Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167610/2/Br/Ai

Linz, 21.02.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung von Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg, vom 10. Jänner 2013, Zl. VerkR96-1958-2010, zu Recht:

 

 

I.     Der Berufung wird in beiden Punkten Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt;

    

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§  24, 45 Abs.1 Z1, 51 und 51e Abs.2 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber zwei Geldstrafen (2 x 50 Euro) und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 2 x 24  Stunden ausgesprochen, wobei wider ihn folgende Tatvorwürfe erhoben wurden:

„Sehr geehrter Herr X!

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

1) Sie haben als Zulassungsbesitzer nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des PKW den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von X (Sohn) gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass die für die Verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass folgende, nicht typisierte Teile angebracht waren. Alle vier am PKW montierte Reifen hatten eine Dimension von 245/45/17 anstelle der erlaubten größten eingetragenen Dimension von 215/55/16.

 

Tatort: Gemeinde X, Landesstraße Freiland, X, Nr. X bei km 201.900.

Tatzeit: 19.06.2010, 16:45 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG

 

2) Sie haben als Zulassungsbesitzer nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des PKW den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von X (Sohn) gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass die für die Verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass folgende nicht typisierte Teile angebracht waren. Auf allen vier Rädern am PKW waren Alufelgen der Marke PLW (ohne weitere Aufschrift) der Dimension 17 Zoll anstelle der erlaubten bzw ein getragenen Dimension von 16 Zoll montiert.

 

Tatort: Gemeinde X, Landesstraße Freiland, X, Nr. X bei km 201.900.

Tatzeit: 19.06.2010, 16:45 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG

Fahrzeug:

Kennzeichen X, PKW, AUDI A 6, schwarz "

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

„Die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung, die von Ihnen im Hinblick auf die "Nichttypisierung nicht bestritten wird, ist aufgrund der Anzeige als erwiesen anzusehen. Nach Maßgabe des § 19 VStG ist der Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zug-rund zu legen.

Überdies sind die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Minderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Minderungsgrund ist Ihre bisherige Unbescholtenheit und die Tatsache, dass laut Gutachten Ihre Reifen- und Felgenkombination keine Gefährdung der Verkehrs- und Betriebssicherheit dargestellt hat.

Die Tatsache, dass die Reifen- und Felgenkombination nicht typisiert war bleibt jedoch aufrecht. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familieverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.“

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens gelangt die Behörde zur Auffassung, die Strafe so wie im Spruch angeführt festzusetzen.“

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber durch seinen bevollmächtigten Vertreter mit nachfolgenden Ausührungen entgegen:

In der umseits bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebt der Einschreiter gegen das Straferkenntnis vom 10.01.2013, Verk-R96-1958-2010, zugestellt am 15.01.2013, nachstehende

 

Berufung

 

Der Bescheid wird zur Gänze angefochten. Als Berufungsgründe werden unrichtige Sach­verhaltsfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beur­teilung beantragt. Begründet wird dies wie folgt:

 

Unrichtige rechtliche Beurteilung

Der Berufungswerber wurde im Spruchpunkt 1 und 2 schuldig gesprochen, dass er als Zulassungsbesitzer nicht dafür Sorge getragen hat, dass der Zustand des PKW den Vor­schriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde am 19.06.2010, 16:45 Uhr, Gemeinde X, Landesstraße Freiland, X Nr. X bei km 201.900 von X (Sohn) gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass die für die Verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Stra­ßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidba­re Beschmutzungen nicht typisierte Teile angebracht waren.

 

Spruchpunkt 1:

 

Es wurde festgestellt, dass folgende nicht typisierte Teile angebracht waren: Alle vier am PKW monierte Reifen hatten eine Dimension von 245/45/17 anstelle der erlaubten größten eingetragenen Dimension von 215/55/16.

 

Spruchpunkt 2:

 

Es wurde festgestellt, dass folgende nicht typisierte Teile angebracht waren: Auf allen vier Rädern am PKW waren Alufelgen der Marke PLW (ohne weitere Aufschrift) der Dimensi­on 17 Zoll anstelle der erlaubten bzw. eingetragenen Dimension von 16 Zoll montiert.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) im Spruchpunkt 1 und 2 verletzt: § 103 Abs. 1 Z 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG.

 

Gemäß § 4 Abs 2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so bebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beför­derte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Luftverunrei­nigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahr­zeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker sowie be­förderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile erwarten las­sen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeig­nete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder - wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwertbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestim­mung durchführbar ist - entsprechend gekennzeichnet sein.

