Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167530/7/Br/Ai

Linz, 12.02.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X,  X, X, vertreten durch die RAe  X, X, X, gegen das gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen,  vom 5.12.2012, Zl: VerkR96-7953-2012, nach der am 11.2.2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung,  zu Recht:

 

 

I.     Der Berufung wird in beiden Punkten als unbegründet abgewiesen;

 

 

II.     Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren insgesamt 90 Euro auferlegt (20 % der ausgesprochenen Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 110/2011 – AVG iVm § 19, § 24,  § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 50/2012 – VStG.

Zu II.:   § 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den wegen der Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a  und § 4 Abs.5 StVO 1960 iVm § 99 Abs.2 lit.a und   § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 250 Euro und  200 Euro und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 115 und 92 Stunden verhängt, weil er am 20.5.2012 um 16:15 Uhr, in G, auf der B 137 an der Kreuzung mit der B X (sogenannte X-Kreuzung), als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X, nach einem Verkehrsunfall mit dem er ursächlich in Zusammenhang gestanden sei, 1) nicht sofort angehalten habe und 2) hiervon auch nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz erachtete den Sachverhalt in der Anzeige des unfallbeteiligten Motorradfahrers als erwiesen.  Sie folge im Ergebnis dessen Angaben, wonach er an der besagten Kreuzung, von dem noch bei Rotlicht sich in Richtung Haltelinie bewegenden PKW-Lenker mit dessen rechtem Frontschürzeneck am Seitenkoffer seines Motorrades gestreift und folglich zu Boden gedrückt bzw. nach rechts zu Sturz gebracht bzw. umgeworfen worden sei. Auf seine Konfrontation  mit dem Sachverhalt durch das ca. 15 cm geöffnete Seitenfenster habe ihm der Berufungswerber lediglich ins Gesicht geschaut und sei weitergefahren. Im Zuge des Aufstellens des über 200 kg schweren Motorrades sei dann, neben den durch das Umfallen zerkratzten Seitenkoffer  auch noch der Bremshebelschutz seines Motorrades zu Bruch gegangen.

 

 

2. Die vom Berufungswerber über seinen Rechtsvertreter fristgerecht eingebrachte Berufung lässt sich inhaltlich im Wesentlich dahingehend zusammenfassen, dass die erste Verantwortung vor der Polizei missverständlich protokolliert worden sei. Alleine schon durch das an seinem Fahrzeug angebrachten Firmenlogos wäre es wohl unsinnig gewesen Fahrerflucht zu begehen. Dies habe der Polizeibeamte in der ersten Niederschrift nicht festgehalten. Im Übrigen wäre dem Motorradfahrer in seiner realitätsfremden Darstellung kritiklos gefolgt worden. Er habe auch nicht -  wie angenommen - so weit vor der Haltelinie angehalten, nämlich, dass vor ihm noch das Motorrad Platz gefunden hätte gehabt. Dafür hätte es keinen Grund gegeben.

Die Darstellung wonach er gleichsam den Motorradfahrer „weggeschoben“ hätte wird im Rechtsmittel unter Hinweis auf die möglichen Auswirkungen und Rechtsfolgen (Vorsatztat) mit Nachdruck zurückgewiesen. Die Darstellung des Motorradfahrers wird als „beinahe abstrus“ in Abrede gestellt. Schließlich wird der Hinweis im Polizeiprotokoll, wonach die beiden Kratzer „wahrscheinlich von der gegenständlichen Berührung stammten“ als Fehlprotokollierung eingewendet. Dies habe er in dieser Form weder gesagt noch so gemeint.

Zuletzt werden die Kratzer als dem behaupteten Vorfall zurechenbar behauptet. Vermutlich habe der Motorradfahrer die Leitschiene gestreift und sei dadurch zu Sturz gekommen. Dies könnte den Schaden erklären. Obwohl er kein Sturzgeräusch gehört gehabt habe sei er stehen geblieben. Der Zeuge habe ihm gesagt, dass „ohnedies nichts passiert sei“. Aus diesem Grunde habe er keine Veranlassung für einen Datenaustausch gesehen.

