Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750068/2/SR/WU

Linz, 05.03.2013

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, alias X, geboren am X, alias X, geboren am X, alias X, geboren am X, Staatsangehöriger von Pakistan alias Afghanistan, vertreten durch die X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft von Vöcklabruck vom 28. Dezember 2012, GZ.: Sich96-1057-2012, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

            I.      Die Berufung gegen Spruchpunkt 1. wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid diesbezüglich bestätigt.

 

        II.      Der Berufungswerber hat betreffend Spruchpunkt 1. zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 100 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

    III.      Die Berufung gegen Spruchpunkt 2 wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid diesbezüglich bestätigt. Der Berufungswerber hat zu Spruchpunkt 2 keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24, 51 und 64f des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft von Vöcklabruck vom 28. Dezember 2012, GZ.: Sich96-1057-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) unter Spruchpunkt 1. gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in der Höhe von 500,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt und unter Spruchpunkt 2. eine Ermahnung ausgesprochen. Die belangte Behörde führte dabei wie folgt aus:

1. Zum Tatzeitpunkt am 20.09.2012 um 22:15 Uhr wurden Sie am Tatort: X, Asylunterkunft X von Beamten der PI X unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet angetroffen. Eine Überprüfung ihrer Person ergab dass Sie keine der in § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Vorraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt erfüllen. Dies stellt eine Übertretung nach § 120 Abs. 1a FPG 2005 dar.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1.      wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2.      wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.      wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4.      solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5.      entfällt

6.      wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7.      soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

         Ihre Einreise ins Bundesgebiet erfolgte am 12.01.2012 illegal über Unbekannt per LKW mit Schlepperunterstützung.

         Sie verfügen weder über eine Aufenthaltsberechtigung oder sind aufgrund einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem NAG zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt.

         Ebenso verfügen Sie über keinen Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates (Schengen-Staates).

         Zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung am 20.09.2012 um 22:15 Uhr befanden Sie sich in keinem Asylverfahren. Ihnen kam daher kein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zu. Über Ihren Asylantrag vom 14.01.2012 wurde mit Erkenntnis des AGH vom 23.07.2012 gem. §§ 3 und 8 AsylG in II. Instanz iVm einer Ausweisung gem. 10 AsylG, rechtskräftig am 27.07.2012, zurückgewiesen. Die Behandlung der dagegen eingebrachten höchstgerichtlichen Beschwerde wurde mit Beschluss des VfGH, vom 10.10.2012 abgewiesen.

         Für Sie liegt weder eine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gem. § 3 Abs. 5 AuslBG noch eine Anzeigebestätigung gem. § 18 Abs. 3 AuslBG vor.

 

2. Zum Tatzeitpunkt am 20.09.2012 um 22:15 Uhr wurden Sie am Tatort: X, Asylunterkunft X von Beamten der Pi X unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet angetroffen ohne den Kontrollierenden Beamten eine gültiges Reisedokuments vorweisen zu können. Sie führten daher als pass- und Sichtvermerkspflichtiger Fremder zum Tatzeitpunkt am Tatort kein Reisedokument mit sich, respektive verwahrten dieses nicht in einer solchen Entfernung von Ihrem jeweiligen Aufenthaltsort, dass seine Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen konnte, obwohl Sie dazu gemäß § 32 FPG verpflichtet sind. Dies stellt eine Übertretung nach § 121 Abs. 3 Z. 2 FPG 2005 dar.

 

Nach Darstellung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:

 

Anlässlich einer Fremdenkontrolle am angeführten Tatort zur angeführten Tatzeit, wurde festgestellt, dass Sie sich im Bundesgebiet von Österreich nicht rechtmäßig aufhalten, da Ihr Asylantrag (AIS 12 00.622) vom 14.01.2012 mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes gem. § 3 und 8 iVm einer Ausweisung gem. § 10 AsylG am 23.07.2012 in II. Instanz negativ finalisiert wurde. Dieses Erkenntnis erwuchs mit seiner Zustellung am 27.07.2012 in Rechtskraft. Ihr temporär befristetes Aufenthaltsrecht in Österreich endete somit an diesem Tag. Die Behandlung einer dagegen eingebrachten höchstgerichtliche Beschwerde wurde mit Beschluss des VWGH vom 08.11.2012 abgewiesen.

 

Sie verfügen somit als pass- und sichtvermerkspflichtiger Fremder in Österreich zum Tatzeitpunkt über keinerlei Reisedokumente respektive über keinen Sichtvermerk für Österreich oder einen Aufenthaltstitel nach dem NAG oder eine der weiteren im § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Vorraussetzungen für den Rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet von Österreich.

