Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360039/11/AL/ER

Linz, 01.02.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Astrid Lukas über die Berufung des N A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F W, S, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 19. Juli 2012, Zl. Pol96-58-2012-1, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

 

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) vom 19. Juli 2012, Zl. Pol96-58-2012-1, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Die G s.r.o., Zweigniederlassung W, mit Sitz in W, F, hat sich als Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG, wie im Zuge einer Kontrolle am 14.01.2012, um 12:40 Uhr Lokal Gasthaus B-Tankstelle S GmbH in G, P, festgestellt wurde, im besagten Lokal seit 01.05.2011, jedenfalls aber am Tag der Kontrolle am 14.01.2012 um 12:40 Uhr als Eigentümerin der folgenden Glücksspielgeräte an zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch beteiligt:

 

1.            KAJOT, Auftragsterminal, Seriennummer 0971105001246, Versiegelungsplaketten        Nr. 11390 bis 11395, FA-Gerätenr. 2,

2.            KAJOT, Auftragsterminal, Seriennummer 9081107002799, Versiegelungsplaketten        Nr. 11384 bis 11389, FA-Gerätenr. 3.

 

Diese Verwaltungsübertretung haben Sie als ständiger Vertreter der G s.r.o, Zweigniederlassung W mit Sitz in W, F, gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§ 52 Abs. 1 Z.1 Glücksspielgesetz - GSpG. BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 76/2011

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von        falls diese uneinbringlich ist,                  Freiheits-                                gemäß

Euro                                       Ersatzfreiheitsstrafe von                         strafe von

 

2.000,00 Euro      45 Stunden                                                                         § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

200,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, dass sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.200,00 Euro."

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der von der Finanzpolizei durchgeführten Kontrolle die im Spruch angeführten Geräte betriebsbereit vorgefunden worden seien. Mit diesen Geräten seien Glücksspiele, d.h. Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhänge, in der Form von Ausspielungen durchgeführt worden, obwohl dafür keine Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz oder für eine Landesausspielung vorgelegen habe. Aus diesem Grund handle es sich um verbotene Ausspielungen und sei daher auf diesem Wege in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden.

Der Bw habe es als ständiger Vertreter der G s.r.o., die Eigentümerin der gegenständlichen Geräte sei, zu verantworten, dass mit den in Rede stehenden Geräten verbotene Ausspielungen durchgeführt haben werden können, indem er die zur Aufstellung und zum Betrieb von Glücksspielgeräten erforderlichen, in seiner Verfügungsgewalt stehenden Glücksspielgeräte der P F M GmbH gegen Entgelt zur Verfügung gestellt habe. Der Bw sei daher dafür verantwortlich, dass die G s.r.o. dadurch, dass sie sich an den Glücksspielen beteiligt habe, selbstständig und nachhaltig eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen entfaltet und daher als Unternehmerin iSd § 2 Abs 2 GSpG gehandelt habe. Der Bw habe sich daher an verbotenen Ausspielungen unternehmerisch beteiligt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die am 27. Juli 2012 zur Post gegebene, rechtzeitige Berufung.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgrund seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei. Der Bw beantragt daher sinngemäß, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 9. August 2012 die Berufung samt bezughabendem Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

2.1. Mit Schreiben vom 20. August 2012 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.

Der beim Oö. Verwaltungssenat entstandene Verdacht einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung wurde der zuständigen Staatsanwaltschaft mit dem genannten Schreiben wie folgt dargelegt:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Aufgrund der Ergebnisse einer am 14. Jänner 2012 von den Organen der nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) zuständigen Abgabenbehörde durchgeführten Glücksspielkontrolle wurde von der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG eingeleitet, welches nunmehr beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anhängig ist.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 (GSpG) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, 'wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt'.

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der 'ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird'.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs. 2 GSpG nunmehr eine ausdrückliche, an Wertgrenzen orientierte Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um 'geringe Beträge' i.S.d. § 168 Abs. 1 StGB, sodass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 Abs. 1 StGB zurücktritt. Sobald daher im Verwaltungsstrafverfahren der Verdacht entsteht, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, ist das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233).