Abschließend beantragt der Berufungswerber die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und die Verfahrenseinstellung.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und dessen Verlesung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben durch Beischaffung eines maßstabsgetreuen Luftbildes von der Unfallkreuzung aus dem System Doris,  die Vernehmung des persönlich zur Verhandlung erschienenen Berufungswerbers und des Motorradfahrers X als Zeugen.

 

 

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

An der besagten Örtlichkeit öffnet sich der Kreuzungstrichter in Bogenmitte auf etwa 16 m. Am Schnittpunkt zur B X findet sich ein Fußgängerübergang. Am Geradeaus- u. Rechtsabbiegestreifen ist die Haltelinie bis knapp an den Schutzweg vorgezogen, während die Haltelinie des Linksabbiegestreifens etwa fünf Meter nach hinten versetzt ist. Die Spurbreite ergibt sich laut Vermessung auf dem Luftbild  mit jeweils knapp vier Meter (siehe beigeschafftes Luftbild).

Auf der Linksabbiegespur ist es in der Folge zu einem Kontakt zwischen dem Berufungswerber und dem sich rechts schräg vor ihm ebenfalls anhaltenden Motorrad des Zeugen X gekommen, der die vom Berufungswerber frei gelassenen Lücke zwischen seinem Fahrzeug und der Haltelinie nutzte.  Als der Pkw im Zuge des Abbiegevorganges wegfuhr streifte er das Motorrad an dessen linken Packkoffer, der Zeuge X konnte es nicht mehr halten, sodass es nach rechts umfiel. Durch das etwa 20 cm geöffnete Seitenfenster rief folglich der Zeuge dem Pkw-Lenker sinngemäß zu „was das den solle und er sich das Kennzeichen notieren und Anzeige erstatten werde.“ Dennoch setzte der Lenker des zweitbeteiligten Pkw´s ohne darauf zu reagieren  seine Fahrt ohne anzuhalten fort.

Die in diesem Zusammenhang gegen den Berufungswerber wegen Verdachtes der Körperverletzung erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wels, wurde am 17.7.2012, 42 BAZ 592/12s – 1 nach § 190 Z1 StPO eingestellt. Anschließend wurde gegen den Berufungswerber  das Verwaltungsstrafverfahren mit der Strafverfügung vom 24.9.2012 eingeleitet.

 

 

4.1. Beweiswürdigung:

Anlässlich der Berufungsverhandlung bestreitet der Berufungswerber, wie auch schon bisher, einen Kontakt mit dem Motorradfahrer an der Kreuzung B X (X Straße) und B X (X Straße). Erst nach dem Einbiegevorgang und bereits auf dem rechten Fahrstreifen der B X in westlicher Richtung gibt er zu ein Geräusch gehört zu haben und aus diesem Grund hätte er auch sofort angehalten, sich aus dem Fenster dem Motorradfahrer zugewandt und ihn gefragt ob was passiert sei. Da dies vom Motorradfahrer verneint worden wäre, sei er weitergefahren.

Er habe dabei aber kein Motorrad auf der Straße liegen gesehen. Dass er in der Folge auch keine Meldung über den hier verfahrensgegenständlichen Vorfalls machte, bestreitet selbst der Berufungswerber nicht.

Demgegenüber schildert der Motorradfahrer, der Zeuge X, das Geschehen deutlich abweichend, dies jedoch glaubwürdiger, schlüssiger und im Sinne der Denkgesetze auch überzeugender. Laut seiner Darstellung habe er sich mit seinem Motorrad vor dem mehrere Meter hinter der Haltelinie der Linksabbiegespur haltenden Fahrzeug des Berufungswerbers aufgestellt und auf das Grünlicht gewartet. Zu diesem Zweck sei er langsam an einem hinter dem Angezeigtenfahrzeug und jenem des Berufungswerbers vorbeigefahren um den Platz vor der Haltelinie zu nutzen. Diese im Sinne des § 17 Abs.4 StVO als Regelverstoß interpretierbare Verhaltensweise schmälert die Glaubwürdigkeit des Zeugen keinesfalls. Ob sich der Berufungswerber, wie der Zeuge meinte, darüber allenfalls ärgerte und sein zu knappes Heranfahren an das Motorrad und dessen nachfolgendes zu Boden drücken allenfalls darin motiviert war, hat mangels Relevanz in diesem Verfahren dahingestellt zu bleiben.

