Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281272/19/Kl/Rd/TK

Linz, 21.01.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung der Frau x, vertreten durch x Rechtsanwälte OG, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mann­schaft Perg vom 27.8.2010, Ge96-27-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage herabgesetzt werden.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 30 Euro, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafe. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 27.8.2010, Ge96-27-2010, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.2 ASchG verhängt, weil sie es als verantwortliche Beauftragte der x GmbH, x, zu vertreten hat, dass wie im Zuge einer Arbeitsstättenüberprüfung in der weiteren Betriebsstätte in x, durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz am 25.3.2010 festgestellt wurde, die Kassenarbeitsplätze nicht so gestaltet oder mit Ein­richtungen (Spiegel o.ä.) ausgestattet waren, dass es dem Kassenpersonal möglich ist, zu Kontrollzwecken einen vollständigen Einblick in die Einkaufswagen oder –körbe zu haben, ohne die Sitzposition verändern zu müssen. Dadurch wurde die Bescheidauflage Nr.3 der vom Arbeitsinspektorat beantragten Be­scheid­­auflagen des Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 27.5.2008, Ge20-16-2008/Ea, nicht eingehalten.

 

Der dagegen eingebrachten Berufung wurde mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungs­senates vom 7. Dezember 2010, VwSen-281272/2/Kl/Pe, stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafver­fahren wegen Verfolgungsverjährung iZm einem Auflagepunkt eingestellt.

 

2. Dagegen hat der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben.  Mit Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, Zl. 2012/04/0020-10, hat der Verwaltungsgerichtshof den Be­scheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar weiterhin die wörtliche Anführung des Auflagenpunktes im Spruch erforderlich ist, aber nicht die Notwendigkeit besteht, dass die Zitierung des Auflagentextes bereits in einer Verfolgungshandlung beinhaltet sein muss.

 

3. Im zweiten Rechtsgang wurde vom Oö. Verwaltungssenat für den 16. Jänner 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien sowie die Zeugin x eingeladen wurden. Mit Schreiben vom 15. Jänner 2013 wurde dem Oö. Verwaltungssenat seitens der Berufungswerberin mitgeteilt, dass weder sie noch ihr Rechtsvertreter an der Verhandlung teilnehmen werden. Zudem wurde die Berufung auch auf die Strafhöhe eingeschränkt, weshalb von der Durchführung der Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z2 und Z3 VStG abgesehen werden konnte.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Da die Berufungswerberin ausdrücklich um Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

4.2.1. Gemäß § 130 Abs.2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber bescheidmäßige Vorschreibungen nach diesem Bundesgesetz nicht einhält.

 

4.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sens­entscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

4.3. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 500 Euro bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro über die Berufungswerberin verhängt. Besondere Straferschwerungs- bzw Strafmilderungsgründe wurden nicht gewertet. Mangels konkreter Angaben hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin ist der Oö. Verwaltungssenat von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinen Sorgepflichten sowie von keinem Vermögen ausgegangen. Diese Schätzung wurde der Strafbemessung zugrunde gelegt. Zudem kommt der Berufungswerberin der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute.

 

Zu bemerken ist, dass Auflagen – insbesondere jene deren Augenmerk auf den Arbeitnehmerschutz gerichtet sind – Maßnahmen darstellen, die für die gesundheitliche Unversehrtheit der Arbeitnehmer vorzusorgen haben, weshalb Verstöße gegen diese Bestimmungen mit einem besonderen Unrechtsgehalt behaftet sind.

 

4.5. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe durchaus tat- und schuldangemessen erscheint, zumal der  Auflagepunkt 3. einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum nicht umgesetzt wurde, und geboten ist, um die Berufungswerberin künftighin zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen betreffend die sofortige Umsetzung von bescheid­mäßigen vorgeschriebenen Auflagen zu bewegen, insbesondere nach erfolgten Modernisierungsmaßnahmen.  

 

Der Oö. Verwaltungssenat war aufgrund der überlangen Verfahrensdauer und im Hinblick darauf, dass umgehend die Installation der geforderten Videokamera durchgeführt wurde und die zweite Videokamera zum Zeitpunkt der Straferkenntniserlassung installiert wurde, im vorliegenden Fall gehalten, die verhängte Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabzusetzen.

 

Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.6.2008, B304/07, ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung ver­schiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis staatlicher Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrens­dauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Fall sind seit der Tatbegehung im 25. März 2010 und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates - aufgrund des zweiten Rechtsganges - zwei Jahre und 10 Monate vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 34 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.    

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte aber nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen) nicht vorlagen.

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten der Berufungswerberin nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Daher kam auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG keinesfalls in Betracht.

 

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).            

 

5. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

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