Selbst wenn jedoch im Strafverfahren nicht eindeutig nachgewiesen werden sollte, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, kommt nach Auffassung des UVS OÖ auch bei einer bloß potentiellen Möglichkeit von Einsatzleistungen in dieser Höhe eine gerichtliche Strafbarkeit jedenfalls wegen versuchter Veranstaltung eines Glücksspiels gem. § 168 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 StGB dennoch in Betracht. Wenngleich nämlich für die Vollendung der Tathandlung 'Veranstalten' gemäß § 168 Abs. 1 StGB ein Spiel auch tatsächlich stattgefunden haben muss, kann vor dem ersten Spielgeschehen jedenfalls ein strafbarer Versuch gegeben sein (vgl. Rainer in SbgK § 168 Rz. 12; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz. 9) und somit die Anwendbarkeit der Verwaltungsstrafbestimmungen des GSpG zurückgedrängt werden.

Überdies ist eine Strafbarkeit nach § 168 StGB – selbst bei Einsatzleistungen von unter 10 Euro pro Einzelspiel – auch aus anderen Gründen in Betracht zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – welcher sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hat – ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, nämlich nur so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Das diesbezügliche Korrektiv bildet die in § 168 Abs. 1 StGB negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn das Gewinnstreben soweit in den Vordergrund tritt (z.B. bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) spielt (vgl. Leukauf/Steininger in StGB3 § 168 Rz. 19; Rainer in SbgK § 168 Rz. 10).

Die technische Ausgestaltung der gegenständlichen Glücksspielgeräte mit einer sog. 'Automatic-Start-Taste', welche nur einmal betätigt werden muss, um eine beliebige Anzahl an Spielvorgängen mit jeweils zuvor bestimmten Teileinsatzbeträgen rasch hintereinander ablaufen zu lassen, indiziert nach Auffassung des UVS OÖ die vorsätzliche Veranstaltung von Serienspielen und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

Aus all diesen Gründen ist beim UVS OÖ im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem. § 168 Abs. 1 StGB entstanden. Somit ist der UVS OÖ nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) verpflichtet, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung zu erstatten. Letzterem wird mit diesem Schreiben, welchem der relevante Verfahrensakt beigelegt ist, entsprochen."

2.2. Mit Schreiben vom 30. August 2012 wurde der Oö. Verwaltungssenat von der zuständigen Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt wurde.

2.3. Mit Schreiben vom 5. September 2012 hat der UVS OÖ die zuständige Staatsanwaltschaft wie folgt ersucht, die Gründe für die Einstellung des gegenständlichen Verfahrens gemäß § 190 StPO zu konkretisieren:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit Schreiben vom 2. August 2012 bzw. 20. August 2012 hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS OÖ) gegen die Beschuldigten der zu oa. Geschäftszahlen protokollierten Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG ausgesetzt. Mit Schreiben vom 13. August 2012 bzw. 30. August 2012 wurde der UVS OÖ von der zuständigen Bezirksanwältin sowie vom zuständigen Bezirksanwalt der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis davon benachrichtigt, dass die Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten 'gemäß § 190 Z 1 StPO, weil die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre', eingestellt wurden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft in den gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS OÖ.

Wie bereits in den Anzeigeschreiben dargelegt, geht der UVS OÖ davon aus, dass bei den in Rede stehenden Glücksspielgeräten vorsätzlich Serienspiele veranstaltet wurden bzw. jedenfalls der Versuch einer vorsätzlichen Serienspielveranstaltung gegeben ist. Diese Annahme wurde nicht zuletzt auch angesichts der Ergebnisse eines am 22. August 2012 durch den UVS OÖ vorgenommenen Lokalaugenscheins – im Zuge dessen Probespiele an den in Rede stehenden Glücksspielgeräten vergleichbaren Geräten vorgenommen wurden – noch bestärkt.

