Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253371/2/Kü/Ba

Linz, 12.02.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn A S, vertreten durch RA Dr. J B, A, L, vom 16. Jänner 2013 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 27.12.2012, SV96-48-2010, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

I.            Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.        Der Berufungswerber hat keine Kostenbeiträge zum Verwaltungsstrafverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm. §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.                Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 27.12.2012, SV96-48-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge Bw) wegen insgesamt dreier Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm. § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), Geldstrafen in der Höhe von jeweils 1.000 Euro (gesamt: 3.000 Euro), für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils 48 Stunden, verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"1.      Bei der am 24.2.2010 um 11.30 Uhr in W, ehem. Gasthaus "Z P", von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr durchgeführten Kontrolle wurde Herr P L, geboren am X, ungarischer Staatsangehöriger, bei Sanierungsarbeiten (Abspachteln des Mauerwerks bzw. Abspachteln des alten Putzes) in Vollbeschäftigung gegen ein monatliches Entgelt von 1.500 Euro angetroffen. Der genannte Arbeiter konnte bei der Kontrolle keine arbeitsmarktrechtliche Genehmigung vorweisen.

 

Sie haben als Arbeitgeber den ausländischen Staatsangehörigen P L am 24.02.2010 um 11.30 Uhr mit Sanierungsarbeiten auf der Baustelle in W beschäftigt, obwohl für ihn entgegen der Bestimmung des § 3 Abs.1 AuslBG weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.3 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.

 

2.       Bei der am 24.2.2010 um 11.30 Uhr in W, ehem. Gasthaus "Z P", von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr durchgeführten Kontrolle wurde Herr C S, geboren am X, ungarischer Staatsangehöriger, bei Sanierungsarbeiten (Ausfugen der Fliesen mit einem Schwamm) in Vollbeschäftigung gegen ein monatliches Entgelt von 1.500 Euro angetroffen. Der genannte Arbeiter konnte bei der Kontrolle keine arbeitsmarktrechtliche Genehmigung vorweisen.

 

Sie haben als Arbeitgeber den ausländischen Staatsangehörigen C S am 24.02.2010 um 11.30 Uhr mit Sanierungsarbeiten auf der Baustelle in W beschäftigt, obwohl für ihn entgegen der Bestimmung des § 3 Abs.1 AuslBG weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.3 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.

 

3.       Bei der am 24.02.2010 um 11.30 Uhr in W, ehem. Gasthaus "Z P", von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr durchgeführten Kontrolle wurde Herr L P, geboren am X, slowakischer Staatsangehöriger, bei Reinigungsarbeiten (Reinigen der Fenster) in Teilbeschäftigung gegen ein monatliches Entgelt von 300 Euro (8 Euro pro Stunde) angetroffen. Der genannte Arbeiter konnte bei der Kontrolle keine arbeitsmarktrechtliche Genehmigung vorweisen.

 

Sie haben als Arbeitgeber den ausländischen Staatsangehörigen C S (gemeint: L P) am 24.02.2010 um 11.30 Uhr mit Sanierungsarbeiten auf der Baustelle in W beschäftigt, obwohl für ihn entgegen der Bestimmung des § 3 Abs.1 AuslBG weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.3 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde."

 

2.                Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltlicher Rechtswidrigkeit eingebracht und darin ausgeführt, dass von der Erstbehörde der von Amts wegen zu ermittelnde Sachverhalt nicht hinreichend erhoben und festgestellt worden sei, da sie sonst zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

 

Es wurde angeführt, dass im Spruchabschnitt 3., 2. Absatz, ebenso wie im Spruchabschnitt 2., 2. Absatz der "ungarische Staatsangehörige C S" angeführt worden wäre, was unzulässig und als Doppelbestrafung zu bewerten sei, da in jedem der insgesamt 3 Spruchabschnitte eine Geldstrafe von 1.000 Euro verhängt worden wäre.

Soweit im Spruchabschnitt 3. noch von dem ebenfalls angetroffenen L P die Rede sei, fehle im Erkenntnis die Subsumtion in Bezug auf die inkriminierte Übertretung.

 

Darüber hinaus habe die Erstbehörde nicht festgestellt, dass der Beschuldigte selbst Arbeitnehmer bei der Fa. R, T, sei, deren Inhaberin, Fr. M W, von der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mehrfach wegen Übertretungen nach dem AuslBG im Jahr 2009 im Zusammenhang mit den selben ausländischen Staatsangehörigen S und L bestraft worden sei. Im Straferkenntnis sei zwar angeführt, dass der Mietvertrag über das Objekt W unter dem Namen des Beschuldigten, jedoch unter Angabe der Firmenadresse R, abgeschlossen worden sei, es fehle aber die Feststellung, dass der Beschuldigte dort beschäftigt sei.

 

Es werde weiters ausgeführt, dass die angetroffenen ausländischen Staatsangehörigen S und L das gegenständliche Objekt auf der Basis von Untermietverträgen (der Beschuldigte sei selbst Bestandnehmer von der Eigentümerin des Objektes, Frau D) tatsächlich bewohnen würden. Die Mieter hätten sich im Gegenzug für den niedrigen Mietzins und die lange – von Vermieterseite unkündbare – Mietdauer, zur Arbeitsleistung im Zusammenhang mit der Sanierung und Erhaltung der Substanz des Gebäudes, insbesondere aller Ver- und Entsorgungsleitungen sowie der häuslichen Installationen, verpflichtet. Die Behauptung der Behörde, es handle sich dabei um Scheinverträge sein unbewiesen geblieben.

