Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-740218/4/WEI/BZ/Ba VwSen-740219/4/WEI/BZ/Ba

Linz, 17.01.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufungen der 1.) A M GmbH, N, R, und des 2.) S H, U, G, beide vertreten durch Dr. P R, Rechtsanwalt in I, K, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Perg vom 19. Oktober 2012, Zl. Pol 96-52/2-2012, bzw vom 16. Oktober 2012, Zl.: Pol 96-51/1-2012, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Beschlagnahmebescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem an die Erstberufungswerberin (im Folgenden: ErstBwin) und an den Zweitberufungswerber (im Folgenden: ZweitBw) sowie ans zuständige Finanzamt ergangenen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Perg (Bescheidausfertigungen vom 16. und 19. Oktober 2012 zu Zlen. Pol 96-51/1-2012 und Pol 96-52/1-2012) hat die belangte Behörde wie folgt abgesprochen:

 

"BESCHEID ÜBER EINE BESCHLAGNAHME

 

Spruch:

l)

Durch die Organe der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht iSd. § 50 Abs 2 GSpG wurde anlässlich einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 28. März 2012 in G, U mittels Testspielen an den Eingriffsgegenständen dienstlich wahrgenommen, dass damit Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden. Unter Berücksichtigung der festgestellten Betriebsdauer wurde in der Folge durch die Organe der öffentlichen Aufsicht die vorläufige Beschlagnahme der Eingriffsgegenstände ausgesprochen.

Aufgrund der der Beschlagnahmebescheinigung in Form eines Aktenvermerks beigeschlossenen ausführlichen Begründung der verfügten vorläufigen Beschlagnahme, der Versiegelung des Eingriffsgegenstandes und des ausgesprochenen Verfügungsverbotes besteht nach wie vor gerecht­fertigt der Verdacht, dass mit den Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, zum Zeitpunkt der vorläufigen Beschlagnahme fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wurde.

Die Beschlagnahme der anlässlich dieser Kontrolle festgestellten Eingriffsgegenstände in das Glücksspielmonopol des Bundes mit der

 

Nr.

Gehäusebezeichnung

Serien-Nr.

Aufstellungsdatum

KennnummerFA VersiegelungsNr.

FA1

Sweet Beat Comet

 

mindestens 1 Jahr

044814-044816

FA2

Sweet Beat

636

mindestens 1 Jahr

044824-044831

FA3

Wettpunkt

GE0059591

mindestens 1 Jahr

044832-044836

044838-044843

044845

 

mit welchen im Lokal des Herrn S H mit der Bezeichnung 'x' in P, U seit mindestens 1 Jahr in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden, wird zur Verhinderung der weiteren Begehung bzw. Fortsetzung einer Verwaltungsübertretung angeordnet.

 

II)

Die vorläufige Beschlagnahme des Apparates

Nr.

Gehäusebezeichnung

Serien-Nr.

Typenbezeichnung

KennnummerFA VersiegelungsNr.

FA4

APE

12007

DST19 'Skill Bob'

044817-044821, 044823

 

wird aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 53 Abs 1 Z 1 lit a, § 53 Abs 2, § 53 Abs 3 des Glücksspielgesetzes BGBl. Nr. 620/1989 idgF"

 

1.2. Zur Begründung führt die belangte Behörde in beiden Bescheidausfertigungen im Wesentlichen Gleiches mit Ausnahme der Angaben zur unterschiedlichen Parteistellung sowie den Darstellungen zu Gerät Nr. FA 3 (Absätze zum ZweitBw werden kursiv wiedergegeben) wie folgt aus:

 

"Begründung

 

Gemäß § 53 Abs.1 Z 1 lit a Glücksspielgesetz kann die Behörde die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmitte! anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs.1 verstoßen wird.

 

Entsprechend den Bestimmungen des § 52 Abs.1 leg cit begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1.  wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 ver­anstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

2.  wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;

3.  wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4.  wer die Auflagen des § 5 nicht einhält oder ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5.  wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs. 3 vorgesehenen Verordnung, gegen die Aufla­geverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs. 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 verstößt;

6.  wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegens­tänden als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht;                 

7.  wer technische Hilfsmittel (z.B. eine entsprechend geeignete Fernbedienung) bereit hält, mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen unlauteren Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf zu beeinflussen;

8.  wer die Pflichten der Geldwäschevorbeugung gemäß § 25 Abs. 6 und 7 oder § 25a verletzt;

9.  wer verbotene Ausspielungen (§ 2 Abs. 4) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermög­licht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 56 Abs. 2 vor;

10.wer als Kreditinstitut wissentlich die vermögenswerte Leistung eines Spielers an den Ver­anstalter oder Anbieter verbotener Ausspielungen weiterleitet, wenn dies im vorsätzlichen unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Veranstalter oder Anbieter geschieht;

11.wer bei der Durchführung von Ausspielungen Trinkgelder direkt annimmt.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie wurden anlässlich einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz aufgrund als Eigentümer der gegenständlichen Eingriffsgegenstände festgestellt.

 

Der Beschlagnahmebescheid richtet sich daher an Sie als Eigentümer.

 

(Der Beschlagnahmebescheid richtet sich daher an Sie als Inhaber.)

 

Während der ausführlich dokumentierten Kontrolle am 28.03.2012 im angeführten Standort wurden die Eingriffsgegenstände mit der oben bereits angeführten Bezeichnung, welche mit den darge­stellten Nummern ausgestattet waren, betriebsbereit vorgefunden und von den Kontrollorganen mit den ebenfalls oben bezeichneten FA- Kennnummern und Versiegelungsnummern versehen.

 

Den Aussagen des Betreibers dieser x und Inhabers der Eingriffsgegenstände zufolge wurden seit mindestens 1 Jahr bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen mit diesem Gerät durchgeführt.

 

Auf den gegenständlichen Geräten F1 und F2 wurde während der Kontrolle durch Testspiele fest­gestellt, dass Glücksspiele in der klassischen Art als Glücksräder angeboten wurden.

 

(Auf dem Gerät F3 konnte während der Kontrolle die Möglichkeit wahrgenommen werden, Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunde- oder Pferderennen abzuschließen. Jede Wette stellt zweifelsfrei ein Glücksspiel dar. Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen könnten durch einen landesrechtlichen (Buchmacher)-Bescheid gedeckt sein. Diese Form von Wetten würde dann ein bewilligtes Glücksspiel darstellen.

Die Wiedergabe aufgezeichneter, virtueller Rennabläufe stellt jedoch eine Abfolge elektronischer Funktionen dar, nicht aber eine sportliche Veranstaltung. Somit stellt die Wette auf das Ergebnis elektronischer Funktionsabläufe keine Wette aus Anlass sportlicher Veranstaltung dar, sondern eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Derartige Wetten auf den Ausgang virtueller Rennen stellen auch deshalb Glücksspiele dar, weil den Wettkunden keinerlei sinnvoll verwertbare Informationen bezüglich des Rennaustragungsortes, der Reiter, der Pferde oder der Hunde geboten werden. Die Wettkunden können lediglich einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine Wette darauf abschließen. Danach ist der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 30 Sekunden dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststeht. Die Wettkunden haben keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Rennergebnisse.

Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.)

 

Ferner wurde festgestellt, dass die mit den Geräten möglichen Glücksspiele nur gegen vermö­genswerte Einsatzleistung durchgeführt werden konnten, für welche eine vermögenswerte Leistung vom Veranstalter in Aussicht gestellt wurde. Schon aus der Art der Durchführung der Spielveranstaltung mittels Glücksspielgeräten in Gewinnerzielungsabsicht ergibt sich, dass selbst­ständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt wurde, die Ausspielung daher durch einen Unternehmer gern § 2 Abs 2 GSpG erfolgte.

Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG durchgeführt.

 

Schließlich wurde festgestellt, dass die für die Veranstaltung von derartigem Glücksspiel erforderli­che Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht vorlag, und dass diese Glücksspiele auch nicht nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren. Das gegenständliche Glücksspiel wurde somit seit der Inbetriebnahme des Eingriffsgegenstandes im angegebenen Lokal in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt, weshalb von den Kontrollorganen die vorläufige Beschlagnahme nach § 53 Abs 2 GSpG verfügt wurde.

 

In der Folge erhielt die Bezirkshauptmannschaft Perg bereits am 2.5.2012 die Eingabe Ihres Rechtsanwaltes, worin dieser mitteilt, dass es sich bei den Geräten nicht um Glücksspiele handelt. Er weist darauf hin, dass es insbesondere beim Gerät 'Skill Bob' ausschließlich von der Geschick­lichkeit abhängt, ob man Punkte gewinnt oder nicht. Er ersuchte des weiteren um Akteneinsicht, welchem auch gefolgt wurde.

In der nachfolgenden Stellungnahme vom 15.6.2012 wiederum wiederholen Sie bzw. Ihr Rechts­anwalt im Wesentlichen das bereits Vorgebrachte. Sie ergänzen dies mit dem Hinweis, dass hin­sichtlich der Geräte Nr 1 und 2 'Sweet Beat' aufgrund eines früheren Beschlagnahmeverfahren vom Hersteller der gerichtlich beeidete Sachverständige x um ein Gutachten ersucht wurde. In dem Gutachten vom 28.03.2011 hätte der Sachverständige festgehalten, dass derartige Geräte nicht in das Glücksspielmonopol des Bundes eingreifen würden.