Vor diesem Hintergrund ist es für die nunmehr vom UVS OÖ vorzunehmende selbstständige Beurteilung der Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, von wesentlicher Bedeutung, weshalb die gegenständlichen Strafverfahren seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt wurden. Da aus den genannten Benachrichtigungen von der Verfahrenseinstellung weder hervorgeht, nach welcher der in § 190 Z 1 StPO genannten Alternativen vorgegangen wurde, noch welche (rechtlichen) Erwägungen für die vorgenommenen Einstellungen letztlich ausschlaggebend waren, wird die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis höflich ersucht, dem UVS

die Gründe für die jeweils verfügten Einstellungen

mitzuteilen."

2.4. Daraufhin teilte die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 14. September 2012 mit, dass das Verfahren gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt worden sei, da aus der Anzeige hervorgehe, dass bei den gegenständlichen Glücksspielautomaten ein Maximaleinsatz pro Spiel von höchstens vier Euro möglich sei. Ein strafrechtlicher Tatbestand iSd § 168 StGB liege erst bei Maximaleinsätzen pro Spiel von über zehn Euro vor. Im Ergebnis wurde das Verfahren aufgrund des geringen Höchsteinsatzes, der jeweils unter 10 Euro lag, wegen Nichterfüllung des Tatbestands des § 168 StGB eingestellt.

2.5. Betreffend den Problembereich der Serienspiele fand am 5. November 2012 eine LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz statt, bei der – entgegen der in 2.4. dargestellten Annahme – die grundsätzliche Anwendbarkeit der unter 2.1. und 2.3. zitierten Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf derartige Sachverhalte bestätigt wurde.

2.6. Aus Anlass der in 2.5. genannten LeiterInnenbesprechung hat die Staatsanwaltschaft Linz mit Schreiben vom 16. November 2012 (Kopie im Akt, VwSen-301212/12) in einem ähnlich gelagerten Verfahren, in welchem sich die Einstellung "seinerzeit auf die aktuelle Kommentierung von Kirchbacher/Presslauer" gestützt hat, festgehalten, dass "[b]ei zukünftigen Verfahren [...] die in der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz vom 5.11.2012 [...] erörterte Rechtsansicht in die Beurteilung einfließen [wird]."

Bis zu diesem Zeitpunkt stützten sich die Staatsanwaltschaften – wie offensichtlich auch im vorliegenden Fall – zum Teil auf die Kommentierung von Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar2, § 168 StGB, RZ 13, wonach zwei einzelne Judikate anlässlich der Beurteilung von Geldautomatenspielen in Betracht zogen, bei vorsätzlicher Veranstaltung von Serienspielen den Spieleinsatz, der geringe Beträge nicht überschreiten darf, durch Summierung der Einsätze zu ermitteln. Es sei aber – so diese Lehrmeinung – nicht normgerecht, die maßgebliche Einsatzgrenze von einer subjektiven Gegebenheit beim Veranstalter abhängig zu machen. Diese seinerzeitige Auffassung wird auch seitens der Staatsanwaltschaften selbst entsprechend dem Ergebnis der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz als überholt betrachtet (vgl. dazu näher unter Punkt 4.4.2.).

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch Einzelmitglied zu entscheiden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes (Verjährung gemäß § 57 StGB) könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde nunmehr in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist von einer gerichtlichen Strafbarkeit auch hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht nur "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des OGH – welcher sich auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, 98/17/0134, angeschlossen hat – etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Da somit auch dann eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, derzufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

4.3. Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Pkt. 2.1. dargelegt – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts auszusetzen (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233; VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181). Ab dem Zeitpunkt des Bestehens von Zweifeln an der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit stand aber jede weitere Ermittlungstätigkeit seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht nur im Widerspruch zu § 30 Abs. 2 VStG, sondern auch zu Art. 4 7. ZPzEMRK, der neben einem Doppelbestrafungs- auch ein Doppelverfolgungsverbot normiert.