 

Mit Schreiben vom 02.10.2012 wurden Sie aufgefordert zu den im Spruch genannten Übertretungen Stellung zu nehmen.

 

Mit Schreiben vom 15.10.2012, bei der Behörde eingelangt per Post am 17.10.2012 nahmen Sie durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung, X und X, unter gleichzeitiger Vollmachtsbekanntgabe wie folgt Stellung:

 

Sie seien pakistanischer Staatsbürger und hätten am 13.01.2012 einen Asylantrag gestellt, dieser sei mit Bescheid des BAA Traiskirchen vom 23.01.2012 abgewiesen und festgestellt worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig sei. Die von Ihnen dagegen eingebrachte Beschwerde sei mit Erkenntnis des AGH rechtskräftig zugestellt am 27.07.2012 abgewiesen worden. Sie hätten dagegen firstgerecht Beschwerde beim VfGH erhoben und einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erhoben. Über den gestellten Antrag sowie über die Beschwerde habe der VfGH noch nicht entschieden. Sie würden erst nach negativem Abschluss des Asylverfahrens einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung stellen können und würden dies auch machen. Diese Antragstellung sei während des Asylverfahrens nicht möglich und erfordere den illegalen Aufenthalt. Es liege daher eine entschuldigenden Notstandssituation iSd § 6 VStG mit einem unauflöslichen Interessenkonflikt vor, wenn Sie einerseits zur Ausreise verpflichtet seien, eine fremdenpolizeiliche Maßnahme iSd § 44b Abs. 3 NAG noch nicht durchgeführt worden sei und Sie andererseits im Inland bleiben müssten, damit der Antrag auf Erlangung eines Aufenthaltsrechts überhaupt eine positive Erledigungschance habe. Darüber hinaus würden Sie über keinerlei Reisedokument verfügen und könnten somit Österreich gar nicht verlassen, weshalb Ihr illegaler Aufenthalt nicht bestraft werden könne. Die Mitnahme eines Reisepasses sei Ihnen als Flüchtling nicht möglich gewesen, weshalb Sie nun nicht dafür bestraft werden könnten, dass Sie kein Reisedokument besäßen. Aus all diesen Gründen würden Sie daher den Antrag stellen, von einer Bestrafung abzusehen und das ggst. Verfahren einzustellen.

 

Mit Beschluss des VfGH vom 10.10.2012 wurde Ihr Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ebenso wie die Behandlung der von Ihnen eingebrachten Beschwerde abgewiesen

 

In rechtlicher Hinsicht hat die belangte Behörde folgende Erwägungen angestellt:

Zum Tatzeitpunkt am Tatort erfüllten Sie keine der in § 31 Abs 1 FPG angeführten Vorraussetzungen für den Rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet von Österreich.

 

Der von Ihnen eingebrachten höchstgerichtlichen Beschwerde beim VfGH wurde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die Ausweisungsentscheidung des AGH gem. § 10 AsylG ist seit 27.07.2012 in II: Instanz rechtskräftig. Bisher haben Sie keinen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG gestellt. Ebenso erwächst allein aus der Antragsstellung für einen Aufenthaltstitel nach dem NAG kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Übertretung gem. § 120 Abs. 1a sind somit erfüllt.

 

Zur Strafhöhe in Spruchpunkt 1 wird ausgeführt, dass diese im untersten Bereich des Strafrahmens (Mindeststrafe) angesiedelt ist. Vom außerordentlichen Milderungsrecht gem. § 20 VStG 2001 konnte daher kein Gebrauch gemacht werden. Die Strafbemessung entspricht dem Tatbild sowie der zur Last gelegten Schuld.

 

Zur Ermahnung in Spruchpunkt 2 befindet die erkennende Behörde, dass in diesem Spruchpunkt mit einer bescheidmäßigen Ermahnung das Auslangen gefunden werden kann. Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass bei erneuter Betretung keineswegs mehr mit einer milden Bestrafung gerechnet werden kann.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig von den Rechtsvertretern eingebrachte Berufung vom 14. Jänner 2013.

