Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101448/7/Weg/Ri

Linz, 28.12.1993

VwSen-101448/7/Weg/Ri Linz, am 28.Dezember 1993 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider und Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des G vom 6. August 1993 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. Juli 1993, St-10.727/92-Hu, nach der am 15.

Dezember 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 666/1993 (VStG); § 84 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967, BGBl.Nr.267 idF BGBl.Nr. 454/1992 (KFG 1967).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs.1 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 25.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen verhängt, weil dieser am 25. August 1992 um 14.10 Uhr in L von der G bis zur ESG-Haltestelle H das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ohne eine von der Behörde erteilte Lenkerberechtigung gelenkt hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 2.500 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Behörde begründet dieses Straferkenntnis im wesentlichen damit, daß der Berufungswerber deshalb ohne eine von der Behörde erteilte Lenkerberechtigung ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, weil der vorgewiesene deutsche Führerschein der Klassen 3, 4 und 5, der im übrigen auf Grund einer mexikanischen Lenkerberechtigung ausgestellt wurde, aus Gründen des § 64 Abs.5 KFG 1967 in Österreich keine Gültigkeit besitzt. Die belangte Behörde ging in ihrer Entscheidung auf die sonstigen Ausnahmetatbestände, nach denen von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch gemacht werden kann, nämlich auf § 79 Abs.3 und § 84 Abs.1, jeweils KFG 1967, nicht ein.

3. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitig eingebrachten Berufung sinngemäß ein, er habe seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich zum Tatzeitpunkt schon längere Zeit aufgegeben gehabt. Er sei seit 8. Juli 1992 im Besitze eines deutschen Führerscheines für die Gruppen 3, 4 und 5.

Er sei zum Tatzeitpunkt im Besitze einer Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland gewesen. Er sei der Ansicht, daß er mit diesem deutschen Führerschein in Österreich Kraftfahrzeuge lenken dürfe. Er wendet dem Grunde nach somit ein, die Behörde habe den Ausnahmetatbestand des § 84 Abs.1 KFG 1967 nicht entsprechend gewürdigt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Verlesung der dem Akt angeschlossenen Urkunden mit den Ordnungsnummern 1, 6, 7, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 29, 30, 31, 34, 35, 36 und 42. Zu dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung sind weder der Berufungswerber noch ein Vertreter der belangten Behörde, jeweils unentschuldigt, erschienen.

Die Verlesung der Urkunden hatte den Zweck, die Frage zu klären, ob der Berufungswerber am 25. August 1992 im Bundesgebiet einen ordentlichen Wohnsitz hatte.

Die vorgetragenen Urkunden enthalten keinen schlüssigen Beweis dafür, daß der Berufungswerber im Bundesgebiet, im konkreten Fall in Linz, einen ordentlichen Wohnsitz hatte.

Einziger Hinweis dafür ist der Vermerk im Akt, der Berufungswerber habe sich des öfteren in Linz aufgehalten und sei von Sicherheitswachebeamten regelmäßig in Lokalen gesehen worden. Außerdem sei er am 25. August 1992, also am Tattag, im Hause K angetroffen worden, wo er für einen Bekannten, angeblich aus Freundschaft, Malerarbeiten verrichtete. Die Angaben der namentlich nicht bekannten Sicherheitswachebeamten sind nicht näher konkretisiert, auch fehlt jede Zeitangabe über diese angeblichen regelmäßigen Lokalbesuche. Abgesehen davon begründen Lokalbesuche für sich allein keinen ordentlichen Wohnsitz. Gelegentliche Besuche von Gasthäusern durch Personen aus dem grenznahen Ausland vermögen keinen ausreichenden Beweis dafür zu erbringen, schon deshalb Österreich zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen gewählt zu haben. Sonstige Hinweise auf einen Wohnsitz in Österreich, nämlich eine Wohnadresse in Österreich, eine Beschäftigung in Österreich oder familiäre Beziehungen zu in Österreich lebenden Personen sind den bei der Verhandlung vorgetragenen Urkunden nicht zu entnehmen gewesen.

