Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523283/6/Sch/AK

Linz, 15.02.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. X, X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 31. August 2012, Zl. VerkR21-41-2012, wegen Entziehung der Lenkberechtigung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8. Jänner 2013 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bezirkshauptmann von Perg hat mit Bescheid vom 31. August 2012, Zl. VerkR21-41-2012, Herrn X in Bestätigung eines vorangegangen Mandatsbescheides die Lenkberechtigung für die Klassen B, C1, C, E (B), E (C1), E (C) und F für die Dauer von 20 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides, das war der 16. Juli 2012, entzogen.

Für den selben Zeitraum wurde ihm das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen, Motorfahrräder oder Invalidenkraftfahrzeugen verboten, ebenfalls aberkannt wurde das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

Schließlich wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid aberkannt.

 

Als Rechtsgrundlagen angeführt wurden die §§ 24 Abs.1 Z1, 7 Abs.1 und 3 Z11, 25, 29, 30 Abs.1 und 32 Abs.1 Führerscheingesetz (FSG).

Die Verfügung bezüglich aufschiebender Wirkung der Berufung wurde auf § 64 Abs.2 AVG gestützt.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Der Berufungswerber ist mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 8. Juli 2011 unter anderem wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 zweiter und dritter Fall sowie erster und fünfter Fall und Abs.2 Suchtmittelgesetz sowie wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs.1 Suchtmittelgesetz zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Dieses Urteil ist aufgrund von Rechtsmittelverzicht in Rechtskraft erwachsen.

Dem von der Erstbehörde vorgelegten Verfahrensakt ist nicht zu entnehmen, wann und auf welche Weise die Führerscheinbehörde von dieser Verurteilung Kenntnis erlangt hat. Jedenfalls hat sie mit Schreiben vom 16. Februar 2012 das Landesgericht Linz um Übermittlung des Gerichtsaktes 458 27 Hv 50/11X-17 (BS) ersucht. Diesem Ersuchen wurde auch entsprochen, woraufhin die Behörde um einiges später den mit 3. Juli 2012 datierten Mandatsbescheid erlassen hat.

Gestützt auf dieses Urteil und unter Hinweis auf vorangegangene gerichtliche Verurteilungen des Berufungswerbers wegen Suchtmittelhandels wurde ihm, wie schon oben erwähnt, die Lenkberechtigung für die Dauer von 20 Monaten – samt den zusätzlichen Verfügungen – entzogen.

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde vom Berufungswerber neben dem Hinweis auf die Ausführungen in der Berufungsschrift auch vorgebracht, dass ihm die Erstbehörde die Lenkberechtigung für die oben erwähnten Klassen aufgrund Fristablaufes am 27. September 2011 wieder erteilt habe.

Diesen Angaben decken sich mit dem Inhalt des Führerscheinregisters, wonach am 27. September 2011 dem Berufungswerber wiederum ein Führerschein ausgestellt worden ist.

Schon das Urteil des Landesgerichtes Linz stammt aus der Zeit vor der erwähnten Wiedererteilung, nämlich vom 8. Juli 2011. Darauf kommt es aber letztlich ohnehin nicht an, entscheidend ist für die Frage der Entziehung einer Lenkberechtigung, wann die relevanten und die Verkehrszuverlässigkeit ausschließenden Tatsachen seitens des Betroffenen gesetzt wurden. Nach dem erwähnten Gerichtsurteil haben die strafbaren Handlungen im Zusammenhang mit Suchtmittelhandel Ende Mai 2010 geendet.

 

4. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 abs.1 Z2 bis 4) nicht gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung ist nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern ein einheitliches, als die Behörde bei der Entziehung der Lenkberechtigung sämtliche Erteilungsvoraussetzungen zu beurteilen und in diesem Zusammenhang alle bis zur Bescheiderlassung verwirklichten Umstände zu berücksichtigen hat. Waren der Behörde solche Umstände nicht bekannt, kommt unter den Voraussetzungen des § 69 Abs.3 AVG die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen in Betracht.

Bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs.4 FSG sind strafbare Handlungen, nicht aber die Verurteilung wegen dieser Straftaten. Es kommt also im gegebenen Zusammenhang darauf an, wann der Betreffende die strafbaren Handlungen begangen hat, nicht aber wann er ihretwegen verurteilt oder wann die Verurteilung rechtskräftig wurde (VwGH 23.10.2001, 2001/11/0185 mit Vorjudikatur).

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Behörde, als sie per 27. September 2011 dem Berufungswerber die Lenkberechtigung wieder erteilte, von sämtlichen Voraussetzungen, also auch von der Verkehrszuverlässigkeit desselben, ausgegangen ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Berufungswerber die strafbaren Handlungen gegen das Suchtmittelgesetz längst begangen gehabt. Allerdings hatte die Behörde hier noch keine Kenntnis hiervon.

Aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Entziehungsverfahrens ist abzuleiten, dass die Behörde eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht auf Vorgänge stützen darf, die bereits vor der erfolgten Erteilung der Lenkberechtigung gesetzt wurden. Es wäre schon im Rahmen dieses Verfahrens zu prüfen gewesen, ob beim Berufungswerber zum damals relevanten Wiedererteilungszeitpunkt auch tatsächlich alle Voraussetzungen hierfür vorlagen. Die mangelnde Kenntnis der Behörde von Straftaten ist bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die amtswegige Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs.3 iVm Abs.1 Z2 AVG von Bedeutung (vgl. das obzitierte Erkenntnis vom 23.10.2001).

Nach dieser höchstgerichtlichen Judikatur könnte also im konkreten Fall die Erstbehörde das Verfahren, das zur Wiedererteilung der Lenkberechtigung am 27. September 2011 geführt hat, von Amts wegen wiederaufnehmen. Zu beachten wäre in diesem Zusammenhang aber auch, dass die strafbaren Handlungen des Berufungswerbers, soweit sie im eingangs erwähnten Gerichtsurteil angeführt sind, bereits mit Mai 2010 geendet hatten, seither somit schon ein Zeitraum von nahezu 3 Jahren verstrichen ist (vgl. § 7 Abs.4 FSG).

 

Zum von der Erstbehörde verfügten Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen den Entziehungsbescheid ist zu bemerken, dass mit der verfahrensgegenständlichen Berufungsentscheidung sich ein dezidierter Abspruch in diesem Zusammenhang erübrigt.

Im Hinblick auf den in den Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten Umstand, dass der Berufungswerber während der Entziehung der Lenkberechtigung beim Lenken eines führerscheinpflichtigen Kfz betreten wurde, ist auszuführen:

Diese Fahrt stellt grundsätzlich eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z6 lit. a FSG dar. Zu bedenken wäre aber die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – wenngleich Verwaltungsstrafsachen betreffend – im Falle der nachträglichen Behebung eines Entziehungsbescheides (VwGH 24.2.2012, 2011/02/0142).

Ganz abgesehen davon ließe sich eine Entziehung der Lenkberechtigung aufgrund dieser bestimmten Tatsache kaum begründen, war der Berufungswerber ohnehin bereits seit Erlassung des Mandatsbescheides bis zur Entscheidung der Berufungsbehörde, also etwa 7 Monate, im Ergebnis nicht im Besitz einer Lenkberechtigung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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