(Hinsichtlich des Gerätes Nr. 2 (Anmerkung: richtig Nr. 3) legen Sie dar, dass auf diesem Gerät keine virtuellen Hunde gezeigt würden. Allenfalls ist es auf diesem Gerät möglich, auf Hunderennen die in de Vergangenheit stattgefunden haben zu wetten. Dies sei jedoch nicht verboten und hat dies mittlerweile der Unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreich ausdrücklich festgestellt. Das diesbezügliche Erkenntnis legten Sie bei.)

 

Ihre Rechtfertigungen wurden in der Folge im Rahmen des Parteiengehörs dem Anzeigeleger zur Stellungnahme übermittelt. Dieser wiederum führte am 30.Juli 2012 im Wesentlichen aus, dass es sich bei den Glücksspielgeräten 1 und 2 'Sweet Beat' um sogenannte Funwechsler handelt. Dazu hat bereits der VwGH in mehreren Entscheidungen erkannt, dass es sich dabei um Glücksspielau­tomaten handelt.

(Hinsichtlich des Glücksspielgerätes Nr. 3 (Wettterminal) wird ausgeführt, dass ebenfalls der VwGH im Erkenntnis 2009/17/0158 vom 21.01.2010 bereits festgehalten hat, dass Wetten auf aufgezeichnete Ereignisse als Glücksspiele zu qualifizieren sind.

Besonders deutlich wird die Glücksspieleigenschaft dadurch, dass nicht auf den Ausgang eines (in der Zukunft liegenden) Spieles gewettet wird – sämtliche Rennen sind ja bereits abgelaufen – sondern auf das Auswählen der 'richtigen' Aufzeichnung mittels Zufallsgenerator. Der Wettkunde erhält bei aufgezeichneten Hunderennen die Möglichkeit, auf einen bestimmten Hund zu setzen, von dem ihm nur die Quote bekannt gegeben wird, die einen Rückschluss auf die Siegwahrscheinlichkeit zulassen soll. Das Rennen selbst wird per Zufallsgenerator im Gerät selbst aus den programmierten Rennen oder via Datenübertragung von einem zentralen Server aus gestartet. Der Spieler weiß nicht, auf welches Rennen er setzt. Dieses Spiel ermöglicht innerhalb kürzester Zeit immer neue Rennen ablaufen zu lassen und das 24 h täglich.)

Hinsichtlich des Gerätes Nr.4 'Skill Bob' beurteilt der Anzeigeleger nach Erhalt Ihrer Rechtferti­gungsangaben und Nachweise das angebotene Spiel Ihren Aussagen folgend als Geschicklich­keitsspiel, weshalb die vorläufige Beschlagnahme aufzuheben sein wird.

 

Mit 13.9.2012 wurden Sie schließlich vom Ergebnis des Beweisverfahren verständigt. Sie machten von der Möglichkeit der abschließenden Stellungnahme Gebrauch, wobei Sie inhaltlich lediglich das bereits von Ihnen Vorgebrachte wiederholten.

 

Dazu hat nun die Behörde erwogen:

 

Fest steht und wird in keiner Weise bestritten, dass die angeführten Apparate im angeführten Lokal betriebsbereit gestanden sind. Es wird auch in keiner Weise Ihre Eigenschaft als Eigentümer die­ser Eingriffsgegenstände geleugnet.

(Es wird auch in keiner Weise Ihre Eigenschaft als Inhaber der Eingriffsgegenstände geleugnet.)

Die Apparate wurden von den Kontrollorganen bespielt.

(Es wird von Ihnen selbst vorgebracht, dass im Fall des Gerätes Nr. 3 man mit diesem Apparat auf Hunde- Pferderennen in der Vergangenheit wetten könne.)

 

In Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes wurden nun Geräte in der gegenständlichen Art Nr.1 und Nr.2 (Nr. 1 bis Nr. 3) bereits eindeutig als Glücksspielapparate beurteilt, weshalb weiteres Begründendes unterbleiben kann. Festgehalten wird jedoch sehr wohl ergänzend noch, dass die Behörde darüber hinaus keinen Anlass findet auch an den Aussagen und Beurteilungen des Anzeigelegers selbst zu zweifeln. Diese werden ja, wie bereits ausgeführt, durch die Entscheidungen des VwGH bestä­tigt.

 

Die gegenständlichen, vorläufig beschlagnahmten Eingriffsgegenstände stellen demnach Eingriffs­gegenstände in das Glücksspielmonopol des Bundes im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG dar, für den die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG zwingend vorgesehen ist, und bei dem aufgrund der fest­gestellten Betriebsdauer der hinreichend begründete Verdacht gerechtfertigt vorliegt, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Die im § 53 Abs 1 Z 1 lit a bestimmten Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme durch die Behörde waren aufgrund der Versiegelung des Eingriffsgegen­standes durch die Kon­trollorgane und wegen des ausgesprochenen Verfügungsverbotes nach wie vor gegeben. Die Be­schlagnahme war somit aufgrund der Bestimmungen des § 53 Abs 3 GSpG durch die Behörde anzuordnen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20.12.1999, Zl. 97/17/0233, 94/17/0309, festgestellt, dass die Beschlagnahmemaßnahme die weitere Begehung des Verstoßes gegen ei­nen oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG zu unterbinden bezweckt und zulässig ist, wenn mit dem betreffenden Gegenstand in der Vergangenheit fortgesetzt gegen das Glücks­spielgesetz verstoßen wurde, bzw., wenn ein entsprechender Verdacht vorliegt.

 

Da diese Voraussetzungen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG unverändert vorliegen, war die Beschlagnahme auch deshalb anzuordnen.

 

Die vorläufige Beschlagnahme des Apparates 4 'Skill Bob' ist jedoch aufzuheben, weil dieser als Geschicklichkeitsapparat nicht in die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes fällt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

2.1. Gegen diesen Beschlagnahmebescheid, der der ErstBwin am 23. Oktober 2012 und dem ZweitBw am 22. Oktober 2012 jeweils zu Händen des ausgewiesenen Rechtsvertreters Dr. P R zugestellt wurde, richten sich die im Wesentlichen inhaltsgleichen, rechtzeitigen per Telefax eingebrachten Berufungen vom 2. und 5. November 2012, mit denen jeweils die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides angestrebt wird.

 

Die Begründung der Berufungen ist mit Ausnahme von Angaben des ZweitBw zum Gerät Nr. 3 (vgl Punkt 3) gleichlautend:

 

"Der Bescheid wird im Umfang des Spruchpunktes I.) angefochten.

 

Begründung:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 19.10.2012 zu ZI. Pol96-52/1-2012 wurde die Beschlagnahme eines Sweet Beat Comet und eines Sweet Beat angeordnet.

Begründend führte die Erstbehörde aus, dass die Voraussetzungen des verdachtes des § 52 Abs 1 GSpG unverändert vorlägen und die Beschlagnahme daher anzuordnen gewesen sei.

 

Dem ist zu entgegnen:

1.)

Dem Bescheid ist nicht einmal ein ansatzweiser Spielablauf zu entnehmen und kann nicht nachvollzogen werden, weshalb die Behörde davon ausgeht, dass es sich um dem Glücksspielgesetz unterliegende Geräte handelt. Dem Bescheid ist zudem nicht zu entnehmen, ob überhaupt Probespiele durchgeführt wurden.

 

2.)

Auf den gegenständlichen Geräten ist es nicht möglich, ein Glücksspiel zu spielen. Es handelt sich bei diesen Geräten um 'Fun-Wechsler' in einer nach dem Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses abgeänderten Version, bei denen es nur möglich ist, Musik abzuspielen, nicht jedoch Geld zu gewinnen. Diese Geräte verfügt auch über eine Wechselfunktion, mit der es möglich ist, Papiergeld in Münzen zu wechseln.

 

Dabei wird ausdrücklich auf die Bestimmung des § 13 Glücksspielautomatenverordnung hingewiesen, das ein 'Spiel' definiert. Ein Spiel beginnt demnach mit der Leistung eines Einsatzes und endet mit der Entscheidung über Gewinn und Verlust. Diese Funktion hat das Gerät 'Fun-Wechsler' jedenfalls nicht. Der Hersteller des Gerätes hat sich hinsichtlich der Funktionsweise beim gerichtlich beeideten Sachverständigen x erkundigt und das Gerät nach den Verwaltungsgerichtshoferkenntnissen im Jahr 2010 in der Form abändern lassen, dass mit diesem Gerät nicht in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen werden kann. Der gerichtlich beeidete Sachverständige x hat diesbezüglich für den Hersteller des Gerätes, die Firma Fun-Line GmbH ein Gutachten erstellt.

 

Unbestritten ist, dass mit gegenständlichem Gerät Papiergeld in Münzen gewechselt werden kann. Es ist weiters unbestritten, dass mit gegenständlichem Gerät Musikstücke angehört werden können, die man vorher auswählen kann.

 

 

Es wird beantragt eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und alle bei der Kontrolle anwesenden Beamten einzuvernehmen, dies zum Beweis dafür, dass mit den gegenständlichen Geräten nicht in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde bzw. werden konnte.

 

3.) (Anm.: Ausführungen nur in der Berufung des ZweitBw)

Hinsichtlich des Gerätes Nr. 3 ist anzuführen, dass es sich nicht um ein Gerät handle, dass dem Glücksspielgesetz unterliegt, da Wetten landesgesetzlich geregelt sind. Zudem ist der Aktenvermerk vom 28.03.2012 nicht nachvollziehbar und in sich widersprüchlich. Dort wird von 'in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunde- und Pferderennen' gesprochen und ist nicht nachvollziehbar, was die Behörde hiermit ausdrücken möchte.

