Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281508/2/Kl/TK

Linz, 12.02.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Jänner 2013, Ge96-4141-2012, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem KJBG zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 27 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Jänner 2013, Ge96-4141-2012, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von insgesamt 3.600 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 1.080 Stunden wegen Verwaltungsübertretungen nach dem KJBG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der X mit Sitz in X, X, diese ist Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für "Gastgewerbe in der Betriebsart Hotel (§ 111 Abs. 1 Z 1 u. 2 GewO 1994)" am Standort X, X, nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes 1987 (KJBG) eingehalten werden. Bei einer Überprüfung am 21.8.2012 in der Arbeitsstätte X, X, X, wurde dann näher ausgeführtes Verhalten festgestellt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis dem gesamten Inhalt nach angefochten und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Praktikantin X gemeinsam mit ihren Eltern zu Beginn des Praktikums an den Beschuldigten herangetreten sei mit der Bitte, zeitweise länger arbeiten zu dürfen und auch entsprechend Überstunden machen zu dürfen, um das Praktikum früher beenden zu können. Diesem Ersuchen sei der Beschuldigte in seiner Gutmütigkeit nachgekommen, sodass es nunmehr zu den Übertretungen gekommen sei, für welche jedoch die Zustimmung des Erziehungsberechtigten vorgelegen habe und auch eine entsprechende Zustimmung der Praktikantin. Der Beschuldigte sei während der gesamten Praktikumszeit stets darum bemüht gewesen, dass die Praktikantin nicht überfordert werde und es aufgrund von geleisteten Überstunden zu keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung kommen werde. Für den bisher unbescholtenen Beschuldigten sei das gegenständliche Strafverfahren Anlass genug, um in Hinkunft derartigen Ersuchen von Praktikanten und deren Erziehungsberechtigten nicht mehr nachzukommen und Praktikanten bzw. andere Dienstnehmer darauf hinzuweisen, die Bestimmungen nach dem AZG und ARG bzw. KJBG genauestens einzuhalten. Auch werde er bei allfälligen Verstößen entsprechende dienstrechtliche Konsequenzen vollziehen. Im Gesamtzusammenhang sei von keinem Verschulden des Beschuldigten auszugehen, allenfalls von einem äußerst geringen Verschulden und werde daher die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Dies ist der Ort, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen (vgl. § 2 Abs. 2 VStG).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Judikatur ausgeführt, dass, wenn nicht der unmittelbare Täter sondern der gesetzliche Vertreter einer GesmbH als nach § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher bestraft wird, diesem in der Regel insoweit ein Unterlassungsdelikt zur Last liegt, als er es verabsäumt hat, das ihm als Vertreter der Gesellschaft Zumutbare und Mögliche vorzukehren, um die Begehung der Verwaltungsstraftat durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. In diesen Fällen kommt als Tatort jeweils jener Ort in Betracht, an welchem der gesetzliche Vertreter hätte handeln sollen. Im Zweifel fällt dieser Ort mit dem Sitz des Unternehmens zusammen (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, § 44 a VStG, unter E 245 ff zitierte Rechtsprechung). Ob die Beschäftigung der beiden ausländischen Arbeitnehmerinnen an diesem Firmensitz oder an einem anderen Ort stattgefunden hat, ist für die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers ohne Belang (vgl. VwGH vom 4. Sept. 2006, Zl. 2003/09/0096-6). Nicht nur für die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes oder des Arbeitsruhegesetzes hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch die Auffassung vertreten, dass der Tatort dort liegt, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (VwGH v. 21.12.1998, Zl. 98/17/0052 mit weiteren Judikaturnachweisen).

Es ist daher der Unternehmenssitz in X, von wo aus Dispositionen und Anordnungen hätten getroffen werden müssen, als Tatort im Sinn des § 27 VStG heranzuziehen. Danach ist aber nicht die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck sondern vielmehr die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Schärding gegeben. Es hat daher die belangte Behörde als unzuständige Behörde im Sinn des § 27 VStG das angefochtene Straferkenntnis erlassen, weswegen dieses wegen Unzuständigkeit aufzuheben war.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

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