Durch das Umfallen des Motorrades entstand ein Schaden an beiden Seitenkoffern und beim Aufstellen angeblich auch noch ein Folgeschaden. Erst später stellte sich auch noch eine Körperverletzung beim Motorradfahrer heraus. Am Fahrzeug des Berufungswerbers wurde seitens der Polizei auch ein Schaden an der Vorderseite seines Pkw´s  festgestellt, welchen er jedoch als nicht Vorfallskausal bezeichnet, zumal es einerseits aus seiner Sicht zu keinem Kontakt mit dem Motorrad gekommen sein soll, andererseits der Pkw auch von Kunden benutzt werde und da schon mal ein Schaden übersehen wird. Diese Darstellung machte der Berufungswerber bei der Polizei ebenfalls noch nicht.

Wenn er andererseits die Angaben des Zeugen X als unglaubwürdig und insgesamt dessen Darstellung, welcher die Behörde erster Instanz kritiklos gefolgt wäre, als realitätsfremd hinzustellen versucht, ist dem entgegen zu halten, dass der Einwand der Realitätsferne nach h. Überzeugung vielmehr auf die drei in sich widersprüchlichen und auch wenig überzeugend vorgetragenen Darstellungen des Berufungswerbers zutrifft.

Der Verantwortung des Berufungswerbers vermag nämlich aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. Es weichen nicht nur seine Darstellungen im erstinstanzlichen Verfahren (Niederschriften vom 24.5. und 22. Juni 2012) schon wesentlich voneinander ab, sondern abermals auch die vor dem Unabhängige Verwaltungssenat  anlässlich der Berufungsverhandlung dargelegte Fallschilderung zur jener die der Berufungswerber  im Rahmen einer offenbar von ihm angeregten zweiten Niederschrift bei der Polizei abgegebenen Sachdarstellung. Vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wurde im Ergebnis in Abrede gestellt das Motorrad je am Boden liegen gesehen zu haben. In der Niederschrift am 22.6.2012 bringt er aber zum Ausdruck, wonach das Motorrad schon wieder aufgestellt gewesen sei, als er den Mann in Motorradkleidung gefragt habe ob was passiert sei. Wenig logisch schiene es auf ein bloßes Geräusch  anzuhalten, keinen Grund dafür zu erkennen und trotzdem zu fragen ob etwas passiert sei.

Die zuletzt erfolgte Darstellung des Anhaltens wäre zumindest 30 m vom Haltepunkt an der Kreuzung entfernt gelegen. Auch diese Version ist nicht stimmig, während die Darstellung des Motorradfahrers an sich nicht nur glaubwürdiger vorgetragen, insbesondere aber vom Ablaufsgeschehen vor der Kreuzung viel logischer anmutet.

Wiederum unterschiedlich, was anlässlich der Berufungsverhandlung als Fehlprotokollierung seitens der Polizei hinzustellen versucht wurde, wäre der Berufungswerber nach Umschalten der Verkehrslichtsignalanlage nur ein „kurzes Stück“ (was wohl kaum 30 m wären) noch nach vorne gefahren, als ihn „eine Person mit Motorradkleidung durch das ein wenig geöffnete Seitenfenster gefragt habe ob etwas passiert sei.“ Dies habe der Motorradfahrer (der Zeuge X) verneint, sodass er aus diesem Grunde weitergefahren sei. Ein Motorrad habe er im Zuge dieser eingestandenen Interaktion auf der Fahrbahn aber ebenfalls nicht liegen gesehen. In der ersten Niederschrift wurde seinerseits die Möglichkeit eines „Übersehens des Motorradfahrers noch als möglich“ in den Raum gestellt. Von der Wahrnehmung eines vor ihm bzw. seitlich vor ihm anhaltenden Motorrades ist aber auch in der ersten Niederschrift nicht die Rede.