 

4)

Der Beschlagnahmebescheid verstößt gegen das unionsrechtlich begründete Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG:

 

Am 09.09.2010, wurde das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft in der Rechtssache C-64/08 (x) verkündet. Ausgangsfall für die Entscheidung ' x ' war ein Strafverfahren nach § 168 StGB, weil Herr x, ein deutscher Staatsbürger, in Linz und Schärding x betrieb. Herr x verfügte über keine Konzession für den Betrieb einer Spielbank in Österreich. Er bestritt auch nicht, eine solche gar nicht beantragt zu haben, brachte aber vor, dass er eine Konzession aufgrund zahlreicher unionsrechtswidriger Bestimmungen im österreichischen Glücksspielgesetz auch gar nicht hätte erlangen können. In erster Instanz wurde er noch zu einer Geldstrafe von EUR 2.000,--verurteilt. Das Landesgericht Linz als Berufungsgericht hatte allerdings erhebliche unionsrechtliche Zweifel

·         an dem Erfordernis einer Niederlassung in Form einer Aktiengesellschaft in Österreich,

·         an der Kohärenz und Systematik der österreichischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels,

·         sowie an der Vorgangsweise des Bundesministeriums für Finanzen bei der Vergabe von Glücksspielkon2essionen in Österreich.

 

Bezüglich des in der Rechtssache C-64/08 (x) ergangenen Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ist zunächst auf die auf die Randnr. 24 und 26 hinzuweisen, wonach es dem vorlegenden Landesgericht Linz zufolge von der - in Übereinstimmung auch mit dem Unionsrecht - Zulässigkeit des Ausschlusses von Herrn x vom Erhalt einer Spielbankkonzession abhing, ob Herr x den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiel nach § 168 StGB verwirklicht hat Daher waren nach Ansicht des Europäischen Gerichthofes zuerst die erste und die dritte Vorlagefrage der Randnr. 25 zu prüfen.

 

Zur erfolgten Vergabe der Spielbankkonzessionen nimmt der Gerichtshof dann in Randnrn. 49-57 Stellung und kommt in Randnr. 58 zum Ergebnis, dass das Transparenzgebot, das sich aus den Art. 43 EG und 49 EG sowie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ergibt, einer Vergabe sämtlicher Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates, die ohne Ausschreibung erfolgt, entgegensteht.

 

Da sich aus der Beantwortung der ersten und dritten Vorlagefrage bereits ergeben hat, dass der Ausschluss von Herrn x vom Erhalt einer Spielbankkonzession gegen das Unionsrecht verstoßen hat und unrechtmäßig war, erachtete der Gerichtshof in Randnr. 59 die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage o Vereinbarkeit/Zulässigkeit eines innerstaatlichen Monopols für den Betrieb von Spielbanken, wenn es im Mitgliedsstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen ermuntern o für nicht mehr notwendig.

 

Ebensowenig wie Herr x verfügt die Beschuldigte über eine Konzession für den Betrieb einer Spielbank oder von Glücksspielautomaten in Österreich, da sie von der Möglichkeit eine solche zu erlangen, gemeinschaftsrechtswidrigerweise ausgeschlossen sind, zumal sämtliche Konzessionen vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das im Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die C A AG vergeben wurden.

 

In einem solchen Fall dürfen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Sanktionen gegen Betreiber, die infolge des gemeinschaftsrechtswidrigen Ausschlusses über keine Konzession verfügen, nicht verhängt werden.

 

Zum unrechtmäßigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von
Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat
hat der
Europäische Gerichtshof im Urteil vom 06. März 2007 (Strafverfahren gegen
x) für Recht erkannt (Punkt 3.), dass die Art. 43 EG und 49 EG
dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den
Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die Wirtschaftsteifnehmer mit der
Rechtsform von Kapitalgesellschaften, deren Anteile auf reglementierten Märkten
gehandelt werden, vom Glücksspielsektor ausschließt
und darüber hinaus im Sinne eines solchen Ausschlusses fortwirkt.

 

Zu den Folgen des unrechtmäßigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat nimmt der Gerichtshof in Randnr. 63 Stellung, wobei im letzten Satz festgehalten wird, dass in jedem Fall festzustellen ist, dass in Ermangelung eines Verfahrens der Konzessionsvergabe, das auch den bei der letzten Ausschreibung rechtswidrig; von einem möglichen Konzessionserhalt ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmern offensteht, der Umstand, dass sie keine Konzession besitzen, nicht zum Anlass für die Verhängung einer Sanktion gegen sie genommen werden darf. (Generelles Sanktionsverbot)

 

Zu strafrechtlichen Sanktionen im speziellen wird in diesem Zusammenhang in Randnr. 69 festgehalten, dass sich aus der Rechtsprechung ergibt, dass ein Mitgliedsstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen darf, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt oder vereitelt hat (vgl in diesem Sinn Urteil vom 15. Dezember 1983, Rienks, S/83, Slg 1983, 4233, Randnr. 10 und 11).

 

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften gilt sowohl für die Vergangenheit als auch bis zur Herstellung einer unionsrechtskonformen Rechtslage der Grundsatz, dass Sanktionen jenen Anbietern, die bisher aufgrund unionsrechtswidriqer Umstände von vornherein keine Konzession erhalten konnten, nicht entgegengehalten werden dürfen

(dazu auch EuGH vom 08.09.2010, Markus Stoß u.a. C-316/07 unter anderem RN 115 iVm 19), sowie

 

Stadler/Arzt in ecolex 2010, 617 ff,

Talos/Stadler in ecolex 2010, 1006 ff, mwN,

Franz Leidenmühler in medien und recht 5/2010, 247 ff. mwN,

Franz Koppensteiner in RdW 2011, 134 ff. mwN, und

Franz Leidenmühler in medien und recht 5/2011, 243 ff. mwN

 

In den Urteilen x und x hat der EuGH zudem klargestellt, dass das von einem Mitgliedsstaat verfolgte ordnungspolitische Ziel des Spielerschutzes (als alleinig übrig gebliebenes Monopolargument) tatsächlich auch in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden rnuss. Die in obigen Fällen für Deutschland bestimmten Regeln gelten naturgemäß auch für Österreich. Der EuGH legt auch hinsichtlich Glücksspielwerbung Kriterien fest: Die Werbung muss maßvoll und strikt auf das begrenzt sein, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme und zum Spielen angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden, oder indem die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne vorspiegeln (EuGH 08.09.2010, Markus Stoß u.a., C-316/07 u.a. RN 103). Daraus folgt, dass der Ist-Zustand in Österreich mit omnipräsenter Casino- und Lottowerbung - auch nach den Glücksspielgesetznovellen 2008 und 2010 - nach wie vor EU-widrig ist.

 

Schließlich ist desweiteren auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 08.09.2010, C-409/06, Winnerwetten GmbH hinzuweisen, wonach jedes nationale Gericht verpflichtet ist, das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte die es den Einzelnen verleiht, zu schützen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechtes unangewendet lässt (EuGH Winner Wetten, C-409/06 RN 55).

 

Unter Berufung auf den Europäischen Gerichtshof vertritt auch Koppensteiner (Der EuGH und das Glücksspiel, RdW 2011, 134), dass 'im Fall eines unionsrechtswidrigen Marktzugangsregimes das dieses Marktzugangregime strafrechtlich absichernde Sanktionsrecht unanwendbar zu bleiben hat'.

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes ist nach ständiger Rechtssprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes. Die Gerichte der Mitgliedsstaaten haben insoweit den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (EuGH, Winner Wetten, C-409/06 RN 58).

 

Auch in der Entscheidung vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer betont der Gerichthof der Europäischen Gemeinschaften in Rn 32 und 43 abermals und unzweideutig, dass der Verstoß gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu strafrechtlichen Sanktionen führen darf, wenn diese Regelung unionsrechtswidrig ist. Diese Rechtsfolge haben die österreichischen Gerichte und Behörden größtenteils trotz ihrer aus Art 4 Abs 3 des Vertrages über die Europäische Union entspringen Pflicht zur Anwendung der EuGH-Rechtsprechung ignoriert.

 

Stellt sich in einem Verfahren eine vom Gemeinschaftsrecht vorgegebene Vorfrage im Rahmen der zu treffenden Entscheidung, so kann diese Vorfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.

 

Die Unionsrechtswidrigkeit der intransparenten Vergabe bezieht sich nicht nur auf den Zeitpunkt der Vergabe, sondern dauerhaft bis zur Neuausschreibung und korrekten Vergabe der Konzession. Es steht im groben Widerspruch zu der Rechtsprechung des EuGH und der effektiven Durchsetzung der europarechtlichen Grundfreiheiten, im Falle einer Vergabe der Konzessionen 'unter der Hand' von mitgliedstaatlichen Anbietern die Erfüllung der Konzessionsvoraussetzungen vor einer europarechtskonformen, rechtmäßigen Ausschreibung zu verlangen. Vielmehr liegt es am jeweiligen Mitgliedstaat die fehlende Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit zu sanieren. Bis dahin schlagen aber die Grundfreiheiten durch.

 

Angesichts der eindeutigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und der Übereinstimmenden Literatur ist es daher - sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen - dringend geboten dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

 

'Sind die Art 49 und 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen
Union und Artikel 4 des Vertrages über die Europäische Union sowie die zum
Glücksspielrecht ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
dahingehend auszulegen, dass gegen einen Glücksspielanbieter, der über keine
nach nationalem Recht des Mitgliedsstaates erteilte Konzession verfügt, auch
dann wegen des Fehlens dieser Konzession keinerlei Strafsanktionen verhängt
werden dürfen, wenn dieser Glücksspielanbieter nicht sämtliche nach dem
nationalen
Recht des Mitgliedsstaates vorgeschriebenen Konzessionsvoraussetzungen erfüllt, wenn bei der Vergabe sämtlichen, nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates zu vergebenden Konzession jegliche Transparenz gefehlt hat und der Glücksspielanbieter schon aufgrund dieser unionsrechtswidrigen Vergabe der Konzession für den Zeitraum bis zumindest 31.12.2012 von der Möglichkeit ausgeschlossen ist, sich um eine solche Konzession zu bewerben?'