 

Ergänzend würde angeführt, dass Frau D als Hauseigentümerin selbst wegen der verfahrensgegenständlichen Vorwürfe von der Erstbehörde bestraft worden sei. Die gegenständlichen Verfahren wären beim UVS Oö. eingestellt worden, wobei begründend festgestellt worden sei, dass Verträge zwar nach derem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu beurteilen seien, diesen aber zunächst die Vermutung der Richtigkeit zukomme, sie also den wahren Sachverhalt widerspiegelten. Diese Richtigkeitsvermutung – untermauert durch das tatsächliche Bewohnen durch die angetroffenen ausländischen Staatsangehörigen und deren polizeilicher Meldung dort – hätte durch die bloße Behauptung, die Hauseigentümerin habe den Beschuldigten lediglich als "Mittelsmann" eingeschaltet, nicht widerlegt werden können.

 

Es könne also ebenso wenig von Scheinuntermietverträgen ausgegangen werden wie von einer Beschäftigung der beiden ausländischen Staatsangehörigen durch den Beschuldigten.

 

Zudem wären dem Beschuldigten infolge Auflösung des Hauptmietvertrages durch die Hauseigentümerin per 29.11.2010 die Verbesserungen am bzw. im Mietobjekt nie zugute gekommen.

 

Von der Erstbehörde wäre weiters auch nicht erhoben worden, von wem die ausländischen Staatsangehörigen das behauptete Entgelt erhalten hätten. Auch seien keinerlei Feststellungen über die zum Tatzeitpunkt voll über das Objekt verfügungsberechtigte Fa. A S getroffen worden.

 

Dem gesamten Verfahrensakt sei keinerlei Arbeitsverpflichtung oder Weisungsgebundenheit der ausländischen Staatsangehörigen gegenüber dem Beschuldigten zu entnehmen, vielmehr hingegen eine bloß abstrakte Verpflichtung zur Sanierung im Rahmen der Untermiete. Ein Arbeits- oder auch bloß arbeitnehmerähnliches Verhältnis liege daher nicht vor.

 

Die Beurteilung des Sachverhaltes durch die Behörde widerspreche sowohl der Privatautonomie als auch dem Verfahrensgrundsatz der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit.

 

Von der Erstbehörde sei weiters nur unzureichend festgestellt worden, über welche Gewerbeberechtigungen die angetroffenen ausländischen Staatsangehörigen, und zwar über welchen Zeitraum, verfügt hätten.

 

Ein somit weitgehend auf Vermutungen basierendes Beweisergebnis habe mit einem ordentlichen Ermittlungsverfahren bzw. einem fairen Verfahren iSd Art. 6 MRK nicht mehr zu tun.

 

Es würde beantragt, die ausländischen Staatsangehörigen einzuvernehmen um abzuklären, wer wem welchen Auftrag erteilt hätte, bzw. ob überhaupt ein Auftrag des Beschuldigten vorgelegen habe.

 

Das bekämpfte Straferkenntnis sei darüber hinaus auch inhaltlich rechtswidrig, da zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses die darin vorgeworfenen Übertretungen des AuslBG – ungeachtet einer hypothetischen Strafbarkeit zum Tatzeitpunkt – keine mehr waren. Eine Bestrafung sei daher schon vor dem Hintergrund des "Günstigkeitsprinzips" des  § 1 Abs.2 VStG unzulässig.

 

Es würde daher die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie die ersatzlose Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

3.                Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Da in den jeweils selbstständigen Spruchpunkten keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4.     Der Oö. Verwaltungssanat hat erwogen:

 

4.1.         Gemäß § 51e Abs.1 VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Gemäß § 51e Abs.6 VStG sind die Parteien so rechtzeitig zur Verhandlung zu laden, dass ihnen von der Zustellung der Ladung an mindestens 2 Wochen zur Verfügung stehen.

 

Nach § 31 Abs.3 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, drei Jahre vergangen sind.

 

4.2.         Im gegenständlichen Verfahren wird dem Bw zur Last gelegt, dass er mit insgesamt drei anlässlich einer Kontrolle der Finanzbehörde am 24.02.2010 bei der Durchführung von Sanierungsarbeiten an einem von ihm angemieteten Objekt angetroffenen ausländischen Staatsangehörigen ein Arbeits- oder zumindest arbeitnehmerähnliches Verhältnis eingegangen war, ohne die dafür erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen, wodurch gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz verstoßen wurde.

 

Die in § 31 Abs.3 VStG angeführte Strafbarkeitsverjährung tritt daher mit 24.02.2013 ein. Da der Bw den ihm zur Last gelegten Sachverhalt umfassend bestreitet und – neben zahlreichen weiteren Ermittlungsbegehren – die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zum Zeck der Einvernahme der angetroffenen ausländischen Staatsangehörigen explizit beantragt, ist der Oö. Verwaltungssenat gehalten, im Grunde des § 51e VStG eine mündliche Verhandlung zur Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes auch tatsächlich durchzuführen.

 

Die gegenständliche Berufung wurde dem Oö. Verwaltungssenat von der Erstbehörde mit Schreiben vom 25.01.2013, eingegangen am 30.01.2013, zur Entscheidung vorgelegt.

 

Im Hinblick auf das zwingende Erfordernis, in der gegenständlichen Verwaltungssache eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht möglich, vor Eintritt der Strafbarkeitsverjährung am 24.02.2013 unter Einhaltung der erforderlichen Vorbereitungsfrist für die Parteien das erforderliche Beweisverfahren zu einem Abschluss zu bringen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat aber die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

5.                Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

 

 

 

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