Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240906/2/Kl/MG/TK

Linz, 12.02.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Ing. x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. x, Mag. Dr. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.06.2012, Zl. SanrB96-72/73-2011, wegen mehrerer Verwaltungsübertretungen nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz - LMSVG zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis in allen Spruchpunkten aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Ersatz von Untersuchungskosten zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG idgF iVm §§ 24, 45   Abs. 1 Z 1 und 51 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idgF.

zu II: § 65, § 66 Abs. 1 VStG iVm § 71 Abs. 3 LMSVG idgF.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben es als verantwortlich Beauftragter für die Einhaltung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes BGBl. I. Nr. 13/2006, im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG. 1991 des Lebensmittelunternehmens x KG mit dem Sitz in x, zu verantworten, dass, wie anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung am 14.02.2011 um 11:18 Uhr in der x KG in x, festgestellt wurde, die als Lebensmittel einzustufende Ware, und zwar

 

'Puten-Steaks, von der Putenbrust mariniert'

 

am 11.02.2011 im Lebensmittelunternehmen x KG. in x an die x KG., Zentralniederlassung x geliefert und somit in Verkehr gebracht wurde, obwohl sich nach einer Untersuchung der am 14.02.2011 gezogenen Probe (1 Packung à 0,179 kg) bei der Lebensmitteluntersuchungsanstalt x, ergab, dass

a) die Probe aus folgenden Gründen nicht den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 i.d.g.F. über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel entsprach:

Die Probe 'Puten-Steaks, von der Putenbrust mariniert' weist folgende Angabe auf: 'leichte Putensteaks', '1% Fett'. Weitere Ausführungen zum Begriff 'leicht' sind nicht vorhanden.

Die Verordnung (EG) Nr. x über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bestimmt, dass bei der Angabe 'leicht' dieselben Bedingungen erfüllt sein müssen, wie für die Angabe 'reduziert'. Demnach handelt es sich bei der Angabe 'leicht' um eine vergleichende nährwertbezogene Angabe.

Nach Artikel 9 Absatz 2 der genannten Verordnung müssen vergleichende nährwertbezogene Angaben die Zusammensetzung des betreffenden Lebensmittels mit derjenigen einer Reihe von Lebensmitteln derselben Kategorie vergleichen, deren Zusammensetzung die Verwendung einer Angabe (wie 'leicht') nicht erlaubt, darunter auch Lebensmittel anderer Marken.

Nach Artikel 9 Absatz 1 der genannten Verordnung ist weiters der Unterschied in der Menge des Nährstoffes anzugeben. Eine vorschriftsmäßige Angabe in Verbindung mit der Auslobung 'leicht' wäre z.B. '30% weniger Fett als...') und

b) die Probe folgende, zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels aufwies und daher dem Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 5 Abs. 2 Ziffer 1 LMSVG i.d.g.F. unterlag:

Die Probe 'Puten-Steaks, von der Putenbrust mariniert' weist folgende Angaben auf:

 

aa) 'allergenfrei'

Die allgemeine Angabe, das vorliegende Lebensmittel sei frei von Allergenen ist irreführend, da eine Vielzahl von Stoffen in Lebensmitteln, insbesondere Eiweiße und die in der Probe nachgewiesenen Gewürzarten Senf und Sellerie, allergenes Potential in sich tragen. Die Angabe 'allergenfrei' stellt somit eine im Sinne des § 5 Abs. 2 Ziffer 1 des Lebensmittel- und Verbraucherschutzgesetzes – LMSVG idgF zur Irreführung geeignete Angabe über die Eigenschaften des Lebensmittels dar.

 

bb) 'ohne Geschmacksverstärker'

In der vorliegenden Lebensmittelprobe wurde ein Gehalt an L-Glutaminsäure von 116 mg/kg festgestellt. Bei L-Glutaminsäure handelt es sich um eine Aminosäure, die in Lebensmitteln als Geschmacksverstärker zugesetzt wird. Freie Glutaminsäure kann jedoch auch natürlicherweise in verschiedenen, insbesonders in eiweißhältigen und/oder fermentierten Lebensmitteln vorkommen, ohne dass ein Zusatz als Geschmacksverstärker stattgefunden hat. Bei der nachgewiesenen Menge an Glutaminsäure ist bereits von einer geschmacksverstärkenden Wirkung auszugehen.

