abänderungen oder Ergänzungen dieses Vertrags bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für das Abgehen von Schriftformerfodernis.

 

2.      Dieser Vertrag kann ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Auftraggebers nicht auf Dritte übertragen werden.

 

3.      Sollte irgendeine Bestimmung dieses Vertrages oder eine nachträgliche Änderung oder Ergänzung unwirksam, ungültig oder undurchsetzbar sein oder werden oder dieser Vertrag Lücken enthalten, wird dadurch die Wirksamkeit, Gültigkeit oder Durchsetzbarkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Im Falle der Unwirksamkeit, Ungültigkeit oder Undurchsetzbarkeit einer dieser Bestimmungen gilt zwischen den Vertragsparteien einer dieser Bestimmungen dem wirtschaftlichen Ergebnis möglichst nahe kommende und nicht dieser Bestimmungen unwirksame, ungültige oder unddurchsetzbare Bestimmung als vereinbart. Im Falle von Lücken gilt das, was nach dem Sinn und Zweck dieser Vereinbarung vernünftigerweise vereinbart worden wäre, hätte man die Lücke von vornherein bedacht. In diesem Fall sind die Vertragspartner verpflichtet, der künftigen Klarheit halber diesen Vertrag zu ergänzen.

 

4.      Auf diesen Vertrag ist materielles österreichisches Recht anzuwenden. Arbeitsrechtliche Bestimmungen finden auf das vorliegende Vertragsverhältnis keine Anwendung.

 

5.      Für alle Streitigkeiten über das Eingehen, das Zustandekommen oder die Rechtswirksamkeit dieses Vertrags oder über Rechtswirkungen aus diesem Vertrag wird die Zuständigkeit des sachlich in Betracht kommenden Gerichts für Linz Stadt vereinbart.

 

6.      Dieser Vertrag wird in 2 Ausfertigungen errichtet, von denen jeder Vertragspartei eine zusteht."

 

Beigelegt sind ferner Rechnungen von H H an den Bw samt nach Tagen aufgeschlüsselten Kilometerleistungen.

 

Beigelegt ist ferner ein Leasingantrag von H H betreffend Peugeot 206 XA und ein Abbuchungsauftrag vom 20.12.2010.

 

Beigelegt ist ferner ein Gewerberegisterauszug betreffend H H. Gewerbewortlaut: Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, wenn die Summe der höchstzulässigen Gesamtgewichte insge­samt 3.500 kg nicht übersteigt. Wirksam ab 16.9.2010.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung äußerte sich der Bw persönlich vor der Behörde wie folgt:

 

"Herr H H hat eine aufrechte Gewerbeberechtigung 'Güterbeförderung' seit 16.09.2010, ist pflichtversichert bei der SVA gew. Wirtschaft und hat eine Steuernummer beim FA Wels. Ich habe einen Vertrag mit der Firma M, S und Herr H H ist Subunternehmer von mir. (Beförderungsvertrag liegt vor.)

Es gibt daher keine persönliche Abhängigkeit, da er sich selber um seine Vertretung kümmern muss und sich auch vertreten lassen kann. Wenn er einen angenommenen Auftrag nicht durchführen kann, dann muss er sich selbst darum kümmern. Lediglich einmal, als sein Fahrzeug nicht mehr funktionierte, wurden die von ihm transportierten Waren in mein Auto umgeladen, da ich mich gerade zufällig in der Nähe befunden habe. Die Aussage vor der KIAB, dass vorläufig von mir eine Vertretung eingesetzt werde, stimmt so keinesfalls.

Herr H H hat eigene Betriebsmittel wie Fahrzeug, Handy und auch einen Dienstnehmer, der bei ihm fix angestellt ist.

Die einzelnen Touren wurden von der Firma M geplant, an mich übergeben und es werden die Änderungen mir per Mail oder telefonisch übermittelt. Die übermittelten Änderungen werden telefonisch an die einzelnen Fahrer weitergegeben und von diesem in die Tour eingebaut. Auch an den Herrn H. Die Überprüfung der gefahrenen Kilometer erfolgte so, dass Herr H H seine Kilo­meterleistung aufgeschrieben hat und nach dieser wurde auch bezahlt.

Im Falle von Änderungen innerhalb der Tour kann der Fahrer dies jederzeit ablehnen und seine ur­sprünglich geplante Tour fortsetzen. Dafür sind auch keine Konsequenzen vorgesehen. Die Änderun­gen werden dann von mir selber wahrgenommen, wenn es sich um dringende Erledigungen handelt. Wenn dies nicht dringend ist, dann wird der Transport auf den nächsten Tag verschoben und in die zweckmäßigste Tour eingeplant.

Die Aussage, dass ich aufgrund des Tourenplans über die Kilometerleistung Bescheid wüsste, stimmt nicht. Herr H H fährt seine Tour im M und es ist vorgekommen, dass er mich an­gerufen und nachgefragt hat, wie er günstigenfalls fahren solle. Da habe ich ihm lediglich die Auskunft gegeben, welche Route kürzer bzw. günstiger sein kann. Ob er das auch angenommen hat, weiß ich nicht.

Neben dem Vertrag, der zweimal ausgestellt wurde, habe ich ihm für den Abschluss eines Leasingver­trages die Bestätigung, dass er etwa € 2800,00 brutto verdienen würde, ausgestellt. Auch der neue Vertrag wurde damals unterfertigt.

Wenn Transportgüter verloren gehen, haftet er selber. Ob er eine Transportversicherung abschließt oder nicht, ist seine eigene Angelegenheit.

