Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167286/2/Zo/AK

Linz, 18.02.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vom 11.10.2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 26.09.2012, Zl. VerkR96-2762-2011 wegen einer Übertretungen des KFG zu Recht erkannt:

 

 

I.              Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.           Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z3 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 03.03.2011 um 18.43 Uhr in X, auf der A8 bei Km 0,500, Raststätte X als Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem Kennzeichen X mit dem Sattelanhänger X, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5t übersteigt, die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe, obwohl der Fahrer, wenn er ein Fahrzeug lenkt, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit folgendes vorlegen können muss:

Alle während des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke, die gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vorgeschrieben sind. Er habe für den Zeitraum vom 20.02.2011, 22.54 Uhr bis 25.02.2011, 13.55 Uhr sowie für den Zeitraum vom 26.02.2011, 00.01 Uhr bis 01.03.2011, 00.59 Uhr keine Bescheinigung vorlegen können, dass er kein in den Anwendungsbereich der EG-Verordnung 561/2006 fallendes Fahrzeug gelenkt habe. Dies stelle anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABl Nr. L29, einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art. 15 Abs.7 lit.a Abschnitt iii der Verordnung (EWG) 3821/85 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass es sich um eine Überstellungsfahrt gehandelt habe, welche nicht unter die Bestimmungen zur Regelung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr falle. Weiters sei er selbst Geschäftsführer der X GmbH und deshalb nicht verpflichtet, sich für sich selbst eine Urlaubsbescheinigung auszustellen. Eine derartige Bescheinigung hätte auch keinerlei Beweiswert.

 

Die Wirtschaftskammer habe ihm für die Zukunft empfohlen, wegen der nicht eindeutig geklärten rechtlichen Situation künftig derartige Bescheinigungen auszustellen, was er auch machen werde. Er habe jedoch im guten Glauben gehandelt und ersuche daher, das Strafverfahren einzustellen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Berufungswerber lenkte am 03.03.2011 um 18.43 Uhr das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug. Bei einer Kontrolle bei der Raststätte X wurde die Fahrerkarte des Berufungswerbers überprüft und dabei festgestellt, dass auf dieser für die Zeit vom 20.02.2011, 22.54 bis 25.02.2011, 13.55 Uhr sowie für die Zeit vom 26.02.2011, 01.00 Uhr bis 01.03.2011, 00.59 Uhr keine Aufzeichnungen vorhanden waren. Für diese Zeiträume führte der Berufungswerber keine Urlaubsbestätigung oder sonstige Bescheinigung mit, wonach er in diesen Zeiten kein in den Anwendungsbereich  der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 fallendes Fahrzeug gelenkt habe.

 

Entgegen dem Vorbringen in der Berufung ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Frachtbrief, dass das Sattelkraftfahrzeug mit insgesamt  4 Packstücken (Bruttogewicht ca. 20.000kg) beladen war. Es handelte sich daher nicht um eine bloße Überstellungsfahrt eines leeren Fahrzeuges.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Art. 15 Abs.7 lit.a der Verordnung (EWG) 3821/85 lautet:

Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, dass mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit folgendes vorlegen können:

i) die Schaublätter für die laufende Woche und die vom Fahrer in den vorausgehenden 15 Tagen verwendeten Schaublätter,

ii) die Fahrerkarte, falls er Inhaber einer solchen Karte ist, und

iii) alle während der laufenden Woche und der vorausgehenden 28 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke, die gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vorgeschrieben sind.

 

Für LKW, welche mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang IB ausgerüstet sind (digitale Kontrollgeräte) sind die entsprechenden Verpflichtungen in Art. 15 Abs.7 lit.b der angeführten Verordnung enthalten.