Die Auslobung 'ohne Geschmacksverstärker' stellt somit, auch wenn damit eine Auslobung des Inhaltes 'ohne Zusatz von Geschmacksverstärkern' gemeint ist, wegen des nachgewiesenen Glutaminsäuregehaltes und der daher zu erwartenden geschmacksverstärkenden Wirkung, für den Verbraucher einen nicht korrekten Informationsgehalt und im Sinne des § 5 Abs. 2 Ziffer 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes – LMSVG idgF eine zur Irreführung geeignete Angabe über die Eigenschaften des Lebensmittels dar.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

a) § 90 Abs. 3 Ziffer 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 leg.cit. und der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben

b) § 90 Abs. 1 Ziffer 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG, BGBl. Nr. 13/2006 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Ziffer 1 leg.cit."

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Behörde zu Spruchpunkt a) nach dem Strafrahmen des § 90 Abs 3 LMSVG und zum Spruchpunkt b) nach dem Strafrahmen des § 90 Abs 1 LMSVG je eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 24 Stunden), schrieb gemäß § 64 VStG die Kosten des Strafverfahres in Höhe von 10% der Geldstrafen (jeweils 10 Euro, insgesamt sohin 20 Euro) vor und verpflichtete zum Ersatz der Lebensmitteluntersuchungskosten von 487,50 Euro. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrug somit 707,50 Euro.

 

1.2. In der Begründung des Straferkenntnisses verweist die belangte Behörde zunächst auf das Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien vom 09.05.2011, dessen Inhalt sie – wie schon im oben zitierten Spruch – weitgehend wiederholt. Danach gibt sie die im ordentlichen Ermittlungsverfahren erstattete Rechtfertigung des Bw vom 18.10.2011 einschließlich der gutachterlichen Stellungnahme von x vom 14.10.2011 und eine dazu eingeholte Stellungnahme der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien wieder.

 

In ihrer rechtlichen Beurteilung der Tatvorwürfe und der Rechtfertigungsangaben des Bw schließt sich die belangte Behörde den Ausführungen im Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Wien an.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung.

Darin bringt der Bw im Wesentlichen vor, dass die objektiven Tatbestände der von der Behörde angenommenen Strafbestimmungen nicht erfüllt seien. Zu den einzelnen Tatvorwürfen bringt der Bw wie folgt vor:

 

2.1. Zum Tatvorwurf in Spruchpunkt a)

 

Der Bw führt dazu im Wesentlichen aus, dass ein strafrechtlich relevanter Vorwurf der Fassung des Spruchs nicht eindeutig zu entnehmen sei. Die Ausführungen könnten dahingehend verstanden werden, dass die Angabe unvollständig sei. Dies sei unrichtig. Die Behörde stütze sich ausschließlich auf die Ausführungen der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Linz [offensichtlich gemeint: der Stadt Wien]. Die Angaben des Beschuldigten, die sich auf die von ihm vorgelegte gutachterliche Stellungnahme bezögen, würden zwar wörtlich wiedergegeben, die Behörde setze sich aber inhaltlich nicht mit den widersprechenden Stellungnahmen auseinander.

 

Der Bw verweist auf die Ausführungen von x, wonach die Verwendung der beanstandeten Angabe 'leicht' im vorliegenden Fall zulässig sei.

 

2.2. Zum Tatvorwurf in Spruchpunkt b)

 

2.2.1. Zum Tatvorwurf aa) "allergenfrei":

 

Der Bw führt dazu im Wesentlichen aus, dass im Anhang zur LMKV die allergenen Stoffe geregelt seien, welche gekennzeichnet werden müssten. Aus dieser Sicht sei die Angabe "allergenfrei" zu verstehen. Es sei auch davon auszugehen, dass dies vom Konsumenten so verstanden werde. Die Angabe sei nicht als "Abwesenheit von allen potentiell allergenen Stoffen" zu verstehen, sondern nur von denen, die in der LMKV geregelt und verpflichtend anzugeben seien.

 

2.2.2. Zum Tatvorwurf bb) "ohne Geschmacksverstärker":

 

Der Bw führt dazu im Wesentlichen aus, dass sich die Angabe "ohne Geschmacksverstärker" auf Zusatzstoffe beziehe, welche gem. Anhang II der LMKV als solche zu kennzeichnen seien. Bei der Herstellung des beanstandeten Produkts sei kein Geschmacksverstärker eingesetzt worden. Das Vorhandensein von Glutaminsäure in Putenfleisch sei auf den natürlichen Gehalt an Glutaminsäure in Putenfleisch zurückzuführen. Die Aussage "ohne Geschmacksverstärker" sei zutreffend, da dieser Zusatzstoff nicht verwendet worden sei. Ein natürlicher Stoff könne nicht mit einem Zusatzstoff gleichgesetzt werden. Die Bemängelung sei nicht nachvollziehbar. Indem sich die Behörde mit der Stellungnahme der x nicht auseinandergesetzt habe, sei das Verfahren auch in diesen Punkten mangelhaft geblieben. Im Übrigen werde auch der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht.

