Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730711/2/BP/WU

Linz, 04.02.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Armenien, vertreten durch X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 3. Jänner 2013, AZ.: 1015882/FRB, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines auf 5 Jahre befristeten Einreiseverbots gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 3. Jänner 2013, AZ.: 1015882/FRB, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung und ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum ausgesprochen. Gleichzeitig wurde dem Bw gemäß § 55 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus:

 

Sie reisten am 07.05.2002 (lt. Ihren Angaben im Asylverfahren) illegal per LKW nach Öster­reich ein und stellten am 07.05.2002 einen ersten Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid der Asylbehörde vom 10.07.2003 gem. § 11 Asylgesetz in erster Instanz rechtskräftig negativ beschieden. Auch Ihr am 29.06. 2007 gestellter zweiter Asylantrag wurde von der Asylbehörde gem. §§ 3 und 8 AsylG 2005 in erster Instanz negativ beschieden. Gleichzeitig wurde auch gem. § 10 AsylG 2005 Ihre Ausweisung nach Armenien verfügt.

 

Gegen diese Entscheidungen der Asylbehörde erster Instanz brachten Sie Beschwerde beim AGH ein. Während der Verhandlung vor dem AGH zogen Sie die Beschwerde hinsichtlich der Be­schwerdepunkte I und II ( § 3 und § 8 AsylG ) zurück , womit diese in Rechtskraft erwuchsen.

 

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes (AGH ), Außenstelle Linz, ZI. E19 240.281- 2/2008- 61E vom 10.07.2012 wurde festgestellt, dass Ihre Ausweisung aus dem österreichischen Bun­desgebiet gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005, auf Dauer unzulässig ist.

 

Während Ihres Aufenthaltes in Österreich wurden Sie wie folgt verurteilt:

 

01)LG LINZ 33 HV 42/2010P vom 16.08.2010 RK 16.08.2010 PAR 142/1 143 (2. FALL) 83/1 107/1 StGB Datum der (letzten) Tat 29.04.2010

Freiheitsstrafe 18 Monate , davon Freiheitsstrafe 15 Monate , bedingt, Probezeit 3 Jahre Anordnung der Bewährungshilfe Jugendstraftat

 

zu LG LINZ 33 HV 42/2010P 16.08.2010

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 16.08.2010

LG LINZ 33 HV42/2010P vom 10.09.2010

 

zu LG LINZ 33 HV 42/2010P 16.08.2010

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG LINZ 014 U 113/2011 b vom 24.11.2011

 

02)LG LINZ 25 HV 79/2010W vom 19.08.2010 RK 24.08.2010 PAR 15/1 105/1 PAR 15/1 83/1 84/1 StGB Datum der (letzten) Tat 18.06.2010 Freiheitsstrafe 2 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG LINZ 33 HV 42/2010P RK 16.08.2010 Jugendstraftat zu LG LINZ 25 HV 79/201OW 24.08.2010

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG LINZ 025 HV 79/201 Ow vom 21.05.2012

 

03)BG LINZ 014 U 113/2011b vom 24.11.2011 RK 29.11.2011 §127 StGB §83 (1)StGB

Datum der (letzten) Tat 22.07.2011 Freiheitsstrafe 3 Monate

Jugendstraftat Vollzugsdatum 21.11.2012

 

04)LG LINZ033 HV 101/2011svom 28.02.2012 RK28.02.2012 §83(1) StGB

Datum der (letzten) Tat 07.12.2011 Freiheitsstrafe 3 Monate

Jugendstraftat

 

05)LG LINZ 022 HV 115/2012w vom 24.10.2012 RK 24.10.2012

§142(1) StGB, §15 StGB § 83 (1)StGB

Datum der (letzten) Tat 14.05.2012

Freiheitsstrafe 10 Monate

Jugendstraftat

 

Die Tatbestände stellen sich in den Urteilen wie folgt dar:

 

ad 01)

Es haben,

I) X, X, X und X am 29.04.2010 als Beteiligte (§ 12 StGB) durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB), jeweils unter Vorhalt eines Butterflymessers, somit unter Verwendung einer Waffe, X Bargeld idHv EUR 30,--, X Bargeld idHv EUR 10,-- und X Bargeld idHv EUR 3,--, mit dem Vorsatz abge­nötigt, sich oder einen Dritten durch dessen Zueignung zu bereichern.

II)    am 13.04.2010 X alleine, durch Versetzen von Faustschlägen, X in Form einer Nasenprellung verbunden mit Nasenbluten und X in Form einer Rissquetschwunde an der Oberlippe, am Körper verletzt

III)  am 19.04.2010 X alleine, X mit Verletzungen am Körper, gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er telefonisch äußerte, er habe erfahren, dass er ihn bei der Polizei verraten habe, er solle aus der Wohnung her­auskommen, dann werde er ihn zusammenschlagen.

 

Strafbare Handlungen: Es haben hierdurch

 

zu I) X, X, X und X die Ver­brechen des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB; zu II) X die Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB; zu Iii) X das Vergehen der gefährlichen Drohung nach §107 Abs. 1 StGB begangen. Strafe:

§ 143 1. Strafsatz StGB.

 

X unter Anwendung § 28 StGB und § 5 Z 4 JGG Freiheitsstrafe von 18 Monaten;

Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wird ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Umfang von 15 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen. Strafbemessungsgründe:

mildernd: Geständnis, Unbescholtenheit, Schadensgutmachung. erschwerend: Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen.

 

ad 02)

 

Schuldspruch:

X, X und X sind schuldig, sie haben in der Justizanstalt X

A) X, X und X in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken

I.) etwa Ende Mai 2010 den X mit Gewalt zu einer Duldung und zwar sich in der Toilette einsperren zu lassen, zu nötigen versucht, in dem sie ihn festhielten und in Richtung Toilette zerrten, wobei die Tatvollendung in Folge seiner Gegenwehr unterblieb, II.) X vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar:

1.   nach der zu A. I beschriebenen Tathandlung indem ihn X zu Bo­den schleuderte und alle drei sodann auf ihn eintraten, wodurch X zahlrei­che Hämatome im Bereich der Knie und der Beine erlitt.

2.   einen Tag nach der zu A II. 1 beschriebenen Tathandlung, indem sie X mehrere Schläge gegen Kopf und Oberkörper versetzten, wobei es beim Versuch blieb (ON 3).

B) X am 18,6.2010 den Sascha LOB am Körper verletzt, indem er ihm zumindest einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, wodurch dieser einen Nasenbeinbruch mit Verschiebung der Bruchenden erlitt, sodass die Tat eine an sich schwere Körperverlet­zung zur Folge hatte. (ON 5, ON 10)

 

Strafbare Handlungen:

 

01) X

zu A. I.: das Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§15Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB zu A. II. und B.: die Vergehen der teilweisen schweren, teilweise versuchten, vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1, 84 Abs 1, 15 Abs. 1 StGB Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen:

§§ 28 StGB, § 5 Zif. 4 JGG und hinsichtlich 01) X unter Bedachtnahme auf das Urteil des LG Linz zu 33 Hv 42/10 p vom 16. 08. 2010 gemäß §§ 31,40 StGB. Strafe:

01) X nach dem Strafsatz des § 84 Abs. 1 StGB: FREIHEITSSTRAFE von 2 (zwei) Monaten Strafbemessungsgründe:

mildernd: teilweise Versuch, teilweise geständig , unbescholten erschwerend: Straftat in U-Haft während anhängigem Verfahren.

 

ad 03)

 

X ist schuldig, er hat in X,

1) nachangeführte Personen am Körper verletzt, indem er ihnen je einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, und zwar:

a)    am 22. Jänner 2011 X in Form eines dislozierten Nasenbeinbruchs und Abschürfungen,

b)   am 4. Februar 2011 X in Form von Prellungen und Hämatomen am Kopf; 2) am 22. Juli 2011 dem X eine fremde bewegliche Sache, nämlich das Handy der Marke Samsung, Galaxy S, im Wert von EUR 317,00 mit dem Vorsatz wegge­nommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Strafbare Handlung(en);

zu 1) Das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu 2) Das Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB

Strafe: nach § 83 Abs. 1 StGB unter Anwendung der §§ 28 StGB und 5 Z4 JGG:

 

FREIHEITSSTRAFE in der Dauer von 3 (drei) Monaten.

