Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167599/8/Bi/CG

Linz, 05.03.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des x, xstraße x, x, vertreten durch Herrn RA x, x, x, vom 29. November 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Wels-Land vom 8. November 2012, VerkR96-2581-2012, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 70 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 27. Dezember 2011, 9.47 Uhr, in W., x, den Pkw VW, Kz.x, entgegen dem Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten, ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" abgestellt habe, obwohl das Fahrzeug nicht nach der Bestimmung des § 29b Abs.4 StVO gekennzeichnet gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) – nach Gewährung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch die Erstinstanz – fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorent­scheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Durchführung der anberaumten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, nicht er sei für das Abstellen des Pkw verantwortlich sondern der Lenker C. H., den er der Behörde nachweislich als solchen bekanntgegeben habe. Dass an diesen die Ladung an der genannten Adresse nicht zugestellt werden habe können, sei nicht erklärlich, weil zB in einem Gerichtsverfahren am 15.5.2012 die Ladung dort zugestellt wurde. Er sei dafür nicht verantwortlich, ebenso wenig dafür, wenn sich sein "Chauffeur" verkehrswidrig verhalte. Ihm sei keine Bestimmung bekannt, dass der Halter hier zur Verantwortung gezogen werden könne. Der Tatvorwurf sei für ihn so zu interpretieren, dass ein Halten und Parken zulässig gewesen wäre, jedoch deshalb nicht, weil das Fahrzeug nicht nach § 29b Abs.4 StVO gekennzeichnet gewesen sei. Er gehe davon aus, dass eine Farbkopie des Ausweises auch gültig sei, zumal durch Witterungseinflüsse bzw Sonnen­einstrahlung das Original leicht "zerfleddert" werde. Er verweise dazu auf eine Anmerkung zu "§ 1 des § 29b StVO", wonach es eine Empfehlung des BMVIT gebe, wo empfohlen werde, aus Fälschungs- und Sicherheitsgründen die Plastifizierung des Ausweises vorzu­nehmen, weil eine solche ihn besser schütze und die Haltbarkeit verlängere. Der starke Verschleiß werde damit auch bestätigt, und das Verwenden der Kopie sei durchaus legitim – der Ausweis sei ja nicht doppelt verwendet worden – um nachzuweisen, dass er zu Recht Inhaber eines Behindertenausweises sei. In der Begründung werde ihm dieser Umstand ohnedies allerdings wiederum nicht vorgeworfen, sodass nicht klar ersichtlich sei, was ihm die Behörde nun tatsächlich im Endeffekt vorwerfe. Allfällige Taten, falls er solche begangen habe, seien jedenfalls verjährt. Wenn in der Begründung von einer Ermahnung wegen "Nichterteilung der Lenkerauskunft" die Rede sei, sei eine solche nicht rechtsgültig, weil nicht im Spruch aufscheinend, und auch nicht gerechtfertigt, weil er eine Lenkerauskunft ja erteilt habe; mehr als einmal könne man solches nicht verlangen. Wenn die Post nicht zustellen könne, könne das nicht ihm zur Last fallen. Die offenbar durch die BPD Wels festgesetzte Strafbemessung könne er nicht nachvollziehen. Die Vorwürfe seien haltlos, weshalb er beantrage, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Demnach erfolgte die Anzeige, weil der Pkw mit Kennzeichen x am 27. Dezember 2011 um 9.47 Uhr in W., x, laut Organmandat des Magistrats der Stadt Wels, Steuerverwaltung, im "beschilderten Halteverbot – Konkretisierung: Behindertenparkplatz" abgestellt war, wobei ein "x" im Fahrzeug lag.

Die Strafverfügung der BPD Wels vom 12. März 2012, S-4040/WE/12 01/KLE, mit dem Tatvorwurf gemäß §§ 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde fristgerecht beeinsprucht, wobei der Bw darauf hinwies, er sei Inhaber eines Ausweises gemäß § 29b StVO; es könne sich nur um einen Irrtum handeln. Beigelegt war eine Kopie vom 1997 von der BH x ausgestellten Ausweis Nr.x, wonach der Inhaber dauernd stark gehbehindert sei und die beiden zunächst angeführten Kennzeichen 1999 "amtlich gestrichen" wurden.

Nach der Abtretung des Verfahrens an die nunmehrige Erstinstanz gemäß § 29a VStG wurde ein Ermittlungsverfahren durchgeführt.

 

Laut ihren Angaben von 26. April 2012 fand die Anzeigerin B. S., ÖWD W., den Pkw x so vor, dass nicht der Originalausweis hinter der Windschutzscheibe lag, sondern eine plastifizierte Farbkopie des Ausweises. Sie legte dazu von ihr bei der Kontrolle gemachte Fotos vor und bestätigte, der Bw sei bereits früher aufgefallen, weil er Ausweiskopien in verschiedenen anderen Fahrzeugen verwendet habe.