Angeben möchte ich noch, dass Herr H H über sehr mangelhafte Deutschkenntnisse ver­fügt."

 

Mit Schriftsatz vom 1.4.2011 äußerte sich das Finanzamt Grieskirchen Wels wie folgt:

 

"Zur Rechtfertigung des Beschuldigten wird ausgeführt, dass diese aus ha. Sicht nicht geeignet ist den Tatvorwurf zu entkräften.

 

Eine selbständige Betätigung liegt vor, wenn sie ohne persönliche Weisungsgebundenheit und ohne organisatorische Eingliederung in einen anderen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr und unter eigener Verantwortung betrieben wird, der Steuerpflichtige das Unternehmerwagnis trägt und sich vertreten lassen kann.

Grundsätzlich ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt (wie das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gelebt wird) und nicht von der äußeren Erscheinungsform (Vertrag, Anmeldung zur SV oder Gewerbeberechtigung) auszugehen.

 

Faktum ist, dass H H bei seinen Abhol- bzw. Zustellfahrten derartig von seinem Auftraggeber anhängig ist, dass von nichtselbständigen Tätigkeit auszugehen ist. Dahingehend sind den Erstausführungen von H in der Niederschrift vom 11.2.2011 mehr glauben zu Schenken als den Ausführungen des Beschuldigten vom 10.3.2011. Der Beschuldigte führt in seiner Stellungnahme an, dass von der Fa. M die Touren übergeben. Sollten Änderungen von der Fa. M vorgenommen werden, dann werden diese von B dirket an die Fahrer weitergeleitet und von diesen in die Tour eingebaut.

 

H hat dazu angegeben, dass B die Transporte der Fa. M übernommen hat. B macht für seine Fahrer Wochenpläne, so auch für H. Für die einzelnen Tagestouren wird von B die Fahrtstrecke vorgeschrieben, damit sich die Tageskilometer in Grenzen halten. Sollte diese nicht eingehalten werden und dadurch mehr Kilometer anfallen, so werden diese nicht bezahlt. B sind die einzelnen Entfernung der Abholorte genau bekannt.

B ändert auch kurzfristig den Tagesplan telefonisch, wenn eine Probe außertourlich abzuholen ist.

B ist über den jeweiligen Tourenplan genau informiert und teilt die jeweilige Tour bzw. zusätzliche Abholungen so ein, dass die Kilometeranzahl so gering wie möglich ausfällt. Dies ist genau im Sinne von B, da mit H eine Entlohnung nach Kilometerleistung vereinbart wurde. Mit 0,375 € pro gefahrenen Kilometer gelangt nicht einmal das amtliche Kilometergeld zur Auszahlung,

 

Was das Betriebsmittel Fahrzeug anbelangt, konnte dieses von H nur angeleast werden, weil ihm von B eine Bestätigung, dass er monatlich etwa 2.800,- € verdienen werde, ausgestellt wurde. Außerdem handelt es sich bei diesem Fahrzeug (Peugeot 206 XA) um kein Fahrzeug, welches ein wesentliches Betriebsmittel darstellt. Auch die Transportbehältnisse (Behälter aus Styropor) werden vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt.

 

Laut Beförderungsvertrag ist H (Pkt. 3 I. Vertragsgegenstand) berechtigt für die übertragene Transporttätigkeit Dritte einzusetzen. Er verpflichtet sich, diese vor deren erstmaligen Einsatz dem Auftraggeber schriftlich bekannt zu geben.

Diese Regelung betrifft offensichtlich die Weitergabe einer Tour an einen Subunternehmer nicht jedoch die Vertretung bei Krankheit, Urlaub oder sonstige Unabkömmlichkeit des Auftragnehmers.

Bei einem Verhinderung bzw. Ausfall von H hat dieser mit B mündlich vereinbart, dass von B eine Vertretung eingesetzt wird, was auch schon geschehen sei.

 

Was die Deutschkenntnisse von H anbelangt, konnte mit ihm eine Niederschrift aufgenommen werden. Außerdem ist davon auszugehnen, wenn man einem Österreichischen Staatsbürger eine Rechtsbelehrung erteilt, dieser angibt, dass er sie verstanden hat; einfache Fragen stellt und Antworten bekommt, welche einen Sinn auf die Frage ergeben, er der Amtshandlung folgen konnte.

 

Das Finanzamt Grieskirchen Wels beantragt daher, das Strafverfahren durchzuführen und eine Bestrafung wegen Überschreitung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes auszusprechen."

 

 

Mit Schriftsatz vom 10.5.2011 nahm der Bw wie folgt Stellung:

 

"Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, er habe als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG seit 20.09.2009 DI H H, geb. X, E, W als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt - monatlich bis zu € 2,800,00 - ausgehend vom Betriebsstandort als Zustellfahrer in einem dienstnehmer­ähnlichen Arbeitsverhältnis vollbeschäftigt. DI H H sei der Firma des Beschuldigten organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen; auch bestehe eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit - Einschulung durch Firma, Koordinierung der Transportfahrten, Vorgabe der Fahrtroute, Zeitvorgaben für Lieferungen, Vorgabe des Wochenplanes. Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen wäre und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig sei wäre hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖGKK als zuständigem Sozialversicherungsträger vor Aufnahme der Tätigkeit nicht erstattet worden. Der Beschuldigte habe daher gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen und dadurch den Tatbestand des § 111 ASVG verwirklicht.

