Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730708/3/BP/WU

Linz, 01.02.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, niger. StA, vertreten durch Rechtsanwältin X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Dezember 2012, GZ: Sich40-32994-2005, betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von fünf Jahren befristeten Rückkehrverbots nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 54 Abs. 1, 2, 3 iVm § 53 Abs. 2 Z 7 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2012/87

§ 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Dezember 2012, GZ: Sich40-32994-2005, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 54 Abs. 2 iVm § 53 Abs. 2 Z7 und 4 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.

 

1.1.2. Begründend führt die belangte Behörde zunächst aus, dass der Bw nigerianischer Staatsbürger sei und er nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet der Republik Österreich 6.12.2004 beim Bundesasylamt Außenstelle Linz einen Antrag auf internat­ionalen Schutz gestellt habe.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Linz, ZI 04 24.630, vom 9.6.2006 sei sein Antrag gemäß §§ 7 u. 8 AsylG 2005 abgewiesen worden und gleichzeitig sei er gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus Österreich nach Nigeria ausgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe der Bw fristgerecht die Berufung bzw. Beschwerde erhoben.

 

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 21.12.2011, Zl. A8 302-859-1/2008/15E, sei seiner Beschwerde insofern stattgegeben worden, als sein Antrag gemäß § 66 Abs. 2 AVG der Erstbe­hörde zur neuerlichen Entscheidung zurückgewiesen worden sei.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Linz, ZI 04 24.630, vom 09.11.2012 sei der Antrag des Berufungswerbers gemäß §§ 7 u 8 AsylG 2005 abgewiesen worden und gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 sei er aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe er fristgerecht Beschwerde erhoben. Bis dato sei eine Entscheidung über seine Beschwerde vom Asylgerichtshof noch ausständig.

 

Am 30.05.2007 sei der Bw von den Beamten des FA Gmunden-Vöcklabruck, Abteilung KIAB, bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung im Gasthof X, etabliert in X, auf frischer Tat betreten worden. Er habe im Küchenbereich Reinigungs­tätigkeiten vorgenommen. Diesbezüglich hat das FA Gmunden-Vöcklabruck, KIAB, GZ 053/73106/5/2007, den Betreiber des Gasthofes wegen Übertretung nach dem AuslBG zur Anzeige gebracht.

 

Am 23.11.2012 sei der Bw neuerlich bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung auf frischer Tat in X, durch Beamte der PI St. Georgen i.A. - EAST, sowie durch Beamte der Finanzpolizei Gmunden-Vöcklabruck betreten worden. Er habe für die Fa. X mit Sitz in X Zeitungen und Werbematerial sortiert. Von den einschreitenden Beamten sei festgestellt worden, dass er nicht im Besitz einer Beschäftigungsbe­willigung sei.

 

Mit nachweislichem Schreiben der hs. Fremdenpolizeibehörde sei ihm mitgeteilt worden, dass die hs. Fremdenpolizeibehörde beabsichtigt, gegen ihn ein 5jähriges Rückkehrverbot zu erlassen. Mit zitiertem Schreiben sei er aufgefordert worden binnen zwei Wochen nach Erhalt des angeführ­ten Schreibens schriftlich zur beabsichtigten Erlassung eines 5jährigen Rückkehrverbots Stellung zu nehmen.

 

Seine schriftliche Stellungnahme sei am 18.12.2012 und somit fristgerecht bei der hs. Fremdenpoli­zeibehörde eingelangt.

 

 

1.1.3. Nach Zitierung der §§ 53 Abs.1 bis 6, 54 Abs.1 bis 9, 61 Abs.1 bis 4 sowie 59 Abs.1 bis 5 FPG führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

 

 

"Faktum ist, dass Ihr Asylverfahren bis dato noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Faktum ist weiters, dass Sie am 23.11.2012 in X, von Beamten der PI St. Georgen i.A. - EAST -, sowie von Beamten der Finanzpolizei Gmunden-Vöcklabruck auf frischer Tat bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten worden sind. Sie haben für die Fa. X mit Sitz in X bei der dort befindlichen Zeitungszustellbasis Zeitungen und Werbematerial sortiert. Von den einschreitenden Beamten ist weiters festgestellt worden, dass Sie weder im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung noch im Besitz einer Gewerbeberechtigung sind.