 

Die Beschuldigte weist insbesondere darauf hin, dass alle Beschränkungen an den
europarechtlichen Grundfreiheiten zu messen sind und die österreichische
Glücksspielpolitik nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
insgesamt kohärent und systematisch auf im zwingenden Allgemeininteresse liegende
Rechtsfertigungsgründe ausgerichtet sein muss. Bemerkenswerterweise ist der
Europäische Gerichtshof in der Rechtssache
x nicht mehr auf die ihm
gestellte Frage nach der (In)Kohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik
eingegangen, da er dies aufgrund der bereits festgestellten Unionsrechtswidrigkeiten
für nicht mehr erforderlich hielt (vgl
Koppensteiner, Der Europäische Gerichtshof und das Glücksspiel, RdW 2011,134 (136)). Das bedeutet aber gerade nicht, dass österreichische Gerichte und Behörden auf die Kohärenzprüfung verzichten könnten, zumal an der Erfüllung dieses Erfordernisses nach wie vor erhebliche Zweifel bestehen (vgl bspw Talos/Stadler, EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 (1008); Leidenmühler, Das x-Urteil des EuGH - Rien ne va plus für das österreichische Glücksspielgesetz, Medien und Recht 2010, 247).

 

Der Europäische Gerichtshof hat jüngst klargestellt, dass bei jeder nationalen Beschränkung der Grundfreiheiten im Glücksspielbereich zu prüfen ist, ob sie tatsächlich dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 56). Insbesondere hat der Europäische Gerichtshof auch Präzisierungen dahingehend vorgenommen, dass zur Rechtfertigung der Errichtung eines Monopols der Mitgliedstaat ein besonders hohes Schutzniveau verfolgen muss, da es sich um eine besonders schwere Restriktion handelt (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 48, 71). Die nationalen Gerichte haben dabei zu prüfen, 'ob die nationalen Behörden im entscheidungserheblichen Zeitraum tatsächlich bestrebt waren, im Hinblick auf die geltend gemachten Ziele ein besonders hohes Schutzniveau zu gewährleisten, und ob die Errichtung eines Monopols im Licht dieses angestrebten Schutzniveaus tatsächlich als erforderlich angesehen werden konnte' (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömert Rn 54). Der Europäische Gerichtshof bestätigt in diesem Zusammenhang, dass die tatsächliche Verhältnismäßigkeit der restriktiven Regelung vom Mitgliedstaat bewiesen werden muss (EuGH vom 15.09.2011. Rs C-347/09 Dickinger und Ömer. Rn 54) und dass es grundsätzlich Feststellungen geben muss, dass kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht im betreffenden Mitgliedstaats ein Problem darstellen (EuGH vom 15.09.2011 Rs C-347/09 Dickinger und Ömer. Rn 66 und 100).

 

Dieser Nachweis wurde bis heute vor keinem österreichischen Gericht und vor keiner österreichischen Behörde erbracht. Ebensowenig wurden derartige Feststellungen bis dato in keiner einzigen Entscheidung eines österreichischen Gerichtes und in keiner einzigen Entscheidung einer österreichischen Behörde jemals getroffen.

 

Das  Urteil  des  Europäischen   Gerichtshofes  vom   15.09.2011,  Rs C-347/09 Dickinger und Ömer enthält weiters Präzisierungen zum zulässigen Umfang der vom Monopolisten betriebenen Werbung. Nach dem Europäische Gerichtshof ist zwischen Strategien des Monopolinhabers zu unterscheiden, die nur die potenzielle Kunden über die Existenz der Produkte informieren und durch Lenkung der Spieler in kontrollierte Bahnen einen geordneten Zugang zu Glücksspielen sicherstellen sollen, und Strategien, die zu aktiver Teilnahme an Glücksspielen auffordern, anregen oder anreizen. Es müsse zwischen einer restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen oder die Kunden an ihn binden soll, und einer expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt, differenziert werden (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 69).

 

Angesichts der gängigen exzessiven Werbepraxis der österreichischen Monopolisten wird   diesen europarechtlichen Anforderungen für die Rechtfertigung einer Monopolstellung nicht genügt, was auch jüngst vom Landesgericht Linz (als Zivilgericht erster Instanz) in seinem Urteil vom 22. März 2012, 1 Cg 190/11y-14 bestätigt wurde.

 

Zuvor hatte das Landesgericht Linz, das selbst das Vorlageverfahren in der Rechtssache x initiiert hatte, Herrn x noch – ohne weitere Feststellungen zur Werbestrategie des Monopolinhabers und zur (In)Kohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik getroffen zu haben – verurteilt Das Bezirksgericht Zell am See hingegen hat bereits die richtige Konsequenz der Sanktionsfreiheit für Herrn x gezogen und ihn aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vom Strafantrag freigesprochen.

 

Das Sanktionsverbot wurde jüngst auch vom Landesgericht Ried im Innkreis in seinem Berufungsurteil vom 23.04.2012 - als letztinstanzliches Gericht -bestätigt, in dem es ausführt:

 

Zur Frage der Konsequenzen des Urteils des EuGH vom 09. September 2010 in der RsC 64/08 'Engelmann' für die Anwendung des § 168 StGB liegt bislang, soweit auch unter Einsatz von RIS-Justiz Überschaubar, eine Entscheidung des OGH nicht vor.

 

Vielmehr ist hiezu eine kontroversielle Diskussion zwischen Vertretern der Lehre einerseits und einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen andererseits entstanden.

 

Dabei schließt sich das Berufungsgericht den Vertretern der Lehre an, wobei Univ.Prof.DDr. x im Rahmen dessen Rechtsgutachtens vom 04. November 2010 am überzeugendsten erscheint. Danach kommt x, der sich unter anderem auch ausführlich mit der gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen auseinandergesetzt hat, zum Ergebnis, dass sich aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Engelmann die EU-Rechtswidrigkeit der österreichischen glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln in den entscheidenden Fragen des Sitzerfordernisses und der intransparenten Vergabe der Konzessionen ohne Ausschreibung ergibt. Die diesbezüglichen Regeln des Österreichischen Glücksspielrechts haben daher gegen die Artikel 43 und 49 EG - nunmehr Artikel 49 und 56 AEUV - verstoßen. Diese EU-Rechtswidrigkeit im Bezug auf das österreichische Marktzugangsrecht schlägt auf das strafrechtliche Rechtsdurchsetzungsregime durch: Sind die glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln EU-rechtswidrig, dürfen diese auch nicht im Wege eines Strafverfahrens, gemäß § 168 StGB durchgesetzt werden. Es gilt infolge der Vorrangwirkung des EU-Rechts ein unmittelbar EU-rechtlich begründetes Anwendungsverbot konfligierenden Strafrechts.

 

Darauf, ob sich das maßgebliche Sachrecht auch EU-konform ausgestalten ließe,
kommt es nicht an.
Maßgeblich ist der Verstoß gegen das EU-Recht hier und
jetzt. Im_Ergebnis bedeutet dies, dass im Fall x und auch in allen vergleichbaren Konstellationen § 168 StGB unangewendet zu bleiben hat.

 

Mehr noch: Angesichts der eindeutigen Rechtslage wäre eine Anwendung des § 168 StGB rechtlich unvertretbar!

 

Angesichts der in obigen Ausführungen dargestellten Kontroverse zwischen Lehre und - einem Teil - der Rechtsprechung ist es - sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen - dringendst geboten, beim Europäischen Gerichtshof über obige Vorlagefrage möglichst rasch die Klarstellung der Rechtsfolgen festgestellter Unionsrechtswidrigkeiten im Glücksspielsektor, insbesondere zum Fehlen einzelner, mehrerer oder auch aller nach nationalem Recht gesetzlich vorgeschriebener Konzessionsvoraussetzungen nach erfolgter unionsrechtswidriger Konzessionsvergabe ohne jeglicher Transparenz einer Ausschreibung herbeizuführen.

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes sowie der Grundsatz, dass die Gerichte der Mitgliedsstaaten den Schutz der Rechte zu gewährleisten haben, die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen, gilt auch für die Beschuldigte. Dies insbesondere deshalb, weil im vergleichbaren Fall x Herr x eine Spielbankkonzession nicht nur wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit, sondern auch deshalb nicht erlangen konnte, weil er nicht das Erfordernis einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich erfüllt hat, und sämtliche Konzessionen für den Betrieb einer Spielbank und Glücksspielautomaten in Österreich vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das in Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die C A AG vergeben wurden.

 

Von den beiden letzteren Ausschlussgründen sind Inländer in gleicher Weise betroffen wie andere Unionsbürger, so dass eine Ungleichbehandlung mangels sachlicher Rechtfertigung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde.

 

Die Frage der Anwendung des Unionsrechtes auf Österreicher ist vergleichbar mit den Lockerungen im Bereich des österreichischen Grundverkehrsrechtes, die erst durch die EuGH-Urteile zugunsten von Gebietsfremden zustande kamen (EuGH 01.06.1999, Konle, C-302/97, Slg. 1999, I-3099; EuGH 15.05.2003, Salzmann, C-300/01, Slg. 2003, I-4899; EuGH 23.09.2003, Ospelt, C-452/01, Slg. 2003, I-9743).