 

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der Verwaltungs­strafbehörde erster Instanz vom 12.04.2011 ist dem Beschuldigten die Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 01.04.2011 zugestellt worden und ihm eine 4-wöchige Stellungnahme/Rechtsfertigungsfrist ab Zustellung der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme am 15.04.2011 eingeräumt worden. Binnen offener Frist erstattet nunmehr der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Verteidiger nachfolgende

 

I. Stellungnahme/Rechtfertigung

 

an das Bezirksverwaltungsamt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz als Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz wie folgt:

Der vom Finanzamt Grieskirchen Wels angenommene Sachverhalt entspricht in keinster Weise den Tatsachen. Richtig ist lediglich, dass eine selbständige Betätigung dann vorliegt, wenn sie ohne persönliche Weisungsgebundenheit und ohne organisatorische Eingliederung in einen anderen Betrieb auf; eigene Rechnung und Gefahr und unter eigener Verantwortung betrieben wird, der Steuerpflichtige das Unternehmerwagnis trägt und sich vertreten lassen kann. Weiters ist richtig, dass grundsätzlich vom wahren wirtschaftlichen Gehalt (wie das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gelebt wird) und nicht von der äußeren Erscheinungsform (Vertrag, Anmeldung zur Sozialversicherung oder Gewerbeberechtigung) auszugehen ist.

 

Unrichtig ist jedoch und ausdrücklich bestritten wird jedoch, dass diese Parameter, die eine selbständige Erwerbstätigkeit kennzeichnen, gegenständlich nicht vorliegen sollten. Davon geht nunmehr offensichtlich selbst das Finanzamt Grieskirchen Wels aus, da dem Subunternehmer DI H H eine eigene Steuernummer (X) und eigene UID Nummer (ATU X) zugeteilt wurde, was wohl bei einem Dienstnehmerverhältnis nicht erfolgt wäre. Ein weiteres Indiz der Selbständigkeit des Zeugen DI H H ist der Umstand, dass dieser seit 16.09.2010 über eine eigene Gewerbeberechtigung (Gewerberegister 403/18327 zu BZ VerkGe1078-2010 des Magistrates der Stadt Wels) verfügt, und zwar über das Gewerbe 'Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, wenn die Summe der höchstzulässigen Gesamtgewicht die insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt'. Ein Dienstnehmer würde jedoch eine derartige Gewerbeberechtigung nicht benötigen. Zudem ist der Zeuge DI H H bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert, was ebenfalls ein Indiz darstellt, dass dieser nicht Dienstnehmer des Beschuldigten ist, da er ansonsten wohl bei der OÖGKK ASVG versichert wäre.

 

Auch der vorliegende Beförderungsvertrag vom 20.09.2010 samt Anhang ist juristisch eindeutig als Werkvertrag und nicht als Dienstvertrag zu qualifizieren, und zwar nicht nur aufgrund der gewählten Terminologie sondern auch aufgrund seines Vertragsinhaltes (Punkt I 2, Punkt I 3, Punkt 14, Punkt III 1, Punkt III 2, Punkt IIII 1, Punkt IIII 2, Punkt V 4).

 

Auch wurde das Vertragsverhältnis zwischen dem Beschuldigten und dessen Subunternehmer DI H H auch eindeutig als Werkvertrag 'gelebt' und ergibt sich dies insbesondere auch aus der Beschuldigteneinvernahme vom  10.03.2011, worin  der Beschuldigte ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Zeuge DI H über eine aufrechte Gewerbeberechtigung verfügt, bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert ist und eine eigene Steuernummer sowie UID Nummer beim Finanzamt Wels-Grieskirchen hat. Der Zeuge DI H wird vom Beschuldigten auch ausdrücklich als Subunternehmer bezeichnet und das vertragliche Verhältnis mit Beförderungsvertrag' beschrieben. Der Beschuldigte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Zeuge DI H in keiner persönlichen Abhängigkeit des Beschuldigten steht, da sich der Zeuge selbst um seine Vertretung kümmern muss und sich auch vertreten lassen kann. Weiters hat der Beschuldigte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Zeuge DI H über eigene Betriebsmittel wie Fahrzeug und Handy verfügt und auch einen Dienstnehmer bei ihm fix angestellt hat, und zwar den Zeugen S Z, geb. X, p.A. DI H H, E, W. Es wäre wohl nicht erklärlich, dass, wäre der Zeuge DI H H tatsächlich als Dienstnehmer des Beschuldigten zu qualifizieren ein Dienstnehmer einen weiteren Dienstnehmer bei ihm fix anstellt.

 

All diese Umstände sprechen eindeutig dafür, dass gegenständlich kein Dienstverhältnis und kein dienstnehmerähnliches Rechtsverhältnis, welches eine ASVG Meldepflicht nach sich ziehen würde, vorliegt.

 

Der Umstand, dass die einzelnen Touren in Absprache mit dem Auftraggeber des Beschuldigten, der M M L und S GmbH, Z, S durchgeführt werden und gegebenenfalls kurzfristig per E-Mail oder telefonisch geändert werden in Verbindung mit dem Umstand dass diese Änderungen telefonisch an den Zeugen DI H vom Beschuldigten weitergegeben werden liegt, in der Natur der Sache und rechtfertigt keinesfalls die Annahme einer organisatorischen Eingliederung bzw. Weisungsgebundenheit.