 

Begründend wird wie folgt ausgeführt:

Das Erkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach bekämpft und als Berufungsgrunde werden

*        wesentliche Mängel des Verfahrens,

*        unvollständige bzw. unrichtige Sachverhaltsfeststellung und unrichtige Beweiswürdigung,

*        sowie unrichtige rechtliche Beurteilung

geltend gemacht und wird dazu im Einzelnen ausgeführt wie folgt:

 

Die o.a. Behörde begründete das Straferkenntnis im Wesentlichen damit, dass sich der Berufungswerber am 20.09.2010 um 22.15 Uhr in X, Asylunterkunft X, als Fremder und damit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe.

 

Dem ist Folgendes entgegen zu halten:

 

Der Berufungswerber ist pakistanischer Staatsbürger und stellte am 13.01.2012 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Traiskirchen vom 23.01.2012 abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist.

 

Die gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurden mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.07.2012, zugestellt am 27.07.2012 unter der Zahl E13 424.452-1/2012-21E 11.07.2012, abgewiesen.

Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht das außerordentliche Rechtsmittel der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erhoben und kann ihm dies nicht zum Vorwurf gemacht werden. Mittlerweile hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Verfahrenshilfe und die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 unter Zahl U 1865/12-5 abgelehnt. Zum Zeitpunkt der Anhaltung am 20.09.2012 hatte der Berufungswerber somit die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes noch nicht erhalten und durfte er immer noch hoffen, dass ihm einerseits die Verfahrenshilfe, andererseits auch die aufschiebende Wirkung zuerkannt werde.

 

Darüber hinaus kann der Berufungswerber erst nach negativem Abschluss des Asylverfahrens einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung stellen und wird er dies auch machen. Während des anhängigen Asylverfahrens ist dies nicht möglich und erfordert diese Antragstellung den illegalen Aufenthalt.

 

Somit liegt für den Berufungswerber eine entschuldigende Notstandsituation iSd § 6 VStG mit einem unauflöslichen Interessenskonflikt vor, wenn er einerseits zur Ausreise verpflichtet ist, eine fremdenpolizeiliche Maßnahme im Sinn des §44b Abs. 3 NAG (noch) nicht durchgeführt wurde und er andererseits im Inland bleiben muss, damit der Antrag auf Erlangung eines Aufenthaltsrechtes überhaupt eine positive Erledigungschance hat (vg. Auch VwSen-231070/WIE/Fu/Sta vom 14. Juli 2010).

 

Darüber hinaus verfügt der Berufungswerber über kein Reisedokument und kann somit Österreich gar nicht verlassen und kann er somit für diesen illegalen Aufenthalt nicht bestraft werden. Die Mitnahme eines Reisepasses war dem Berufungswerber als Flüchtling nicht möglich und kann er nun nicht dafür bestraft werden, dass er kein Reisedokument besitzt.

 

Der Berufungswerber hat durch Erhebung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eine ihm im Rechtsstaat gebotene Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsmittels in Anspruch genommen und wäre es sogar verfassungswidrig, ihn dafür bestrafen zu wollen.

 

Aus genannten Gründen hat sich der Berufungswerber jedenfalls rechtmäßig im Sinn der entsprechenden Richtlinien der europäischen Union in Österreich aufgehalten. Es fehlt somit an der Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit.

 

Aus all den vorstehenden Gründen wird gestellt der

ANTRAG,

der Berufung Folge zu geben und den bekämpften Bescheid zur Gänze ersatzlos aufzuheben.

 

3.1. Mit Schreiben vom 16. Jänner 2013 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und gab im Vorlageschreiben folgende Stellungnahme ab:

Die rechtsfreundliche Vertretung des Obgenannten bestreitet den unrechtmäßigen Aufenthalt des Bf im Bundesgebiet nicht und führt - wie auch im bekämpften Straferkenntnis angeführt -aus, dass die negative Entscheidung im Asylverfahren des Bf in Verbindung mit einer Ausweisungsentscheidung gem. § 10 AsylG in den Herkunftsstaat Pakistan mit der Zustellung am 27.07.2012 in II. Instanz in Rechtskraft erwuchs. Weiters beruft sich die rechtsfreundliche Vertretung des Bf auf die im Asylverfahren eingebrachte Höchstgerichtliche Beschwerde deren Behandlung mit Beschluss des VfGH v. 10.10.2012 abgelehnt wurde. Er habe zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung (20.09.2012) noch auf Zuerkennung der Aufschiebenden Wirkung betreffend der VfGH-Beschwerde hoffen dürfen. Auch könne der Bf erst nach negativem Abschluss des Asylverfahrens einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung steilen und werde er dies auch machen. Es liege daher entschuldigender Notstand iSd § 6 VStG vor. Darüber hinaus verfüge der Bf über kein Reisedokument und könne somit Österreich gar nicht verlassen, somit könne er auch nicht wegen des illegalen Aufenthalts bestraft werden.