 

Sie haben den einschreitenden Beamten bei Ihrer Betretung weiters mündlich angegeben, dass Sie für die Fa. X mit Sitz in X, arbeiten und Sie werden auch von dieser Firma entlohnt.

 

Aus Ihrem aktuellen Versicherungsdatenauszug vom 19.12.2012 ist ersichtlich, dass Sie sich nach wie vor in der Grundversorgung des Landes befinden.

 

Ihr persönlich gesetztes Verhalten zeigt deutlich, dass Sie nicht gewillt sind, die österreichischen Rechtsnormen einzuhalten. Sie sind bereits einmal schon am 30.05.2007 bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung auf frischer Tat betreten worden. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es unablässlich, Schwarzarbeit einzudämmen, um zu verhindern, dass dem Staat Steuereinnahmen vorenthalten werden. Die Gefährdung des wirtschaftlichen Wohls des Staates in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist unbedingt zu verhindern, da das wirtschaftliche Wohl des Staates eine wichtige Säule für die innere Sicherheit des Staates (Gewährung von Sozialleistungen) darstellt.

 

In Ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 18.12.2012 haben Sie angegeben, eingangs sei ange­merkt, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb die hs. Fremdenpolizeibehörde gegen angeblich vorgeworfene Taten aus dem Jahr 2006 u 2007 nunmehr im Dezember 2012 ein Rückkehrverbots­verfahren eingeleitet werde, da diese Anzeigen schon viele Jahre zurückliegen.

 

Die hs. Fremdenpolizeibehörde führt dazu an, dass es sich beim Datum 23.11.2006 ein Schreib­fehler vorliegt. Sie sind am 23.11.2012 auf frischer Tat bei der Ausübung einer illegalen Be­schäftigung betreten worden. Diesen Umstand müssen Sie ja wissen, da Sie an diesem Tag an Ort und Stelle von Beamten der PI St. Georgen i.A. EAST und von Beamten der Finanzpolizei Gmunden-Vöcklabruck kontrolliert worden sind. Richtig ist, dass Sie bereits am 30.05.2007 schon einmal auf frischer Tat bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten worden sind. Dieser Vorfall ist Ihnen jedenfalls erinnerlich.

 

In Ihrer schriftlichen Stellungnahme haben Sie weiters angeführt, in beiden Fällen seien Sie in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden und es handle sich lediglich um freundschaftliche Dienste. Sie haben dafür kein Entgelt erhalten. Sie seien für diese Tätigkeit von Bekannten aus der Kirchengemeinschaft vermittelt worden, da Sie zumindest Ihre Zeit sinnvoll gestalten wollen. Sie seien nie in einem Beschäftigungsverhältnis gewesen und es sei zu berücksichtigen, dass auch betreffend die Betreiber des Gasthofes bereits eine Anzeige nach dem AuslBG gemacht worden und diesbezüglich ein Verfahren abgewickelt worden sei.

 

Nachdem AuslBG wird ein Fremder, der nicht im Besitz einer gültigen Beschäftigungsbewilligung ist, nicht zur Anzeige gebracht, da diese Person straffrei bleibt. Jedoch sieht das FPG 2005 gesetzlich vor, dass ein Einreiseverbot erlassen werden kann, wenn der Fremde bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten wird. Dies ist in Ihrem Fall passiert. Sie sind neuerlich am 23.11.2012 in X, bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung auf frischer Tat von Beamten der PI St. Georgen i.A. und von Beamten der Finanzpolizei Gmunden-Vöcklabruck betreten worden. Sie sind wiederum nicht im Besitz einer gültigen Beschäftigungsbewilligung gewesen. Sie haben an der Zustellbasis Zeitungen und Werbematerial sortiert. Laut ihren eigenen Angaben haben Sie dabei für die Fa. X mit Sitz in X, gearbeitet und Sie werden auch für diese Tätigkeit von der besagten Firma entlohnt. Somit ist der Tatbestand zur Gänze erfüllt. Gegen die Firma X ist bereits ein entsprechendes Verwaltungsstrafverfahren anhängig."