4.4. Art. 4 7. ZPzEMRK schließt jede weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die sich im Wesentlichen auf denselben Sachverhalt gründet, der bereits Gegenstand der Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens wegen Strafbarkeitsverjährung war, schon auf verfassungsrechtlicher Ebene aus:

4.4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in dem zum Doppelbestrafungsverbot ergangenen Erkenntnis vom 2. Juli 2009, B 559/08, mit der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 4 7. ZPzEMRK, besonders mit dem Urteil der Großen Kammer vom 10. Februar 2009, Bsw. Nr. 14939/03, im Fall Zolotukhin, näher auseinandergesetzt und dabei weiterhin die "same essential-elements"-Doktrin vertreten. In diesem Zusammenhang stellt der Verfassungsgerichtshof im Abschnitt III.7. seines Erkenntnisses auf die Prüfung ab, ob der Beschwerdeführer für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, neuerlich verfolgt oder bestraft wurde. Dabei sei – unter Hinweis auf Materialien zur EMRK und Judikatur des EGMR – eine Entscheidung iSd Art. 4 7. ZPzEMRK dann "rechtskräftig", wenn sie unwiderruflich sei, was im Wesentlichen der Fall ist, wenn keine Rechtsmittel (mehr) zur Verfügung stehen. Eine Einstellung gemäß § 227 StPO nach Zurückziehung des Strafantrags der Staatsanwaltschaft wurde vom Verfassungsgerichtshof als ein solcher "Freispruch" iSd des Art. 4 7. ZPzEMRK gewertet.

In der reformierten StPO mit ihrem neu geregelten Vorverfahren ohne Untersuchungsrichter kommen dem öffentlichen Ankläger in seiner neuen Rolle als Organ der Gerichtsbarkeit (vgl Art. 90a B-VG) auch erweiterte Befugnisse zur Einstellung des Strafverfahrens (§§ 190 ff StPO) und zum Rücktritt von der Verfolgung (§§ 198 ff StPO) zu. Die Möglichkeit der Fortführung eines Ermittlungsverfahrens nach staatsanwaltschaftlicher Einstellung ist nunmehr in § 193 StPO genau geregelt. Dabei ergibt sich aus § 193 Abs. 2 StPO, dass die Staatsanwaltschaft eine Fortführung von nach den §§ 190 oder 191 beendeten Ermittlungsverfahren nur unter weiteren in Ziffer 1 oder 2 genannten Voraussetzungen anordnen kann und dies außerdem nur möglich ist, solange die Strafbarkeit der Tat nicht verjährt ist. Ein Antrag des Opfers an das Gericht auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens ist gemäß § 195 StPO ebenfalls nur zulässig, solange nicht Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist.

4.4.2. Wie unter Punkt 2.2. dargelegt, stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten ein.

Daraufhin wurde in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz – entgegen der von der Staatsanwaltschaft ursprünglich vertretenen Annahme – die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf derartige Sachverhalte ausdrücklich bestätigt. In dieser Besprechung wurde insbesondere auch festgehalten, dass Geräte mit sog. Automatik-Starttasten jedenfalls dem Tatbild des § 168 StGB zu unterstellen sind.

In weiterer Folge wurde seitens der zuständigen Staatsanwaltschaft in ähnlich gelagerten Verfahren, in denen ursprünglich die von der OGH-Rechtsprechung abweichende Lehrmeinung herangezogen worden war, festgehalten, dass "bei zukünftigen Verfahren die in der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz … erörterte Rechtsansicht" der Beurteilung zugrunde gelegt werde, bzw. wurde dem Ergebnis der LeiterInnenbesprechung entsprechend das Ermittlungsverfahren gem. § 193 Abs. 2 Z 2 StPO von der Staatsanwaltschaft wiederholt auch bereits wieder aufgenommen (vgl. die Verständigungen der Staatsanwaltschaft Ried vom 21. Dezember 2012, Z 31 BAZ 651/12i-1, sowie vom 24. Jänner 2013, Z 32 BAZ 654/12p-1). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die zitierte staatsanwaltschaftliche Verständigung vom 24.01.2013 nicht nur einen gleichgelagerten Sachverhalt betraf, sondern sogar hinsichtlich des gleichen Beschuldigten (konkret also des Bw) erfolgte.