Seitens der BH Vöcklabruck wird dem Entgegnet, dass der Bf sich zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung bereits seit ca. 2 Monaten unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Die Einbringung eines außerordentlichen Rechtsmittels ändert - mit Ausnahme der Zuerkennung der Aufschiebenden Wirkung durch das Höchstgericht - nichts an der Rechtskraft der bekämpften Ausweisungsentscheidung. Auch nach Zustellung des VfGH Beschlusses - und der damit Verbundenen Kenntnis von der Ablehnung der Beschwerdebehandlung setzte der Bf keinerlei Schritte zur Beendigung seines illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet und ist gegenwärtig unverändert unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Die Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung wird vom Rechtsfreundlichen Vertreter des Bf sowohl in der Stellungnahme v. 15.10.2012 als auch in der Berufung gegen das Straferkenntnis vom 14.01.2013 in Aussicht gestellt. Bis dato ist eine diesbezügliche Antragsstellung nicht erfolgt.

Auch tauchten im bei der BH Vöcklabruck seit 07.08.2012 anhängigen Identitätsprüfungsverfahren laufend neue Alias-Identitäten auf, welche die Feststellung der Tatsächlichen Identität des Bf deutlich erschweren. Die letzte Urgenz an die pakistanische Botschaft - iVm der Bekanntgabe von neuen Alias-Personalien - erfolgte am 31.12.2012 und ist dieses Verfahren bis dato anhängig. Die Mitwirkung des Bf an der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes ist daher nicht gegeben, weshalb auch das Vorbringen bezüglich des nicht vorhandenen Reisedokumentes nicht als Vorwand für die Unmöglichkeit der Ausreise des Bf aus dem österreichischen Bundesgebiet geeignet ist.

Es steht daher fest, dass Obgenannter zum Tatzeitpunkt am Tatort keine der im § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Voraussetzunge für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllte und somit unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war (§ 120 Abs. 1a FPG).

Die Höhe der Verwaltungsstrafe betreffend darf darauf verwiesen werden dass es sich bei der Strafhöhe von € 500,-- um die im § 120 Abs. 1a geregelte Mindeststrafen handelt.

Weiters ist Auszuführen, dass der Bf bezüglich des Nicht-Mitführens von Reisedokumenten (§ 121 Abs. 3 Z 2 FPG) lediglich mit Bescheid ermahnt wurde, ihm jedoch gleichgehend mitgeteilt wurde, dass bei erneuter Betretung keineswegs mehr mit einer milden Bestrafung gerechnet werden kann.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck beantragt daher der Berufung gegen ggst. Straferkenntnis nicht stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis Sich96-1057-2012 vom 28.12.2012 zu bestätigen.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststand, im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, lediglich eine Rechtsfrage zu klären war und auch kein diesbezüglicher Parteienantrag gestellt wurde, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 VStG verzichtet werden.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1. und 3.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

Ergänzend ist festzustellen, dass keine behördliche Feststellung gemäß § 46a Abs. 1a FPG vorliegt.

 

3.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebe-       willigung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3     Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit       einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

Gemäß § 120 Abs. 7 liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

4.2. Zu Spruchpunkt 1:

 

4.2.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass das Asylverfahren des Bw mit Wirkung 27. Juli 2012 vom Asylgerichtshof rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde. Es ist also – der belangten Behörde folgend – davon auszugehen, dass seit diesem Zeitpunkt der Bw keinen der Tatbestände des § 31 Abs. 1 FPG erfüllt und somit die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1a FPG in objektiver Hinsicht erfüllt sind.

 

Anderes wird im Grunde auch in der Berufung nicht behauptet.

 

Die objektive Tatseite ist somit erfüllt.  

 

4.2.2. Im angefochtenen Bescheid ist die belangte Behörde nicht auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite eingegangen, was jedoch zur Bejahung der Strafbarkeit unerlässlich ist.

 

Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

In der Berufungsschrift macht der Bw geltend, dass er fristgerecht Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt habe. Da er zum Anhaltezeitpunkt noch keine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes erhalten hatte, durfte er noch auf eine positive Antwort hoffen. Einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung habe er während des offenen Asylverfahrens nicht stellen können. Nach negativem Abschluss des Asylverfahrens werde er diesen stellen. In seinem Fall liege somit eine entschuldigende Notstandsituation vor. Darüber hinaus verfüge der Bw über kein Reisedokument, könne daher nicht ausreisen und somit auch nicht bestraft werden.

