Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730551/15/Wg/GRU

Linz, 29.03.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, X, X, gegen die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28.6.2011, Zl. Sich40-774-2008, verhängte Ausweisung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.3.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

II.                Eine Rückkehrentscheidung ist auf Dauer unzulässig.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG und  § 61 Abs 3 FPG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Bescheid vom 28.6.2011, Zl. Sich40-774-2008, gem. § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 13.7.2011. Der Bw beantragt darin, die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Wels-Land vom 28.6.2011 dahingehend abändern, dass das eingeleitete Ausweisungsverfahren eingestellt und die ausgesprochene Ausweisung aufgehoben wird; in eventu den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde aufheben und diesen zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurück zu verweisen.

 

Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremden­rechtsänderungsgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion den Berufungsakt dem Verwaltungssenat zuständig­keitshalber übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat führte am 12.3.2012 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durch. Der Bw erstattete eingangs folgendes Vorbringen: "Ich verweise auf den Berufungsschriftsatz. Ergänzend lege ich folgende Dokumente vor: Verdienstnachweis vom Dezember 2011, aktuelle Meldebestätigung, Lohnzettel und Beitragsgrundlagennachweis für den Zeitraum 1.1. bis 31.12.2011. Weiters Unterstützungserklärungen von X, X und X."

 

Die rechtsanwaltliche Vertreterin erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Auf den Berufungsschriftsatz wird verwiesen. Es wird beantragt, der Berufung stattzugeben und die Ausweisung zu beheben. Es wird darauf verwiesen, dass sich der Bw in Folge des Beschäftigungsverhältnisses sehr gut in Österreich integriert hat. Das Beschäftigungsverhältnis wurde nach den Straftaten eingegangen. Die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses belegt, dass sich der Bw umfassend und nachhaltig gebessert hat. Zu den privaten Verhältnissen ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Bw über einen österreichischen Freundeskreis gemeinsam mit seiner nunmehrigen Lebensgefährtin X verfügt. Er ist in der Familie der Frau X sehr gut integriert. Er wird dort akzeptiert.

Insgesamt überwiegen daher eindeutig die privaten Interessen des Bw an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung."

 

Der Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von X.

 

Er reiste am 31.10.2002 (illegal und unbekannt mit einem LKW) in das Bundesgebiet ein. Seit 16.6.2003 ist er im Bundesgebiet gemeldet. Der Bw verfügt über ein Deutschzertifikat für Sprachkenntnisse auf dem Niveau A2. Sein dzt. Hauptwohnsitz ist in X, X, bei seiner Lebensgefährtin X. Der Bw und seine Lebensgefährtin haben bereits eine gemeinsame Wohnung in X, X, gefunden, in die sie am X einziehen werden.

 

Der Bw wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 22.3.2004, Zl. U 92/2004 A, zu einer Geldstrafe von 80 € bedingt verurteilt (§ 15 StGB Strafbarkeit des Versuches und § 127 StGB Diebstahl).

 

Weiters wurde der Bw mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 14.3.2005, Zl. HV 28/2005 H, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt (§ 136 StGB Unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen und § 129 StGB Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen).

 

Der Bw bereut seine Straftaten. Die strafrechtlichen Urteile sind mittlerweile getilgt.

 

Seit Anfang 2006 besteht ein Beschäftigungsverhältnis mit der Fa. X, dabei verdient er ca X,-- Euro netto pro Monat.

 

Aus dem Versicherungsdatenauszug vom 20.12.2011 geht hervor, dass der Bw von 01.05.2004 bis 10.01.2006 als Asylwerber bzw. Flüchtling gemeldet war. In der Zeit vom 24.01.2006 bis 24.04.2006 war er geringfügig beschäftigter Arbeiter der Fa. X und vom 01.04.2006 bis 30.04.2006 war er geringfügig beschäftigt bei der Fa. X. Seit 11.04.2006 ist er Arbeiter bei der Fa. X.

 

In der mündlichen Verhandlung gab die Lebensgefährtin des Bw an, dass er sich liebevoll um ihr Kind kümmert. Auch die Eltern mögen ihn sehr und sie haben auch gemeinsame Freunde. Er ist sehr gut integriert und wird auch von den Freunden und der Familie akzeptiert.

 

Die vorgelegten Empfehlungsschreiben der X, X sowie X bestätigen, dass der Bw in Österreich über einen Freundeskreis verfügt.

 

Festzustellen war weiters, dass der Bw unbescholten ist.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Vorbringen des Bw und den in der Verhandlung vorgelegten Dokumenten.

 

Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Die Ausweisungsentscheidung gilt gem. § 125 Abs. 14 Fremden­polizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 38/2011 als Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 FPG. Der Bw hält sich seit rechtskräftigem negativen Abschluss seines Asylverfahrens nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf. Der Tatbestand für eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG ist dem Grund nach erfüllt.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Der illegale Aufenthalt des Bw seit negativem Abschluss des Asylverfahrens beeinträchtigt das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens in einem erheblichen Ausmaß.

 

Dem gegenüber steht das persönliche Interesse des Bw an der Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Bundesgebiet. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin und ihrem Kind bei deren Eltern in dessen Wohnung. Am 1.4.2012 werden der Bw und seine Partnerin mit ihrem Kind in eine eigene Wohnung in Marchtrenk ziehen.

 

Auch ein unrechtmäßiger Aufenthalt kann zur Begründung einer Integration im Inland herangezogen werden, wenn dem auch nicht derselbe Stellenwert wie bei einer rechtmäßigen Niederlassung zugemessen werden kann (vgl. VwGH vom 4.9.2003, GZ. 2000/21/0102).

 

Der Bw war von 2004 bis 2006 geringfügig beschäftigt. Nunmehr hat er seit 11.4.2006 ein aufrechtes Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. X.

 

Der Bw hat den Willen zur Integration durch entsprechende Deutsch-Kenntnisse unter Beweis gestellt. In der mündlichen Verhandlung war eine Kommunikation mit ihm möglich. Es liegt ein Zertifikat über Deutsch-Kenntnisse auf Niveau A2 vor. Des weiteren hat er sich bei den Eltern seiner Lebensgefährtin und dessen Freundeskreis gut integriert. Zu dem Kind seiner Partnerin hat er eine Beziehung aufgebaut.

 

Zusammengefasst hat sich der Bw in der Zeit seines nunmehr seit 31.10.2002 dauernden Aufenthaltes im Bundesgebiet der Republik Österreich so weit integriert, dass seine privaten Interessen an der Fortsetzung des Aufenthaltes die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthaltes überwiegen.

 

Eine Rückkehrentscheidung ist mittlerweile dauerhaft unzulässig.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 


Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren für die Berufung von 71,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

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