 

Richtig ist vielmehr - wie sich aus der unter einem vorgelegten Urkunde ergibt -das zwischen der M M L und S GmbH und dem Beschuldigten ein im wesentlichen gleichlautender Beförderungsvertrag vom 19.01.2004 (ebenfalls samt Anhang) vorliegt und man hier bis dato seit Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, auch dieses Rechtsverhältnis als dienstnehmerähnlich und daher dem ASVG unterliegend zu qualifizieren. Wenn nun der Beschuldigte im Sinne eines 'Defacto-back-to-back Vertrages' ein im wesentliches gleichlautendes Vertragswerk mit dem Zeugen DI H erstellt, kann im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsordnung und der Rechtssicherheit nicht ein und dasselbe Vertragsverhältnis einmal als werkvertraglich (und daher nicht dem ASVG unterliegend) und derselbe Vertrag einmal als dienstnehmerähnliches Arbeitsverhältnis (daher dem ASVG unterliegend) qualifiziert werden, wenn dieses Vertragsverhältnis in beiden Fällen tatsächlich gleich 'gelebt' wird.

 

Was den Umstand anbelangt, dass der Beschuldigten den Zeugen DI H für den Abschluss eine Leasingvertrages bestätigt hat, dass dieser monatlich brutto € 2.800,00 verdienen würde, so kann auch diesbezüglich kein dem Beschuldigten zum Nachteil gereichender Sachverhalt konstruiert werden, zumal dieser hiermit lediglich gemeint hat, dass die gegenständliche 'Tour E' einem monatlichen Auftragsvolumen von etwa brutto € 2,800,00 entspricht. Der Umstand, dass der Zeuge DI H das Betriebsmittel Kraftfahrzeug selbst auf eigene Gefahr und Rechnung geleast hat spricht wiederum eindeutig für das Vorliegen eines nicht dem ASVG unterliegenden Werkvertrages, da es sich hiebei wohl um das wichtigste Betriebsmittel in gegenständlichem Fall handelt. Der Umstand, dass diverse Transportbehältnisse vom Land an den Beschuldigten und von diesem wiederum weiter an seinen Subunternehmer DI H gegeben werden liegt in der Natur des gegenständlichen Beforderungsvertrages und stellt diese Betriebsmittelzurverfügungstellung in Bezug auf die Transportbehältnisse beim Beschuldigten lediglich einen 'Durchläufer' dar; es kann daher nicht davon ausgegangen' werden, dass der Beschuldigte seinem Subunternehmer, dem Zeugen DI H Transportbehältnisse zur Verfügung stellt, sondern bloß ihm selbst zur Verfügung gestellte Transportbehältnisse weiter zur Verfügung stellt.

Doch selbst wenn dies der Fall wäre, was ausdrücklich bestritten wird, handelt es sich hierbei lediglich um geringfügige Betriebsmittel  die an der rechtlichen Qualifikation des gegenständlichen  tatsächlich  gelebten  Vertragsverhältnisses  als  nicht  dem  ASVG unterliegender Werkvertrag keine Änderung zulassen würden.

 

Unrichtig in der Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 01.04.2011 ist insbesondere auch, dass durch Nichteinhaltung von Tourenplänen verursachte Mehrkilometer vom Beschuldigten nicht bezahlt werden würden. Richtig ist vielmehr, dass derartige Mehrkilometer vom Beschuldigten sehr wohl bezahlen werden. Zudem wird darauf hingewiesen, dass im Falle einer Verhinderung bzw. eines Ausfalles des Subunternehmers Dr. H zwischen diesem und dem Beschuldigten nicht bloß mündlich sondern auch schriftlich vereinbart ist, dass der Subunternehmer Di H auf eigene Gefahr und Rechnung verpflichtet ist/Ditte einzusetzen; vor deren erstmaligen Einsatz ist jedoch dieser Umstand dem Beschuldigten bekanntzugeben, damit dieser wiederum seinen diesbezüglichen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber M M L und S GmbH nachkommen kann.

 

Beweis:           beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister des Magistrates Wels                     vom 29.09.2010, Steuerkontodaten vom 03.03.2011,                                       Beförderungsverträge M M L und S GmbH/F B vom 19.01.2004 samt                     Anhang und F B/H H vom 20.09.2010 samt Anhang, undatierter               Tourenplan, Zeuge DI H H, geb. X, E, W, Zeuge S Z, geb. X, pA.                       DI H H, E, W, weitere Beweise im Bestreitungsfalle ausdrücklich                       vorbehalten.

 

Vorbehaltlich der Beibringung weiterer Unterlagen bringt der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter nachfolgende Urkunden in Vorlage:           

 

·         Beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister des Magistrates Wels vom 29.09:2010

·         Steuerkontodaten vom 03.03.2011

·         Beförderungsvertrag M M L und S GmbH/F B vom 19.01.2011 samt Anhang Beförderugnsvertrag F B/H H vom20.09.2010 samt Anhang

·         undatierter Tourenplan

 

Aus all diesen Gründen beantragt der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter das wider ihm zu ZI 0007429/2011 geführte Verwaltungsstrafverfahren - nach Aufnahme der beantragten Beweise - zur Einstellung zu bringen."

 

Beigelegt ist eine am 30.6.2011 mit Z S aufgenommene Niederschrift:

 

"Seit 9.4.2011 bis 29.6.2011 war ich für die Firma H geringfügig beschäftigt. Ich war als Fahrer für Medikamente beschäftigt. Ich habe dafür im Monat 100 Euro bekommen. Die mir dann aber von meiner Pension wieder abgezogen wurden. Die Belege dazu lege ich dieser Niederschrift in Kopie bei. Ich fuhr damals immer nur eine Tour zwischen L und R und das an verschiedenen Tagen. Ich habe keine geregelte Dienstzeit gehabt. Ich habe diese Tätigkeit nur aushilfsweise getan. Ich kenne Herrn H H schon sehr lange, wir sind Freunde. Wie viele Mitarbeiter er hat kann ich nicht sagen, das hat mich auch nie interessiert.

