Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523313/2/Sch/AK

Linz, 06.02.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 22. Oktober 2012, Zl. 12/473809, wegen Anordnung einer Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat mit Bescheid vom 22. Oktober 2012, Zl. 12/473809, gemäß § 4 Abs. 3 und Abs. 6 Führerscheingesetz (FSG) angeordnet, dass sich Herr X auf seine Kosten innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, einer Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker bei einer vom Landeshauptmann ermächtigten Stelle zu unterziehen habe.

Mit Anordnung der Nachschulung verlängere sich die Probezeit um ein weiteres Jahr. Gemäß § 13 Abs. 6 FSG sei des Weiteren das Führerscheindokument innerhalb von zwei Wochen ab Übernahme bzw. Hinterlegung des Bescheides der Behörde vorzulegen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Chronologie der vorgelegten Akten kann entnommen werden, dass der Berufungswerber als Inhaber eines Probeführerscheines am 17. August 2012 von Polizeibeamten betreten wurde, als er einen PKW lenkte und bei ihm ein Atemluftalkoholgehalt von 0,15 mg/l festgestellt wurde. Dieser Vorgang wurde von der Polizei mit Meldung vom 19. August 2012 der Erstbehörde mitgeteilt, woraufhin diese mit Bescheid vom 17. September 2012, GZ: 11/370554, beim Berufungswerber eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker anordnete.

Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Faktisch parallel dazu langte bei der Erstbehörde eine polizeiliche Anzeige ein, wonach der Berufungswerber am 17. August 2012 anlässlich der oben angeführten Fahrt auch insgesamt drei Verkehrsdelikte gesetzt habe, eines davon eine Vorrangverletzung in Form eines Verstoßes gegen § 19 Abs. 7 iVm § 19 Abs. 6 StVO 1960.

Die hierauf ergangene Strafverfügung ist gleichfalls in Rechtskraft erwachsen. Von der zuständigen Bearbeiterin der Erstbehörde wurde der Vorgang an die behördeninterne Führerscheinstelle ("VerkR21") weitergeleitet, woraufhin der nunmehr verfahrensgegenständliche Bescheid ergangen ist. Hier erfolgte, wie schon oben dargelegt, nunmehr der Auftrag, dass sich der Berufungswerber einer Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker zu unterziehen habe.

Die Behörde hat also hintereinander – offenkundig nach dem jeweiligen Informationsstand des zuständigen Bearbeiters – zwei Nachschulungsbescheide erlassen, nämlich jenen vom 7. September 2012 – für den Kurstyp "alkoholauffällige Lenker" – und den nunmehr verfahrensgegenständlichen vom 22. Oktober 2012, hier für den Kurstyp "verkehrsauffällige Lenker".

Gegenständlich stellt sich also die Frage, ob eine Behörde hintereinander Nachschulungsbescheide erlassen darf, welcher Umstand naturgemäß für den Betroffenen nicht nur wie bewirkt, dass er eben zwei Kurse zu besuchen hat, sondern er auch faktisch eine weitere Verlängerung der Probezeit hinzunehmen hätte.

 

4. Die Rechtsgrundlage für Nachschulungen bildet § 4 Abs. 3 FSG wo es heißt:

Begeht der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs. 6) oder verstößt er gegen die Bestimmung des Abs. 7, so ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktssetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist.

 

Der Behörde – wenngleich wohl nicht direkt dem zuständigen Sachbearbeiter, welcher Umstand als bloße interne Kommunikationsangelegenheit zu vernachlässigen ist – war zum Zeitpunkt der Erlassung des ersten Nachschulungsbescheides bereits bekannt, dass ein weiterer möglicher Nachschulungstatbestand – nach Eintritt der Rechtskraft des Strafbescheides – vorliegt.

Die oben zitierte Bestimmung des § 4 Abs. 3 FSG verwendet den Begriff der Nachschulung in der Einzahl ("… so ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen …").

 

Daraus kann man den Schluss ziehen, dass die Anordnung von Nachschulungen hintereinander auf der Grundlage einer Fahrt, bei der der betreffende Führerscheininhaber sowohl einen schweren Verstoß im Sinne einer relevanten Übertretung begangen als auch gegen der Alkoholbestimmung des § 4 Abs. 7 FSG zuwider gehandelt hatte, nicht zulässig ist.

 

5. In den §§ 2 und 3 der Nachschulungsverordnung – FSG-NV, BGBl II 2002/357 idgF, sind die Nachschulungen für alkoholauffällige Lenker sowie für verkehrsauffällige Lenker näher definiert. Die jeweiligen Schulungsinhalte unterscheiden sich demnach wesentlich, da die in den erwähnten Bestimmungen angeführten Ziele, die mit der Nachschulung erreicht werden sollen, sich ebenso unterscheiden.

§ 5 Abs. 1 FSG-NV sieht für den Fall des Zusammentreffens mehrerer Nachschulungsgründe vor, dass die ermächtigte Einrichtung festzulegen hat, welcher Kurs zu absolvieren ist. In diesem Fall ist von der ermächtigten Einrichtung sicherzustellen, dass alle der Nachschulung zu Grunde liegenden Ursachen erörtert werden.

Aufgrund dieser Anordnung lässt sich der Schluss begründen, dass jemand, der wegen der hier relevanten zwei Nachschulungsgründe eine Nachschulung zu absolvieren hat, einen Kurstyp zu besuchen hat, im Rahmen dessen allerdings die ermächtigte Stelle sicherzustellen hat, dass auch der andere Nachschulungsgrund erörtert wird. Diese Vorgangsweise ist naturgemäß dann nicht mehr möglich, wenn der Betreffende aufgrund einer behördlichen Anordnung schon einen Kurstyp absolviert hatte, obwohl auch Gründe für einen weiteren Kurstyp vorlagen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde steht diese Regelung der Intention einer Behörde entgegen, bei Personen, die bereits einen Kurstyp absolviert haben, im Nachhinein noch einen weiteren Kurstyp anzuordnen, wenn, wie im gegenständlichen Fall, der relevante Sachverhalt zum Zeitpunkt der Anordnung der ersten Nachschulung der Behörde schon vollständig bekannt war.

 

Wenn eine Behörde bei Vorliegen zweier Nachschulungsgründe sich für einen entscheidet, dann ist eben dieser Kurstyp zu absolvieren. Hat die ermächtigte Stelle keine Kenntnis von weiteren Nachschulungsgründen, kann zwar die Regelung des § 5 Abs. 1 FSG-NV naturgemäß nicht Platz greifen, dies darf dem Nachschulungsverpflichteten aber auch nicht in Form einer weiteren Nachschulung zum Nachteil gereichen.

 

Der Berufung war daher im Ergebnis Folge zu geben, ohne auf die Ausführungen im Rechtsmittel weiter eingehen zu müssen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

 

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