 

Die darauffolgenden Begünstigungen von Gebietsfremden und Diskriminierung von Inländern konnten folglich dem Gleichheitsgrundsatz nicht mehr standhalten (Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, RZ 1355, Seite 647 mwH auf VfSlG 17.150; 17.422; VfGH 08.06.2005, G 163/04; VfGH 08.06.2005, G 159/04; VwGH 28.07.2004, 2002/04/0173).

 

5.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Schriftsatz vom 10.08.2012 an den Gerichtshof der Europäischen Union einen Antrag auf Vorentscheidung gem. Art. 267 AEUV gestellt. Ausgangslange ist ein Sachverhalt, der mit dem gegenständlichen vergleichbar ist.

Wie der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schreibt, stellt sich die Frage, ob die dem österreichischen Glückspielgesetz zugrunde liegende Systematik der lückenlos strafsanktionierten (Quasi-) Monopolregelung generell bzw. hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung mit den Grundsätzen der Europäischen Grundrechtcharta vereinbar ist.

Dem UVS Oberösterreich ist nämlich aufgefallen, dass die Behörden bislang in keinem bekannten Fall iS des Urteils des EuGH vom 15.09.2011, C-347/09 (Dickinger/Ömer) auch nur ansatzweise versucht haben nachzuweisen, dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellte(n) und bejahendenfalls, dass diesem insbesondere nur durch ein Monopolsystem mit kontrollierter Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können, sowie, dass tatsächlich die Kriminalitätsbekämpfung und der Spielerschutz - und nicht etwa bloß eine Maximierung oder massive Erhöhung der Staatseinnahmen - das wahre Ziel der Monopolregelung bildeten, und dass sich die Geschäftspolitik der Monopolisten ohnehin bloß auf eine kontrolliertere Expansion mit einer maßvollen, eng auf die Zielerreichung begrenzten, nicht zu aktiver Spielteilnahme anregender oder in Verbindung mit karitativen Zwecken ein positives Image kreierender Werbung beschränkt hat - was insbesondere schon angesichts der aus den Gesetzesmaterialien resultierenden fiskalpolitischen Intentionen und des Gerichts bekannten 'enormen' und aggressiven Werbeaufwandes. Aus diesem Grunde ist der UVS Oberösterreich der Ansicht, dass die im Glückspielgesetz konkret normierte Ausgestaltung des Glückspielmonopol des Bundes schon dem Grunde nach nicht mit der in den Art. 56ff AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist.

Die Regelungen im Glückspielgesetz sind - nach Ansicht des UVS Oberösterreich in ihrer Zusammenschar nicht geeignet, die in der Rechtsprechung des EuGH geforderte Gesamtkohärenz auch tatsächlich zu gewährleisten, sind somit im Ergebnis überschießend und damit inadäquat.

Der UVS Oberösterreich kritisiert auch die höchst unbestimmten Gesetzesbegriffe im Hinblick auf die systematisch nahezu lückenlose strafrechtliche Sanktionierung nicht bloß unmittelbarer Täter.

Das Beispiel wendet sich zudem gegen die unklare Abgrenzung zwischen Verwaltungsdelikt und Strafdelikt, dies insbesondere auch im Hinblick auf das Doppelbestrafungs- und Verfolgungsverbot.

 

Der UVS Oberösterreich stellt daher dem Gerichtshof der Europäischen Union nachstehende Fragen:

 

1.)

Steht das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Bestimmungen der §§ 3 bis 5 sowie §§ 14 und 21 GSpG, die die Durchführung von Glückspielen mittels Automaten nur   unter   der   -   sowohl   strafsanktionierten   als   auch   unmittelbar sacheingriffsbedrohten - Voraussetzungen der Erteilung einer vorangehenden, jedoch nur in begrenzter Anzahl verfügbaren Erlaubnis ermöglicht, obwohl bislang - soweit ersichtlich — von staatlicher Seite in keinem einzigen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren nachgewiesen wurde, dass eine damit verbundene Kriminalität und/oder Spielsucht tatsächlich ein erhebliches Problem, dem nicht durch eine kontrollierte Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten auf viele Einzelanbieter, sondern nur durch eine kontrollierte, mit bloß maßvoller Werbung verbundene Expansion eines Monopolisten (bzw. sehr weniger Oligopolisten) abgeholfen werden kann, darstellen, entgegen?

 

2.)

Für den Fall, dass diese erste Frage zu verneinen ist: Steht das in Art 56 AEUV und in Art. 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, durch die im Wege unbestimmter Gesetzesbegriffe im Ergebnis eine nahezu lückenlose Strafbarkeit auch vielfältiger Formen von nur sehr entfernt beteiligten (u.U. in anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen) Personen (wie bloßen Vertreibern, Verpächtern oder Vermietern von Glückspielautomaten) eintritt, entgegen?

 

3.)

Für den Fall, dass auch die zweite Frage zu verneinen ist: Stehen die demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen, wie diese offenkundig dem Art 16 EGRC zu Grunde liegen, und/oder das Fairness- und Effizienzgebot des Art. 47 EGRC und/oder das Transparenzgebot des Art. 56 AEUV und/oder das Doppelverfolgungs- und -bestrafungsverbot des Art. 50 EGRC einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, deren wechselseitige Abgrenzung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung für einen Bürger ex ante kaum vorhersehbar und berechenbar, sondern im konkreten Einzelfall jeweils erst im Wege eines aufwändigen förmlichen Verfahrens klärbar ist, an die sich jedoch weitreichende Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeiten (Verwaltungsbehörde oder Gericht), der Eingriffsbefugnisse, der damit jeweils verbundenen Stigmatisierung und der prozessualen Stellung (z.B. Beweislastumkehr) knüpfen, entgegen?

 

4.)

Für den Fall, dass eine dieser drei ersten Fragen zu bejahen ist: Steht Art. 56 AEUV und/oder Art. 15 bis 17 EGRC und/oder Art. 50 EGRC einer Bestrafung von Personen, die in einer der in § 2 Abs 1 Z 1 und § 2 Abs 2 GSpG genannten Nahebeziehung zu einem Glückspielautomaten steht, und/oder einer Beschlagnahme bzw. Einziehung dieser Geräte und/oder einer Schließung des gesamten Unternehmens solcher Personen entgegen?

 

Es wird beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

Sodann wolle der Berufung Folge gegeben werden und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben werden."

 

2.2. Mit Schreiben vom 8. November 2012 legte die belangte Behörde Teile ihrer Bezug habenden Verwaltungsakten zur Berufungsentscheidung vor. Über ergänzende Anforderung wurden weitere Akteninhalte vorgelegt, aus denen Ablichtungen der Bezug habenden Anzeigen der Finanzpolizei samt Fotodokumentationen für die Akten des Oö. Verwaltungssenates hergestellt wurden.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Dokumentation (Bescheinigung, Niederschrift, Aktenvermerk, Lichtbilder, Anzeigen) der einschreitenden Organe des Finanzamtes.

 

Da die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0171; ebenso VwGH 27.4.2012, Zl. 2011/17/0313 sowie VwGH 27.4.2012, Zl. 2011/17/0315) gemäß § 51e Abs4 VStG ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Verfahrensangelegenheit "Beschlagnahme" nicht erwarten lässt und dem auch nicht Art 6 EMRK entgegensteht. Mit anderen Worten: Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen; der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt. Die Beurteilung der Glücksspielnatur der in Rede stehenden Spieltypen und der vorliegenden Verdachtslage iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG war unzweifelhaft möglich, weshalb auch eine nachträgliche Beweisaufnahme durch eine Stellungnahme des Österreichischen Buchmacherverbandes entbehrlich war.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem im Wesentlichen unbestrittenen  S a c h v e r h a l t  aus:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 28. März 2012 in der "x" in G, U, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte mit den Bezeichnungen "Sweet Beat Comet" (Nr. 1), "Sweet Beat" (Nr. 2) und "Wettpunkt" (Nr. 3) betriebsbereit aufgestellt und funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt.

 

Nach eigenen Angaben ist die ErstBwin Eigentümerin der Geräte Nr. 1 und Nr. 2. Der ZweitBw ist Lokalbetreiber und somit Inhaber der Geräte Nr. 1 bis Nr. 3.

 

3.2.1. Mit dem oa. Gerät Nr. 1 wurden seit der Aufstellung am 28. September 2011 und mit dem oa. Gerät Nr. 2 seit 28. März 2011 bis zur Beschlagnahme am 28. März 2012 wiederholt virtuelle Glücksrad ähnliche Spiele durchgeführt, bei denen für bestimmte Einsatzbeträge in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl. dazu die Ausführungen in der Fotodokumentation des Finanzamtes über die erfolgten Probespiele an den oa. Geräten sowie die Anzeigen vom 25. April 2012, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht und die auch von den Berufungswerbern nicht in Abrede gestellt werden).

 

Der konkrete Spielablauf der auf den Geräten Nr. 1 und Nr. 2 verfügbaren Spiele stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf die Anzeigen vom 25. April 2012 wie folgt dar:

 

Die elektronischen Glücksräder konnten nur durch Eingabe von mindestens 1,-- Euro in Betrieb genommen werden. Mit der grünen Gerätetaste ("Rückgabe-Taste" bzw "Wahl-Taste" für den Vervielfachungsmodus), oder mit eigens dazu bestimmten Tasten konnte, vor Eingabe eines Euro, eine Verdoppelung oder Vervielfachung der in Aussicht gestellten Gewinne bewirkt werden, entsprechend dem damit eingestellten Vervielfachungsmodus. Der in Aussicht gestellte Höchstgewinn wird aus dem höchsten Betrag der Zahlenfelder multipliziert mit dem höchsten am Gerät auswählbaren Vervielfachungsfaktor errechnet.