A. S., ÖWD W., gab am 23. Mai 2012 vor der Erstinstanz an, der Bw sei damals bei ihr gewesen und habe seinen Originalausweis vorgelegt. Sie habe ihn darauf angesprochen, ob er die bereits bekannten Kopien seines "Behindertenausweises" bereits vernichtet habe, was er bejaht habe. Sie sei der Meinung gewesen, dass der Originalausweis im Fahrzeug gelegen sei, und habe das Organmandat entgegengenommen. Kurz darauf habe ihr ihre Kollegin S. bei der Amtshandlung aufgenommene Fotos gezeigt, auf denen eindeutig zu erkennen gewesen sei, dass es sich "wieder um eine Kopie des Ausweises" und nicht um das vom Bw vorgelegte Original gehandelt habe. Daher habe sie die Anzeige weitergeleitet.

Der Bw hat dazu ausgeführt, laut Strafverfügung sei er bestraft worden, weil das Fahrzeug nicht nach § 29b Abs.4 StVO gekennzeichnet gewesen sei. Plötzlich werde ihm vorgeworfen, er habe das Fahrzeug überhaupt mit einer "Kopie" seines Ausweises abgestellt. Er habe das Fahrzeug am 27. Dezember 2011 überhaupt nicht selbst abgestellt, er sei als behinderte Person von C. H. chauffiert worden und beantrage Verfahrenseinstellung.

 

Der genannte Zeuge ist an der vom Bw genannten Adresse zwar gemeldet, jedoch wurde die an ihn abgesendete Ladung vom 12. Juli 2012 mit dem Postvermerk "verzogen" retourniert.

Der Bw wurde in der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG der Erstinstanz vom 18. Juli 2012 darauf hingewiesen und die Aufforderung laut Rückschein mit Beginn der Abholfrist am 21. Juli 2012 hinterlegt; er hat darauf nicht reagiert. Sodann erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 ist das Halten und das Parken im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z13b StVO verboten.

Das Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit.a Z13 b StVO zeigt mit der Zusatztafel „ANFANG“ den Beginn und mit der Zusatztafel „ENDE“ das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

Die Zusatztafel gemäß § 54 Abs.5 lit.h StVO unter dem Zeichen „Halten und Parken verboten“ zeigt an, dass das Halte- und Parkverbot nicht für Fahrzeuge gilt, die nach der Bestimmung des § 29b Abs. 4 gekennzeichnet sind.

 

Aus den im Akt befindlichen Fotos des damaligen Abstellortes des Pkw x ergibt sich, dass dieser mit dem Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten ausgenommen Fahrzeuge, die nach den Bestimmungen des § 29b Abs.4 gekennzeichnet sind" gekennzeichnet war.

Der Bw ist Inhaber eines Ausweises gemäß § 29b Abs.1 StVO, dh er war als solcher grundsätzlich berechtigt, entweder als Selbstlenker oder als beförderte Person die dort kundgemachte Ausnahmeregelung für sich in Anspruch zu nehmen, dh dort zu parken – die Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses dazu sind insofern unverständlich, als sie nicht auf die dort bereits kundgemachte Ausnahmeregelung gemäß § 54 Abs.5 lit.h StVO beziehen, sondern auf ein ausnahmsloses Halte- und Parkverbot, in dem auch der Inhaber eines § 29b-Ausweises tatsächlich nur zum Aus- oder Einsteigen einschließlich des Aus- oder Einladens der für ihn nötigen Behelfe (wie etwa ein Rollstuhl u. dgl.) für die Dauer dieser Tätigkeiten halten darf.

 

Gemäß § 29b Abs.4 2.Satz StVO hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehr­spurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar anzubringen.

 

Der Bw war nach seinen eigenen Aussagen nicht der Lenker und damit nicht der "Absteller" des auf ihn zugelassenen Pkw, sondern wurde von C.H. befördert. Nach der Bestimmung des § 29b Abs.4 StVO war er dennoch verantwortlich für die Kennzeichnung des Pkw, nämlich als "Ausweisinhaber", da nur dieser berechtigt ist, die Ausnahmeregelung gemäß § 54 Abs.5 lit.h StVO für sich in Anspruch zu nehmen. 

Die Anlastung im Sinne des § 44a Abs.1 VStG hätte daher auf den Bw als "Inhaber eines Ausweises gemäß § 29b StVO" lauten müssen.  Dem Bw wurde innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 32 VStG ein Abstellen im Sinne eines Lenkens vorgeworfen. Eine Anlastung im Sinne des      § 29b Abs.4 StVO ist damit nicht mehr nachholbar, weshalb gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG – naturgemäß ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen – spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Inhaltlich ist zu bemerken, dass in § 29b Abs.4 StVO ausdrücklich vom "Ausweis" die Rede ist, der möglicherweise in Plastik eingeschweißt länger haltbar ist. Keinesfalls zulässig ist aber die Verwendung einer Farbkopie des "§ 29b-Ausweises", auch weil die Zahl der im Umlauf befindlichen Kopien, wie vom Bw eindrucksvoll bewiesen – auf das Kennzeichen x sind allein drei Pkw zugelassen – unüberschaubar wird.

Im Übrigen wird auf BGBl.I Nr.39/2013 (25. StVO-Novelle) hingewiesen, laut  der eine Änderung des § 29b StVO ab 1. Jänner 2014 ansteht – der Ausweis des Bw wurde vor 2001 ausgestellt.  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Tatvorwurf gem. §§ 29b Abs.4 iVm 99/3j StVO verjährt à Einstellung

 

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