 

2.3. Der Bw stellt den Antrag, der Oö. Verwaltungssenat möge eine mündliche Verhandlung anberaumen und die angefochtene Entscheidung aufheben sowie das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruch als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

3.2. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenats zur Entscheidung über die Berufung ergibt sich aus Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 51 Abs. 1 VStG. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu GZ SanrB96-72/73-2011; da sich bereits aus diesem Akt der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und insbesondere bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.4. Der UVS geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

3.4.1. Anlässlich einer von einem Aufsichtsorgan durchgeführten lebensmittelrechtlichen Kontrolle wurde am 14.02.2011 um 11.18 Uhr eine Probe der im Betrieb der x KG, x, im Verkaufsbereich in einer Kühlvitrine bereitgehaltenen Ware "Puten-Steaks, von der Putenbrust mariniert" entnommen und in der Folge der Lebensmitteluntersuchungsanstalt (LUA) der Stadt Wien, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 38, Henneberggasse 3, 1030 Wien, zur Untersuchung übermittelt (Probenzeichen: x).

 

3.4.2. Die entnommene Probe wurde von der Fa. x KG, x, am 09.02.2011 hergestellt und am 11.02.2011 an die x KG, Zentralniederlassung x, x, geliefert.

Auf dem Etikett der Ware "leichte Puten-Steaks" findet sich folgender – verfahrensrelevanter – Text:

 

"x 1% Fett

 

leichte Puten-Steaks

von der Putenbrust, mariniert

 

* ohne Geschmacksverstärker

* allergenfrei

* mit jodiertem Salz

[...]"

 

3.4.3. In ihrem Gutachten kommt die Sachverständige der LUA der Stadt Wien, Frau Dr. x, zu folgenden verfahrensrelevanten Schlussfolgerungen (Untersuchungszeugnis zu U-Zahl 1378/2011 A vom 09.05.2011):

 

"Abschnitt 1

 

Die vorliegende laut Begleitschreiben als 'Puten-Steaks, von der Putenbrust mariniert' bezeichnete Lebensmittelprobe weist folgende Angabe auf:

 

'leichte Putensteaks', '1% Fett'. Weitere Ausführungen zum Begriff leicht sind nicht vorhanden.

 

Die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bestimmt, dass bei der Angabe 'leicht' dieselben Bedingungen erfüllt sein müssen, wir für die Angabe 'reduziert'. Demnach handelt es sich bei der Angabe 'leicht' um eine vergleichende nährwertbezogene Angabe.

 

Nach Artikel 9 Absatz 2 der genannten Verordnung müssen vergleichende nährwertbezogene Angaben die Zusammensetzung des betreffenden Lebensmittels mit derjenigen einer Reihe von Lebensmitteln derselben Kategorie vergleichen, deren Zusammensetzung die Verwendung einer Angabe (wie 'leicht') nicht erlaubt, darunter auch Lebensmittel anderer Marken.

Nach Artikel 9 Absatz 1 der genannten Verordnung ist weiters der Unterschied in der Menge des Nährstoffes anzugeben.

Eine vorschriftsgemäße Angabe in Verbindung mit der Auslobung 'leicht' wäre z.B. '30% weniger Fett als...'.

 

Nach § 4 Abs. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes – LMSVG idgF ist die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 idgF über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel samt Änderungsvorschriften und Durchführungsvorschriften im Rahmen dieses Gesetzes zu vollziehen. Es besteht daher der Verdacht der Verletzung lebensmittelrechtlicher Vorschriften.

 

Abschnitt 2

 

Die vorliegende laut Begleitschreiben als 'Puten-Steaks, von der Putenbrust mariniert' bezeichnete Lebensmittelprobe weist folgende Angabe auf:

 

a) 'allergenfrei'.

Die allgemeine Angabe, das vorliegende Lebensmittel sei frei von Allergenen ist irreführend, da eine Vielzahl von Stoffen in Lebensmitteln, insbesondere Eiweiße, allergenes Potential in sich tragen.

 

Diese Angabe stellt somit eine im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes – LMSVG idgF zur Irreführung geeignete Angabe über die Eigenschaften des Lebensmittels dar.

 

b) 'ohne Geschmacksverstärker'

In der vorliegenden Lebensmittelprobe wurde ein Gehalt an L-Glutaminsäure von 116 mg/kg festgestellt. Bei L-Glutaminsäure handelt es sich um eine Aminosäure, die Lebensmitteln als Geschmacksverstärker zugesetzt wird. Freie Glutaminsäure kann jedoch auch natürlicherweise in verschiedenen, insbesonders in eiweißhältigen und/oder fermentierten Lebensmitteln vorkommen, ohne dass ein Zusatz als Geschmacksverstärker stattgefunden hat. Bei der nachgewiesenen Menge an Glutaminsäure ist bereits von einer geschmacksverstärkenden Wirkung auszugehen.