 

Nach Eingabe von Banknoten kann entsprechend dem gewählten Vervielfachungsfaktor, nämlich 1, 2 oder 4 ein Betrag in Form von Euro-Münzen in der Höhe von vier, drei, zwei oder einem Euro in die am Gehäuse unten angebrachte Geldlade ausgeworfen werden. Eine erneute Betätigung der grünen Gerätetaste ("Rückgabe") bewirkte die Ausfolgung des zurückbehaltenen Betrages. Bei Betätigung der roten Gerätetaste ("Kaufen" oder "Musik abspielen") werden in Abhängigkeit vom gewählten Vervielfachungsfaktor, je nach dem im Symbolkranz des Glücksrades an der Gerätefrontseite beleuchteten Feldes, entweder ein, zwei, drei oder vier Musiktitel abgespielt, oder der entsprechende Geldbetrag in Münzen ausgefolgt. Unmittelbar nach diesem Vorgang erfolgt automatisch ein Beleuchtungsumlauf am Glücksrad, welcher mit dem zufälligen Stillstand auf einem der zahlreichen Felder am Glücksrad endet, das dann beleuchtet bleibt. Bleibt nach dem Beleuchtungsumlauf ein Betragsfeld markiert, wird der Wert nach neuerlicher Geldeingabe in der Höhe des gewählten Faktors ausgefolgt. Der Ausgang dieses Spiels konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vom Zufall ab.

 

3.2.2. Mit dem oa. Gerät Nr. 3 wurden seit der Aufstellung am 15. Jänner 2012 bis zur Beschlagnahme am 28. März 2012 wiederholt virtuelle Hunde- oder Pferderennen durchgeführt, bei denen für bestimmte Einsatzbeträge in Verbindung mit bestimmten Quoten (lt. Quotenplan) Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl. dazu die Ausführungen in der Niederschrift und der Fotodokumentation des Finanzamtes über die erfolgten Probespiele an dem oa. Gerät vom 28. März 2012 sowie die Anzeigen vom 25. April 2012, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht und die auch vom Berufungswerber nicht in Abrede gestellt wird).

 

Der konkrete Spielablauf der auf dem Gerät Nr. 3 verfügbaren Spiele stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf den Aktenvermerk vom 28. März 2012 sowie die Anzeigen vom 25. April 2012 wie folgt dar:

 

Bei diesem Gerät konnte die Möglichkeit wahrgenommen werden, Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunde oder Pferderennen abzuschließen. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des gewünschten Spieleinsatzes und nach Festlegen eines vermuteten Rennergebnisses kann die Wette durch Betätigung einer entsprechenden virtuellen Bildschirmtaste abgeschlossen werden. Über Wunsch wird ein Wettschein ausgedruckt. Die aufgezeichneten, bereits in der Vergangenheit stattgefundenen, allenfalls nur mit einer fortlaufenden Nummer gekennzeichneten Rennen werden am Bildschirm dargestellt. Nach dem Zieleinlauf werden die ersten Drei in Zeitlupe oder mit Standbild noch einmal kurz gezeigt. Der Wettkunde kann nur aufgrund von Vermutungen, eine Nummer oder eine Farbe wählen, durch welche jeder Hund gekennzeichnet ist und auf diese Weise eine Wette auf den Sieger oder eine Kombinationswette auf den ersten und zweiten, allenfalls auch noch auf den dritten durch das Ziel laufenden Hund abschließen um sodann den Rennverlauf und dass Ergebnis abzuwarten. Jedem möglichen Einlaufergebnis ist eine bestimmte Quote zugeordnet, welche am Gerätebildschirm in einem Quotenblatt dargestellt wird. Der in Aussicht gestellte Gewinn errechnet sich durch Multiplikation des gewählten Einsatzbetrages mit der dem erwarteten Rennverlauf entsprechenden Quote. Der Ausgang dieses Spiels konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, Zl. 2005/17/0178; VwGH 3.7.2009, Zl. 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [Glücksspielgesetz] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 Glücksspielgesetz auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates § 53 Glücksspielgesetz (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz (sowie auch unmittelbar nach Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG; vgl. diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie auch VwGH 20.7.2011, Zl. 2011/17/0097; VwGH 27.4.2012, Zl. 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

 

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

4.2. Hinsichtlich der Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich aus § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 69/2012, dass für die Durchführung von Strafverfahren – hierzu zählen wie bereits dargelegt auch Beschlagnahmen iSd § 53 GSpG – in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion diese, zuständig sind. Im vorliegenden Fall wurde die Kontrolle und Beschlagnahme im örtlichen Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Perg von Beamten des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vorgenommen. Der angefochtene Bescheid wurde daher von der nach § 50 Abs 1 GSpG sachlich und örtlich zuständigen Behörde erlassen.

 

4.3. Der bekämpfte Bescheid wurde der ErstBwin gegenüber durch Zustellung am 23. Oktober 2012 erlassen. Der ErstBwin kommt als Sacheigentümerin der beschlagnahmten Geräte Nr. 1 und 2 Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu (vgl. VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1502, E 3a u 3b zu § 39 VStG), weshalb die vorliegende Berufung der ErstBwin hinsichtlich der Beschlagnahme der oa. Geräte Nr. 1 und Nr. 2 zulässig ist.

 

Dem ZweitBw gegenüber wurde der bekämpfte Bescheid durch Zustellung am 22. Oktober 2012 erlassen. Der ZweitBw ist – da er die gegenständlichen Geräte in seiner Macht bzw Gewahrsame hatte - als "Inhaber" der Geräte iSd § 53 Abs 3 GSpG iVm § 309 ABGB zu qualifizieren (vgl etwa VwGH 26.01.2004, Zl. 2003/17/0268 zur insofern vergleichbaren alten Rechtslage). Die vorliegende Berufung des ZweitBw hinsichtlich der Beschlagnahme der oa. Geräte Nr. 1 bis Nr. 3 ist zulässig.

 

4.4. Mit der Novelle BGBl I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

4.4.1. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar, sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs 3 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG daran beteiligt.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 6 GSpG begeht ebenso eine Verwaltungsübertretung, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

Gemäß § 2 Abs 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele (vgl § 1 Abs 1 GSpG: Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

1.      die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich    macht und

2.      bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusam-   menhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.      bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermö- genswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Der Unternehmerbegriff wird im 2. Satz noch wie folgt erweitert:

 

"Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiel unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von Ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind."

 

Gemäß § 2 Abs 3 Satz 1 GSpG liegt eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.

 

Gemäß § 2 Abs 4 GSpG sind solche Ausspielungen verboten, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht iSd § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

4.4.2. Nach § 4 Abs 2 GSpG unterliegen Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gemäß § 5 GSpG (unter Einhaltung ordnungspolitischer Mindestanforderungen an Bewilligungswerber sowie besonderer Begleitmaßnahmen) nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes. Dies trifft – soweit im vorliegenden Fall von Interesse – insbesondere dann zu, wenn im Zuge einer Ausspielung in einem Automatensalon (mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten) als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 10 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 10.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, bzw im Zuge einer Ausspielung im Wege einer Einzelaufstellung als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 1 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 1.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, eingehalten wird (§ 5 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 5 lit a Z 1 und 2 bzw § 5 Abs 5 lit b Z 1 und 2 GSpG).

 

Insgesamt folgt daraus für den vorliegenden Fall, dass Landesausspielungen mittels Glücksspielautomaten in Automatensalons bzw im Wege der Einzelaufstellung dann schon von vornherein nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, wenn der Höchsteinsatz von 10 Euro bzw 1 Euro pro Spiel bzw der Höchstgewinn von 10.000 Euro bzw 1.000 Euro pro Spiel nicht überschritten wird.

 

4.4.3. Gemäß § 12a Abs 1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

 

Elektronische Lotterien bzw über Internet betriebene Terminals (Video Lotterie Terminals - VLT) werden im § 12a GSpG näher geregelt. Sie unterliegen dem Glücksspielmonopol und der Konzessionspflicht nach § 14 GSpG und sind nicht von der Ausnahme nach § 4 Abs 2 GSpG für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten erfasst. Für Ausspielungen mit solchen zentralseitig vernetzten Video Lotterie Terminals an ortsfesten öffentlich zugänglichen Betriebsstätten ist überdies nach § 12a Abs 2 GSpG eine Standortbewilligung des Bundesministers für Finanzen (BMF) erforderlich.

 

4.4.4. Das GSpG geht ersichtlich davon aus, dass der Betrieb eines Automatensalons ebenso wie eine Landesausspielung in Form der Einzelaufstellung einer Konzession bzw Bewilligung bedarf (vgl zBsp § 5 Abs 1 und 8 sowie die §§ 31a und 31b GSpG); es normiert das Verfahren zur Konzessions- bzw Bewilligungserteilung jedoch nicht unmittelbar selbst, sondern überlässt dessen Regelung den Landesgesetzgebern.

 

Soweit es das Land Oberösterreich betrifft, besteht eine an § 5 GSpG anknüpfende Regelung der Landesausspielungen erst durch das am 4. Mai 2011 kundgemachte Oö. Glücksspielautomatengesetz (LGBl Nr. 35/2011), welches in den §§ 3 ff für die Ausspielung mit Glücksspielautomaten eine Bewilligung durch die Landesregierung vorsieht.

 

4.5. Die vorliegende Beschlagnahme erfolgte aufgrund des Verdachts, dass gegen die Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG fortgesetzt verstoßen wird. Dieser Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG muss entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates) ausreichend substantiiert sein (vgl VwGH 26.1.2009, Zl. 2005/17/0223 und Zl. 2008/17/0009; VwGH 10.5.2010, Zl. 2009/17/0202; VwGH 20.7.2011, Zl. 2011/17/0097).