 

Zum Privat- und Familienleben des Bw wird von der belangten Behörde Nachstehendes angezeigt:

 

"Sie sind nigerianischer Staatsbürger und sind am 06.12.2004 illegal und ohne im Besitz eines nationalen Reisedokumentes zu sein, in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist. Sie sind somit im Alter von 32 Jahren nach Österreich gekommen. Ihr vorläufig legaler Aufenthalt aufgrund Ihres Asylverfahrens beträgt bis dato 8 Jahre. Sie haben in Ihrem Heimatstaat Ihre Schul und Berufsausbildung absolviert und haben auch nach Ihren eigenen Angaben als Landwirt in Ihrem Herkunftsstaat gearbeitet. Sie haben in Ihrem Heimatstaat familiäre Bindungen, ihre Mutter, X, whft in X und Ihre Tochter, X, whft detto, leben dort.

 

Laut Ihren eigenen Angaben haben Sie hier in Österreich keine familiären Bindungen.

 

Von der hs. Fremdenpolizeibehörde wird festgestellt, dass Sie sich nach wie vor in der Grundversorgung des Landes befinden. Sie gehen hier in Österreich keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Sie selbst sind nicht in der Lage für Ihren Unterhalt zu sorgen. Sie besitzen weder -eine eigene Krankenversicherung noch eine eigene Wohnung. Sowohl eine berufliche als auch eine soziale Integration ist bei Ihnen nicht gegeben. Bis dato haben Sie sich nicht bemüht um eine Beschäftigungsbewilligung zu erlangen. Bedenkt man, dass Sie in einer der bekanntesten Touris­musregionen Österreichs (X - Salzkammergut) leben, ist es für die hs. Fremdenpolizei­behörde nicht erklärbar, warum Sie nicht im Bereich des Tourismus oder der Forst- und Landwirtschaft eine legale Arbeit gefunden haben. In diesem Bereich gibt es auch halbjährlich entsprechende Anzahl von Kontingentplätze (Beschäftigungsbewilligungen) vom AMS X.

 

Der hs. Fremdenpolizeibehörde haben Sie in Ihrer schriftlichen Stellungnahme auch nicht mitgeteilt, ob Sie bereits im Besitz einer positiven Deutschprüfung Niveau A 2 sind. Daher kann auch nicht von einer sprachlichen Integration ausgegangen werden. Sie sind strafrechtlich unbe­scholten.

Dass Sie sich Ihres unsicheren Aufenthaltes bereits nachweislich bewusst sind, wird durch die Erlassung und nachweislicher Zustellung der Bescheide in I. Instanz in Ihrem Asylverfahren durch das Bundesasylamt Außenstelle Linz am 09.06.2006 und am 09.11.2012 belegt. In beiden zitierten Bescheiden sind Sie aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen worden."

 

Abschließend führt die belangte Behörde aus, dass nach Prüfung des Privat- und Familienlebens des Bw die hs. Fremdenpolizeibehörde zum Schluss komme, dass die Erlassung eines fünfjährigen Rückkehrverbotes dringend geboten sei um die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohls des Staates, wieder herzustellen und keinen unzulässigen Eingriff in sein Privat- und Familienleben darstelle.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Bw mit Schreiben vom 17. Jänner 2013 – bei der belangte Behörde eingelangt am 18. Jänner 2013 – rechtzeitig Berufung.

 

Darin stellt er zunächst die Anträge, die Berufungsbehörde möge

a.)         den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28.12.2012, GZ: Sich40-32994-2005, zugestellt am 03.01.2013, dahingehend abändern, dass das auf die Dauer von fünf Jahren befristete Rückkehrverbot ersatzlos aufgehoben, in eventu in seiner Dauer angemessen herabgesetzt werde, in eventu

b.)         den erstinstanzlichen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Erstinstanz zurückverweisen, sowie

c.)         eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen.

 

Die Berufung wird wie folgt begründet:

 

"Ich erhebe mein gesamtes bisheriges Vorbringen zum integrierenden Bestandteil dieses Berufungsschriftsatzes und hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung kein Rückkehrverbot gegen mich erlassen werden dürfen.

 

Der zuletzt angelastete Vorfall - nunmehr im Bescheid richtig datiert mit 23.11.2012 - hat sich tatsächlich nicht so zugetragen wie von der Erstinstanz in den Feststellun­gen dargelegt.