Strafbemessungsgründe: mildernd: teilweises Geständnis

erschwerend: Faktenhäufung, zwei einschlägige Vorverurteilungen

 

ad 04)

 

X ist schuldig, er hat am 07.12.2011 in X den X durch Versetzen von drei Faustschlägen ins Gesicht in Form einer Prellung und eines Hämatomes unterhalb der linken Augenhöhle sowie des Verlustes eines Zahnes vorsätzlich am Körper verletzt.

 

Strafbare Handlung(en): X hat hierdurch begangen das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB .

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen: § 5 Z 4 JGG nach dem Strafsatz des § 83 Abs. 1

Strafe:

Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Monaten

Strafbemessungsgründe: mildernd: keine

erschwerend: einschlägige Vorstrafen

 

ad 05)

 

X ist schuldig, er hat in X X

1.    am 12.05.2012 durch Versetzen von zwei Ohrfeigen sowie einem Faustschlag in den Bauch am Körper verletzt, wobei es mangels tatsächlich eingetretener Körperverletzung beim Versuch geblieben ist;

2.   am 14.05.2012 durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, nämlich ein Mobiltelefon I-Phone 4S im Wert von ca. € 700,—, indem er ihn mit den Worten „Gib mir das Handy sonst schlag ich dich!" bedrohte, woraufhin X ihm das Handy ausfolgte.

 

Strafbare Handlungen:

X hat hierdurch zu

1.  das Vergehen der versuchten Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs. 1 StGB (ECRIS-
Code: 081100);

2. das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB (ECRIS-Code: 170300) begangen.

 

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen: §§ 5 Z 4 JGG, 28 StGB Strafe:

Strafsatz des § 142 Abs. 1 StGB:

 

Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Monaten

 

Strafbemessungsgründe:

mildernd: teilweises Tatsachengeständnis, teilweiser Versuch

erschwerend: mehrere einschlägige Vorstrafen, Zusammentreffen von zwei strafbaren Hand­lungen, extrem rascher Rückfall.

 

Im Einzelnen wird auf die Ausführungen der schriftlichen Urteilsausfertigungen verwiesen, die an dieser Stelle, um Wiederholungen zu vermeiden, zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erhoben werden - die Urteile sind Ihnen ja bekannt.

 

Mit Schreiben vom 20.11.2012 wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und Ihnen mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, aufgrund genannter Verurteilungen gegen Sie eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot zu erlassen. Gleichzeitig wurde Ihnen Gele­genheit gegeben dazu Stellung zu nehmen und Ihre Privat- und Familienverhältnisse darzu­legen.

Der RSA Brief wurde am 22 .11.2012 persönlich in der JA X von ihnen übernommen.

 

In ihrer mit Schreiben vom 12.12.2012 zum Akt übermittelten Stellungnahme, verfasst von Ihrem gesetzlichen Vertreter, gaben Sie dazu wie folgt an:

Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 20.11.2012 und ein Antwort Mail unserer Juristin, Fr. X vom 30.11.2012 mit dem Ersuchen um Fristerstreckung möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Obsorge für den Mj. X am 31.1.2012 vom Bezirksgericht Linz, zur Gänze an den X übertragen wurde. Daher werde ich als zuständige Sozialarbeiterin die Fragen Ihres Schreibens beantworten. Die Ausübung der Pflege- und Erziehung wurde dem X übertragen, welche den Minderjährigen durch Sozialpädagogen im Auftrag der X nach wie vor betreuen.

Ein Großteil der Fragen wird im Bescheid des Asylgerichtshof, Außenstelle Linz, ZI. E19 240.281- 2/2008-61E von Kammervorsitzender X ausgeführt und dem Schreiben beigelegt. In diesem Schreiben wird die Ausweisung von X aus dem öster­reichischen Bundesgebiet gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005, BGF. i Nr. 10012005 idF BGBl. 1 Nr. 29/2009, auf Dauer für unzulässig erklärt (Kopie liegt bei).

Der Minderjährige verfügt über keine mir bekannte Dokumente, jedoch hat er Anspruch auf die Rot-weiß-rot Karte, die sich X aufgrund der Inhaftierung im August d. J. bis jetzt nicht ausstellen lassen konnte.

Die Externistenprüfung hat X an der X abgelegt. Die Kopie des Zeugnisses liegt bei.

X hat mit dem Erlangen des Hauptschulabschlusses und in Erwartung der Ausstellung einer Rot-weiß-rot Karte die Hoffnung, wie andere junge Menschen, legal eine Lehre machen zu können. Dies wurde durch die Inhaftierung aufgeschoben. Mit der Überstellung in die JA X voraussichtlich im Jänner 2013 wird der Mj. dort eine Lehre als Maurer, Maler oder Karosseriespengler beginnen können. Davor war es auf legalem Wege nicht möglich, einer Arbeit nachzugehen, da er über keine Arbeitserlaubnis verfügte. Dieser Umstand war in der Betreuung und Motivation des Mj. und der Perspektivenplanung für sein weiteres - beruf­liches - Leben erschwerend, es gab keine Aussichten auf ein geregeltes, selbstbestimmtes Leben auch nach den Normen und Werten der österreichischen Gesellschaft gegenüber Asylwerbern.

Der Unterhalt des Minderjährigen wurde von der Mutter (Familienbeihilfe) mit Unterstützung durch die X bestritten. X hat kurz vor seiner Verhaftung von der Wohnplattform X eine Wohnung zur Verfügung gestellt bekommen, die die X finanzierte, bis der Jugendliche in der Lage gewesen wäre, dies mittels Arbeit selb­ständig zu finanzieren.

Wie im Beschluss des Asylgerichts ersichtlich, verfügt der Minderjährige über ausreichende Deutschkenntnisse, siehe auch Benotung im Externistenzeugnis. X ist in Österreich in ein soziales Netz eingebettet, sowohl bzgl. eigenem Freundeskreis als auch anderer von der X initiierten Netzwerke der Jugendlichen und Betreuer un­tereinander.

Der mj. X ist im Alter von 6 Jahre nach Österreich gekommen und lebt hier seit Mai 2002, ist hier aufgewachsen, hat hier seine Familie, sein soziales Umfeld und vor allem Heimat. Er hat keinen Kontakt zu dem Ausreiseland seiner Mutter und seines Vaters. Ich ersuche Sie, sich der Entscheidung des Asylgerichtshofs Linz anzuschließen, der eine Ausweisung auf Dauer für unzulässig erklärte, zumal die Art und Schwere der weiteren Ver­urteilung nach unserer Ansicht eine so folgenschwere Entscheidung wie eine Rückkehrent­scheidung mit Einreiseverbot nicht rechtfertigen würde.

Auf eine milde und menschliche Entscheidung hoffend verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

X

Beilagen:

Kopie/Bescheid des Asylgerichtshof Außenstelle Linz Kopie des Mails von Fr. X vom 30.11.12 Kopie Zeugnis Externistenprüfung HS Abschluss.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde Folgendes aus:

 

Nachdem Sie sich seit 07.05 2002 im Bundesgebiet aufhalten, ist Ihnen ein gewisses Maß an Integration zuzubilligen, das allerdings nicht nur dadurch zu relativieren ist, dass dieser Aufenthalt auf der Grundlage von zwei offensichtlich unbegründeten Asylanträgen beruht, sondern auch , dass Sie durch Ihren Aufenthalt in Österreich, bestätigt durch zahlreiche rechtskräftige Verurteilungen, die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden.