 

Hinsichtlich des Charakters der an den beschlagnahmten Geräten Nr. 1 und Nr. 2 verfügbaren virtuellen Glücksrad ähnlichen Spielen ergibt sich aufgrund des unter Pkt. 3.2.1. skizzierten Spielablaufes der begründete Verdacht, dass das Spielergebnis zumindest vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit – entgegen den Behauptungen in den Berufungen – als Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu den oa. Geräten vergleichbaren Gegenständen in ständiger Judikatur (vgl nur VwGH 28.6.2011, Zl. 2011/17/0068) festhält, ist aufgrund des geschilderten Spielverlaufes davon auszugehen, dass das beschlagnahmte Gerät eine Gewinnchance bot. Durch den Einwurf einer Euro-Münze erwarb der Spieler die Chance, bei Aufleuchten einer entsprechenden Zahl durch Einwurf einer weiteren Euro-Münze den angezeigten Gewinn zu realisieren. Ob in dem Fall, in dem diese Chance nicht eröffnet wird, ein (wenige Sekunden dauerndes) Musikstück abgespielt wird oder nicht, ist für die Beurteilung, dass das Gerät eine vom Zufall abhängige Gewinnchance bietet, ohne Belang. Da der Spieler für den Start des Lichtkranzlaufes – dessen Ergebnis programmgesteuert erfolgt und damit jedenfalls vom Zufall abhängt – jedenfalls einen Euro zu leisten hat, liegt ein aus zwei Teilen bestehendes Spiel vor, dessen Ausgang vom Spieler nicht beeinflusst werden kann: das über einen Gewinn entscheidende Aufleuchten eines Symbols wird vom Gerät bzw die Gerätesteuerung selbsttätig herbeigeführt. Dass im zweiten Teil des Spiels für den Spieler kein Risiko mehr vorhanden ist, sondern die Betätigung der roten bzw grünen Taste jedenfalls zur Auszahlung des angezeigten Betrags führt, ändert nichts daran, dass der Spieler zu Beginn des Spiels, das ihm die Gewinnchance bietet, den Ausgang nicht vorhersehen und ihn auch nicht beeinflussen kann. Welches Musikstück vor dem Weiterspielen eines Benützers des Gerätes zur allfälligen Realisierung eines Gewinns abgespielt wird (und ob es diesbezüglich eine Auswahlmöglichkeit des Spielers gibt oder nicht bzw ob überhaupt ein Musikstück gespielt wird), vermag an dem Umstand, dass dem Spieler die Möglichkeit geboten wird, allenfalls für seinen Einsatz etwas zu gewinnen, nichts zu ändern.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden hat, ist es für das Vorliegen eines Glücksspiels im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG nicht maßgeblich, ob und wie viele Einzelhandlungen oder Spieletappen erforderlich sind, um das Glücksspiel durchführen zu können (vgl so schon VwGH 26.2.2001, Zl. 99/17/0214). Das in Rede stehende Gerät eröffnet dem Benützer unzweifelhaft eine Gewinnchance. Wiederum unter Verweis auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (VwGH 28.6.2011, Zl. 2011/17/0068) spricht gerade die Tatsache, dass die Gewinnchance nicht in jedem Fall der Benützung eröffnet wird, für das Vorliegen eines Glücksspielautomaten bzw sonstigen Eingriffsgegenstandes zur Durchführung elektronischer Lotterien. Das Abspielen des Musikstücks oder dessen vorzeitiger Abbruch setzt nicht zuletzt nach den unbestrittenen Feststellungen im Sachverständigengutachten den "Vorgang ein[es] Beleuchtungsumlaufes mit zufallsbedingtem Stillstand" auf einem "Glücksrad"-ähnlichem Lichterkranz in Gang. Das Ergebnis dieses Vorgangs ist vom Zufall abhängig und führt zu einem Gewinn oder nicht. Dass für die Realisierung dieses Gewinns der neuerliche Einwurf einer Euro-Münze erforderlich ist, ändert nichts daran, dass diese Realisierung des Gewinns erst nach einem vom Gerät (durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung) selbsttätig oder zentralseitig herbeigeführten Spielergebnis möglich ist.

 

Auch hinsichtlich des Charakters der an dem beschlagnahmten Gerät Nr. 3 verfügbaren Hunde- und Pferderennen ergibt sich aufgrund des unter Punkt 3.2.2. skizzierten Spielablaufes der begründete Verdacht, dass das Spielergebnis zumindest vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Zum Vorbringen der Berufung des ZweitBw, dass es sich bei den auf Gerät Nr. 3 verfügbaren Hunde- und Pferderennen nicht um Spiele, sondern um normale Wetten handeln würde, weshalb – ungeachtet einer etwaigen Zufallsabhängigkeit – von vornherein kein Glücksspiel vorliegen könne, ist auf die eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. In der Entscheidung vom 27. April 2012, Zl. 2008/17/0175, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gleich gelagerten Fall ausgesprochen, dass die zivilrechtliche Begriffsbildung, die für die Anwendung der Vorschriften des ABGB maßgeblich ist, nicht von entscheidender Bedeutung ist. Maßgeblich sei vielmehr, wie die Begriffsbestimmung des § 1 Abs 1 GSpG zu verstehen ist. Und dieser zufolge ist das Vorliegen eines entgeltlichen Glücksvertrages, bei dem die Entscheidung über Gewinn oder Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt, erforderlich.

 

Außerdem ist der Berufung das jüngst ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 2012, Zl. 2011/17/0299, entgegen zu halten, in welchem der Verwaltungsgerichtshof in einem vergleichbar gelagerten Fall konstatierte, dass "… nicht die Kenntnisse des Wettenden über die Umstände des Hunderennens, sondern lediglich der Umstand, welches Rennen ausgewählt wird, Einfluss auf das Spielergebnis haben". Dabei bekräftigte der Verwaltungsgerichtshof auch den Unterschied zu der dem Glücksspielmonopol gemäß § 3 Glücksspielgesetz nicht unterliegenden Sportwette, indem er ausführte, dass "… eine Sportwette nicht vorliegt, wenn nicht auf ein künftiges sportliches Ereignis gewettet werden kann, sondern der Ausgang des Spiels davon abhängt, welches bereits in der Vergangenheit stattgefundene Rennen abgespielt werde…".

 

Die belangte Behörde ging auf Grundlage des oben dargestellten Sachverhalts mit Recht von der Ausspielung mittels eines Glücksspielgerätes aus, das Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen ermöglichte, bei denen das Rennergebnis von vornherein feststand und von Spielern nicht beeinflusst werden konnte. Schon eine gültige Wette auf reale Sportereignisse ist gemäß § 1270 ABGB ein Glücksgeschäft, weil der Ausgang für beide Teile ungewiss ist. Die diesbezügliche Tätigkeit von Wettunternehmen (bzw von Buchmachern und Totalisateuren) unterliegt der landesgesetzlichen Bewilligungspflicht und den Bedingungen nach §§ 7 ff Oö. Spielapparate- und Wettgesetz (LGBl Nr. 106/2007).

 

Anders verhält es sich mit Wetten auf elektronisch aufgezeichnete Hunde- und Pferderennen, die real gar nicht in der Zukunft stattfinden. Wie dazu im Aktenvermerk der Finanzpolizei ausgeführt wird, handelt es sich dabei um Glücksspiele in Form von Wetten auf virtuelle Hunderennen, bei denen vom Spieler ein vermutetes Rennergebnis ausgewählt und ein entsprechender Einsatz ausgewählt werden kann. Weitere Möglichkeiten hat der Spieler nicht. Es geht hier letztlich um Glücksspiele, bei denen der Spieler Wetten auf das Ergebnis elektronisch gespeicherter Hunde- und Pferderennen (oder sonstiger Rennen aus der Vergangenheit) abschließt und nach Wahl des Einsatzes und Platzierung seines Tipps auf ein erhofftes gewinnbringendes Rennergebnis nur dieses Ergebnis abwarten kann, ohne darauf irgendeinen Einfluss nehmen zu können.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 27. April 2012, Zl. 2008/17/0175, mit solchen Wetten auf virtuelle Hunderennen, die über Internet auf einem Terminal angeboten und nach Zufall ausgewählt werden, auseinandergesetzt und darin ein Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG und keine – wie vom ZweitBw behauptet – Buchmachertätigkeit für Sportwetten gesehen. Das Setzen auf eine bestimmte Reihenfolge des Einlaufes von Hunden bei maschinell ausgewählten, aufgezeichneten Rennen unterscheide sich dabei nicht wesentlich vom Spiel an Apparaten mit zufälligen Zahlen- oder Symbolkombinationen. Der Spieler habe in beiden Fällen keinen Einfluss auf das vom Apparat zufällig herbeigeführte Spielergebnis.

 

Die Entscheidung über das Spielergebnis hängt von der zufälligen Auswahl durch das Gerät und damit ausschließlich vom Zufall ab. Es liegt daher jedenfalls ein Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG vor. Vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur ist aus Sicht des Oö. Verwaltungssenates nach den bekannt gewordenen Umständen klargestellt, dass ein Spieler keinesfalls durch Geschicklichkeit den Rennablauf auch nur irgendwie beeinflussen hätte können, sondern, dass Gewinner – wenn auch durch gestaffelte Quoten spieltechnisch interessanter gestaltet – auf zufälliger (vom Spieler nicht zu beeinflussender) Basis ermittelt werden. Damit handelt es sich zumindest vorwiegend um ein Glückspiel im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG. Somit ist es auch unerheblich, ob eine Konzession für den Abschluss von Wetten auf reale sportliche Veranstaltungen nach landesrechtlichen Bestimmungen vorliegt oder nicht.

