Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222630/2/BMa/AK

Linz, 29.01.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, vertreten durch X X & Partner Rechtsanwälte GmbH, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 27. August 2012, Ge96-130-2009, wegen Übertretung der Gewerbeordnung zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

  II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBL. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBL.I Nr. 100/2011-AVG §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBL.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBL.I Nr. 50/2012 - VStG

zu II: § 66 Abs. 1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X Gesellschaft m.b.H. im Zeitraum vom 31. Oktober 2007 bis 4. Juni 2012 zu verantworten, dass die X Gesellschaft m.b.H., die im Standort X, eine in der Anlage 3 zur GewO 1994 angeführte Betriebsanlage (IPPC-Betriebsanlage) - nämlich die "Großteileanlage" - betreibt, entgegen der im

§ 81b GewO 1994 normierten Verpflichtung - wonach der Betriebsanlageninhaber unverzüglich eine Darstellung der Entwicklung des Standes der Technik und eine Darstellung der getroffenen Anpassungsmaßnahmen zu ermitteln hat - in der Zeit vom 31.10.2007 (§ 81c, letzter Satz GewO 1994) bis 4. Juni 2012 der Bezirkshauptmannschaft Gmunden nicht mitgeteilt hat, welche Maßnahmen getroffen wurden, um die im § 77a GewO 1994 für diese Betriebsanlage normierten Anforderungen zu erfüllen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 368, 81b, 81c und 77a Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994, i.d.g.F. (GewO 1994)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Eine Geldstrafe in Höhe von 700 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen.

 

Rechtsgrundlage: §§ 368 GewO 1994

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 70 Euro, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet), zu zahlen:

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher 770 Euro."

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, mit der bloßen Behauptung, die Anlage entspreche ohne Anpassungsmaßnahmen dem Stand der Technik, habe die Betriebsinhaberin ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht entsprochen. Dass Anpassungsmaßnahmen notwendig und auch technisch möglich seien, habe der Amtssachverständige zuletzt beim Lokalaugenschein am 4. Juli 2012 festgestellt. Dessen unbestritten gebliebene fachliche Feststellungen hätten dargelegt, dass nach dem aktuellen BAT-Dokument bei derartigen Wirkbädern Maßnahmen zur Minimierung der Dampfentwicklung bzw –ausbreitung als derzeitiger BAT-Stand angesehen würden. Derartige Maßnahmen würden "keine Novität darstellen" und seien als technisch erprobt anzusehen.

 

1.3. Gegen dieses dem Bw am 29. August 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 11. September 2012, die rechtsfreundlich vertreten eingebracht wurde.

 

1.4. Die Berufung ficht den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 17. Juli 2012, Ge20-5006/19-2012, zur Gänze an und führt im Wesentlichen aus, dem Vorwurf im angefochtenen Straferkenntnis liege die unrichtige Annahme zu Grunde, wonach hinsichtlich der bestehenden IPPC-Anlage ("Großteileanlage") eine Anpassungspflicht an den Stand der Technik bestehe. Tatsächlich bestehe eine solche Anpassungspflicht jedoch nicht. Aus diesem Grund habe die X GmbH in der Zeit vom 31.10.2007 bis 04.06.2012 der Bezirkshauptmannschaft Gmunden auch nicht mitteilen können, welche Maßnahmen getroffen würden, um die im § 77a GewO 1994 für diese Betriebsanlagen normierten Anforderungen zu erfüllen.

 

Es wurde in der Berufung zur Vermeidung von Wiederholungen auch auf das Vorbringen in einem beim UVS Oberösterreich geführten Parallelverfahren zu VwSen-531294 verwiesen, dem zusammengefasst und vereinfacht dargestellt das selbe Vorbringen wie vorerwähnt zu Grunde liegt.

Abschließend beantragt die Berufung die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu den Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 21 VStG, in eventu, für den Fall einer Bestrafung, die Verhängung der Mindeststrafe.

 

2.1. Aus der Aktenlage ergibt sich der nachstehende entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Die X Gesellschaft m.b.H., dessen gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugter Geschäftsführer der Bw ist, betreibt im Standort X, Gemeinde X, eine X. Die Wirkbäder für Großteile in der Halle ("Großteileanlage"), die Teil dieser gewerblichen Betriebsanlage sind, sind als IPPC-Anlage entsprechend der Anlage 3 zur GewO 1994 anzusehen, weil sie ein Volumen von über 30m³ aufweisen.

Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat mit Spruchpunkt 1 des Bescheides vom 17. Juli 2012, Ge20-5006/19-2012, der X GmbH durch Anordnung Anpassungsmaßnahmen an den Stand der Technik betreffend Wirkbäder für Großteile in der Halle ("Großteileanlage") vorgeschrieben, weil trotz eines in der Gewerbeordnung verankerten Übergangsdatums bis zum 31. Oktober 2007 bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides dieser Anlagenteil noch nicht dem Stand der Technik angepasst worden sei. Den Anpassungsmaßnahmen zu Grunde gelegt wurde ein "Angebot Nr. X der X GmbH vom 02. Mai 2012 – Wäscher und Wandeinhausung", welches von der X GmbH der Behörde vorgelegt wurde. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 27. November 2012, VwSen-531294/49/Bma/Ba, Folge gegeben und die Anordnung von Anpassungsmaßnahmen an den Stand der Technik aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlich ausgeführt, dass die Verhältnismäßigkeit, die in einem Verfahren gemäß § 81c GewO 1994 idgF unter sinngemäßer Anwendung des

§ 81b Abs. 1 GewO 1994 idgF und Abs. 2 Z 1 leg cit zu berücksichtigen ist, bei der Realisierung der angeordneten Maßnahmen zu verneinen ist. Überdies ist zu Tage getreten, dass von Expertenseite unterschiedliche Zugänge zur Definition des Standes der Technik nach § 71a GewO 1994 idgF bestehen.

Zugunsten der Berufungswerberin war in diesem Verfahren davon auszugehen, dass die bestehende Rechtsunsicherheit der Anlagenbetreiberin nicht zur Last gelegt worden könne, wurde doch von den befragten Sachverständigen der Stand der Technik unterschiedlich definiert, sodass bis zur Klarstellung der maßgeblichen Parameter zur Bestimmung des Standes der Technik nach österreichischem Recht zugunsten der Berufungswerberin davon auszugehen war, dass die Anlage auf dem Stand der Technik gemäß § 71a GewO 1994 idgF entspricht.

 

2.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Ge96-130-2009 und aus dem Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. November 2012, VwSen-531294/49/Bma/Ba, ergibt, das allen beteiligten Parteien bekannt ist.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 368 GewO 1994 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366, 367 und 367a genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetztes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die aufgrund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die den Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

3.2. Dem Bw kann die Nichtdurchführung von Anpassungsmaßnahmen an den Stand der Technik nicht vorgeworfen werden, ergibt sich doch aus den Feststellungen, dass als Vorfrage zu diesem Verfahren im Verfahren VwSen-531284/49/Bma/Ba festgestellt wurde, dass hinsichtlich des Standes der Technik auf Expertenebene Unsicherheit besteht, was im Zweifelsfall dem Bw nicht zur Last gelegt werden kann. Aus diesem Grund wurden Anpassungsmaßnahmen verneint. Weil der Bw damit aber die Nichterfüllung von Pflichten nach der GewO nicht zu verantworten hat, war das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

4. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 

 

 

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