 

Dazu wird angeführt, dass Sie am 07.05.2002 und am 29.06.2007 Asylanträge gestellt ha­ben. Diese wurden von der Asylbehörde rechtskräftig negativ beschieden. Spätestens zu diesen Zeitpunkten musste Ihnen bewusst gewesen sein, dass es sich bei der Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG um eine mit der Dauer des Verfahrens befristete Berechtigung handelt. Sie hätten keine rechtliche Möglichkeit gehabt, sich in Österreich auf­zuhalten, wenn Sie nicht Asylanträge gestellt hätten.

 

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes, Außenstelle Linz, ZI. E19 240.281- 2/2008- 61E vom 10.07.2012 wurde Ihre Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. 1 Nr. 29/2009, für auf Dauer unzulässig erklärt, die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II und il! des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides der Asylbehörde haben Sie zurückgezogen.

 

Der Asylgerichtshof argumentierte dabei im Wesentlichen wie folgt:

„Obzwar der Beschwerdeführer illegal in Österreich eingereist ist und sich der Aufenthalt ausschließlich auf die vorläufige Aufenthaltsberechtigung aufgrund der Asylantragstellung stützte, ist im gegenständlichen Fall kein qualifizierter Missbrauch der österreichischen Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit erkennbar, zumal der Beschwerdeführer als 7-jähriger nach Österreich kam. Der Beschwerdeführer hat einen zweiten Asylantrag gestellt, da eine Übertragung des Aufenthaltstitels der Mutter auf ihn als Minderjährigen in seinem anhängi­gen ersten Verfahren aus rechtlichen Gründen nicht möglich war. Er hat sich jedoch keinem der durchgeführten Asylverfahren entzogen, weswegen ihm die Dauer der Verfahren auch nicht anzulasten sind (vgl. VfGH 07.10.2010, B 950-954/10)

Der Beschwerdeführer hat in Österreich die Schule besucht und spricht in einem Ausmaß deutsch, welches eine Abhaltung der Verhandlung vor dem erkennenden Senat in deutscher Sprache ohne Dolmetscherin ermöglichte. Er verbrachte in Österreich den Großteil seines Lebens und wurde hier in seinen wesentlichen Entwicklungsphasen sozialisiert. Der Be­schwerdeführer weist darüber hinaus auch keine besonders starken Bindungen zum Her­kunftsstaat mehr auf, da er diesen vor mindestens 13 Jahren verlassen hat und nur mehr seine Großeltern in Armenien leben. Im Gegensatz dazu ist er hier mit einer Österreicherin liiert und verfügt auch über eine Zusage für eine Lehrstelle.

Die Mutter des Beschwerdeführers geht, seit sie in Österreich lebt, regelmäßig einer sozial­versicherten Tätigkeit nach, weshalb der Asylgerichtshof davon ausgeht, dass die Familie selbsterhaltungsfähig ist und die Mutter des Beschwerdeführers wie bisher für die Familie wird sorgen können.

Hinsichtlich der erfolgten Verurteilungen des Beschwerdeführers ist entsprechend der Judi­katur des EGMR (EGMR 22.03.2007, Maslov / AUT) die Art und Schwere der von einem Beschwerdeführer begangenen Straftaten; die Dauer des Aufenthaltes in Österreich; die Zeit, die zwischen Begehung der Straftaten und der zu verhängenden ausweisenden Ent­scheidung vergangen ist, sowie das Verhalten eines Beschwerdeführers in dieser Zeit und schließlich die sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen zu Österreich und zum je­weiligen Heimatland in die Abwägung miteinzubeziehen. Die bedingten Teile der Freiheits­strafen des Beschwerdeführers wurden auf Grund der für ihn bestehenden positiven Zu­kunftsprognose mittlerweile endgültig nachgesehen (OZ 58/2). Diese liegt darin, dass der Beschwerdeführer, trotz des Wissens um seinen unsicheren Aufenthaltsstatus, den Hauptschulabschluss nachmacht, sich um eine Lehrstelle bemüht und ein Anti-Gewalt-Training absolviert hat Der persönliche Eindruck in der Verhandlung bestätigte das Bild einer vorhan­denen Einsicht und Veränderungsbereitschaft des Beschwerdeführers. Im gegenständlichen Fall ist daher, trotz der zahlreichen Verurteilungen des Beschwerdefüh­rers vor allem wegen Gewaltdelikten, welche prima vista nicht für einen Verbleib des Be­schwerdeführers in Österreich sprächen, zunächst in die Abwägung mit einzubeziehen, dass der Beschwerdeführer immer noch minderjährig ist, für ihn auch seitens des Strafgerichts eine positive Zukunftsprognose angenommen wurde und er im Übrigen als integriert anzu­sehen ist.

Vor allem ist aber zu beachten, dass die Schwester des Beschwerdeführers in Österreich geboren wurde und den überwiegenden Teil ihres Lebens auch rechtmäßig in Österreich aufhältig war, sowie dass der jüngere Bruder noch vor Schuleintritt nach Österreich kam. Beide Geschwister wurden im Kindergarten und in der Schule von klein auf in Österreich sozialisiert und weisen zum Herkunftsstaat der Familie überhaupt keine Beziehung auf. Eine Ausweisung aus Österreich ist diesen daher nicht zuzumuten, was im gegenständlichen Fall zusätzlich auf die gesamte Familie des Beschwerdeführers, und somit auch auf den Be­schwerdeführer rückwirkt.

Wenngleich der erkennende Senat den hohen Stellenwert nicht verkennt, welcher dem öf­fentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden re­gelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung zukommt, ist im gegenständlichen Fall auf Grund der Gesamtbetrachtung von einem Überwiegen des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich auszugehen, sodass sich im Er­gebnis die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Staatsgebiet als nicht zulässig erweist. In diesem Sinne ist spruchgemäß zu entscheiden."

 

Sie halten sich zur Zeit nicht rechtmäßig in Österreich auf, als Ihnen - nach Abschluss Ihres Asylverfahrens - weder ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen noch nach anderen ge­setzlichen Bestimmungen zukommt.

Eine „ROT-WEISS-ROT-Karte plus" wurde Ihnen bis dato - wie sich aus dem Fremdenin-formationssystem entnehmen läßt - nicht ausgestellt.

 

Eine bestehende Integration in Österreich aufgrund Ihres langjährigen Aufenthaltes, kann in sozialer Hinsicht seitens der erkennenden Behörde, entgegen der o.a. Ausführungen des Asylgerichtshofes nicht erkannt werden.

Sie haben in Österreich zahlreiche Gewaltdelikte begangen, siehe dazu oben Punkte 01 bis 05, wobei Sie erstmalig im Alter von 15 Jahren straffällig geworden sind. Der Asylgerichtshof stellte w.o. zitiert , eine Einsicht und Veränderungsbereitschaft Ihrerseits und bei einer Ge­samtbetrachtung ein Überwiegen Ihres Privat und Familienlebens in Österreich fest.

 

Diese günstige Zukunftsprognose haben Sie eindrucksvoll durch Ihre neuerliche Ver­urteilung durch das LG LINZ, AZ. 022 HV 115/2012w, RK mit 24.10.2012, wegen § 142 (1) StGB, § 15 StGB § 83 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe 10 Monaten , widerlegt.

Angesichts Ihrer neuerlichen gravierenden Straffälligkeit und Ihrer sich daraus ergebenden besonderen Gefährlichkeit, die das öffentliche Interesse an der gegenständlichen Rückkeh­rentscheidung + Einreiseverbot rechtfertigt, haben Sie und Ihre Angehörigen eine allfällige Trennung in Kauf zu nehmen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 17.07.2008, GZ. 2007/21/0084).