 

Die Auslobung 'ohne Geschmacksverstärker' stellt somit, auch wenn damit eine Auslobung des Inhaltes 'ohne Zusatz von Geschmacksverstärkern' gemeint ist, wegen des nachgewiesenen Glutaminsäuregehaltes und der daher zu erwartenden geschmacksverstärkenden Wirkung, für den Verbraucher einen nicht korrekten Informationsgehalt und im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes – LMSVG idgF eine zur Irreführung geeignete Angabe über die Eigenschaften der Lebensmittel dar.

[...]"

 

3.4.4. Wegen des o.g. Tatvorwurfs (sowie weiters wegen einer Verletzung von Kennzeichnungsvorschriften gemäß §§ 1, 4 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 – LMKV, BGBl Nr. 72/1993 idgF iVm § 90 Abs. 3 Z 3 und § 98 Abs. 1 LMSVG, welche aber nicht mehr Spruchbestandteil des verfahrensgegenständlichen Straferkenntnisses war) erließ die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Strafverfügung vom 12.07.2011, Zl. SanRB96-72/73/74-2011. Gegen diese Strafverfügung erhob der Bw mit Schreiben vom 26.07.2011 rechtzeitig Einspruch.

 

Mit Schreiben vom 08.08.2011 forderte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den Bw zur Rechtfertigung auf und hielt ihm dabei wiederum den o.g. Tatvorwurf (sowie weiters eine Verletzung von Kennzeichnungsvorschriften gemäß §§ 1, 4 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 – LMKV, BGBl Nr. 72/1993 idgF iVm § 90 Abs. 3 Z 3 und § 98 Abs. 1 LMSVG, welche aber nicht mehr Spruchbestandteil des verfahrensgegenständlichen Straferkenntnisses war) vor.

Mit Schreiben vom 17.10.2011 kam der Bw dieser Aufforderung fristgerecht nach und wies insbesondere auf die beiliegende Stellungnahme von DI x & DI x x-GmbH, x Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik, hin.

 

In dieser Stellungnahme vom 14.01.2011, Zl. x, kommt der Privatsachverständige DI x zu folgenden verfahrensrelevanten Schlussfolgerungen:

 

"die im Gutachten von Frau Dr. x angeführte beispielhafte Angabe '30% Fett weniger als...' ist nicht in der Health-Claims-Verordnung (1924/2006/EG idgF) zu finden. [...] Bei gegenständlichen Produkt geht die Aussage 'leicht' eindeutig mit der Angabe 1% Fett her. Insofern ist die Forderung der Health-Claims-Verordnung eindeutig eingehalten und eine weitere zusätzliche Angabe nicht erforderlich. [...]

 

Die Angabe ist nicht als Abwesenheit von allen potentiell allergenen Stoffen zu verstehen, sondern nur von denen welche gemäß LMKV93idgF geregelt sind.

 

Die Angabe 'ohne Geschmacksverstärker' bezieht sich auf Zusatzstoffe welche gemäß LMKV93 Anhang II idgF als solche zu kennzeichnen sind. In gegenständlichen Produkt wurde kein Geschmacksverstärker eingesetzt. Das Vorhandensein von Glutaminsäure in Putenfleisch ist auf den natürlichen Gehalt an Glutaminsäure im Putenfleisch zurückzuführen. Natürlich ist trotzdem die Aussage 'ohne Geschmacksverstärker' zutreffend, da dieser Zusatzstoff nicht verwendet wurde. Ein natürlicher Stoff kann nicht mit einem Zusatzstoff gleichgestellt werden. [...]"

 

3.4.5. Die Rechtfertigungsangaben des Bw übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck der LUA der Stadt Wien mit dem Ersuchen um Stellungnahme. In dieser Stellungnahme vom 25.10.2011 führt der Sachbearbeiter x Dr. x von der LUA der Stadt Wien wie folgt aus:

 

"Zu Abschnitt 1:

Wie im Gutachten angeführt, stellt die Angabe 'leicht' in 'leichte Putensteaks' eine vergleichende nährwertbezogene Angabe dar. Die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bestimmt im Artikel 9 Absatz 2, dass vergleichende nährwertbezogene Angaben die Zusammensetzung des betreffenden Lebensmittels mit derjenigen einer Reihe von Lebensmitteln derselben Kategorie vergleichen müssen deren Zusammensetzung die Verwendung einer Angabe (wie 'leicht') nicht erlaubt. Nach Artikel 9 Absatz 1 der genannten Verordnung ist weiters der Unterschied in der Menge des Nährstoffes anzugeben [...]