 

4.6. Weiters handelt es sich bei diesen auf den Geräten Nr. 1 bis Nr. 3 verfügbaren Glücksspielen offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG: Aufgrund der oa. Geräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs 1 iVm Abs 4 GSpG auszugehen. Dabei ist es im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens unerheblich, ob die Ausspielung mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs 3 GSpG oder in Form von elektronischen Lotterien iSd § 12a Abs 1 GSpG erfolgte; in beiden Fällen liegt bei Fehlen einer entsprechenden Konzession bzw Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes eine verbotene Ausspielung gemäß § 2 Abs 4 leg.cit. vor.

 

Auch die genaue rechtliche Qualifikation der Stellung der Berufungswerber in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist noch nicht von Bedeutung (VwGH 10.5.2010, Zl. 2009/17/0202). So ist unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG nicht ausschlaggebend, ob die Berufungswerber selbst Veranstalter der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele sind bzw ob diese Spiele auf ihre Rechnung betrieben wurden. Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz. Unerheblich ist es, ob die Berufungswerber selbst eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten haben.

 

Für die Beschlagnahme genügt iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG der entsprechend substantiierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen (mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird) fortgesetzt gegen § 52 Abs 1 leg.cit. verstoßen wird; es muss also etwa ein begründeter Verdacht von (fortgesetzten) verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 leg.cit. – konkret von deren Veranstaltung, Organisation oder unternehmerischem Zugänglichmachen oder der Beteiligung als Unternehmer (§ 52 Abs 1 Z 1 leg.cit.) oder von der Förderung oder Ermöglichung der Teilnahme an solchen Ausspielungen (§ 52 Abs 1 Z 6 leg.cit.) – bestehen. Dass aber mit dem Gerät Nr. 1 von 28. September 2011, mit dem Gerät Nr. 2 von etwa 28. März 2011 und mit dem Gerät Nr. 3 von etwa 15. Jänner 2012 bis zur Beschlagnahme verbotene Ausspielungen iSd § 2 leg.cit. im oa. Aufstellungslokal mit entsprechend erbrachten Spieleinsätzen der Spieler bei in Aussicht gestellten Gewinnen durchgeführt wurden bzw jedenfalls ein diesbezüglicher Verdacht vorliegt, ergibt sich unstreitig aus den Ausführungen in der Niederschrift des Finanzamtes und wird auch von den Berufungswerbern dem Grunde nach nicht bestritten. Darauf gründet sich der Verdacht, dass auch künftig – dh "fortgesetzt" – gegen die Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird (vgl eingehend VwGH 20.12.1999, Zl. 97/17/0233).

 

 

4.7. Die in der Berufung vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz können im Lichte der für den Oö. Verwaltungssenat maßgeblichen höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht als ausreichend angesehen werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl.2011/17/0068, mit der Judikatur des EuGH (insb Urteil v 8.09.2010, Rs C-316/07 ua, Rechtssachen Placanica und Stoß, und Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08, Rechtssache Engelmann) zum Art 43 und 49 EGV (nunmehr Art 49 und 56 AEUV) und weiter im darauffolgenden Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, damit befasst. Dabei hat er ausgesprochen, dass aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht abgeleitet werden könne, dass das Gemeinschafts-recht (Unionsrecht) der Anwendung jeglicher nationaler Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstünde, sobald nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform ist. Die Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften bestehe nach der Rechtsprechung des EuGH nur für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. So könne eine nationale Vorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform (Aktiengesellschaft) für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspielwesens normiere, für sich nicht unionsrechtlich bedenklich sein. Eine aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen gegenüber Personen, denen unionsrechtswidriger Weise die Erlangung einer Konzession verwehrt worden wäre, greife etwa gegenüber einem Rechtsträger in Form einer GmbH nicht. Dies sei auch auf die Rechtsform der Limited zu übertragen.

 

Entsprechend der vom EuGH in der Rechtssache x (Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08) mit Rücksicht auf das Transparenzgebot geforderten Ausschreibung wurde die österreichische Rechtslage der §§ 14 und 21 GSpG zur Konzessionsvergabe bekanntlich inzwischen geändert (BGBl I Nr. 111/2010) und eine öffentlich Interessentensuche vorgesehen, wobei sich auch Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz im Hoheitsgebiet von anderen Mitgliedsstaaten bewerben können.

 

Auch aus der Rechtssache Dickinger und Ömer (Urteil v 15.09.2011, Rs C-347/09) lässt sich die in der Berufung behauptete Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und die Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht ableiten. Der EuGH hat in dieser Entscheidung zur österreichischen Rechtslage festgehalten, dass ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonderes Schutzniveau für Verbraucher im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zu der Annahme haben kann, dass ihm nur die Errichtung eines Monopols zugunsten einer einzigen Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, erlaubt, die Kriminalität in diesem Sektor zu beherrschen und hinreichend wirksam zu verfolgen. In diesem Zusammenhang können auch gewisse verhältnismäßige Beschränkungen des Monopolinhabers erforderlich sein: Etwa kann das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform der Glücksspielanbieter durch das Ziel der Geldwäsche- und Betrugsvorbeugung gerechtfertigt sein; ebenso kann sich das Erfordernis, über ein Gesellschaftskapital in einer bestimmten Höhe zu verfügen, als nützlich erweisen, um eine gewisse Finanzkraft des Anbieters zu gewährleisten und sicherzustellen, dass er in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die er gegenüber Gewinnern haben könnte. Das Unionsrecht sei auch derart auszulegen, dass – um mit den Zielen der Kriminalitätsbekämpfung und der Verringerung der Spielgelegenheiten im Einklang zu stehen – eine nationale Regelung nur den Einsatz maßvoller Werbung zulassen darf.

Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, könne keinen Einfluss auf die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben.

 

Im zitierten Urteil des EuGH in der Rechtssache Dickinger und Ömer hält der Gerichtshof fest, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei steht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele – im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung – festzulegen. Es steht durchaus im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, wenn der österreichische Gesetzgeber davon ausgeht, dass das Glücksspielmonopol vorrangig ordnungspolitischen Zielen (wie Verbraucherschutz ist Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder, Jugendschutz, Vorbeugung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Kriminalitätsabwehr, Wettbewerbsfairness – vgl. eingehend RV 657 BlgNR 14. GP) dient (vgl. die Er der RV 1067 und AB 1139 BlgNR 17. GP; weiters Strejcek/Bresich, Glücksspielgesetz-Kommentar [2009], 24 und Rz 9 ff zu § 3 GSpG).

 

Eine entsprechende Aufsicht über die Ausübung der Konzessionen durch den Bundesminister für Finanzen ist ausdrücklich im § 31 GSpG vorgesehen. Durch das Erfordernis eines gewissen Stamm- und Grundkapitals für die Erteilung einer Konzession (nach § 14 Abs 2 und nach § 21 Abs 2 GSpG) will der Gesetzgeber sicherstellen, dass "das verlangte eingezahlte Eigenkapital dem konzessionierten Spielbetrieb bei Konzessionsantritt als Haftungsstock auch unbelastet zur Verfügung steht" (RV 981 BlgNR 14. GP zu § 14 und zu § 21 GSpG). Weiters wird im § 56 Abs 1 GSpG normiert, dass bei Werbeauftritten ein "verantwortungsvoller Maßstab" zu wahren ist, was im Aufsichtswege überwacht wird.

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats hat die Berufung keine hinreichende Argumentation vorgebracht, warum die geltende Regelung nicht im Sinne der Judikatur des EuGH verhältnismäßig sein soll. Von der schlechthin behaupteten Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen kann im Lichte der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs keine Rede sein.

 

 

5. Im Ergebnis lag und liegt auch noch zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung (vgl VwGH 26.01.2009, Zl. 2005/17/0223) ein hinreichend begründeter Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol im gegenständlichen Fall vor. Die Beschlagnahme der im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Glücksspielgeräte war daher rechtmäßig und die Berufungen im Spruchpunkt I. als unbegründet abzuweisen.

 

 

6. Abschließend sei für das weitere Verfahren (insb in Bezug auf mögliche "Wetteinsätze" auf Gerät Nr. 3) noch Folgendes angemerkt:

 

Wenn auch die Beurteilung des Vorliegens eines begründeten Verdachts iSd § 53 Abs 1 GSpG noch keine abschließende rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts als Verwaltungsübertretung iSd GSpG erfordert, wird dies insbesondere auch im Hinblick auf eine endgültige und gesicherte Abgrenzung zum Gerichtsdelikt nach § 168 StGB - der im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Doppelbestrafungsverbotes und der vom Verwaltungsgerichtshof postulierten Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes gegenüber dem Gerichtsdelikt (vgl VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181) besondere Bedeutung zukommt - im Rahmen eines allfällig folgenden Strafverfahrens sehr wohl Gegenstand sein.

 

Da es im vorliegenden Fall schon im Beschlagnahmeverfahren nicht ausgeschlossen erscheint, dass das dem Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG zugrundeliegende Verhalten den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet und infolge der Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände nach § 52 GSpG nicht von den Verwaltungsbehörden zu ahnden wäre, wird die belangte Behörde eingehend zu prüfen haben, ob (auch) ein Verdacht auf eine gemäß § 30 Abs2 VStG relevante gerichtlich strafbare Handlung vorliegt; gegebenenfalls wird – unter Zugrundelegung der diesbezüglich eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134) – gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und sodann das Verwaltungsstrafverfahren bis zum Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens gemäß § 30 Abs 2 VStG auszusetzen sein.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  W e i ß

 

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