 

Der Berufungswerber Herr X stützt sich darauf, dass er am 23.11.2012, um ca. 22.00 Uhr abends von seinem Freund, er nennt ihn „Papa", namens X, wohnhaft in X, von seiner Wohnadresse mit dem Auto abgeholt wurde, da ihn dieser öfters zu seiner Freundin X, mit dem Auto mitnimmt, wenn er selbst in die Arbeit fährt, um ihm die Fahrtkosten zu ersparen.

 

Genau so trug es sich auch am besagten 23.11.2012 zu, Herr X befand sich bei der Kontrolle im Auto, er war nicht ausgestiegen, um Zeitungen und Werbematerial zu ordnen. Sein Freund X teilt ihm lediglich mit, dass er für seine Ar­beitstätigkeit etwas aus seinem Lager holen müsste. Herr X befindet sich nach Nachfrage des Herrn X derzeit im Krankenhaus und war es dem Beru­fungswerber daher zur Zeit nicht möglich, nähere Daten zu seiner Person und ge­nauen Wohnadresse bekanntzugeben. Der Berufungswerber wird dies so bald wie möglich an die Berufungsbehörde bekanntgeben, damit Herr X allen­falls als Zeuge im gegenständlichen Berufungsverfahren aussagen kann, was an dieser Stelle ausdrücklich beantragt wird.

 

Herr X ist seit mehr als 8 Jahren im österreichischen Bundesgebiet aufhältig und bislang strafrechtlich völlig unbescholten. Derzeit ist das Asylverfahren nach einer Zurückverweisung an die Erstinstanz durch den Asylgerichtshof und neuerlicher ne­gativer Entscheidung durch den Asylgerichtshof und Beschwerde wieder bei diesem zur Aktenzahl A8 302859 bei der Richterin Frau X anhängig.

 

Herr X hat sich durchaus passable Deutschkenntnisse aneignen können, er hat sich neuerlich für einen Deutschkurs bei der VHS , Deutsch-Integrationskurs Stu­fe 3 angemeldet, um seine Kenntnisse noch zu verbessern und ehest möglich die A2-Deutschprüfung abzulegen.

 

Herr X ist bei Herrn Dr. X in psychiatrischer Behandlung und ist er aufgrund weiterer gesundheitlicher Probleme im LKH X/Interne Ambulanz in Behandlung, der nächste Termin hierfür ist am 5.6.2013.

 

Zum Privatleben ist anzuführen, dass Herr X eine Freundin in X namens X, hat, welche jedoch selbst Asylwerberin ist.

 

Der erste vorgeworfene Tatbestand liegt bereits fünfeinhalb Jahre zurück, hinsichtlich des zweiten Vorwurfes am 23.11.2013 wird ausdrücklich bestritten, dass es sich so zugetragen hat, wie von der Erstinstanz als Sachverhalt angenommen und wird be­antragt, Herrn X als Zeugen einzuvernehmen.

 

Die Verhängung eines Rückkehrverbotes mit der Höchstdauer von 5 Jahren er­scheint jedenfalls bei ordnungsgemäßer Interessenabwägung nicht gerechtfertigt, da aus dem ersichtlichen Sachverhalt nicht hervorgeht, weshalb Herr X eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich sein sollte.

 

Der Beschwerdeführer ersucht daher höflich, die erstinstanzliche Entscheidung auf­zuheben bzw. die Dauer angemessen herabzusetzen."

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat mit Schreiben vom 18. Jänner 2013 zur Berufungsentscheidung vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte – trotz entsprechenden Antrags - abgesehen werden, da eine weitere Erörterung des Sachverhalts nicht erforderlich und im vorliegenden Fall bloß die Klärung von Rechtsfragen vorzunehmen ist.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.2. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bw aufgrund seines Asylantrages aus dem Jahr 2004, als Asylwerber anzusehen ist, zumal das diesbezügliche Verfahren bis dato noch nicht rechtskräftig abgeschlossen wurde. Daher fällt der Bw grundsätzlich unter den Adressatenkreis des § 54 Abs. 1 FPG.

 

3.1.3. Zur Anwendung dieser Bestimmung bedarf es allerdings auch der Voraussetzung, dass aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt des Bw die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

3.2.1. Gemäß § 54 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z. 1, 2, 4, 5, 7 – 9 und Abs. 3. § 63 Abs. 5 und 6 und § 61.