 

Zu Abschnitt 2a:

Im Anhang III der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung sind 14 Lebensmittel und Lebensmittelkategorien genannt, Darüber hinaus können jedoch noch andere Lebensmittel bzw. andere Stoffe in Lebensmitteln allergische Reaktionen auslösen. Bei der Auslobung der Art 'frei von Allergenen' handelt es sich um eine freiwillige Angabe. Freiwillige Angaben sind jedenfalls so anzuführen, dass eine Irreführungseignung ausgeschlossen ist. Eine bloße Erwartung, dass der Verbraucher diese Angabe ohne diesbezüglich weiterführende Informationen dem Inhalt nach richtig versteht, stellt keine ausreichende Sicherstellung vor einer möglichen Irreführungseignung dar.

 

Zu Abschnitt 2b:

Bei Glutaminsäure/Glutamat handelt es sich um einen dem Lebensmittel zugesetzten Zusatzstoff oder um eine natürlicherweise in einem eiweißreichen Lebensmittel vorkommenden Stoff. In gegenständlicher Probe wurde gemäß Prüfbericht ein Gehalt an L-Glutaminsäure von 1164 mg/kg festgestellt. Bei dem nachgewiesenen Gehalt ist unabhängig von seiner Herkunft bereits von einer geschmacksverstärkenden Wirkung auszugehen.

Die freiwillig angebrachte Auslobung 'ohne Geschmacksverstärker' vermittelt daher – unabhängig von der Herkunft der vorhandenen Glutaminsäure – dem Verbraucher einen nicht korrekten Informationsgehalt und ist somit zur Irreführung geeignet."

 

3.4.6. In dem von der Fa. x am 04.01.2011 bezüglich eines vergleichbaren Produktes ("x 2% Fett, leichte Hüft-Steaks vom Schweine-Schinken, mariniert", vgl. Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenats vom 05.02.2013, VwSen-240910/2/Py/MG/AK) in Auftrag gegebenen Untersuchungszeugnis von DI x & DI x x-GmbH, x Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik, kommt der Privatsachverständige DI x in seinem Gutachten vom 14.01.2011 zu folgenden verfahrensrelevanten Schlussfolgerungen:

 

"[...] Die Kennzeichnung entspricht den österreichischen Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung und der Nährwertkennzeichnungsverordnung. In Hinsicht auf die Deklaration ist die Ware in Österreich verkehrsfähig.

 

Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen bietet die Probe keinen Anlaß für eine Bemängelung."

 

3.4.7. Mit Straferkenntnis vom 09.07.2012 entschied die erstinstanzliche Behörde in der oben dargestellten Weise.

 

3.4.8. Die Probe enthielt einen Gehalt an L-Glutaminsäure von 1164 mg/kg. Glutaminsäure ist als eine der Aminosäuren, aus denen Proteine gebildet werden, in der Natur weit verbreitet (vgl. Diehl, Chemie in Lebensmitteln [2008] 233; Lüllmann/Mohr/Hein, Pharmakologie und Toxikologie17 [2010] 139). Es konnte nicht festgestellt werden, dass die in der Probe enthaltene Glutaminsäure zur Gänze oder auch nur teilweise künstlich zugesetzt wurde.

 

3.5. Der dargestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den Beweismitteln. Insbesondere wurde der Aussage im Privatgutachten des Bw, dass der vorhandene Wert von L-Glutaminsäure in Putenfleisch ein natürlicher Wert sei, im Gutachten der LUA Wien nicht entgegengetreten.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Beim gegenständlichen Produkt handelt es sich unbestritten um ein Lebensmittel, das unter den Geltungsbereich des LMSVG fällt (§ 3 Z 1 LMSVG iVm Art. 2 VO (EG) 178/2002, ABl 2002 L 31/1 idF ABl 2009 L 188/14: "alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.").

 

4.2. Die Aufgabe von Sachverständigen im Verwaltungsverfahren besteht allgemein darin, Tatsachen zu erheben (Befund) und aus den erhobenen Tatsachen aufgrund ihrer Fachkundigkeit  Schlussfolgerungen zu ziehen (Gutachten). Die Tätigkeit der Befundstellung und der Abgabe des Gutachtens sind streng von der Entscheidung über Rechtsfragen zu unterscheiden, zu der allein die Verwaltungsbehörde berufen ist. Es ist jedenfalls nicht Aufgabe des Sachverständigen, den Sachverhalt rechtlich zu beurteilen (VwGH 14. 1. 1993, 92/09/0201; 25. 2. 2004, 2003/12/0027). Vielmehr hat sich die Behörde auf Grund des Sachverständigengutachtens ihr Urteil über Rechtsfragen zu bilden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, 2. Teilband [2005] Rn 6 zu § 52).