 

Ich lege dieser Niederschrift in Kopie bei:

Vertrag zwischen Dienstgeber H und mir

Datenauszug des Sozialversicherungsträger

Bescheid über meinen Pensionsversicherungsbezug"

 

Mit Schriftsatz vom 18.7.2011 nahm das Finanzamt Grieskirchen Wels wie folgt Stellung:

 

"Zur Rechtfertigung des Beschuldigten wird ausgeführt, dass sich dadurch, an Sachlage - Strafantrag und Stellungnahme vom 31.3.2011 - nichts geändert hat.

 

Grundsätzlich ist wie schon ausgeführt vom wahren wirtschaftlichen Gehalt eines Sachverhalts auszugehen. Wie schon im Strafantrag, ebenso in der Stellungnahme vom 31.3.2011, stellt sich die umfangreich ermittelte Sachlage im Verhältnis F B zu H H so dar, dass von einem Dienstverhältnis auszugehen ist.

 

Auch das Vorliegen einer Gewerbeberechtigung, steuerliche Erfassung als Unternehmer mit UID-Nr., Beitragspflicht zu GSVG mag daran nichts ändern.

H kann neben seinem Dienstverhältnis zu B F, selbständig tätig sein und für diesen Zweck benötigt er die angeführten Voraussetzungen bzw. hat er eine Gewerbeberechtigung bzw. kann er eine UID-Nr. beantragen.

 

Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nach dem ASVG wurde nur das Verhältnis F B zu H H hinsichtlich der Zustellfahrten geprüft.

 

Für dieses Verfahren ist es auch unerheblich ob gegen die Fa. M, NÖ, ein Verfahren eingeleitet wurde oder nicht. Auch bei vorliegen einer eventuellen Arbeitskräfteüberlassung (Leasingarbeiter), ist B F, für die Anmeldung seines Dienstnehmers zur Allgemeinen Sozialversicherung zuständig.

 

Das Finanzamt Grieskirchen Wels beantragt daher, das Strafverfahren durchzuführen und eine Bestrafung auszusprechen."

 

Mit Schriftsatz vom 1.9.2011 nahm der Bw wie folgt Stellung:

 

"Zunächst wird - zur Vermeidung von Wiederholungen - auf die Eingabe vom 10.05.2011 verwiesen und der Inhalt jener Eingabe hiemit auch zum integrierenden Bestandteil der ge­genständlichen Eingabe gemacht.

 

Die Aussage des Dienstnehmers des DI H H, S Z vom 30.06.2011 bestätigt die Verantwortung des Beschuldigten, da der Zeuge S - unter Wahrheitspflicht - aussagt, dass er vom 09.04.2011 - 29.06.2011 bei H im Rahmen eines Volontärverhält­nisses geringfügig beschäftigt war und dieses Dienstverhältnis H/S einvernehmlich per 30.06.2011 endete. Wäre nun DI H H seinerseits ein Dienstnehmer des Be­schuldigten F B, was ausdrücklich bestritten wird, wäre es nicht nachvollzieh­bar, dass ein Dienstnehmer einen weiteren Dienstnehmer beschäftigt. Vielmehr war es so, wie der Beschuldigte F B bereits seit Einleitung des gegenständlichen Verwaltungs­strafverfahrens immer gleichlautend ausgesagt hat, dass der Zeuge DI H H auf Basis eines nicht dem ASVG unterliegenden Werkvertrages beim Beschuldigten F B tätig war. Die Beweisaufnahmen, insbesondere die Aussage des Zeugen S Z in Verbindung mit den von diesem vorgelegten Urkunden wie insbesondere die OÖGKK-Abmeldung vom 21.06.2011 bestätigen eindeutig den Rechtsstandpunkt des Beschuldigten. Was die schriftliche Zeugenaussage DI H H anbelangt, so bestätigt auch diese die bis dato immer gleichbleibende Verantwortung des Beschuldigten, zumal sich der Zeuge H H vollinhaltlich dem Vorbringen des Rechtsvertreters des Beschuldigten ange­schlossen hat, zumal er sich wegen Sprachdefiziten auch nicht besser ausdrücken könnte.

 

Es zeigt sich daher, dass auch diese Beweisaufnahme, auch wenn diese Zeugenaussage nicht mündlich sondern schriftlich getätigt wurde, den Rechtsstandpunkt des Beschuldigten F B, wonach kein dem ASVG unterliegendes Dienstverhältnis bzw. dem ASVG un­terliegendes dienstnehmerähnliches Verhältnis sondern ein. nicht dem ASVG unterliegendes Werkvertragverhältnis zwischen dem Zeugen DI H H und dem Beschuldigten F B vorgelegen hat, bestätigt.

 

Dies sieht wohl auch das Finanzamt Grieskirchen-Wels in seiner Stellungnahme vom 18.07.2011 nunmehr offensichtlich ähnlich, da es eine Begründung dafür schuldig bleibt, weshalb das Verhältnis B/H nun tatsächlich als Dienstverhältnis zu qualifizieren sei und hiebei lediglich pauschal auf; eine 'umfangreich ermittelte Sachlage' verweist. Worin diese 'umfangreich ermittelte Sachlage' Anhaltspunkte dafür abgeben sollte, dass ein dem ASVG unterliegendes Dienstverhältnis bzw. ein dem ASVG unterliegendes dienstnehmerähn­liches Verhältnis im Verhältnis B/H vorliegen sollte, bleibt das Finanzamt Gries­kirchen-Wels jedoch schuldig.