 

In den in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründen der Begründung wird festgestellt, dass aufgrund der Ergänzung VerKR96-l 958-2010 zum Gutachten Verk-210000/1779-2010-Ht vom 09.12.2010 die Tatsache besteht, dass laut Gutachten die Reifen- und Felgenkombination keine Gefährdung der Verkehrs- und Betriebssicher­heit dargestellt haben.

 

Somit ist das Straferkenntnis bezüglich der angelasteten Verletzung der Rechtsvorschrift § 103 Abs. 1 Z 1 KFG i.V.m § 4 Abs. 2 KFG rechtswidrig, da in der Begründung des Straferkenntnis VerkR96-l 958-2010 vom 10.01.2013 festgestellt wurde, dass die Tatbe­standsmerkmale des § 4 Abs. 2 KFG gerade nicht vorliegen.

 

Doppelbestrafung

Es wird festgehalten, dass es sich keinesfalls um zwei gesonderte Delikte handeln kann bei Punkt 1. und 2. des Straferkenntnisses. Es wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er einerseits die Felgendimension überschritten hat und andererseits die Reifendi­mension.

 

Durch die Verwendung einer größeren Radfelge ergibt sich, dass auch ein größerer Rei­fengummi verwendet werden muss und dies auch bei der umgekehrten Vorgehensweise. Würde man der Ansicht das Reifen und Felgen jeweils getrennt zu bestrafen sein folgen, könnte man auch eine Strafbarkeit für jeden einzelnen Reifen und Felge annehmen und den Berufungswerber für acht Vergehen nach § 103 Abs. 1 Z 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 2 KFJ3 belangen.

 

Widerspruch zu § 44a Z 1 VStG

 

Nach § 44a Z 1 VStG ist rechtlich geboten die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatum­stände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungs­vorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehen aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

 

Der Berufungswerber wurde wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 Z 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG verurteilt. In der Begründung wurde festgestellt, dass der Beschul­digte gerade nicht den § 103 Abs. 1 Z 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG verletzt hat. Weiters wurde in der Begründung festgestellt, dass die Tatsache, dass die Reifen- und Felgenkom­bination nicht typisiert war, jedoch aufrecht bleibt. Dieses begründet die Behörde mit dem Vergehen des § 103 Abs. 1 Z 1 i.V.m. § 33 Abs 1 KFG. Diese Rechtsvorschriftsverlet­zung wurde dem Berufungswerber im Straferkenntnis und auch in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme nie vorgeworfen. Somit hat die Behörde gegen die Best­immungen gegen ein faires Verfahren Verstössen, da dem Berufungswerber die Möglich­keit genommen wurde, sich zu diesem Vorwurf zu äußern. Es liegt Verfolgungsverjährung vor.

 

Vorwurf des § 103 Abs 1 Z 1 i. V.m. § 33 Abs 1 KFG

 

Gemäß § 33 Abs 1 KFG hat Änderungen an einem einzelnen zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug einer genehmigten Type, die die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeu­ges beeinflussen können, der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges unverzüglich dem Lan­deshauptmann anzuzeigen.

 

Wie sich aus der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, trifft die Melde­pflicht nach § 33 Abs 1 KFG jene Person, die im Zeitpunkt der Änderung Zulassungsbe­sitzer des betroffenen Fahrzeuges war (vgl. VwGH 16.12.1992, ZI 92/02/0216 u.a). In der Begründung des Straferkenntnis VerK96-l 958-2010 wurden Feststellungen unterlas­sen, wer zum Zeitpunkt des Anbringens der Reifen und Felgen am beanstandeten KFZ der Zulassungsbesitzer war. Diese Feststellung wäre auch relevant gewesen für die Strafbar­keit gemäß § 103 Abs 1 Z 1 i.V.m. 33 Abs 1 KFG, da der Berufungswerber das bean­standete KFZ mit den Reifen und Felgen in diesem Zustand erworben hatte und ihn somit keine Verpflichtung gemäß § 33 Abs 1 KFG trifft, die Reifen und Felgen typisieren zu lassen.

 

Vorwurf des § 103 Abs 1 Z 1 KFG

Der Zulassungsbesitzer hat dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit An­hänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bun­desgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Es wird im Spruch des Straferkenntnisses VerKR96-1958-2010 nicht eindeutig eine Ver­letzung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG festgestellt und auch in den verletzten Rechtsvorschrif­ten nicht angeführt. Auch eine Begründung zu einer Verletzung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG fehlt. Somit wäre auch eine eventuelle Bestrafung wegen des § 103 Abs 1 Z 1 KFG rechtswidrig.

 

Aus all diesen Gründen wird gestellt der

 

Antrag,

 

an den UVS für Oberösterreich, der Berufung des Einschreiters stattzugeben und das Straferkenntnis zu VerkR96-1958-2010 ersatzlos zu heben und das Verwaltungsstrafver­fahren einzustellen.