Es wird letztlich auch dem unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen nicht zugesonnen diesen Fahrzeugkontakt in Verbindung mit einem Umfallen des Motorrades schlichtweg erfunden zu haben, um den ihm bislang unbekannten Berufungswerber damit willkürlich zu belasten. Der Zeuge machte im Übrigen einen sehr soliden Eindruck, sodass seinen widerspruchsfreien Angaben gefolgt wird. Der Berufungswerber wirkte unsicher und selbst einfache Fragen nicht spontan beantworten. Wenn er im Rahmen der Berufungsverhandlung das behauptete Unfallgeschehen in einem Touchieren des Fahrbahnrandes auf der B X (also erst nach dem Abbiegevorgang) zu erklären versuchte, widerspricht dies nicht zuletzt der praktischen Logik des Verkehrsablaufes. Kein vernünftiger Motorradfahrer würde je versuchen nach dem Linksabbiegen auf der einzigen Fahrspur einen Pkw etwa rechts zu überholen und nach dem Sturz dem daran ursächlich beteiligten Fahrzeuglenker zurufen, dass nichts passiert wäre, um unmittelbar danach gegen diesen Lenker eine Anzeige wegen „Fahrerflucht“ zu erstatten.

Es mag sein, aus welchen Gründen auch immer, dass der Berufungswerber das Umdrücken des Motorrades noch vor dem Einbiegen in westlicher Fahrtrichtung in die B X subjektiv tatsächlich nicht bemerkte. Aber wenn ihn der Motorradlenker durch das Seitenfenster mit dem Hinweis „was soll das und er werde sich das Kennzeichen notieren und den Vorfall anzeigen“ konfrontierte, konnte er jedenfalls nicht mit gutem Gewissen  von keinem Unfallereignis ausgehen. Die Motive seiner Weiterfahrt müssen auf sich bewenden bleiben.

Er wäre aber verpflichtet gewesen einerseits anzuhalten um an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und da dies nicht geschah, das Geschehen zusätzlich noch bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden. Letztlich räumt der Berufungswerber auch anlässlich der Berufungsverhandlung zumindest indirekt ein wohl etwas gemerkt zu haben und aus diesem Grund kurz angehalten zu haben. Auch das spricht gegen die Wahrhaftigkeit seiner Verantwortung.

Das ihm dabei der Motorradfahrer gesagt hätte es wäre nichts passiert wird demnach als reine Schutzbehauptung qualifiziert. Die Berufungsbehörde hegt keine Zweifel, dass die Darstellung des Zeugen X der Wahrheit entsprechen und sein Motorrad vom Berufungswerber gestreift und dabei zu Boden gedrückt wurde. Inwieweit dies vom Berufungswerber nun unmittelbar wahrgenommen wurde, und wenn nein aus welchen Gründen auch immer, ist nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung. Das ein solcher Vorgang von einem Verkehrsteilnehmer bemerkt werden muss, steht wohl außer Zweifel, widrigenfalls an dessen Verkehrstauglichkeit ernsthaft gezweifelt werden müsste.

Auch wenn er seine nachgereichte Verantwortung so darzustellen versucht, dass er keinen Grund für ein Verbleiben an der Unfallstelle und einer Meldung gesehen habe, widerspricht dies einerseits den logischen Denkgesetzen und andererseits steht dies im klaren Widerspruch zu den schlüssigen Angaben des Zeugen, dem letztlich keine andere Wahl blieb als diesen Vorgang anzuzeigen.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a, sowie § 4 Abs.5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen,

a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,

b) wenn als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder

Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,

c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, und wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben (§ 4 Abs.5 StVO 1960).

5.1. Ein kumulativer Tatvorwurf betreffend die Tatbilder des § 4 Abs.1 lit.a und 4 Abs.5 StVO ist im Sinne des § 22 VStG (Kumulationsprinzip) gesetzlich indiziert; insbesondere, wenn wie in diesem Fall, das Tatverhalten beiden Schutzzielen zu wider läuft. Dies ist hier insbesondere deshalb der Fall, weil dem Berufungswerber das Unfallgeschehen unmittelbar durch den Zweitbeteiligten selbst zur Kenntnis gebracht wurde. Da er nach der Weiterfahrt letztlich auch der Meldepflicht nicht nachgekommen war, wurde beiden Verhaltensgeboten zuwider gehandelt. Diese sind daher auch zu sanktionieren.