 

In diesem Zusammenhang erlaubt sich der Beschuldigte nochmals ausdrücklich darauf hin­zuweisen, dass seitens der Finanzbehörden man beim Verhältnis B/M M L und S GmbH seit Jahren das gegenständliche Verhältnis als ein nicht dem ASVG unterliegendes Werkvertragsverhältnis qualifiziert hat, da ansonsten nicht erklärbar wäre, weshalb die M M L und S GmbH diesbezüglich nicht be­langt wurde. Der Beschuldigte kann sich diesbezüglich des Eindruckes nicht erwehren, dass hier im Verhältnis M M L und S GmbH/F B einer­seits und F B/DI H H andererseits mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen wird, da sonst nicht erklärbar wäre, weshalb ein im Wesentlichen gleichlautender Vertrag seitens der Finanzbehörden einmal so und einmal so ausgelegt und interpretiert wird.

 

Entgegen den Ausführungen des Finanzamtes Grieskirchen-Wels in seiner Stellungnahme vom 18.07.2011 ist es daher sehr wohl von Relevanz, ob ein diesbezügliches Verwaltungs­strafverfahren gegen die M M L und S GmbH eingeleitet wurde oder nicht, da gemäß dem im Verfassungsrang stehenden Artikel 7 B-VG alle Staatsbürger (auch juristische Personen und natürliche Personen) vor dem Gesetz gleich sind und es nicht dem Gesetz entsprechen kann, wenn eine im Wesentlichen gleichlautende Vereinbarung einmal als ein nicht dem ASVG unterliegender Werkvertrag und einmal (im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren) als ein dem ASVG unterliegender Dienstvertrag bzw. ein dem ASVG unterliegender dienstnehmerähnlicher Vertrag qualifiziert wird.

 

Im Übrigen ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb der seit etwa 17 Jahren in Österreich legal aufhältige und seit etwa 17 Jahren im Güterbeförderungsbereich selbstständig tätige Be­schuldigte nunmehr, nachdem er bis dato mit den Strafbestimmungen des ASVG nie in Kon­flikt geraten ist, eine Vorgangsweise wählen sollte, die dem inkriminierten Tatbestand des ASVG entspricht.

 

Aus all diesen Gründen wiederholt daher der Beschuldigte seinen Antrag, dass wider ihn zu Zl 0007429/2011 geführte Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen."

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung schilderte der Bw die Unter­nehmenstätigkeit der Firma M und legte zur Illustration einen Artikel des Kurier vom 7.6.2006 mit dem Titel: "Wenn Blut auf Reisen geht. Vom Arzt ins Labor: Ausgeklügelte Logistik rund um den Lebenssaft" vor. Darin ist unter anderem der Zeitdruck dargelegt, der daraus resultiert, dass abgenommenes Blut am selben Tag untersucht werden muss. Pro Jahr transportiere M 1,6 Millionen Proben für 400.000 Patienten und rund 1.200 Ärzte in Wien, Niederösterreich und Ober­österreich.

 

Weiters legte der Bw dar, er habe im Jahr 2004 eine Tour von M bekommen. Ursprünglich habe der Bw nur diese Tour gehabt. In der Nacht sei er für die O gefahren, am Tag für die Firma M. Von Jahr zu Jahr sei etwas dazu bekommen. Daher habe es zwei oder drei weitere Leute gegeben, die wie H für den Bw tätig gewesen seien. Auch die Frau des Bw sei gefahren; sie sei beim Bw angestellt gewesen. Der Bw sei zur hier fraglichen Zeit nicht mehr selbst für die Firma M gefahren, weil er für Sonderfahrten im Auftrag der Landesregierung bereit sein habe müssen.

 

H habe die vorgeworfene Tätigkeit 2010 aufgenommen und am 31.7.2011 beendet. Am 31.7.2011 habe der Bw seine Tätigkeit für die M beendet und H sei ab 1.8.2011 an seine Stelle eingerückt. Er habe im Prinzip denselben Vertrag mit der Firma M geschlossen, wie zuvor der Bw. Zuvor habe der Bw mit H einen back-to-back Vertrag gehabt. D.h., der Bw sei gegenüber der Firma M denselben Bedingungen unterlegen wie H gegenüber dem Bw.

 

Am 9.3.2011 habe H vom Bw eine weitere Tour bekommen, und zwar zum selben Kilometergeld. Es habe sich um die Tour eines Vertragsfahrers, der aufgehört habe, gehandelt. Aus diesem Grund habe H Z S einge­stellt. H habe dem Bw gesagt, er habe S bei der Gebietskrankenkasse angemeldet. Dass S laut Vertrag nur 50 Euro pro Monat erhalten sollte, habe der Bw nicht gewusst.

 

Der Tourenplan habe sich aus dem Kundennetz der Firma M ergeben und sei daher im Prinzip über Jahre gleich gewesen. Keineswegs habe es wöchentliche Änderungen gegeben. Dass H angerufen wurde, er müsse eine bestimmte Örtlichkeit anfahren, weil er etwas hinbringen oder abholen müsse, sei ein seltener Ausnahmefall gewesen. Auf solche Tätigkeiten seien maximal 5 % des Aufwands entfallen. In der Regel seien die Transporte nur in einer Richtung verlaufen, und zwar von den Ärzten zum Labor. Im Auftrag der Landesregierung seien auch Proben von Tierärzten abzuholen und zu einer Agentur zu bringen gewesen. Eine Zeitvorgabe habe es in dem Sinn gegeben, dass die Blutproben am selben Tag im Labor abzugeben waren. D.h., dass die Öffnungszeit des Labors zu beachten war.

