Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167096/10/Sch/AK

Linz, 27.02.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau X, geb. X, X, X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 27. Juni 2012, Zl. VerkR96-293-2012, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und Lokalaugenschein am 20. Februar 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.

         Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

II.               Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 21 Abs.1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Perg hat mit Straferkenntnis vom 27. Juni 2012, VerkR96-293-2012, über Frau X wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 8 Abs.4 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) unter Anwendung der Strafbestimmung des

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt, weil sie am 2. Dezember 2011 um 15.44 Uhr in X, X, gegenüber dem Haus Nr. 5, mit dem PKW mit dem Kennzeichen X einen Gehsteig benutzt habe, obwohl die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten sei.

Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 3,60 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Laut Aktenchronologie wurde das Fahrzeug der Berufungswerberin von einem Organ der Straßenaufsicht wahrgenommen, als es auf einem Gehsteig abgestellt war. Es war vorgesehen, die Angelegenheit durch Erlassung einer Organstrafverfügung in der Höhe von 20 Euro abzuhandeln, es kam allerdings nicht zur Einzahlung des Strafbetrages, weshalb der Durchschlag an die Erstbehörde weitergeleitet wurde. Auf dem Durchschlag der erwähnten Organstrafverfügung findet sich der Vermerk "auf Gehsteig geparkt". In der Anzeige vom 2. Dezember 2012 (durch Behörde nacherfasst) ist plötzlich davon die Rede, dass auf einem Gehweg gehalten worden sei. In der später ergangenen Strafverfügung ist ebenfalls diese Formulierung enthalten, ebenso in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 14. Februar 2012. Dann ist es zu einer zeugenschaftlichen Befragung der Meldungslegerin gekommen, wo es in der Niederschrift vom 13. April 2012 heißt, der PKW sei auf einem Gehsteig gestanden. In der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16. April 2012 findet sich wiederum der Tatvorwurf, dass auf einem Gehweg gehalten worden sei. Erst in der Aufforderung vom 10. Mai 2012 konnte sich die Erstbehörde dafür entscheiden, dass es sich bei der Verkehrsfläche doch um einen Gehsteig handelte, der widerrechtlich benutzt worden sei. Schließlich ist dann auch im Straferkenntnis von einem Gehsteig die Rede. Ein Gehweg und ein Gehsteig stellen bekanntermaßen jeweils andere Verkehrsflächen dar. Im Ergebnis ändert sich dadurch allerdings im gegenständlich Verwaltungsstrafverfahren nichts, da bezogen auf den Vorfallszeitpunkt (2. Dezember 2011) jedenfalls fristgerechte Verfolgungshandlungen im Sinne des § 31 Abs.2 VStG vorliegen, nämlich die zeugenschaftliche Befragung der Meldungslegerin vom 13. April 2012, die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. Mai 2012.

Der im Rahmen der Berufungsverhandlung durchgeführte Lokalaugenschein hat zweifelsfrei ergeben, dass die in Rede stehende Verkehrsfläche jedenfalls ein Gehsteig und keinesfalls ein Gehweg ist.

Die unterschiedliche rechtliche Qualifizierung dieser Fläche durch die Erstbehörde im Rahmen des Verfahren tut im Ergebnis nichts zur Sache, es war von Anfang an klar, dass der Berufungswerberin zur Last gelegt werden sollte, sie habe zu einem bestimmten Zeitpunkt ihr Fahrzeug an einer verbotenen Stelle abgestellt gehabt, bei der rechtlichen Qualifizierung dieser Fläche war sich die Erstbehörde offenkundig zeitweise unsicher, welcher Umstand aber keinesfalls eine Auswechslung der Tat bedeutet.

 

Bei der Berufungsverhandlung wurde von der Meldungslegerin auch klargestellt, dass das Fahrzeug wenige Minuten abgestellt war, laut Durchschlag der Organstrafverfügung bloß eine Minute, ebenso laut Spruch des Straferkenntnisses. Tatsächlich werden es aber einige Minuten gewesen sein, wovon lebensnah auszugehen ist, da ansonsten wohl keine Beanstandung erfolgt wäre.

Formal allerdings ist tatsächlich nur ein Zeitraum von einer Minute verfahrensgegenständlich, also ein äußerst kurzer Zeitraum, wobei sich bei dieser Beurteilung nichts wesentliches ändert, wenn man lebensnah von ein paar Minuten mehr ausgeht. Laut Angaben des Rechtsvertreters der Berufungswerberin hatte diese im benachbarten Gerichtsgebäude einen Gegenstand abzuholen und wäre dann die sofortige Weiterfahrt geplant gewesen und ist wohl auch erfolgt.

Beim Lokalaugenschein wurde auch klargestellt, dass zwar das abgestellte Fahrzeug der Berufungswerberin den Gehsteig im Vorfallsbereich für die Fußgänger beeinträchtigte, sieht man von einem Rollstuhl oder von einem Kinderwagen ab, wäre allerdings ein Passieren der Fläche trotzdem ohne Betreten der Fahrbahn möglich gewesen, da sich der Gehsteig im Vorfallsbereich in Richtung einer Garageneinfahrt wesentlich verbreitert und man dann auf dieser Seite ohne Weiteres am Fahrzeug vorbeikonnte.

Zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines herrschte äußerst geringer Fußgängerverkehr, welcher Umstand die Annahme rechtfertigt, dass auch zum Vorfallszeitpunkt die Situation ähnlich gewesen sein dürfte.

 

4. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde liegt hier noch ein Anwendungsfall für diese Bestimmung vor. Wie die obigen Schilderungen zum Vorfall belegen, kann das Verschulden der Berufungswerberin noch als geringfügig betrachtet werden, ging es ihr offenkundig doch darum, nur sehr kurze Zeit in der Nähe des Gerichtsgebäudes ihr Fahrzeug abzustellen um dort etwas abzuholen und im Fahrzeug zu verladen. Dass sie zur Benützung des Gehsteiges für diesen Zweck mit ihrem Fahrzeug naturgemäß nicht befugt war, liegt auf der Hand. Allerdings steht dieser Umstand der Annahme eines noch geringfügigen Verschuldens nicht entgegen.

Das abgestellte Fahrzeug hatte zudem für den Fußgängerverkehr auf dem Gehsteig, sofern überhaupt einer vorhanden war, bloß unbedeutende Folgen, war doch, wie schon oben erwähnt, ein Passieren des Fahrzeuges ohne Betreten der Fahrbahn durch Fußgänger weiterhin möglich. Anhaltspunkte dafür, dass gerade ein Rollstuhlfahrer oder eine Person mit einem Kinderwagen vorbei wollte, lagen nicht vor, sodass im Ergebnis mit einem Absehen von der Strafe vorzugehen war.

Unbeschadet dessen war eine Ermahnung auszusprechen, um die Berufungswerberin die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens vor Augen zu führen und sie dazu zu bewegen, dass der Vorfall eine einmalige Übertretung bleibt und sie nicht künftigen wiederum einen Gehsteig zum Abstellen ihres Fahrzeuges benützt.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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