 

Gemäß § 54 Abs. 3 FPG ist ein Rückkehrverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z. 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z. 1 bis 4 für höchstens 10 Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen.

 

3.2.2. Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.      wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3      des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs.    1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs.     1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein          bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des   Grenzkontrollgesetzes, des      Meldegesetzes, des          Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des        Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.      wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens         1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.      wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs-        und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich         dabei           nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.      wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich     begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften      rechtskräftig bestraft worden ist;

5.      wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution          geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.      den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es           sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten       Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7.      bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht         ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach      den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben          Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die     Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine           Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig       gewesen;

8.      eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat         und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen          Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft,          zwecks Zugangs zum     heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung          aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene          Partnerschaft berufen, aber mit         dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben    im Sinne des Art. 8 EMRK        nicht geführt hat oder

9.      an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder    Aufrechterhaltung          eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die    Aufrechterhaltung eines          unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den        Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum   heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an        Kindes statt war, er jedoch das    Gericht über die wahren Verhältnisse zu     den Wahleltern getäuscht hat.

 

3.2.3. Im vorliegenden Fall weist die belangte Behörde auf zwei Aufgriffe des Bw im Rahmen illegaler Beschäftigungen nach dem AuslBG hin und sieht dadurch § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG erfüllt.

 

 

Hiezu ist anzumerken, dass die erste Betretung bei Reinigungsarbeiten in einem Gastronomiebetrieb bereits im Jahr 2007 erfolgt war. Die belangte Behörde führt hier lediglich die Anzeige gegen den Betreiber des Gasthofes an, ohne das Ergebnis des Verfahrens nach dem AuslBG zu erwähnen. Dies mag aber dahingestellt bleiben, zumal aufgrund des unbestrittenen Wohlverhaltenszeitraums von 2007 bis zumindest November 2012 diese Betretung in die gegenwärtige Erörterung nicht mehr maßgeblich einzubeziehen ist. Daraus könnte schon per se keine Beeinträchtigung der in § 54 Abs. 1 FPG angeführten Interessen mehr resultieren.

 

 

 

Die belangte Behörde führt weiters eine Betretung des Bw bei einer illegalen Beschäftigung (Zeitungssortieren) im November 2012 an, die allerdings vom Bw bestritten wird und auch noch kein rechtskräftiger Abschluss des Strafverfahrens gegen den mutmaßlichen Beschäftiger vorliegt.

 

 

 

Grundsätzlich ist der belangten Behörde zwar zu folgen, dass der Einhaltung beschäftigungsrechtlicher Bestimmungen zum wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zukommt; gleichzeitig ist aber – mit Blick auf den konkreten Fall – anzumerken, dass, sogar, wenn man vom Vorliegen der illegalen Beschäftigung ausgehen würde, nicht das Maß der Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 54 Abs. 1 iVm. § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG erreicht wäre. Ohne die Problematik von Schwarzarbeit herabzuwürdigen, kann wohl – im Sinne des Gesetzgebers – nicht angenommen werden, dass eine einmalig festgestellte Sortierung von Zeitungen bzw. Broschüren bei einem seit langer Zeit in Österreich aufhältigen Asylwerber eine derart grobe Verletzung öffentlicher Interessen darstellt, die einen massiven fremdenrechtlichen Eingriff nach sich zu ziehen hat. Es mangelt hier offensichtlich an der Spürbarkeit.

 

 

 

3.2.4. Zusammengefasst ist also festzustellen, dass keine bestimmten Tatsachen erkannt werden können, die die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Bw der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit bzw. anderen in Art. 8 EMRK genannten Interessen zuwiderlaufen würde. Es fehlt also bereits an der Tatbestandmäßigkeit.

 

 

 

3.3.1. Es war daher im Ergebnis der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

3.3.2. Auf eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung im Sinne des § 59 Abs 1 FPG konnte aufgrund der im Verfahren hervorgekommenen ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache im Fall des Bw verzichtet werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

Bernhard Pree

Beachte:

Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.

VwGH vom 20. Dezember 2013, Zl.: 2013/21/0047-6

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