 

H habe vom Bw für den gefahrenen Kilometer 0,375 Euro (ab 1.3.2011: 0,39 Euro) bekommen. Die gefahrenen Kilometer seien vom Bw nicht kontrolliert, sondern einfach der Firma M verrechnet worden. Der Bw sei am der Firma M verrechneten Kilometerpreis beteiligt gewesen, d.h., er habe einen Aufschlag kassiert. Die Firma M habe die angegebenen Kilometer nie beanstandet. Von Kontrollen der Firma M gegenüber H wisse der Bw nichts.

 

H habe dem Bw Rechnungen gelegt, und zwar handgeschrieben auf einem Rechnungsblock, wie er im Handel erhältlich sei. Die Angabe des Bw, H verdiene 2.800 Euro pro Monat, habe der Bw gegenüber dem Leasingunter­nehmen gemacht, damit H ein Auto für die gegenständliche Tätigkeit bekomme. Keineswegs habe es sich dabei um einen Monatslohn Hs gehandelt. Für eine Vertretung im Verhinderungsfall hätte H laut Vertrag selbst sorgen müssen. Dies habe der Bw H auch in der Muttersprache erklärt. Keineswegs habe der Bw eine Vertretung zu stellen gehabt. In dem einen von H erwähnten Fall habe H eine Autopanne gehabt und der Bw habe ihm bei der Behebung geholfen. Das sei aber kein Fall einer organisierten Vertretung gewesen. Der Bw habe auch nicht in diesem Einzelfall den Rest der Tour übernommen.

 

Bei dem Passus im Vertrag, wonach H eine Tour ablehnen habe können, habe es sich um eine "nicht praktizierte Formalität" gehandelt. Keineswegs habe H sagen können: "Heute freut es mich nicht, heute fahre ich einfach nicht."

 

Ob H damals auch für andere Unternehmen fuhr, wisse der Bw nicht. Er hätte jedenfalls nichts dagegen gehabt.

 

Ob H eine Transportversicherung hatte, wisse der Bw nicht. Die Transport­güter seien jedoch durch technische Vorkehrungen bzw. die Massivität der Behältnisse perfekt geschützt gewesen, sodass sich ein extremer Unfall ereignen hätte müssen, um die Gefahr einer Schädigung zu erzeugen. Diesbezüglich legte der Bw Informationsmaterial der Firma M über speziell angefertigte und patentierte Behältnisse vor. Bei den im Akt erwähnten Behältnissen der Landes­regierung habe es sich hingegen um Behälter für Proben der Landesregierung gehandelt. Diese Behälter seien von der Landesregierung zur Verfügung gestellt worden.

 

Eine Einschulung Hs habe es nicht gegeben. Er sei nur am Anfang einmal mitgefahren, um zu sehen, ob die Tour für ihn praktisch in Frage kam.

 

Die im Vertrag vorgesehene Bekanntgabepflicht von Fahrern gegenüber den Kunden der Firma M sei auf das besondere Vertrauensverhältnis zurückzu­führen. Die Kunden müssen darauf vertrauen können, dass es sich um die richtige bzw. eine verlässliche Person handelt, welche Proben abholt bzw. bringt.

 

H H führte zeugenschaftlich aus, als Betriebsmittel habe er damals das geleaste Kfz und ein Handy gehabt. Sämtliche Kosten des Kfz habe er steuerlich als Betriebsausgabe geltend gemacht. Die Bezinkosten habe er selbst getragen, nicht etwa dem Bw gesondert verrechnet. Im Jahr 2011 habe er einen Fahrer, S Z, eingestellt.

 

Ob der Zeuge eine Transportversicherung hatte, wisse er nicht. Hinsichtlich der Vertretung bestätigte der Zeuge die Darstellung des Bw, insbesondere auch hinsichtlich der ein­maligen Pannenhilfe.

 

Von Kontrollen seiner damaligen Tätigkeit wisse der Zeuge nichts; Kundenreklamationen würden über die Firma M bekannt geworden sein. Es habe aber keine Beanstandungen gegeben. Auch habe es keine Berichter­stattungspflicht gegeben.

 

Als der Bw "aufgehört" habe, sei der Zeuge praktisch in dessen Vertrag einge­stiegen. Der Zeuge glaube, dass er im Großen und Ganzen denselben Vertrag mit der Firma M habe wie damals der Bw. Die Koordination in Oberösterreich mache direkt die Firma M. D.h., es gebe einige Leute in Oberösterreich, die denselben Job machen wie der Zeuge, nur eben mit anderen Touren. Die Firma M habe nichts dagegen, dass der Bw auch Leistungen für andere Unter­nehmen erbringe.

 

Im Hinblick auf die Niederschrift verwies H auf seine mangelhaften Deutsch­kenntnisse.

 

 

5. Mit Email vom 20.9.2012 teilte die GKK dem Unabhängigen Verwaltungs­senat mit:

"In Bezug auf Ihre Anfrage teilen wir Ihnen mit, dass im gegenständlichen Fall kein Dienstverhältnis von Herrn H zu Herrn B aus Mangel an Dienst­nehmermerkmalen festgestellt werden konnte.

Herr H ist laut Abfrage im HVB seit 16.2.2010 GSVG-versichert. Weiters war das Fahrzeug auf Herrn H zugelassen. Nach Rücksprache mit unserer Rechtsabteilung wurde der Fall daher abgelegt."