Da im gegenständlichen Fall bei sämtlichen in Rede stehenden Geräten eine Automatik-Starttaste vorlag und der vorliegende Sachverhalt im Lichte des Ergebnisses der zitierten LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz jedenfalls dem Tatbild des § 168 StGB zu unterstellen ist, ist die Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft Ried somit als Einstellung nach dem zweiten Tatbestand des § 190 Z 1 StPO ("oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre") zu werten und ist der verfahrensgegenständliche Sachverhalt grundsätzlich nach § 168 StGB gerichtlich strafbar: Denn gemäß § 57 Abs. 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung – wie im Fall des § 168 StGB – mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Die Tathandlung wurde im konkreten Fall am 14. Jänner 2012 gesetzt und ist somit iSd § 57 Abs. 3 StGB nunmehr jedenfalls gerichtlich verjährt. Eine Fortführung von dem nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahren ist somit ausgeschlossen, da die Strafbarkeit der Tat gegenständlich bereits verjährt ist.

Im Ergebnis kommt der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung vor dem Hintergrund der von der Oberstaatsanwaltschaft vertretenen Rechtsansicht und der zwischenzeitlich eingetretenen gerichtlichen Verjährung  -nicht zuletzt unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren in einem ähnlich gelagerten Fall den Bw als Beschuldigten betreffend erst jüngst wieder aufgenommen wurde - daher jedenfalls die Bedeutung eines "Freispruchs" iSd Art. 4 7. ZPzEMRK zu.

Somit stellt nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall "Zolotukhin" nunmehr auch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens durch den öffentlichen Ankläger gemäß § 190 Z 1 StPO in der hier vorliegenden Form eine rechtskräftige und somit "unwiderrufliche" Erledigung im weit zu verstehenden Sinn des Art. 4 7. ZPzEMRK dar, die eine weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die im Wesentlichen auf ein und demselben Sachverhalt gründet, ausschließt, da in diesem Fall unabhängig von der Einstellungsvariante gemäß § 57 Abs. 3 StGB bereits Verjährung eingetreten ist und daher eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 193 StPO nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis liegt daher eine mit der oa. Judikatur vergleichbare Situation vor.

Demzufolge erscheint auch die überkommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (vgl. zB VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) zur selbstständigen Beurteilung der Strafbarkeit durch die Verwaltungsbehörde im Falle eines Freispruchs vom Gerichtsdelikt vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung im Rahmen des Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes der EMRK jedenfalls teilweise überholt.

Demnach hat der Oö. Verwaltungssenat gegenständlich allein die vom Verfassungsgerichtshof nach Art. 4 7. ZPzEMRK geforderte Prüfung vorzunehmen, ob der Betroffene für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, nunmehr neuerlich verfolgt oder bestraft werden soll. Im Rahmen dieser Prüfung ist die Identität der gerichtlich strafbaren Handlung (Serienspiel mit Glücksspielgeräten bzw. jedenfalls strafbarer Versuch) mit den gegenständlich angelasteten Verwaltungsdelikten aber jedenfalls zu bejahen.

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.9.2012, 2012/17/0040) hinzuweisen, der zufolge hinsichtlich der "verbotenen Ausspielungen" iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG auf die einzelnen "im Lokal aufgestellten Geräte" abzustellen ist; wenn aber für eine Bestrafung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung auf die einzelnen Geräte – nicht aber auf die einzelnen auf den Geräten jeweils verfügbaren Spiele – abzustellen ist, so scheint eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhaltes in Bezug auf die jeweiligen Einzelspiele von vornherein unzulässig und im Übrigen auch faktisch kaum möglich. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch noch zu berücksichtigen, dass in der Regel (wie in der unter Punkt 2.1. dargelegten Anzeige an die Staatsanwaltschaft ausführlich erörtert) allein aufgrund des Schaffens einer Spielgelegenheit auf einem Glücksspielgerät mit einer sog. "Automatic-Starttaste" bereits der strafbare Versuch einer Veranstaltung von Serienspielen gem. § 15 iVm § 168 Abs. 1 StGB gegeben sein dürfte, weshalb in diesem Fall – dh. bei solchen Geräten mit derartigen Automatic-Starttasten – eine diesbezügliche zusätzliche Ahndung durch die Verwaltungsstrafbehörde jedenfalls ausscheiden muss.