Zudem bleibt es Ihren Angehörigen unbenommen, Sie in Ihrem zukünftigen Aufenthaltsstaat regelmäßig zu besuchen bzw. kann der Kontakt mittels Telefon und E-Mail (wenn auch in geminderter Form) aufrechterhalten werden bzw. könnten Sie sogar etwaigen Sorgepflichten auch vom Ausland aus nachkommen (vgl. EGMR, Joseph Grant gg. das Vereinigte König­reich, Urteil vom 08.01.2009, Bsw. Nr. 10.606/07).

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hier auf die Begründungen der vorgenannten Urteile der Strafgerichte und das Erkenntnis des Asylgerichtes bzw. auf die diesen zugrunde liegen­den Sachverhalte verwiesen, die hiermit zum integrierenden Bestandteil dieses Bescheides erhoben werden und welche Ihnen ja bekannt sind.

Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass die Voraussetzungen der § 52 Abs. 1 FPG und § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt sind.

Da im konkreten Fall der Tatbestand des § 52 Abs. 1 FPG und § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG FPG 2005 als erfüllt anzusehen ist, hätte ein Einreiseverbot mit einer Befristung bis zu 10 Jahren erlassen werden können , es wurde jedoch bewusst lediglich auf 5 Jahre befristet, da nach Ansicht der Behörde nach Ablauf dieser Befristung die Gründe , die zur Erlassung des Ein­reiseverbotes führten - Wohlverhalten während dieses Zeitraumes vorausgesetzt - wegge­fallen sein werden .

Die Behörde geht davon aus , dass Sie in diesem Zeitraum die erforderliche Reife erlangt haben werden , um österreichische Rechtsvorschriften zu beachten und zu respektieren. Aus der Aktenlage bzw. AlS-Datensatz konnte entnommen werden, dass Sie mit etwa 7 Jah­ren nach Österreich eingereist sind, somit haben Sie einen erheblichen Teil Ihres bisherigen Lebens in Armenien verbracht und dort auch die Landessprache erlernt. Zusammenfassend scheint nach ha. Ansicht aufgrund Ihres jugendlichen Alters und der da­mit verbundenen Flexibilität eine Reintegration in Ihrer Heimat als möglich. Sie halten sich seit Abschluß des Asylverfahrens insofern rechtswidrig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf, als Ihnen seit diesem Zeitpunkt ein Aufenthaltstitel nach dem NAG nicht erteilt wurde. Auch kommt Ihnen nach der Aktenlage kein Aufenthaltsrecht aufgrund einer anderen gesetzlichen Bestimmung zu bzw. wurde von Ihnen kein derartiges behauptet.

 

Zusammenfassend kann daher nur festgestellt werden, dass eine Rückkehrentscheidung nicht nur zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und somit im Lichte des § 61 Abs. 1 FPG 2005 zulässig scheint, sondern auch unter Beachtung der Bestimmungen des § 61 Abs. 2 und 3 FPG 2005 zulässig ist.

Festzuhalten ist an dieser Stelle , dass der AGH zum Zeitpunkt seiner Entscheidung , dass Ihre Ausweisung aus Österreich auf Dauer unzulässig ist , Ihre neuerliche Verurteilung we­gen des Verbrechen des Raubes zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten noch nicht in seine Überlegungen miteinbeziehen konnte .

Nach Ansicht der Behörde ist nun die neue Sachlage durch die Fremdenpolizeibehörde selbstständig ( neuerlich ) im Lichte des FPG 2005 zu beurteilen.

Hier kommt eindeutig hervor, dass die vom AGH getroffene positive Prognoseentscheidung von Ihnen selbst in eindrucksvoller Weise widerlegt wurde.

Entscheidungsrelevant ist hier auch , dass das angesprochene Familienleben , Sie in keinster Weise davon abhalten konnte , schwerste Verbrechen gegen das Eigentum und die kör­perliche Integrität anderer Personen zu begehen.

Bezeichnend für Ihre Einstellung der österr. Rechtordnung gegenüber ist auch , dass Sie bei der Verhandlung vor dem AGH am 19.06.2012 Einsicht und Veränderungsbereitschaft vor­gaben , obwohl Sie noch Tage vorher, nämlich am 14.05.2012 einen Raub begingen , was der Behörde zeigt , dass Sie eine derartige Einsicht und Änderungsbereitschaft wohl nur vortäuschten - obwohl mit den Raubvorwürfen bereits am 04.06.2012 anläßlich einer kriminalpolizeilichen Befragung konfrontiert, verschwiegen Sie diesen Umstand bei der Verhand­lung vor dem AGH.

Letztendlich ist festzuhalten , dass das von Ihnen gesetzte Fehlverhalten schwer zu gewich­ten ist, da sich aus Ihrem Verhalten eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigen­tums und der körperlichen Integrität anderer Personen manifestiert. Als besonders verwerf­lich ist der Umstand zu werten, dass Sie trotz Anhängigkeit Ihrer Beschwerde im Asylverfah­ren neuerlich straffällig geworden sind. Hier steigerte sich Ihr kriminelles Verhalten sogar. Sie begingen einen Raub unter Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben des Beraubten.

 

Aufgrund Ihres Fehlverhaltens, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Sie fünfmal we­gen massiver Gewaltdelikte verurteilt worden sind, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und vor allem Sicherheit erscheint und dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um derartigen Straftaten entge­genzuwirken.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch den X als Vertreterin des Bw mit Schreiben vom 23. Jänner 2013 rechtzeitig Berufung.

 

Darin wird Folgendes ausgeführt:

 

Mit Bescheid v. 3.1.2013, AZ 1015882/FRB, zugestellt an das X, am 10.1.2013, haben Sie gegen den mj. X, geb. X gemäß Spruchpunkt I. und II. eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Nach Spruchpunkt III. steht dem Minderjährigen eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise zur Verfügung.

 

Das Bezirksgericht Linz hat mit Beschluss v. 31.1.2012 die Obsorge für den mj. X zur Gänze an den X übertragen.

 

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 FPG steht dem gesetzlichen Vertreter eines Fremden, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, das Recht zu, innerhalb der einer Partei offen stehenden Frist Rechtsmittel einzulegen. Ungeachtet der Prozessfähigkeit eines Fremden ab Vollendung des 16. Lebensjahres, darf eine den Minderjährigen begünstigende Verfahrenshandlung auch vom gesetzlichen Vertreter gesetzt werden.

In diesem Zusammenhang wird als gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen in vollem Umfang Berufung gegen den oben bezeichneten Bescheid erhoben.

 

Vorangestellt wird, dass die Zustellung des bezeichneten Bescheides möglicherweise nicht rechtswirksam erfolgt ist. Gemäß § 12 Abs. 1 FPG sind minderjährige Fremde, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, in Verfahren nach den Hauptstücken 2 bis 10 handlungsfähig. Der mj. X wurde am X geboren und ist mittlerweile 17 Jahre alt. Nachdem es sich um eine Angelegenheit des 8. Hauptstückes handelt, erfolgte die Zustellung der Verständigung von der Beweisaufnahme richtigerweise an den Minderjährigen in der Justizanstalt. Der gegenständliche Bescheid ist jedoch unseres Wissens nach nicht an den Minderjährigen sondern lediglich an das X, zugestellt worden. Aus diesem Grund wurde der Originalbescheid am 22.1.2013 dem Minderjährigen persönlich übergeben. Da nach unserer Sicht eine Heilung des Zustellmangels durch tatsächliches Zukommen des Schriftstückes nach § 7 ZustG eingetreten ist, wird innerhalb der dem mj. X offen stehenden Frist Rechtsmittel gegen den angeführten erstinstanzlichen Bescheid erhoben und folgendermaßen begründet:

 

Der Asylgerichtshof, Außenstelle Linz, hat in Erledigung der Berufung gegen die negative erstinstanzliche Entscheidung über die Gewährung von Asyl mit Erkenntnis v. 10.7.2012 entschieden, dass die Ausweisung des mj. X aus dem österreichischen Bundesgebiet gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 auf Dauer unzulässig ist.

