Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253293/4/Py/Hu

Linz, 17.01.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. August 2012, GZ: SV96-110-2010/Gr, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. August 2012, GZ: SV96-110-2010/Gr, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 idgF zwei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 200 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als Arbeitgeber strafrechtlich zu verantworten, dass Sie zumindest von 1.2.2010 bis 5.2.2010

1. den ungarischen Staatsangehörigen x, geb. x, und

2. den ungarischen Staatsangehörigen x, geb. x,

als Arbeiter, indem diese ua. am 5.2.2010 gegen 10.00 Uhr auf der Baustelle "Neubau des X" in X, von Kontrollorganen beim Montieren von Deckenprofilen betreten wurden, jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigten, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, noch diese Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besaßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die Rechtfertigung des Beschuldigten, die beiden ungarischen Staatsangehörigen seien weder seine Mitarbeiter noch Mitarbeiter der x, sondern Mitgesellschafter und sohin selbstständige Unternehmer, nicht zu seiner Entlastung beitragen kann, zumal der vorliegende Werkvertrag zwischen der x und dem Beschuldigten abgeschlossen wurden und er daher als Einzelperson und nicht die besagte Gesellschaft mit der Erbringung des Werkes beauftragt wurde. Aus dem Gesamtbild der Tätigkeit ergibt sich im gegenständlichen Fall eindeutig, dass die angetroffenen Ausländer unter ähnlichen wirtschaftlichen Bedingungen wie Arbeitnehmer eingesetzt wurden, weshalb vom Vorliegen arbeitnehmerähnlicher Verhältnisse auszugehen ist.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass als strafmildernd die Vorstrafenfreiheit gewertet wurde und straferschwerende Gründe nicht gefunden wurden.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 5. September 2012. Darin bringt der Bw zusammengefasst vor, dass die beiden ungarischen Staatsangehörigen selbstständige Unternehmer mit entsprechenden Gewerbescheinen und Anmeldungen beim Finanzamt sind sowie Mitgesellschafter der x. Dieses Unternehmen ist im Firmenbuch eingetragen und wurden auch entsprechende gewerberechtliche Zulassungen seitens der Erstbehörde erteilt. Auch die entsprechende finanzrechtliche Abwicklung erfolgt über das zuständige Finanzamt, weshalb der Tatvorwurf einer Unterscheidung der drei Staatsangehörigen in Arbeitgeber und Arbeitnehmer den gerichtlichen und behördlichen Zulassungen widerspricht.

 

Der Bw kann aufgrund der gewerberechtlichen und firmenbuchrechtlichen Situation in keiner Form Arbeitgeber der beiden ungarischen Staatsangehörigen x und x sein. Die drei ungarischen Staatsangehörigen sind Mitgesellschafter des Unternehmens und ist eine entsprechende Splittung in Arbeitgeber und Arbeitnehmer gar nicht möglich. Die Tatsache, dass der Bw über Wunsch der Firma x einen Werkvertrag unterschrieben hat, schließt nicht aus, dass im Zuge von Subaufträgen dieser Auftrag an die Firma x weitergegeben wurde, sodass die beiden ungarischen Staatsangehörigen ebenfalls als Mitgesellschafter Unternehmer sind. Ebenso wäre auch eine Weitergabe an die beiden ungarischen Staatsangehörigen als selbstständige Einzelunternehmer möglich. Es ist auch unverständlich, dass die beiden ungarischen Staatsangehörigen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ihre Steuern abführen und auch als Selbstständige Leistungen an die Sozialversicherung erbringen und nun durch das gegenständliche Verfahren sozialversicherungsrechtlich zusätzlich belangt werden sollen.

 

3. Mit Schreiben vom 12. September 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen. Dem Finanzamt Linz als am Verfahren beteiligte Organpartei wurde mit Schreiben vom 19. September 2012 Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme zur Berufung abzugeben.

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz auf der Baustelle Neubau X in X, am 5. Februar 2010, erstattete die am Verfahren beteiligte Organpartei Anzeige gegen den Bw als nach außen zur Vertretung Berufenen der Firma x mit Sitz in x. Aus dem im Akt einliegenden Firmenbuchauszug x der "x" sowie dem ebenfalls im Akt einliegenden Gesellschaftsvertrag der Firma x mit Sitz in x, vom 21.12.2009 geht hervor, dass neben dem Bw am Kontrolltag 5. Februar 2010 die beiden ungarischen Staatsangehörigen x, geb. x, und x, geb. x, als unbeschränkt haftende Gesellschafter der "x" fungierten.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere der dem Verfahren zugrunde liegenden Anzeige der Finanzverwaltung vom 22. Februar 2010 und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)      in einem Arbeitsverhältnis,

b)      in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)      in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)     nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)      überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 AuslBG ist für die  Beurteilung, ob eine Beschäftigung iSd Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung iSd Abs.2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn

1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 %

Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag binnen drei Monaten fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragssteller zu erbringen. Nach Ablauf dieser Frist darf die Tätigkeit auch ohne den erforderlichen Feststellungsbescheid aufgenommen werden. Wird der Antrag nach Ablauf der Frist abgewiesen, ist die bereits begonnene Tätigkeit umgehend, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides, zu beenden.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 22.12.2008/, C-161/07, ARD 5925/2/2009, festgestellt, dass die Bestimmungen des § 2 Abs.4 AuslBG gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art 43 EG-Vertrag verstoßen, indem sie Arbeitsgesellschafter aus den EU-8-Mitgleidsstaaaten verpflichten, vor ihrer Eintragung im Firmenbuch ihre Selbstständigkeit auf Antrag feststellen zu lassen. Die in § 2 Abs.4 AuslBG normierte gesetzliche Vermutung gelangt daher im gegenständlichen Verfahren nicht zur Anwendung. Mit § 32a Abs.7a AuslBG idF BGBl. I 2009/91 (§ 32a Abs.8 AuslBG idgF BGBl. I 25/2011) wurde während des Geltungszeitraums des Übergangsarrangements zur EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit für Arbeitsgesellschafter aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten eine gesondertes Kontrollsystem eingerichtet, das den Vorgaben des EuGH entspricht, wonach die regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice nach Verständigung durch das Firmenbuchgericht die Tätigkeit der Gesellschafter nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu überprüfen haben und – allenfalls – die Abgabenbehörde über die Untersagung der Beschäftigung zu verständigen haben. Ein solche Sachverhalt ist dem gegenständlichen Akt jedoch nicht zu entnehmen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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