Da der vorliegenden Einstellung des Staatsanwaltes aufgrund der gemäß § 57 Abs. 3 StGB eingetretenen Verjährung – wie in 4.4. dargelegt – somit die Bedeutung eines Freispruchs in dieser besonderen Konstellation zukommt, war schon deshalb die weitere verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung wegen derselben Tat nicht mehr zulässig.

4.4.3. Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich, dass der Oö. Verwaltungssenat nach der durch die zuständige Staatsanwaltschaft pauschal verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens nicht mehr befugt war, weitere Ermittlungstätigkeiten zu setzen. So ist nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181). Mit Blick auf das erwähnte Doppelverfolgungsverbot hat daher überdies auch bereits jede weitere Verfolgung des Beschuldigten zu unterbleiben.

Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundsatz "ne bis in idem" vom 11.12.2012, Asadbeyli et al v. Azerbaijan, bestärkt. In diesem Fall wurde in der rechtskräftigen strafrechtlichen Erstentscheidung keinerlei (detaillierte) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts getroffen, anhand derer beurteilt werden hätte können, ob das zweite Verfahren dieselben oder im wesentlichen übereinstimmende Fakten betraf. Unter Hinweis auf das Urteil im Fall Zolotukhin konstatierte der Gerichtshof, dass in einer solchen Fallkonstellation von einer – unzulässigen – zweifachen Bestrafung, die sich auf dieselben Vorgänge bezieht, auszugehen ist. Im Zweifel geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte somit zugunsten des Betroffenen von einem identischen oder im Wesentlichen gleichen Sachverhalt aus. Schon allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall pauschal ausgesprochenen Verfahrenseinstellung gegenüber dem Beschuldigten stellte somit jede weitere verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung eine Verletzung des Art. 4 7. ZPzEMRK dar.

4.4.4. Infolge dieser – in § 52 Abs. 2 GSpG teilweise normierten bzw. sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und ‑verfolgungsverbots gemäß Art. 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität hat somit eine Verfolgung nach dem subsidiären Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben. Schon aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

4.5. Im Übrigen führte aber auch eine vom Oö. Verwaltungssenat selbstständig vorgenommene Beurteilung, ob ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt, im Ergebnis zu der verwaltungsbehördlichen Straflosigkeit des Bw nach dem Glücksspielgesetz. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens oder bei Freispruch die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS OÖ.

4.5.1. Schon wegen der Ausgestaltung der gegenständlichen Geräte mit Automatic-Start-Tasten ist die oben dargestellte Judikatur des OGH zu Serienspielen anzuwenden.

Dies wurde im Übrigen auch in der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz vom 5. November 2012 ausdrücklich bestätigt und wurde in dieser sogar festgehalten, dass auch Geräte, die mit "Automatik-Start-Taste" ausgestattet sind, dem Tatbild des § 168 StGB zu unterstellen sind.

 

Aufgrund der – im Verwaltungsakt eindeutig belegten und auch dem erstinstanzlichen Bescheid zugrundegelegten – Ausgestaltung beider Geräte mit "Automatic-Start-Tasten" und der überdies bei beiden Geräten vorliegenden äußerst günstigen Relation zwischen Einzeleinsatz und dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn liegt somit auch nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates bereits der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen (zB Vermietung bzw. Aufstellplatz-Miete) von Glücksspielgeräten zumindest eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tabildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens derartiger Geräte durch den Geräteeigentümer stellt somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgerätes wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten. Die im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG noch theoretisch denkbare zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde zwangsläufig zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit führen, weshalb insofern eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen für die Frage der Identität der Tat zwingend ausscheidet.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten Walzenspiele im Sekundentakt ablaufen und dass zu Serienspielen verleitende besonders günstige Gewinn-Verlust-Relationen in Aussicht gestellt werden, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Geräte sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. unternehmerisch zugänglich gemacht werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatic-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird (vgl Anzeige des Finanzamts, Seite 4).

4.5.2. Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall daher grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann im Ergebnis jedenfalls keine strafbare Verwaltungsübertretung mehr vorliegen und war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und das Strafverfahren gemäß dem § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Lukas

Beachte:

 

Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.

 

VwGH vom 8. November 2013, Zl.: 2013/17/0185 bis 0187-9
  

 

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