 

Aufgrund dieser Entscheidung hat die zuständige Behörde (derzeit Magistrat Linz) dem Minderjährigen von Amts wegen entweder eine Rot-Weiß-Rot Karte plus oder eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen. Dies ist bis dato nicht erfolgt, da der Minderjährige inhaftiert ist und eine persönliche Vorsprache bei der zuständigen Behörde zwecks Ableistung einer persönlichen Unterschrift und Abnahme der Fingerabdrücke noch nicht durchgeführt werden konnte. Die Nichtausstellung des Aufenthaltstitels aus lediglich faktischen Gründen ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass dem Minderjährigen aufgrund der Entscheidung des Asylgerichtshof ein Aufenthaltstitel zusteht, weshalb sein Aufenthalt im Bundesgebiet nur vorübergehend nicht rechtskonform ist.

 

Der Minderjährige wurde insgesamt fünf Mal strafgerichtlich verurteilt. Der Asylgerichtshof war zum Entscheidungszeitpunkt über vier Verurteilungen in Kenntnis. Dennoch wurde unter Berücksichtigung aller Umstände eine Abwägung zugunsten des Minderjährigen vorgenommen. In diesem Zusammenhang wird auf das Erkenntnisses Asylgerichtshofes vom 10.7.2012, Zi. E19 240.281-2/2008-61E, hingewiesen.

 

Der Minderjährige kam im Mai 2002 im Alter von 6 Jahren mit seinem Vater und seinen Brüdern illegal nach Österreich. Der Minderjährige hat in Österreich die Schule besucht und einen Hauptschulabschluss absolviert. Sein gesamter Freundeskreis befindet sich in Österreich. Er beherrscht die deutsche Sprache. Der Minderjährige hätte gerne eine Lehre gemacht, jedoch hatte er keine Arbeitsbewilligung und verfügte somit auch über kein Einkommen. Der Weg, einer legalen Arbeit nachzugehen war ihm verwehrt.

 

Der Minderjährige wird im Mai 2013 18 Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt hat er mehr als elf Jahre seines Lebens in Österreich verbracht. Ein Großteil dieses Aufenthaltes war durch den Status als Asylwerber rechtmäßig. Sämtliche Mitglieder seiner Kernfamilie befinden sich in Österreich; seine Schwester ist bereits in Österreich geboren. Der Minderjährige wohnte bis Ende Juli 2012 bei seiner Mutter und seinen Geschwistern, die Mutter sorgte zum Großteil für seinen Unterhalt.

 

Es ist dem mj. X nicht vorzuwerfen, dass die Einreise 2002 illegal erfolgte, da er ais 6jähriges Kind von seinen Eltern vollständig abhängig und nicht in der Lage war, für die Handlungen seines Vaters Verantwortung zu übernehmen bzw. deren Folgen zu verhindern. Zu diesem Zeitpunkt hat sich die Mutter bereits in Österreich befunden und ist die gesamte Kernfamilie nachgereist. Ein Verbleib des Minderjährigen in Armenien im Alter von sechs Jahren wäre undenkbar gewesen. Darüber hinaus hat der AGH in seinem Erkenntnis weiters festgehalten, dass die lange Verfahrensdauer dem Minderjährigen nicht zur Last gelegt werden kann. Die Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. erfolgte auf Empfehlung des Asylgerichtshofes, damit das Verfahren im Sinne des Spruchpunkt IN. positiv abgeschlossen werden konnte und die Frage der ungeklärten Staatsangehörigkeit, welche sich weiter verfahrensverzögernd ausgewirkt hätte, nicht mehr gelöst werden musste. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass die Asylanträge offensichtlich unbegründet gestellt wurden.

 

Aufgrund der langen Dauer der Asylverfahren und des damit verbundenen unsicheren Aufenthaltes konnte der Minderjährige keine entsprechende Ausbildung beginnen. Dieser Umstand hat nicht unwesentlich zu seinem Abrutschen in strafrechtlich relevantes Verhalten beigetragen. Das Leben eines Jugendlichen ohne Perspektiven für Arbeit, eigenes Einkommen und Zukunftsgestaltung wird sinnentleert. Der Minderjährige hat sich nach dem Hauptschulabschluss im Juni 2012 um eine Lehrstelle bemüht und er hatte bereits eine Arbeitsplatzzusage. Sobald er einen Aufenthaltstitel vorweisen hätte können, hätte er sofort mit der Arbeit beginnen können.

Die Betreuung durch den Verein X hat der Minderjährige aus eigenem Interesse gut angenommen, durch diese Betreuung hat sich auch die Familiensituation entspannt und stabilisiert. Mit der Überstellung des Minderjährigen wie vorgesehen in die JA X wäre in der Jugendstrafanstalt die Möglichkeit einer Lehre gegeben die er nach seiner Enthaftung in einem anderen Betrieb fortsetzen könnte.

 

Der Minderjährige hat kaum Anknüpfungspunkte zu Armenien. Abgesehen von der Baby- und Kleinkinderzeit hat er seine gesamte Kinder- und Jugendzeit in Österreich verbracht. Lediglich die mütterlichen Großeltern sind in Armenien aufhältig, wobei diese bereits sehr betagt sind und es keinen Kontakt zwischen dem Minderjährigen und den Großeltern gibt bzw. in den vergangenen Jahren gegeben hat. In Armenien wohnen keine Personen, welche den Minderjährigen unterstützen könnten, da sowohl seine Eltern als auch seine Geschwister in Österreich aufhältig sind. Weiters ist zu berücksichtigen, dass der Minderjährige nicht einmal die ersten sechs Lebensjahre in Armenien verbracht hat, da er in X, Russland, geboren wurde und neben einem Aufenthalt in Russland auch einige Zeit in Dänemark gelebt hat. Dieser Umstand trägt auch dazu bei, dass die Staatsangehörigkeit des Minderjährigen (Russland, Armenien), nicht zur Gänze geklärt ist.

 

Im Oktober 2012 erfolgte eine weitere Verurteilung des mj. X. Der Asylgerichtshof hat erst im Sommer 2012 unter Berücksichtigung von vier Verurteilungen die Bleiberechtskriterien beurteilt. Ohne die weitere Straftat verharmlosen zu wollen, sind wir dennoch der Auffassung, dass es sich nicht um ein so gravierendes Verhalten handelt, welches eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde. Insbesondere aufgrund der langen Aufenthaltsdauer in Österreich und der fehlenden Beziehungen zum Herkunftsland wäre eine Abschiebung nach Armenien eine unverhältnismäßige Härte. Die Gefahr des sozialen Abstiegs und Abdriften in die Kriminalität ohne Rückhalt seiner Familie, seines Freundeskreises und eines sozialen Netzwerkes wie Neustart wäre eine mögliche Folge einer Abschiebung.

 

Wenn dem Minderjährigen vorgehalten wird, dass er seine bei der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof geäußerte Absicht, keine weiteren Straftaten zu begehen, durch die neuerliche Verurteilung .eindrucksvoll widerlegt haben soll, wird diesbezüglich, mitgeteilt, dass der Vorfall, welcher zu der Verurteilung geführt hat, am 14.05.2012 und die Verhandlung vor dem AGH am 19.6.2012 stattgefunden hat, weshalb aus Sicht des Minderjährigen dieser Vorfall von der Besserungsabsicht bereits umfasst war. Nach diesem Vorfall, somit seit mehr als acht Monaten, hat sich der Minderjährige nichts mehr zu Schulden kommen lassen.

 

Wie bereits weiter oben ausgeführt, hat der Minderjährige in Österreich noch eine Chance durch Selbstreflexion während der Haft, Haftbetreuung und Kontakte zu seiner Familie und seinem Freundeskreis, sein Leben in den Griff zu bekommen und eine Lehre zu beginnen und abzuschließen. Diese Chance sollte dem Minderjährigen nicht verwehrt werden.