Enthält das Gutachten dennoch eine rechtliche Beurteilung des Sachverhalts, überschreitet der Sachverständige seine Aufgabe; eine solche „Lösung“ von Rechtsfragen ist für die erkennende Behörde unbeachtlich (VwGH 23. 1. 1992, 91/06/0184; 29. 11. 1994, 92/05/0139; 24. 4. 2002, 2001/12/0218) und beeinträchtigt die Aussagekraft eines ansonsten mängelfreien Gutachtens nicht (VwGH 7. 10. 1996, 95/10/0205; 27. 1. 1997, 93/10/0190; 20. 4. 2001, 99/05/0211).

 

Insofern sich die vorliegenden Gutachten der LUA Wien sowie von DI x & DI x x-GmbH, x Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik, mit der Rechtsfrage der Verletzung lebensmittelrechtlicher Vorschriften befassen, sind die dort getätigten Aussagen hinsichtlich der Beurteilung der Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale der gegenständlichen Verwaltungsstraftatbestände als nicht entscheidungserheblich zu qualifizieren.

 

4.3. Zum Tatvorwurf in Spruchpunkt a)

 

4.2.1. Gemäß § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

 

wer den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs 3 oder § 15 zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 4 Abs 1 LMSVG sind die in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft samt Änderungsverordnungen und Durchführungsvorschriften im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu vollziehen.

 

Dazu ist in der Anlage zum LMSVG, Teil 1, Z 15 die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl Nr. L 404 vom 30. Dezember 2006, berichtigt durch ABl Nr. L 12 vom 18. Jänner 2007) angeführt.

 

Der Artikel 9 dieser sog. EG-ClaimsVO = Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (ABl L 404/2006 idF ABl L 37/2010) mit der Überschrift "Vergleichende Angaben" bestimmt im Absatz 1, dass ein Vergleich nur zwischen Lebensmitteln derselben Kategorie und unter Berücksichtigung einer Reihe von Lebensmitteln dieser Kategorie zulässig ist. Der Unterschied in der Menge eines Nährstoffs und/oder im Brennwert ist anzugeben und der Vergleich muss sich auf dieselbe Menge des Lebensmittels beziehen.

 

Nach Art 9 Abs. 2 EG-ClaimsVO müssen vergleichende nährwertbezogene Angaben die Zusammensetzung des betreffenden Lebensmittels mit derjenigen einer Reihe von Lebensmitteln derselben Kategorie vergleichen, deren Zusammensetzung die Verwendung einer Angabe nicht erlaubt, darunter auch Lebensmittel anderer Marken.

 

4.2.2. Die belangte Behörde beanstandet die Angaben "leichte Puten-Steaks" und "1% Fett" auf dem Etikett der Probe, indem sie der Rechtsmeinung der LUA Wien folgend darin eine vergleichende nährwertbezogene Angabe sieht, bei der nach Art 9 EG-ClaimsVO die oben erwähnten Einschränkungen für vergleichende Werbung zu beachten sind und ein Vergleich nur in bestimmter Art und Weise vorgenommen werden darf .

 

Das erkennende Mitglied des UVS Oberösterreich ist nicht der Meinung, dass bereits die schlichten Angaben "leichte Puten-Steaks" sowie "1% Fett" als vergleichende nährwertbezogene Angaben angesehen werden können. Vielmehr erfordert ein Vergleich schon sprachlich Formulierungen wie etwa "weniger Fettgehalt als ..." oder "unterdurchschnittlich geringer Fettgehalt" oder "Fettanteil niedriger als ..." oder Ähnliches. Nach Auffassung der UK Food Standards Agency sind nicht einmal Angaben wie "enthält soviel Calcium wie ..." als vergleichende Angaben anzusehen, weil diese für den Verbraucher nur die Bedeutung einer Angabe des Typs "enthält ..." bzw "Quelle von ..." bzw "reich an ..." habe und dabei ohnehin die jeweiligen Bedingungen des Anhangs der EG-ClaimsVO zu erfüllen sind (vgl Blass ua, LMR3, Teil II B1 [6. Erg.-Lfg.], Rz 10 zu Art 9 EG-ClaimsVO).

 

Im Übrigen wurde von der LUA Wien nicht beanstandet, dass der deklarierte Fettgehalt von 1% Fett objektiv falsch sei. Die Angabe "leicht" wird durch diesen offenbar zutreffenden Wert ausreichend begründet und erscheint daher gerechtfertigt.