 

X, am 22.01.2013                                                                             X“

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung konnte mit Blick auf die ergänzend durchgeführte Beweisaufnahme gemäß § 51e Abs.1 Z2 VStG unterbleiben.

 

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, der Beischaffung einer Anfrage aus der Zulassungsdatei und Gewährung des Parteiengehörs. Vom Berufungswerber wurde die Vorlage des Kaufvertrages betreffend dieses KFZ angeregt, welcher mit  einer abschließenden Stellungnahme mit einem Schriftsatz am 20.2.2013, vorgelegt wurde. Das in dieser Sache auch gegen den Lenker im Ergebnis inhaltsgleich geführte Verfahren ist h. unter der GZ. VwSen-167609 anhängig.

 

 

4. Sachverhalt:

Der Sohn des Berufungswerbers wurde am 19.6.2010 um 16:45 Uhr im Zuge einer Geschwindigkeitsmessung auf der B X, bei Strkm 201.900 in X angehalten. Im Zuge dieser Anhaltung wurde die nicht typisierten Felgen und die ebenfalls darauf aufgezogenen nicht von der Typengenehmigung umfassten Reifen festgestellt. Der Meldungsleger erachtete darin ohne nähere Begründung „die Gefahr einer Umweltbeeinträchtigung.“

Der Lenker gab gegenüber dem Meldungsleger an, das Fahrzeug wäre in diesem Zustand gekauft worden, er gehe daher davon aus, dass dieses in Ordnung gewesen wäre.

Diesen Pkw hat der Berufungswerber laut Kaufvertrag vom 26.3.2009 bei der Autohaus X & X GmbH um 6.000 Euro gekauft. Laut Zulassungsdatei wurde das Fahrzeug dann am 27.3.2009 zugelassen. Offenbar wurde im Zuge dessen auch eine Überprüfung iSd § 57a KFG durchgeführt bzw. musste die Verkehrstauglichkeit vorgelegen haben. Ob letztlich zu diesem Zeitpunkt bereits die hier beanstandete Bereifung vorlag, wurde zu keinem Zeitpunkt überprüft. Es ist mangeld gegenteiliger Feststellungen jedenfalls von dieser Annahme auszugehen. Weitere Erhebungen bei der Verkäuferin lassen wohl kaum erwarten, dass diese nach nunmehr drei Jahren den Verkauf eines Fahrzeuges mit nicht typisierter Bereifung bestätigen würde.

Der Amtssachverständige erblickt zusammenfassend in dieser von der Typisierung abweichenden Bereifung keine Gefährdung der Verkehrssicherheit, da sonst die Weiterfahrt zu untersagen gewesen wäre, was offenbar nicht der Fall war.  Was einem Sachverständigen aber nicht zukommt, vermeint dieser, der Lenker hätte eine entsprechende Genehmigung mitzuführen gehabt um dem Gesetz genüge zu tun.

 

 

4.1. Die Behörde erster Instanz erließ bereits am 25.6.2010, sowohl gegen den Lenker als auch den Berufungswerber eine Strafverfügung über je 365 Euro. Diese wurde fristgerecht am 5.7.2010 vom schon damals ausgewiesenen Rechtsvertreter beeinsprucht. Am 13.8.2010 reicht der Rechtsvertreter eine Stellungnahme nach, worin er insbesondere unter Hinweis auf das Kalkül des Amtssachverständigen durch diese Bereifung keine Verkehrsgefährdung agumentiert. Ebenfalls geht der Berufungswerber darin bereits auf die völlig überflüssig im Spruch angeführten Aspekte über „die Beschmutzung anderer Straßenbenützer, übermäßigen Lärm, Rauch oder üblen Geruch ein, welcher die diese Bereifung wohl keinesfalls verursacht werden hätte können. Zur Frage der Verkehrssicherheit beantragt er ein Gutachten. Dieses wurde wie oben unter Punkt 1.1.  bereits zitiert beigeschafft wurde. Der Verfahrensakt langte vom Sachverständigen am 13.12.2010 an die Behörde erster Instanz zurück.

Am 24.6.2011 wurde der  Berufungswerber vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Am 22.7.2011 nimmt der Berufungswerber dazu erneut Stellung und erachtet unter Hinweis auf die Faktenlage eine Bestrafung nicht geboten und beantragt die Verfahrenseinstellung.

Am 10. Jänner 2013 erlässt die Behörde erster Instanz schließlich das angefochtene Straferkenntnis mit der inhaltlichen Spruchforumulierung wie bereits in der Strafverfügung.