 

Abschließend wird noch festhalten, dass aufgrund der Inhaftierung des Minderjährigen bis voraussichtlich 19.12.2013 eine Befolgung des Spruchpunkt III. gänzlich unmöglich ist.

 

im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist weiterhin von einem Überwiegen des Privat- und Familienlebens des Minderjährigen in Österreich auszugehen. Es wird auf unser Schreiben vom 12.12.2012, JW-660 979/202-2012-Mi hingewiesen - Stellungnahme zur Beweisaufnahme durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich samt AGH Erkenntnis und Zeugnis des Hauptschulabschlusses.

 

Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Gründe beantragt das X als X und als gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen die Behebung des bezeichneten Bescheides in vollem Umfang.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 28. Jänner 2013 dem UVS des Landes Oberösterreich vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG). Darüber hinaus wurde auch vom "vertretenen" Bw kein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1., 1.1.2. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 87/2012, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er aktuell über keinen Aufenthaltstitel verfügt. Dass ihm ein solcher ausgestellt werden könnte, wenn er ihn beantragen würde – wie in der Berufung ausgeführt – ändert nichts an der Tatsache, dass er derzeit ohne Titel aufhältig ist. Auch ist dabei zu erwägen, dass der Bw selbst kausal für die vorübergehende Erschwernis betreffend die Antragstellung war, da lediglich sein in einer Haftstrafe mündendes kriminelles Verhalten Ursache für diese Verhinderung ist. Somit sind die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 grundsätzlich gegeben.

 

Es ist jedoch bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung bzw. des Einreiseverbotes auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.2.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.2.3.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Um so mehr gilt dies, wenn durch das persönliche Verhalten eines Fremden und durch dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet werden.

 

3.2.3.2. Im Fall des Bw ist von der fremdenpolizeilichen Maßnahme sowohl das Familien- als auch das Privatleben betroffen, zumal in X neben seiner Mutter auch seine minderjährigen Geschwister leben. Allerdings ist auch anzumerken, dass sich der Bw aktuell über mehrere Monate in Strafhaft befindet und, dass er zuvor schon im Begriff war, eine eigene Wohnung zu beziehen.

 

3.2.3.3. Der Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet erstreckt sich über gut 10 Jahre; dies teils illegal, teils legal aufgrund der beiden angestrengten Asylverfahren.

 

3.2.3.4. Als beruflich integriert oder gar selbsterhaltungsfähig kann der Bw im Bundesgebiet keinesfalls bezeichnet werden, wenn ihm auch eine legale Beschäftigung rein rechtlich nicht möglich war. Bislang wurde der Bw von der Mutter im Rahmen des Familienverbandes finanziell unterstützt, wobei ab Erreichen der Volljährigkeit dieser Punkt unter einem etwas geänderten Licht zu betrachten sein wird.

 

Betreffend die soziale Verfestigung ist anzuerkennen, dass der Bw über gute Deutschkenntnisse verfügt, seit seinem 6. Lebensjahr hier aufhältig ist und die Grundschule absolvierte bzw. den Hauptschulabschluss nachholte. Naturgemäß hat er sich im Bundesgebiet einen gewissen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut und hier (laut Asylgerichtshofserkenntnis) die wesentliche Entwicklungssozialisierung erfahren, wobei die soziale Integration nicht unwesentlich durch die seit dem 15. Lebensjahr konstant gebliebene und massive Straffälligkeit gemindert wird, durch die der Bw mehrfach eine Sozialisierung in der Haft erfahren hat und sogar dort massiv gewalttätig gegenüber Mithäftlingen auftrat. Von einer gelungenen sozialen Integration kann wohl nicht gesprochen werden, da weder Familie noch Freundeskreis auch nur im Ansatz das kriminelle Verhalten einzudämmen in der Lage waren. Gleiches gilt auch für das in der Berufung angesprochene dem Bw gewährte soziale Netzwerk.

 

3.2.3.5. Grundsätzlich wäre das Privatleben des Bw als durchaus schützenswert anzusehen, allerdings ist festzuhalten, dass weder die Beziehung zu seiner Freundin, die Einbettung im Familienverband, aus dem er betreffend Wohnsitz im Begriff war auszuscheiden, angesichts seiner nunmehrigen vielmonatigen Haft als besonders intakt und schutzwürdig scheinen. Überdies vollendet der Bw in rund 3 Monaten das 18. Lebensjahr, wird sich dabei aber noch bis voraussichtlich Dezember 2013 in Strafhaft aufhalten müssen. Bei der Beurteilung durch den AGH am 10. Juli 2012 waren diese Umstände noch nicht bekannt, konnten daher in die Erwägungen nicht inkludiert werden. In diesem Sinne fallen auch die Interessen seiner ebenfalls minderjährigen Geschwister weniger ins Gewicht, als es noch im Rahmen der Erörterung durch den AGH erfolgte.

 

3.2.3.6. Der Bw verließ sein Heimatland im Alter von rund 6 Jahren, verbrachte also nur die frühe Kindheit in Armenien, wo lediglich noch die betagten Großeltern mütterlicherseits aufhältig sind. Eine gewisse Grundsozialisierung hat er aber jedenfalls erfahren, was sich auch aus dem AGH-Erkenntnis aus vom 10. Juli 2012 ergibt. Es ist zwar augenscheinlich, dass eine Rückkehr nach Armenien eine besondere und nachvollziehbare Härte bedeutet, aber angesichts der noch zu erörternden massiven kriminellen Disposition des Bw, die er selbst zu verantworten hat, scheint eine Re- bzw. Neuintegration außerhalb der Schengenstaaten durchaus angezeigt und in diesem Sinn auch zumutbar. Erkrankungen oder sonstige Beeinträchtigungen des Bw sind  im Verfahren nicht hervorgekommen, die ihm als jungen, flexiblen und arbeitsfähigen Menschen einen Neustart fern von seinem bisherigen Wirkungskreis unzumutbar werden ließen. Wenn in der Berufung angeführt wird, dass er in seinem Heimatland mutmaßlich nur tiefer in die  Kriminalität eintauchen würde, mag dies zwar ein entsprechendes Licht auf die Prognoseerstellung werfen, ändert aber nichts an der – aus dem Verhalten des Bw letztendlich resultierenden – Zulässigkeit der Rückkehr.

 

Weiters ist anzumerken, dass der Bw wohl den Kontakt zu den – wenn auch betagten – Großeltern revitalisieren und den Kontakt zu seiner in Österreich befindlichen Familie über die modernen Kommunikationsmittel aufrecht erhalten könnte, solange die Wirkungen des Einreiseverbotes anhalten.

 

3.2.3.7. Auf die vorliegenden gerichtlichen Verurteilungen wird in der Folge noch einzugehen sein. Angemerkt sei aber an dieser Stelle schon, dass der Bw ein extrem hohes Niveau an Gewaltbereitschaft aufweist, das bislang nicht in den Griff zu bekommen war, und das nicht – wie in der Berufung versucht – einfach damit abgetan werden kann, dass er (aufgrund des Asylwerberstatus) keiner Arbeit nachgehen konnte. Die einzelnen Straftaten des Bw bezeugen, dass es ihm nicht nur an jeglichem Potential für gewaltfreie Konfliktlösung mangelt, sondern vor allem, wie rasch er auch bereit ist Gewalt einzusetzen, um zur Befriedigung spontaner Bedürfnisse (wie kleinere Geldbeträge oder altersgemäße Statussymbole) zu erlangen. Mit 17 Jahren schon zweifach wegen teils bewaffnetem Raubes, mehrfach wegen Körperverletzung und Nötigung verurteilt worden zu sein, deutet fraglos auf ein bereits in dieser Jugend schon gefestigtes kriminelles Potential hin. Die – im AGH-Erkenntnis von den Gerichten angenommene - positive Zukunftsprognose halten diese (vgl. Urteil des LG Linz vom 24. Oktober 2012) nicht mehr aufrecht, in dem als erschwerend die "extrem rasche Rückfälligkeit" gewertet wurde.