 

Selbst wenn man in der Sache anderer Meinung wäre, hätte der Bw nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats auf das eingeholte Fachgutachten vom 14.01.2011 des Ziviltechnikerunternehmens DI x & DI x x-GmbH, x Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik, vertrauen dürfen, das nach Analyse einer offenbar vergleichbaren Probe der "x leichte Putensteaks" mit 1% Fettgehalt die Ware ohne Mängel und als in Österreich verkehrsfähig befunden und auch die Übereinstimmung mit den österreichischen Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnung angenommen hat. Der Bw hätte damit im gegenständlichen Fall eines Ungehorsamsdelikts entsprechend dem § 5 Abs 1 Satz 2 VStG glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

4.3. Zu den Tatvorwürfen im Spruchpunkt b):

 

4.3.1. Gemäß § 90 Abs. 2 Z 1 LMSVG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

 

wer Lebensmittel mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung bewirbt.

 

Mit der gleichen Strafdrohung ist gemäß dem § 90 Abs 1 Z 1 LMSVG bedroht,

 

wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung in Verkehr bringt.

 

Nach § 5 Abs 2 Z 1 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere

 

1.     zur Täuschung geeignete Angaben über Eigenschaften des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;

2.     Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;

3.     Angaben, durch die zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.

 

4.3.2. Im Anhang IIIa der EG-Etikettierungsrichtlinie (RL 2000/13/EG, ABl L 109/2000 idF ABl L 368/2006) sind zwingend deklarierungspflichtige Zutaten im Sinne des Artikel 6 Absätze 3a, 10 und 11 der Richtlinie taxativ aufgezählt.

 

Art 6 Abs 11 der EG-EtikettierungsRL lautet:

 

"(11) Das Verzeichnis in Anhang IIIa wird auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Kenntnisse regelmäßig überprüft und erforderlichenfalls aktualisiert. Die erste Überprüfung erfolgt spätestens am 25. November 2005.

Die Aktualisierung kann auch darin bestehen, dass Zutaten, bei denen nachgewiesen ist, dass sie keine unerwünschten Reaktionen hervorrufen können, aus Anhang IIIa gestrichen werden. Zu diesem Zweck können der Kommission bis zum 25. August 2004 Studien mitgeteilt werden, die derzeit durchgeführt werden, um festzustellen, ob Zutaten oder Stoffe, die aus den in Anhang IIIa aufgeführten Zutaten gewonnen werden, unter bestimmten Umständen wahrscheinlich keine unerwünschten Reaktionen hervorrufen. Die Kommission beschließt bis zum 25. November 2004 nach Konsultation der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ein Verzeichnis der Zutaten oder Stoffe, die sodann, bis die endgültigen Ergebnisse der mitgeteilten Studien vorliegen oder spätestens bis zum 25. November 2007, aus Anhang IIIa ausgeschlossen werden.

Unbeschadet von Unterabsatz 2 kann Anhang IIIa entsprechend dem in Artikel 20 Absatz 2 genannten Verfahren nach Einholung eines gemäß Artikel 29 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit abgegebenen Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit geändert werden.

Erforderlichenfalls können technische Leitlinien für die Auslegung des Verzeichnisses in Anhang IIIa entsprechend dem in Artikel 20 Absatz 2 genannten Verfahren festgelegt werden."

 

Die in der EG-EtikettierungsRL grundgelegte Allergen-Kennzeichnungspflicht wird im § 4 Abs 1 Z 7g LMKV in Verbindung mit Anhang III der LMKV geregelt und umgesetzt. Aus dem zitierten Art 6 Abs 11 der EG-EtikettierungsRL idF der AllergenkennzeichnungsRL 2003/89/EG ergibt sich die Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung und Aktualisierung der Liste der allergenen Stoffe in Anhang IIIa der Richtlinie entsprechend dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl näher Blass ua, LMR3, Teil II A1, Rz 78 zur LMKV).

 

Die belangte Behörde übernimmt die Rechtsansicht der LUA Wien, wonach die Angabe "allergenfrei" nicht berechtigt gewesen sei, obwohl der gegenständliche Lebensmittelerzeuger zutreffend keinen der allergenen Stoffe im Anhang III der LMKV deklariert hat. Es könnten nämlich (theoretisch) auch noch andere als die dort angeführten Stoffe allergische Reaktionen auslösen.

 

Bei streng wissenschaftlicher Betrachtung mag es zutreffen, dass Allergene nie ganz ausgeschlossen werden können, man sich also nie vollkommen sicher sein kann. Denn eine Allergie ist eine angeborene oder erworbene spezifische Änderung der Reaktionsfähigkeit des Immunsystems von Menschen gegenüber körperfremden, an sich unschädlichen Substanzen, die als Allergene erkannt werden (vgl näher Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259 A [2002], 43 f).