 

Der Verantwortung des Bw kann nicht gefolgt werden. Wie bereits die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, kommt einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nur dann eine aufschiebende Wirkung zu, wenn diese von ihm erteilt wird. Abgesehen von diesem Ausnahmefall ist das Erkenntnis des Asylgerichtshofes durchsetzbar, entfaltet Rechtswirkungen und der Bw hat der der Ausweisungsentscheidung immanenten Ausreiseverpflichtung innerhalb der vorgesehenen Fristen Folge zu leisten. Somit entstand für den Bw (nach Ablauf der in der Regel 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise, der der Bw allerdings nicht nachkam) bereits durch die letztinstanzlich bestätigte Ausweisungsentscheidung die Verpflichtung, den illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu beenden.

 

Unbestritten hält sich der Bw seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens (27. Juli 2012) nicht mehr rechtmäßig in Österreich auf, auch wenn die belangte Behörde im Spruch des Straferkenntnisses den "Kontrollzeitpunkt" mit dem "Tatzeitpunkt" gleichsetzt. Seit dem 27. Juli 2012, somit auch am 20. September 2012, ist der Bw nicht mehr als Asylwerber zu betrachten und sein Asylverfahren abgeschlossen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof hat daran nichts geändert. Trotz mehrmaliger Ankündigungen hat der rechtsfreundlich vertretene Bw bis dato keinen Antrag nach dem NAG gestellt. Schon alleine mangels einer "rechtzeitigen" Antragsstellung geht der Hinweis auf die Entscheidungspraxis des Oö. Verwaltungssenates ins Leere.

 

Der Bw hat an der Erlangung eines Reisepasses nicht erkennbar mitgewirkt. Weder im bisherigen Verfahren noch im Rechtsmittel hat der Bw auch nur ansatzweise seine Beiträge dazu aufgezeigt. Im Wesentlichen hat er sich darauf zurückgezogen, dass einem Flüchtling die Mitnahme eines Reisepasses nicht zugemutet werden könne, er ein Reisedokument nicht besitze und daher nicht bestraft werden könne. Wie dem Vorlageakt zu entnehmen ist, hat der Bw keinerlei Anstalten zur Erlangung eines Reisedokumentes unternommen. Darüber hinaus hat er in den verschiedenen Verfahren mehrmals widersprüchliche Angaben zu seiner Person gemacht, um die Beschaffung der erforderlichen Dokumente zu erschweren und gar unmöglich zu machen.

 

Dadurch, dass er das Erforderliche nicht unternommen hat, kann sich der Bw auch nicht betreffend die vorliegende Tat entschuldigen. Im Sinne eines Ungehorsamsdelikts ist es ihm also keinesfalls gelungen darzulegen, inwieweit ihn an der Tatbegehung kein Verschulden trifft.

 

Es ist somit auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite in Form zumindest fahrlässigen Verhaltens auszugehen.

 

4.2.3. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass die belangte Behörde ohnehin lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängte, was nach den Umständen des Falles auch nicht zu beanstanden war. Dem wird auch gerecht, wenn man in Betracht zieht, dass der Bw völlig mittellos ist.

 

Mangels bedeutendem Überwiegen der Milderungsgründe, mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam eine Anwendung der §§ 20 bzw. 21 VStG nicht in Betracht.

 

4.2.4. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die in Rede stehende Berufung gegen Spruchpunkt 1. als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid diesbezüglich zu bestätigen war.

 

4.3. Zu Spruchpunkt 2.:

 

Wie bereits unter Punkt 4.2.2. dargelegt, ist unstrittig, dass der Bw kein Reisedokument mitgeführt bzw. in erreichbarer Entfernung aufbewahrt hat. Unbestritten hat der Bw auch keinerlei Anstalten gesetzt, sich nach rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens, ein entsprechendes Dokument zu besorgen bzw. an der Beschaffung mitzuwirken.

 

Dadurch, dass er das Erforderliche nicht unternommen hat, kann sich der Bw auch nicht betreffend die vorliegende Tat entschuldigen. Im Sinne eines Ungehorsamsdelikts ist es ihm also keinesfalls gelungen darzulegen, inwieweit ihn an der Tatbegehung kein Verschulden trifft.

 

5. Gemäß § 64ff. VStG war dem Bw zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe – somit 100 Euro) aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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