 

Es ist der belangten Behörde beizupflichten, dass die Präsentation des Bw bei der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Juni 2012 durch den – von ihm verschwiegenen – kurz davor begangenen Raub in ein äußerst ungünstiges Licht gerückt wird. Eine tatsächliche Besserungsabsicht würde das Geständnis und die Reue betreffend diese Straftat beinhaltet haben müssen.

 

Der massiven Straffälligkeit kommt in der zu erstellenden Abwägung eine besonders prominente Bedeutung zu Lasten des Bw zu.

 

3.2.3.8. Das Privat- und Familienleben des Bw entwickelte sich teils während rechtmäßigen, teils während unrechtmäßigen Aufenthalts.

 

Besondere vom Bw zu verantwortende Verzögerungen wurden im AGH-Erkenntnis nicht erkannt, weshalb dieser Punkt eher zu seinen Gunsten spricht.

 

3.2.3.9. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben sowie gegen fremdes Eigentum im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den persönlichen Interessen des Bw gegeben werden muss. Auch wenn letztere durchaus in erheblicher Weise vorliegen, verlagert sich das Hauptgewicht auf den Schutz der öffentlichen Interessen. Gegen diese haben auch die Interessen der in Österreich ansässigen Familienangehörigen zurückzutreten.

 

Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.3.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.      wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3      des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs.    1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs.     1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein          bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des   Grenzkontrollgesetzes, des      Meldegesetzes, des          Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des        Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.      wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens         1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.      wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs-        und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich         dabei           nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.      wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich     begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften      rechtskräftig bestraft worden ist;

5.      wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution          geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.      den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es           sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten       Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7.      bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht         ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach      den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben          Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die     Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine           Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig       gewesen;

8.      eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat         und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen          Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft,          zwecks Zugangs zum     heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung          aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene          Partnerschaft berufen, aber mit         dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben    im Sinne des Art. 8 EMRK        nicht geführt hat oder

9.      an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder    Aufrechterhaltung          eines Aufenthaltstitels für den          Erwerb oder die    Aufrechterhaltung eines          unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den        Erwerb der österreichischen     Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum       heimischen Arbeitsmarkt oder zur     Hintanhaltung      aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder     vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren, in den Fällen der Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.      ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten          Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder         teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten    oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung          beruhenden strafbaren   Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.      ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von   drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.      ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden       ist;

4.      ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder gerichtlich          strafbaren Handlung im sinne dieses Bundesgesetzes oder des     Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder       verurteilt worden ist;

5.      ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten          Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.      aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der          Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB),           Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person   für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7.      aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der          Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die         öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf      zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die      nationale Sicherheit gefährdet oder

8.      ein Drittstaatsangehöriger öffentlich in einer Versammlung oder durch      Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein           Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

3.3.2.1.  Mit einer Rückkehrentscheidung ist also gemäß § 53 Abs. 1 FPG gleichzeitig ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bemessung dessen Dauer hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 Z. 1 bis 4 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für bis zu 10 Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Als Fiktion dieser Umstände wird in Z. 1 dieser Bestimmung ua. das Vorliegen einer rechtskräftigen, strafgerichtlichen, bedingt oder teilbedingt nachgelassenen Verurteilung von mehr als 6 Monaten angeführt.  

 

3.3.2.2. Der Bw wurde bereits 5 mal strafgerichtlich verurteilt:

 

01) LG LINZ 33 HV 42/2010P vom 16.08.2010 RK 16.08.2010 §§ 142/1 143 (2. FALL) 83/1 107/1 StGB, Freiheitsstrafe 18 Monate , davon Freiheitsstrafe 15 Monate , bedingt, Probezeit 3 Jahre Anordnung der Bewährungshilfe Jugendstraftat;

 

zu LG LINZ 33 HV 42/2010P 16.08.2010

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 16.08.2010

LG LINZ 33 HV42/2010P vom 10.09.2010

 

zu LG LINZ 33 HV 42/2010P 16.08.2010

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG LINZ 014 U 113/2011 b vom 24.11.2011

 

02) LG LINZ 25 HV 79/2010W vom 19.08.2010 RK 24.08.2010 §§ 15/1 105/1 §§ 15/1 83/1 84/1 StGB, Freiheitsstrafe 2 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG LINZ 33 HV 42/2010P RK 16.08.2010 Jugendstraftat zu LG LINZ 25 HV 79/201OW 24.08.2010, (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG LINZ 025 HV 79/201 Ow vom 21.05.2012;

 

03) BG LINZ 014 U 113/2011b vom 24.11.2011 RK 29.11.2011 §127 StGB §83 (1)StGB, Freiheitsstrafe 3 Monate

Jugendstraftat Vollzugsdatum 21.11.2012;

 

04) LG LINZ033 HV 101/2011svom 28.02.2012 RK28.02.2012 § 83 (1) StGB,

Freiheitsstrafe 3 Monate, Jugendstraftat;

 

05) LG LINZ 022 HV 115/2012w vom 24.10.2012 RK 24.10.2012

§142 (1) StGB, §15 StGB § 83 (1)StGB, Freiheitsstrafe 10 Monate

Jugendstraftat;

 

Die Tatbestände stellen sich in den Urteilen wie folgt dar:

 

ad 01)

Es haben,

I) X, X, X und X am 29.04.2010 als Beteiligte (§ 12 StGB) durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB), jeweils unter Vorhalt eines Butterflymessers, somit unter Verwendung einer Waffe, X Bargeld idHv EUR 30,--, X Bargeld idHv EUR 10,-- und X Bargeld idHv EUR 3,--, mit dem Vorsatz abge­nötigt, sich oder einen Dritten durch dessen Zueignung zu bereichern.

IV) am 13.04.2010 X alieine, durch Versetzen von Faustschlägen, X in Form einer Nasenprellung verbunden mit Nasenbluten und X in Form einer Rissquetschwunde an der Oberlippe, am Körper verletzt

V) am 19.04.2010 X alleine, X mit Verletzungen am Körper, gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er telefonisch äußerte, er habe erfahren, dass er ihn bei der Polizei verraten habe, er solle aus der Wohnung her­auskommen, dann werde er ihn zusammenschlagen.

 

Strafbare Handlungen: Es haben hierdurch

 

zu I) X, X, X und X die Ver­brechen des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB; zu II) X die Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB; zu Iii) X das Vergehen der gefährlichen Drohung nach §107 Abs. 1 StGB begangen. Strafe:

§ 143 1. Strafsatz StGB.

 

X unter Anwendung § 28 StGB und § 5 Z 4 JGG Freiheitsstrafe von 18 Monaten;

Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wird ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Umfang von 15 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen. Strafbemessungsgründe:

mildernd: Geständnis, Unbescholtenheit, Schadensgutmachung. erschwerend: Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen.

 

ad 02)

X, X und X sind schuldig, sie haben in der Justizanstalt X

A) X, X und X in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken

I.) etwa Ende Mai 2010 den X mit Gewalt zu einer Duldung und zwar sich in der Toilette einsperren zu lassen, zu nötigen versucht, in dem sie ihn festhielten und in Richtung Toilette zerrten, wobei die Tatvollendung in Folge seiner Gegenwehr unterblieb, II.) X vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar:

3.   nach der zu A. I beschriebenen Tathandlung indem ihn X zu Bo­den schleuderte und alle drei sodann auf ihn eintraten, wodurch X zahlrei­che Hämatome im Bereich der Knie und der Beine erlitt.

4.   einen Tag nach der zu A II. 1 beschriebenen Tathandlung, indem sie X mehrere Schläge gegen Kopf und Oberkörper versetzten, wobei es beim Versuch blieb (ON 3).