 

Mit diesem negativen Ansatz des "Nicht-Ausschließen-Könnens" ist in der Praxis weder für das Informationsbedürfnis eines durchschnittlichen Verbrauchers, noch für die (auch grundrechtlich geschützten) Werbeinteressen von Lebensmittelunternehmen etwas gewonnen. Deshalb gibt es zur positiven Orientierung einen Katalog von deklarationspflichtigen Allergenen im Anhang IIIa der EG-Etikettierungsrichtlinie bzw im Anhang III der LMKV, der dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einem aktuellen Zeitpunkt entspricht und gegebenenfalls nach einem Gutachten der Europäischen Lebensmittelbehörde aktualisiert wird. Damit wird eine relativ hohe Informationssicherheit über bestehende Allergene für den Lebensmittelmarkt geschaffen, die sowohl dem informierten Konsumenten als auch dem Lebensmittelunternehmer nützt.

 

Wenn ein Lebensmittelerzeuger keinen einzigen Stoff mit allergenem Potential, der nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand in Anhängen zu Rechtsvorschriften genannt wird, deklarieren musste, dann erscheint es auf der Grundlage des oben beschriebenen Regelungssystems nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats durchaus zulässig, nach dem derzeitigen Wissensstand mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von "allergenfrei" sprechen zu dürfen. Denn darin kann schon deshalb keine Irreführung des verständigen und über allfällige Allergien informierten Verbrauchers gesehen werden, weil dieser die Angabe ohnehin nicht absolut, sondern nur unter dem Vorbehalt künftigen besseren Wissens verstehen darf.

 

4.3.3. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 lit. c iVm Anlage II LMKV handelt es sich bei Geschmacksverstärkern um Zusatzstoffe; als Zusatzstoffe sind diese auf einer verpackten Ware zu deklarieren, widrigenfalls eine Verwaltungsübertretung gemäß § 90 Abs. 3 Z 2 LMSVG vorliegt. Weiters zu beachten ist hier die VO (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe, ABl 2008 L L 354/16 idgF. Gemäß Erwägungsgrund 5 sind Lebensmittelzusatzstoffe Stoffe, die in der Regel nicht selbst als Lebensmittel verzehrt, sondern Lebensmitteln aus in dieser Verordnung dargelegten technologischen Gründen, wie etwa zu deren Konservierung, zugesetzt werden. Als "Geschmacksverstärker" gelten solche Lebensmittelzusatzstoffe, die den Geschmack und/oder Geruch eines Lebensmittels verstärken, vgl. Anhang I Z 15 VO (EG) Nr. 1333/2008.

 

Natürliche Stoffe, die den Geschmack eines Produkts verändern, mögen zwar im allgemeingebräuchlichen Wortsinn "geschmacksverstärkend" sein, zählen aber mangels einer Zusetzung nicht zu "Geschmacksverstärkern" im Rechtssinn.

 

Im Übrigen gilt das oben zum Tatvorwurf "allergenfrei" Ausgeführte. Wenn ein Lebensmittelerzeuger keinen einzigen Geschmacksverstärker (als Zusatzstoff) deklarieren musste, dann erscheint es auf der Grundlage des oben beschriebenen Regelungssystems nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats durchaus zulässig, von "ohne Geschmacksverstärker" sprechen zu dürfen. So wäre es etwa zweifelsfrei zulässig, eine Packung unveränderter Tomaten als "ohne Geschmacksverstärker" zu beschriften und bewerben, obwohl diese Obstsorte reich an Glutaminsäure ist. Ferner kann auch aus der Aussage "ohne Zusatz von Geschmacksverstärkern" nicht abgeleitet werden, dass einem Produkt keine sonstigen geschmacksbeeinflussenden Rohstoffe (wie Gewürze, Sojasauce oder Hefeextrakt) zugesetzt wurden (vgl. Neumayr, Irreführung durch Produktabbildungen und hervorhebende Bezeichnungen, Ernährung/Nutrition 36 [01-2012], 34 [36]).

Es kann deshalb keine Irreführung eines durchschnittlich informierten aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers erkannt werden.

 

Darüberhinaus gilt auch für Spruchpunkt b) das zur subjektiven Tatseite unter Punkt 4.2.2. Ausgeführte hinsichtlich der Verkehrsfähigkeitsbescheinigung von DI x & DI x x-GmbH, x Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik.

 

Aus den vorgenannten Gründen ist somit der Tatvorwurf in Spruchpunkt b) nicht berechtigt.

 

4.4. Im Ergebnis war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis in beiden Spruchpunkten aufzuheben, und es war das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG mangels Vorliegens der angelasteten Verwaltungsübertretungen einzustellen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch nach § 71 Abs. 3 LMSVG der Ersatz von Untersuchungskosten vorzuschreiben.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

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