Mit einem bloß kurzen Anhalt wird dieser Pflicht (noch) nicht nachgekommen. Selbst wenn zum Unfallszeitpunkt mangels erkennbarer Verletzung eine Unfallaufnahme noch nicht indiziert gewesen sein mag, muss von jedem mit den Schutzzielen des Straßenverkehrs  verbundenen Fahrzeuglenker erwartet werden, dass er sich mit einem offenkundig durch sein Zutun Unfallbeteiligten die erforderlichen Maßnahmen, wie etwa Ausfüllen eines Unfallberichtes, ermöglicht.

Das Verlassen der Unfallstelle ist daher typischer Weise dann tatbildmäßig, wenn der Zweitbeteiligte vor Ort ist  und mit diesem der Kontakt möglich ist. Anders etwa wenn die Beschädigung bloß an einer Verkehrsleiteinrichtung erfolgt, was für die Erfüllung der Meldepflicht ein Verlassen der Unfallstelle voraussetzt (vgl. auch VwGH 20.2.1991, 90/02/0152 mit Hinweis auf VwGH 15.5.1990, 89/02/0048 und VwGH 15.5.1990, 89/02/0164, sowie die h. Erk. v. 7.6.2000, VwSen-106982/Br mit Hinweis auf 5.8.1999, 106532/2/Gf/Km u.a).

Grundsätzliche Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und des § 4 Abs.5 leg. cit. ist daher, wie oben bereits dargelegt, wenn der Eintritt eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens evident ist.  Wenn demnach dem Unfalllenker (Täter) objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen,  aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1990, Zl. 86/18/0180, und vom 26. Mai 1993, Zl. 92/03/0008, je mit weiteren Judikaturhinweisen).

Der Anwendungsbereich des § 4 StVO bedingt auch nicht die Schuldform des Vorsatzes (§ 5 VStG), vielmehr genügt, dass  die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können. Diese Annahme ist durch den erwiesenen Umstand der entsprechenden Mitteilung an den Berufungswerber durch den Zweitbeteiligten gegeben (so auch Pürstl - Somereder, Kommentar zur StVO, 11. Auflage, S 69 Rn 34, sowie – unter vielen – VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, VwGH 13.2.1991, 90/03/0114 mit Hinweis auf VwGH 9.9.1981, 81/03/0125 u. VwGH 31.1.1986, 85/18/0367).

 

6. Zur Strafzumessung:

Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage  für  die  Bemessung  der Strafe stets das Ausmaß der mit  der  Tat  verbundenen    Schädigung   oder  Gefährdung   derjenigen  Interessen,  deren  Schutz die Strafdrohung dient, sowie  der  Umstand,  inwieweit  die  Tat sonst nachteilige  Folgen  nach  sich  gezogen  hat.  Überdies  sind die nach  dem  Zweck  der  Strafdrohung   in   Betracht  kommenden   Erschwerungs  und  Milderungsgründe,  soweit  sie nicht schon  die  Strafdrohung  bestimmen,  gegeneinander  abzuwägen.  Auf   das  Ausmaß  des  Verschuldens  ist  Bedacht zu nehmen. Unter  Berücksichtigung  der  Eigenart  des   Verwaltungsstrafrechtes   sind   die  Bestimmungen  der  §§  32  bis   35  StGB  (Strafgesetzbuch)  sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Vor dem Hintergrund des von der Behörde erster Instanz auf 2.000 Euro geschätzten Nettoeinkommens, dem vom Berufungswerber nicht widersprochen wurde, sind die ausgesprochenen Geldstrafen durchaus der Tatschuld und den Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers angemessen. Jedenfalls lässt dieses Strafausmaß insbesondere mit Blick auf den Strafrahmen im Punkte 1. (bis 2.180 Euro) keinen Ermessensfehler erkennen.  

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungs­gerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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