 

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Entsprechend der glaubwürdigen Darlegung des Bw ist davon auszugehen, dass die wesentlichen Strukturen der gegenständlichen Tätigkeit Hs durch die Logistik der Firma M festgelegt waren. Dieses Unternehmen bedient ihre Kunden (Ärzte) durch Transport von Proben (paradigmatisch: Blutproben) von den Ärzten zum Labor. Zu diesem Zweck bedient sich die Firma M der Trans­portunternehmer, mit denen sie jeweils einen Beförderungsvertrag abschließt. Zu dem Beförderungsvertrag muss sachlogisch eine Vereinbarung über das durch die örtliche Lage der Kunden der Firma M (der Ärzte) und des Labors definierte Betreuungsgebiet treten (sogenannte "Tourenvergabe"). Es erscheint glaubwürdig, dass diese Touren relativ stabil sind und den Großteil des Auftrags der Firma M an den Transportunternehmer ausmachen, ad hoc-Sonderauf­träge also relativ selten sind. Ferner erscheint glaubwürdig, dass die Abrechnung nach effektiv gefahrenen Kilometern erfolgt, die Spesen vom Transportunter­nehmer selbst zu tragen sind und dieser über die nötigen Betriebsmittel (Trans­portfahrzeug, Handy) selbst verfügen muss, die Firma M also keine Betriebsmittel zur Verfügung stellt. Weiters ist anzunehmen, dass die Firma M im Verhinderungsfall nicht selbst einspringt. Geradezu selbstverständ­lich erscheint, dass die Firma M die von ihr beauftragten Transportunternehmer nicht als Dienstnehmer behandelt, etwa Urlaub gewährt u.dgl. Vielmehr wird – von beiden Seiten – als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Transport­unternehmer steuer-, gewerbe- und sozialversicherungs­rechtlich als Selbst­ständiger auftritt.

 

Diese Konstruktion kann der Transportunternehmer, wie im gegenständlichen Fall, an Subunternehmer weitergeben. Der Unterschied zwischen dem Subunter­nehmer und dem Transportunternehmer (also zwischen H und dem Bw) ist nicht qualitativer Art. Die grundlegende Logistik bestimmt trotz Subvergabe die Firma M (über ihren Kundenkreis bzw. die in Betracht kommenden Labors in Verbindung mit der sich aus medizinischen Notwendig­keiten ergebenden Grenze der Transportdauer), ebenso einzelne Zusatzauf­träge (mögen diese auch den Umweg über den Transportunternehmer nehmen). Auch die Kontrolle (Geltendmachung von Kundenreklamationen oder von Missbräuchen bei der Kilometerabrechnung) bleibt bei der Firma M. Der Subunternehmer unterliegt denselben Vertragsbedingungen zum Bw wie dieser zur Firma M ("back-to-back"). Dies traf auch gegenständlich auf H bzw. den Bw zu. Seine sozialversicherungsrechtliche, steuerrechtliche und gewerberechtliche Position war (nicht nur inter partes sondern objektiv) dieselbe. Dasselbe gilt für die notwendigen Betriebsmittel. Einer weiteren Subvergabe wären keine rechtlichen sondern allenfalls faktische Grenzen (zu geringer Kundenkreis) entgegen gestanden (keine persönliche Arbeitspflicht). Ab 1.8.2011 fiel die Zwischenstellung des Bw ohnehin weg und H rückte in seine Position ein, wobei er, nach eigener Auskunft, nicht der einzige in dieser Position für M Tätige in Oberösterreich ist. An den faktischen Tätigkeitsbedingungen Hs hat sich durch sein Aufrücken kaum mehr geändert, als dass das "Mitschneiden" des Bw an seinem Kilometergeld weggefallen ist.

 

Aufgrund dieser konstruktiven Identität wäre es inkonsequent, den Bw und H hinsichtlich ihrer arbeitsrechtlichen Position unterschiedlich zu behandeln: Wenn H als Dienstnehmer einzustufen ist, dann träfe das auch auf den Bw zu, wobei sich das Problem auftut, wie es möglich ist, dass ein Dienstnehmer (der Bw) zugleich Dienstgeber (Hs) sein kann. Ein analoges Problem ist durch den Umstand gegeben, dass H selbst für einige Monate Dienstgeber (Z Ss) war. Auch hier fragt sich, wie Dienstgeber- und Dienstnehmer­eigenschaft zu vereinbaren sind.

 

Andererseits ist einzuräumen, dass Tätigkeiten wie die gegenständliche aufgrund des Charakters als Dauerschuldverhältnis (mitnichten als Werkvertrag!) bei geringem unternehmerischen Dispositionsspielraum (Tourensystem) einzustufen sind, zumal die formalen Merkmale (gewerberechtlicher, steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Natur) gestaltbar, d.h. zur Verdeckung des wahren wirtschaftlichen Gehalts geeignet sind. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass H nicht mit Betriebsmitteln des Bw tätig wurde und seine wesentlichen Betriebsmittel steuerlich geltend gemacht wurden und H die betrieblichen Aufwendungen selbst trug (kein Spesenersatz), eine Vertretung vom System her zulässig war (und in Form Ss auch praktiziert wurde – keine persönliche Arbeitspflicht) und die Befolgung von Weisungen (so man die Einzelanordnungen der Firma M als solche einstuft) jedenfalls nicht zum zentralen Tätigkeits­profil gehörten. In Anbetracht dieser Umstände erhalten die oben angesprochenen konstruktiven Probleme solches Gewicht, dass es vertretbar erscheint, der Rechtsauffassung der GKK beizutreten und die Dienstnehmer­eigenschaft Hs, sei es unter dem Titel des § 4 Abs.2 ASVG oder dem des § 4 Abs.4 ASVG, zu verneinen.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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