B) X am 18,6.2010 den Sascha LOB am Körper verletzt, indem er ihm zumindest einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, wodurch dieser einen Nasenbeinbruch mit Verschiebung der Bruchenden erlitt, sodass die Tat eine an sich schwere Körperverlet­zung zur Folge hatte. (ON 5, ON 10)

 

Strafbare Handlungen:

 

01) X

zu A. I.: das Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§15Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB zu A. II. und B.: die Vergehen der teilweisen schweren, teilweise versuchten, vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1, 84 Abs 1, 15 Abs. 1 StGB Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen:

§§ 28 StGB, § 5 Zif. 4 JGG und hinsichtlich 01) X unter Bedachtnahme auf das Urteil des LG Linz zu 33 Hv 42/10 p vom 16. 08. 2010 gemäß §§ 31,40 StGB. Strafe:

01) X nach dem Strafsatz des § 84 Abs. 1 StGB: FREIHEITSSTRAFE von 2 (zwei) Monaten Strafbemessungsgründe:

mildernd: teilweise Versuch, teilweise geständig , unbescholten erschwerend: Straftat in U-Haft während anhängigem Verfahren.

 

ad 03)

X ist schuldig, er hat in Linz,

1) nachangeführte Personen am Körper verletzt, indem er ihnen je einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, und zwar:

c)   am 22. Jänner 2011 X in Form eines dislozierten Nasenbeinbruchs und Abschürfungen,

d)   am 4. Februar 2011 X in Form von Prellungen und Hämatomen am Kopf; 2) am 22. Juli 2011 dem X eine fremde bewegliche Sache, nämlich das Handy der Marke Samsung, Galaxy S, im Wert von EUR 317,00 mit dem Vorsatz wegge­nommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

 

Strafbare Handlung(en);

zu 1) Das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu 2) Das Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB

Strafe: nach § 83 Abs. 1 StGB unter Anwendung der §§ 28 StGB und 5 Z4 JGG:

FREIHEITSSTRAFE in der Dauer von 3 (drei) Monaten.

Strafbemessungsgründe: mildernd: teilweises Geständnis

erschwerend: Faktenhäufung, zwei einschlägige Vorverurteilungen

 

ad 04)

X ist schuldig, er hat am 07.12.2011 in X den X durch Versetzen von drei Faustschlägen ins Gesicht in Form einer Prellung und eines Hämatomes unterhalb der linken Augenhöhle sowie des Verlustes eines Zahnes vorsätzlich am Körper verletzt.

 

Strafbare Handlung(en): X hat hierdurch begangen das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB .

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen: § 5 Z 4 JGG nach dem Strafsatz des § 83 Abs. 1

Strafe: Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Monaten

Strafbemessungsgründe: mildernd: keine

erschwerend: einschlägige Vorstrafen

 

ad 05)

X ist schuldig, er hat in X X

1.)   am 12.05.2012 durch Versetzen von zwei Ohrfeigen sowie einem Faustschlag in den Bauch am Körper verletzt, wobei es mangels tatsächlich eingetretener Körperverletzung beim Versuch geblieben ist;

2.)   am 14.05.2012 durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, nämlich ein Mobiltelefon I-Phone 4S im Wert von ca. € 700,—, indem er ihn mit den Worten „Gib mir das Handy sonst schlag ich dich!" bedrohte, woraufhin X ihm das Handy ausfolgte.

 

Strafbare Handlungen:

X hat hierdurch zu

1.  das Vergehen der versuchten Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs. 1 StGB (ECRIS-Code: 081100);

2.      das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB (ECRIS-Code: 170300) begangen.

 

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen: §§ 5 Z 4 JGG, 28 StGB Strafe:

Strafsatz des § 142 Abs. 1 StGB:

Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Monaten

 

Strafbemessungsgründe:

mildernd: teilweises Tatsachengeständnis, teilweiser Versuch

erschwerend: mehrere einschlägige Vorstrafen, Zusammentreffen von zwei strafbaren Hand­lungen, extrem rascher Rückfall.

 

3.3.2.3. Der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG ist allein schon aufgrund der letzten für 10 Monate unbedingt erlassenen, strafgerichtlichen Verurteilung vom 24. Oktober  2012 zweifelsfrei erfüllt.

 

3.3.3. Es ist – im Hinblick auf die festzusetzende Dauer des Einreiseverbotes sowie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich schwerwiegend zu gefährden.

 

Die Verhinderung von Straftaten gerade im so sensiblen Bereich der Gewalt-  sowie Vermögensdelikte – insbesondere, wenn sie in extrem rasch wiederkehrender und somit in durchaus konstanter Form gegeben sind – zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.

 

3.3.4. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung   ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Es zeugt fraglos von konstanter und erheblicher krimineller Energie über eine zumindest mehrjährige Dauer hinweg teils schwerwiegende Gewaltdelikte in Verbindung mit Vermögensdelikten zu begehen.

 

Schon bald nach Erreichen der Strafmündigkeit trat das hohe Aggressionspotential des Bw zu Tage, indem er zunächst einen schweren bewaffneten Raub beging; dies nahm er in Kauf, bloß um relativ wenig Geld an sich zu bringen. Sein Aggressionspotential brach sich seither immer wieder Bahn, teils gepaart mit Vermögensdelikten teils zur Einschüchterung. Besonders zu erwähnen ist auch die Bestrafung wegen Delikten, die er während aufrechter Untersuchungshaft beging; dies genau so wie die Tatsache, dass der Bw durch Faustschläge ins Gesicht und durch Fußtritte seine Opfer hemmungslos attackierte. Zuletzt beging er wieder einen Raub, nur um an ein elektronisches Statussymbol zu gelangen, was die Konstanz und Massivität seiner kriminellen Disposition untermauert.

 

Es scheint dabei nicht angezeigt zu sein, wie in der Berufung versucht, diese Aggression primär dem Umstand zuzuschreiben, dass der Bw als Asylwerber keine Lehre antreten konnte. Auch muss es als etwas dürftig angesehen werden, wenn angemerkt wird, dass der Bw im Rahmen der Verhandlung vor dem AGH Reue und Besserungsabsicht zeigte, ohne jedoch den kurz davor begangenen Raub zu erwähnen, obwohl der Bw von den diesbezüglichen Vorerhebungen wusste, wenn auch noch keine Verurteilung erfolgt war. Wie schon unter Punkt 3.2.3.7. ausgeführt, ist dieser Umstand keinesfalls geeignet, die negative Zukunftsprognose zu mildern, sondern im Gegenteil, diese noch zu erhärten.

 

Von einem nachträglichen Wohlverhalten kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gesprochen werden, weil sich der Bw seither in Strafhaft befindet und diese Zeiten nicht geeignet sind, in die Erwägung ausschlaggebend miteinbezogen zu werden. Darüber hinaus hatte der Bw das Haftübel schon verspürt. Dieses war aber nicht dazu angetan, ihn seiner Disposition zu entfremden. 

 

Es kann also keinesfalls der Wegfall der kriminellen Energie festgestellt werden.

 

3.3.5. Ohne den Grundsatz in dubio pro "reo" außer Acht zu lassen, folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

3.4. Im Lichte der eben getroffenen Feststellungen scheint die Festsetzung der fünfjährigen Dauer des Einreiseverbotes für den gesamten Schengenraum als unbedingt erforderlich und auch verhältnismäßig. Frühestens nach Ablauf dieser Frist kann allenfalls vom Wegfall des Gefährdungspotentials ausgegangen werden, wobei hier der Bw angehalten sein wird, diesen Beobachtungszeitraum entsprechend zur Änderung seiner Haltung zu nutzen.

 

3.5. Die Gewährung der 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG kann nicht beanstandet werden, da auch nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des UVS des Landes Oberösterreich ein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht gerechtfertigt wäre.

 

3.6.1. Es war daher im Ergebnis die Berufung als unbegründet abzuweisen und  der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

3.6.2. Eine Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides konnte aufgrund der guten Deutschkenntnisse des Bw gemäß § 59 Abs. 1 FPG unterbleiben.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

Bernhard Pree

 

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