 

Gemäß § 102a Abs.4 KFG 1967 haben sich Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit einem digitalen Kontrollgerät im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ausgerüstet sind, bei der Bedienung des Kontrollgerätes an die Bedienungsanleitung des Kontrollgerätes zu halten. Sie haben dafür zu sorgen, dass das Kontrollgerät auf Fahrten in Betrieb ist und dass ihre Fahrerkarte im Kontrollgerät verwendet wird. Die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht, die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke, die Fahrerkarte und die mitgeführten Schaublätter des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage, falls sie in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt haben, dass mit einem analogen Kontrollgerät ausgerüstet ist, auszuhändigen. Hierüber ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen. Fehlen auf der Fahrerkarte einzelne Arbeitstage und werden dafür auch keine Schaublätter mitgeführt, so sind für diese Tage entsprechende Bestätigungen des Arbeitgebers, die den Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Art. 11 Abs.3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müssen, mitzuführen und bei Kontrollen auszuhändigen.

 

5.2. Zum Berufungsvorbringen ist festzuhalten, dass es sich keinesfalls um eine bloße Überstellungsfahrt handelte, weil entsprechend dem Frachtbrief erhebliche Mengen an Gütern transportiert wurden. Die Verpflichtung zur Ausstellung entsprechender Urlaubsbestätigungen besteht auch für den Geschäftsführer eines Unternehmens, wenn dieser selbst mit einem LKW fährt. Auch in diesen Fällen ist es erforderlich, dass die Exekutive die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten lückenlos überprüfen kann, weshalb auch der Geschäftsführer selbst eine – wenn auch von ihm selbst ausgefüllte – Bestätigung mitführen muss.

 

Unabhängig davon ist die gegenständliche Berufung im Ergebnis erfolgreich. Dem Berufungswerber wurde eine Übertretung des Art. 15 Abs.7 lit. a der Verordnung (EWG) 3821/85 vorgeworfen, wobei sich diese Bestimmung auf die Verwendung analoger Kontrollgeräte mit Schaublättern bezieht. Der Berufungswerber verwendete jedoch einen LKW mit einem digitalen Kontrollgerät (mit einer Fahrerkarte), weshalb sich die Verpflichtung zum Vorlegen der handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke aus Art. 15 Abs.7 lit.b der angeführten Verordnung ergibt.

 

Die fehlende Urlaubsbestätigung ist nicht in Art. 15 der angeführten Verordnung geregelt, weil sich diese nur auf jene handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke bezieht, die in der Verordnung (EWG) 3821/85 selbst bzw. in der Verordnung (EG) 561/2006 vorgeschrieben sind. Die Urlaubsbestätigung ist jedoch in diesen beiden Verordnungen nicht angeführt.  Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat, gestützt auf Richtlinie 2006/22/EG ein elektronisches Formblatt erstellt, welches zur Dokumentation des Erholungsurlaubes bestimmt ist. Diese Richtlinie kann die einzelnen LKW-Fahrer jedoch nicht unmittelbar verpflichten. Sie ist an die Mitgliedsstaaten gerichtet und verpflichtet diese zur Umsetzung der Richtlinie. Diese Umsetzung erfolgte durch die 30. KFG-Novelle, BGBl I Nr. 94/2009, mit welcher die Verpflichtung zum Mitführen der Urlaubsbestätigungen für analoge Kontrollgeräte im § 102 Abs.1a sowie für digitale Kontrollgeräte im § 102a Abs.4 geregelt wurde.

 

Der Berufungswerber hat daher – unter der Annahme, dass der von der Polizei vorgeworfene Sachverhalt den Tatsachen entspricht – eine Übertretung des       § 102a Abs.4 KFG begangen, wobei ihm ein dieser Bestimmung entsprechender Tatvorwurf im gesamten Verfahren nicht vorgehalten wurde. Es ist diesbezüglich daher bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb seiner Berufung stattzugeben war.

 

Unabhängig davon ist der Berufungswerber  darauf hinzuweisen, dass er auch als Geschäftsführer eines Unternehmens verpflichtet ist, die entsprechenden Urlaubsbestätigungen für sich selbst auszustellen, wenn er  LKW lenkt.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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