Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167591/10/Br/Ai

Linz, 20.02.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn  Mag. X, geb. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 10.01.2013, Zl. VerkR96-17935-2012, zu Recht:

 

 

I.       Die Berufung wird statt gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012 – VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber  wegen einer Übertretung nach § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe von 50 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Stunden verhängt und wider ihn folgenden Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 16 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Tatort: Gemeinde X, Landesstraße Freiland, X Nr. X bei km 38,920 in Fahrtrichtung X.

Tatzeit: 02.05.2012, 09.21 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 52 lit. a Zif. 10 a StVO Fahrzeug; Kennzeichen X.“

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf das Ergebnis der vorliegenden Geschwindigkeitsmessung mittels Radar (wörtlich: Fotoaufnahme) in Verbindung mit der unterbliebenen Mitwirkung am erstinstanzlichen Verfahren.

 

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung entgegen  indem er diese im Ergebnis dahingehend ausführt, dass an sich die Radarmessung und deren Richtigkeit dem Grunde nach in keiner Weise angezweifelt würde.

Grundsätzlich gelte an dieser Stelle der B X eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Aufgrund der festgestellten Kontrolltätigkeit habe er die Fahrgeschwindigkeit - wie dem Messergebnis zu entnehmen ist - entsprechend reduziert.  Er vertrat jedoch – wie auch der 18 Minuten später diese Stelle passierende Lenker (Verfahren VwSen-167578) - die Meinung, dass an diesem Tag - konkret zu dem mir vorgeworfenen Tatzeitpunkt - die entsprechenden Vorschriftszeichen der „temporären Geschwindigkeitsbeschränkung" nicht aktiviert gewesen wäre, indem er auf das Radarfoto verwies, auf welchem das fragliche Verkehrszeichen nicht sichtbar wäre, was aber der Fall sein müsste, falls diese in die entsprechende Position gedreht gewesen wäre.

Generell regte der Berufungswerber die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Verordnung an. Dies deshalb, weil zu hinterfragen wäre, ob ein „Geschwindigkeitstrichter", der auf 50 km/h reduziert im Hinblick auf die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs vertretbar ist. Dies insbesondere, da die Verkehrskontrollen (gemeint wohl Anhaltungen am Kontrollplatz) in Gegenrichtung stattfänden und es aufgrund des Kontrollortes auch bei 50 km/h und Gegenverkehr aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht vertretbar wäre, den Verkehr In Fahrtrichtung X auf den Kontrollplatz abzuleiten. Er stellt abschließend den  Antrag auf Verfahrenseinstellung.

 

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur  Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf das im Rahmen des Berufungsverfahrens beigeschafften Beweismittel unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungs­strafaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Dem Behördenakt angeschlossen fand sich bereits die Bezug habende Verordnung. Beigeschafft wurden die Materialien zur Verordnung, die die Ermächtigung zum Inhalt hat, anlässlich von Verkehrskontrollen Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h mit dem entsprechenden Verkehrszeichen  kund zu machen.

Ebenfalls wurden insgesamt drei Stellungnahmen zur strittigen Frage der damaligen ordnungsgemäßen Kundmachung der 50 km/h-Beschränkung in Fahrtrichtung X.  

Sowohl dem  Berufungswerber als auch der belangten Behörde wurde gemeinsam mit einem weiteren, im Ergebnis inhaltsgleichen Verfahren, das Beweisergebnis mit h. Schreiben vom 13.2.2013 mit der Einladung sich dazu noch zu äußern, zur Kenntnis gebracht.

 

 

 

4.1. Der Berufungswerber lenkte am 2.5.2012 um 09:21 Uhr seinen Pkw in Fahrtrichtung X, wobei die Fahrgeschwindigkeit mittels sogenannten Frontradar mit 66 km/h festgestellt wurde.

Der Berufungswerber und ebenso ein um 09:39 Uhr mit ebenfalls mehr als 50 km/h in Richtung X fahrender Fahrzeuglenker beruft sich im Ergebnis inhaltsgleich darauf, kein entsprechendes Beschränkungszeichen wahrgenommen gehabt zu haben. Die in der Folge von hier getätigten Anfragen erbrachten letztlich auch keine Klarstellung, ob das mit einer Drehvorrichtung ausgestattete  Verkehrszeichen (50 km/h) in Richtung X in der entsprechenden Rasterung – quer zur Fahrbahn zeigend und nicht parallel fixiert war.

Der Einsatzbeamte X ließ im Rahmen der h. Anfrage durch das Polizeiorgan BI X mit Email vom 9.2.2013 mitteilen, dass „in der Regel, wenn er anwesend ist von ihm in beiden Fahrtrichtungen aktiviert würden.“

Das am 2.5.2012 in Fahrrichtung X betreffend „Schnellfahrer“ Anhaltungen durchführende Organ der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, Frau X, konnte in der  Mitteilung vom 12.2.2013 an den Unabhängigen Verwaltungssenat wohl die Aktivierung in der Richtung X, nicht aber in Richtung X bestätigen. Im Zuge dieser Mitteilung wurde auch die Niederschrift über das Verordnungsverfahren übermittelt.

In einem weiteren schriftlichen Ersuchen an den Messbeamten übermittelte dieser wohl ein Radarprotokoll vom 1.6.2012, welches abermals weder ein konkretes Datum des Messeinsatzes erkennen lässt, noch wurde darin abermals nicht die Frage der „Aktivierung“ beantwortet, weil der Meldungsleger  den ganzen Tag über mit technischen Verkehrskontrollen befasst gewesen sei.

Die belangte Behörde beantwortet das h. Schreiben vom 13.2.2013, dass, falls die Verkehrszeichen zur Tatzeit nicht korrekt aufgestellt waren, man einer Verfahrenseinstellung nicht entgegen treten würde.

Der Berufungswerber äußert sich ebenfalls noch fristgerecht dahingehend, dass im Sinne seiner Verantwortung offenbar von keinem Beweis einer Kundmachung ausgegangen werden könne.

 

 

 

4.2. Angesichts der erhobenen Beweislage kann die ordnungsgemäße Kundmachung als nicht gesichert gelten. Wenn zwei Fahrzeuglenker behaupten kein Verkehrszeichen gesehen zu haben, muss ihnen mangels eines hieb und stichfesten Tatsachenbeweises des Gegenteils, zumindest im Zweifel in ihrer Verantwortung gefolgt werden. Dies wird zuletzt durch den Hinweis des Meldungslegers in seiner Stellungnahme vom 9.2.2013 erhärtet, welcher vermeinte, an sich auf dem Radarfoto das VZ erkennen zu können. Da dies auf keinen der hier verfahrensgegenständlichen Radarfotos der Fall ist, stützt auch dies die Verantwortung des Berufungswerbers.

 

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG und einem fairen Verfahren folgend, ist an einen Beweis ein strengerer Maßstab als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung zu stellen (vgl. VfSlg 12649; sowie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372).

Schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung ist nämlich von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und dessen Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122.

Das Verwaltungsstrafverfahren war demnach nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten. 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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