Die belangte Behörde ist in ihrer Bescheidbegründung ausschließlich vom Nichtvorliegen des Ausnahmetatbestandes im Sinne des § 64 Abs.5 KFG 1967 ausgegangen. Nach dieser Bestimmung wäre das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist.

Die sonstigen Ausnahmetatbestände auf Grund derer das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung zulässig wäre - insbesondere jene des § 84 Abs.1 KFG 1967 - hat die belangte Behörde in ihre Erwägungen nicht einbezogen. Dies wäre aber - wie noch auszuführen sein wird - im Hinblick auf die Einwendungen des Beschuldigten im ordentlichen Verfahren notwendig gewesen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 64 Abs.1 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur auf Grund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung zulässig.

Unter "eine von der Behörde erteilen Lenkerberechtigung" ist zu verstehen, daß eine sachlich zuständige österreichische Behörde eine Lenkerberechtigung erteilt hat.

Es ist im gegenständlichen Fall unstrittig, daß der Berufungswerber keine derartige Lenkerberechtigung besitzt.

Vielmehr besitzt der Berufungswerber eine deutsche Lenkerberechtigung, welche auf Grund eines mexikanischen Führerscheines ausgestellt wurde. Der von den deutschen Behörden gesetzte Hoheitsakt entzieht sich der Prüfungsbefugnis durch die österreichischen Behörden.

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne eine von der Behörde ausgestellte Lenkerberechtigung ist jedoch aus Gründen des § 64 Abs.5, aus Gründen des § 79 Abs.3 und aus Gründen des § 84 Abs.1, jeweils KFG 1967, zulässig.

Nun hat der Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren bereits darzulegen versucht, daß er keinen Wohnsitz im Bundesgebiet hat. Die von ihm somit geltend gemachte Ausnahmereglung ist demnach die des § 84 Abs.1 KFG 1967. Nach dieser Bestimmung ist das Lenken von Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr durch Personen ohne ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet unter gewissen Voraussetzungen zulässig.

Es handelt sich zwar nach Meinung des O.ö.

Verwaltungssenates bei diesen oben zitierten möglichen Ausnahmetatbeständen um kein negatives Tatbestandsmerkmal in dem Sinne, daß es in den Spruch eines Straferkenntnisses bei sonstiger Rechtswidrigkeit aufgenommen werden müßte, doch ist die Aufnahme des Nichtvorliegens zumindest jenes Ausnahmetatbestandes, auf den sich der Beschuldigte beruft, in die Begründung des Bescheides notwendig. Dieser Verpflichtung ist die Behörde dadurch nicht nachgekommen, daß sie einen verfehlten Ausnahmetatbestand als nicht vorliegend angenommen hat und auf die anderen Ausnahmetatbestände nicht eingegangen ist.

Unabhängig von dieser Rechtswidrigkeit hat die öffentliche mündliche Verhandlung überdies keinen schlüssigen Beweis dafür erbracht, daß der Berufungswerber im Bundesgebiet einen ordentlichen Wohnsitz gehabt hätte. Wenn aber kein ordentlicher Wohnsitz vorliegt bzw. ein solcher auf Grund schlüssiger Indizien nicht angenommen werden kann, so besteht im Sinne des § 84 Abs.1 KFG 1967 durchaus die Möglichkeit, mit einer ausländischen - in diesem Fall mit einer deutschen - Lenkerberechtigung in Österreich ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Angemerkt wird in diesem Zusammenhang noch, daß sich die gegenständliche Entscheidung lediglich auf den Anlaßfall im August 1992 bezieht und daraus keine Folgewirkungen dergestalt ableitbar sind, daß etwa die Gültigkeit dieser Lenkerberechtigung perpetuiert wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Der Vorsitzende der ersten Kammer:

Dr. Guschlbauer

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