 

 

4.2. Beweiswürdigung:

Auch dem Berufungswerber als Zulassungsbesitzer ist in seiner Verantwortung zu folgen, wenn auch er im Ergebnis ein Verschulden von sich weist. Der Berufungswerber wendet ferner ebenfalls durchaus sachbezogen eine auf ein wesentliches Tatbestandselement im Sinne des § 33 KFG unterbliebene Verfolgungshandlung ein. Darüber hinaus wird ebenfalls zutreffend ausgezeigt, dass die Feststellung im Tatvorwurf einer vom Berufungswerber herbeigeführten Gefährdung durch den Sachverständigen widerlegt worden sei. Auch in diesem Punkt ist ihm beizupflichten, zumal mit diesem vom Lenker realistisch besehen kaum erkennbaren Mangel „keine Gefahr für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer darstellte, ferner weder  schädliche Erschütterungen, übermäßiger Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeibare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer“ herbeigeführt werden habe können. Wenn darin letztlich eine die Verteidungsrechte einschränkende Tatumschreibung erblickt wird, ist diesem Einwand ebenfalls zu folgen. Der objektive Betrachter kann angesichts dieser holprig anmutenden, sich fast über eine A4-Seite ausdehnenden Tatvorwürfe, nicht wirklich wissen was tatsächlich gemeint ist und wie er sich mit Blick darauf verteidigen (können) soll.

Wenn der Berufungswerber das Fahrzeug in diesem Zustand erworben und nicht selbst „umbereift hat“ konnte er schon im Sinne der bürgerlich rechtlichen Prinzipien auf die Mängelfreiheit des vom befugten Gewerbsmann/Gewerbsfrau vertrauen.   Schließlich wurde das Fahrzeug vermutlich schon in diesem Zustand auch behördlich zugelassen.

Vor diesem Hintergrund erhebt sich durchaus die Frage, warum überhaupt eine Anzeige erstattet wurde, anstatt etwa eine entsprechende Legalisierung durch Nachtypisierung aufzutragen.

 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Wie sich aus den oa. Ausführungen ergibt, hätte der Zulassungsbesitzer die verfahrensgegenständliche Bereifung im Sinne des § 33 Abs.1 KFG 1967 iVm § 22a Abs.1 lit.b KDV 1967 dem Landeshauptmann anzuzeigen gehabt. Ein derartiger Tatvorwurf wurde jedoch nie erhoben. Da die Verfolgungsverjährungsfrist längst abgelaufen ist, wäre es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, eine entsprechende Spruchkorrektur vorzunehmen (vgl. h. Erk. v. 5.1.2009, VwSen-163422/9/Fra/Se).

Da letztlich dieses Fahrzeug vom Berufungswerber am 5.3.2009 offenbar in diesem Zustand von einer Fachwerkstätte gekauft wurde, würde es nicht zuletzt jegliches Maß an Sorgfaltspficht überspannen, das Nichterkennen dieser bereits vom Vorbesitzer anzeigepflichtigen Abweichung als schuldhaftes Verhalten zur Last zu legen. Der Lenker – Sohn des Berufungswerbers - verantwortete sich bereits im Rahmen der Anhaltung im Juni des Jahres 2010 in diesem Sinne.

Gemäß § 5 VStG genügt wohl, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter/die Täterin nicht glaubhaft macht, dass ihn/sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation führt dies aber dennoch nicht zu einer völligen Beweislastumkehr. Der Verfassungsgerichtshof geht nämlich vielmehr davon aus, dass der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären.

Was die kumulative Bestrafung für die Felgen und Reifen betrifft ist zu sagen, dass „die Felge den Reifen u. umgekehrt bedingt. Stellen demnach die einzelnen Tathandlungen eine zeitliche, örtliche und sachliche Einheit dar und sind sie von einem Gesamtvorsatz getragen, so verneint der VwGH – in Anlehnung an die ständige Judikatur des OGH zu dieser Frage - das Vorliegen einer Realkonkurrenz (VwGH 26. 4. 1973, 601/72; 20. 11. 1974, 587/74; vgl auch ZfVB   560/1976, 988/1976). Es wäre daher auch betreffend den Zulassungsbesitzer an sich nur eine Strafe zu verhängen gewesen.

Inwiefern es dem Berufungswerber zuzumuten gewesen wäre diese nicht typisierte Bereifung in verkehrsüblicher Beurteilung der Verpflichtungen eines Lenkers vor Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges zu erkennen, ist nicht wirklich nachvollziehbar.

Da letztlich die angelastete Tat, einerseits jedenfalls in der umschriebenen Form begangen wurde, andererseits auch kein substanzierbares Verschulden nachweisbar ist, war das Straferkenntnis zu beheben und Strafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen gewesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Kein nachweisbares Verschulden,wenn KFZ mit falscher Berreifung vom Fachhändler erworben wurde

 

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