Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231317/2/Gf/Rt

Linz, 28.02.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des N, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 21. November 2012, Zl. Sich96-2012, wegen einer Übertretung des Abzeichengesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 21. November 2012, Zl. Sich96-2012, wurde über den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der BRD, eine Geldstrafe in einer Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Tage; Verfahrenskostenbeitrag: 30 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 330 Euro) verhängt, weil er am 14. April 2012 zu drei verschiedenen Zeitpunkten im Stadtgebiet von X ein schwarzes Polo-Shirt, auf dem ein Triskele-Symbol aufgedruckt gewesen sei, getragen habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 1 Abs. 1 des Abzeichengesetzes, BGBl.Nr. 84/1960, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. 117/1980 (im Folgenden: AbzG), begangen, weshalb er nach § 3 Abs. 1 AbzG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten auf Grund der dienstlichen Wahrnehmungen der die Anzeige erstattet habenden Sicherheitsorgane als erwiesen anzusehen und auch vom Beschwerdeführer selbst gar nicht in Abrede gestellt worden sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien Milderungsgründe nicht hervorgekommen; vielmehr habe sich der Rechtsmittelwerber insofern uneinsichtig gezeigt, als er zuvor insgesamt drei Mal habe abgemahnt werden müssen, um schließlich zu erreichen, dass er sein Polo-Shirt "umgedreht", d.h. mit nach außen gekehrter Innenseite getragen habe. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: mindestens 900 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten).

1.2. Gegen dieses ihm am 25. Jänner 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. Februar 2013 bei der belangten Behörde eingegangene – und damit jedenfalls rechtzeitig zur Post gegebene – Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass ein öffentliches Zur-Schau-Stellen eines Triskele-Symbols nur in einem eindeutigen rechtsextremen Kontext strafbar sei. Ein derartiger Zusammenhang sei jedoch im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen.

Daher wird – aus dem Kontext mit dem Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung erschließbar – beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen oder die Strafhöhe herabzusetzen.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu Zl. Sich96-2012; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 


3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 AbzG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür nach § 3 Abs. 1 AbzG mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Monat zu bestrafen, der Abzeichen – worunter auch Embleme, Symbole und Kennzeichen zu verstehen sind – einer in Österreich verbotenen Organisation öffentlich trägt, zur Schau stellt, darstellt oder verbreitet; haben erschwerende Umstände überwogen, konnten Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden.

 

In gleicher Weise war derjenige zu bestrafen, der Abzeichen, Uniformen oder Uniformteile, die auf Grund ihrer Ähnlichkeit oder ihrer offenkundigen Zweckbestimmung als Ersatz eines der in § 1 Abs. 1 AbzG erwähnten Abzeichen gebraucht hat (§ 1 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 AbzG).

 

Nach § 1 des Verbotsgesetzes, StGBl.Nr. 13/1945 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. 148/1992 (im Folgenden: VerbotsG), sind u.a. auch die Wehrverbände der NSDAP – und unter diesen insbesondere die SS – aufgelöst und deren Neubildung verboten.

 

3.2. Während des sog. "Dritten Reiches" bildete eine spezielle Form der Triskele (von altgr. "τρισκελης" = dreibeinig; darunter ist allgemein die dreifache Darstellung eines bestimmten Symbols in Form einer kreisartigen Anordnung zu verstehen) das Emblem der "27. SS-Freiwilligen-Grenadier-Division 'Langemarck' (Flämische Nr. 1)" (vgl. unten, Abb. 1 und 2). Um davon ausgehend das Abzeichen einer in Österreich verbotenen Organisation i.S.d. § 1 Abs. 1 AbzG zu verkörpern, muss daher eine solche (ethnologisch bis in die Steinzeit zurückverfolgbare und auch in der Gegenwart noch allgemein-vielfältig verwendete) Triskele einen spezifischen Bezug zu dieser besonderen Organisation aufweisen – etwa dadurch, dass sie entweder im Original oder im Wege einer originalgetreuen Kopie, im Zusammenhang mit einer Uniform, im Konnex mit einer rechtsgerichteten Zusammenkunft o.Ä. öffentlich getragen, zur Schau gestellt etc. wird.

 

3.3. Mit Blick auf den gegenständlichen Fall ist diesbezüglich zunächst festzustellen, dass jene auf dem Polo-Shirt des Beschwerdeführers befindliche Triskele – wie dies aus den der Anzeige der Polizeiinspektion N (im Folgenden: PI N) vom 16. April 2012, Zl. A2/2012, beigeschlossenen Fotos ersichtlich ist (vgl. unten, Abb. 3) – allenfalls bloß eine entfernte Ähnlichkeit zum Symbol der zuvor angesprochenen und in Österreich verbotenen SS-Einheit aufgewiesen hat (sodass aus diesem Grund auch eine Heranziehung des in § 1 Abs. 2 AbzG normierten Tatbestandes ausscheidet).

 

 

Wenn dem gegenüber eine nahezu vollständige Entsprechung zu den Abzeichen der rassistischen südafrikanischen "Afrikaaner Weerstandsbeweging" (vgl. unten, Abb. 4 und 5) sowie des rechtsextremen neonazistischen Netzwerks "Blood and Honour" (vgl. unten, Abb. 6 und 7) gegeben war, so ist darauf hinzuweisen, dass es sich insoweit allerdings jeweils um (zumindest bislang) in Österreich nicht verbotene Organisationen handelt. Daran, dass demnach das bloße öffentliche Zur-Schau-Stellen eines derartigen Symbols allein noch keinen strafbaren Tatbestand i.S.d. § 1 Abs. 1 und 2 AbzG verkörpert, vermag auch der Umstand, dass im Heimatstaat des Rechtsmittelwerbers (BRD) zumindest die "Blood and Honour"-Vereinigung untersagt ist (vgl. dazu BVerwG vom 13. Juni 2011, 6 A 1.01), nichts zu ändern.   

 

 

             

 Abb. 1       Abb. 2          Abb. 3         Abb. 4      Abb. 5        Abb. 6            Abb. 7

 

 

Eine Bestrafung des Beschwerdeführers hätte somit unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nur in der Form erfolgen können, dass ihm das öffentliche Tragen dieses Abzeichens im Verbund einer "eindeutig der rechtsradikalen Szene zuzuordnenden Personen"-Gruppe, die im Tatzeitraum versuchte, eine "behördlich genehmigte Demonstration der Kommunistischen Jugend Österreich" zu stören und die "Demonstrationsteilnehmer zu provozieren", angelastet worden wäre, wie dies auch in der vorzitierten Anzeige der PI N (vgl. S. 2 und 3) näher ausgeführt wurde. Ein derartiges, einen spezifischen Konnex zu einer in Österreich verbotenen Organisation – nämlich: der NSDAP – aufweisendes Verhalten wurde dem Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis jedoch nicht zur Last gelegt und kann ex post wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung auch nicht mehr nachgetragen werden.

 

3.4. Aus diesen formalen Gründen war der gegenständlichen Berufung daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 


 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

 

 



VwSen-231317/2/Gf/Rt vom 28. Februar 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

AbzeichenG 1960 §1;

AbzeichenG 1960 §3;

VerbotsG 1947 §1

 

* Wenngleich eine spezielle Form der Triskele während des sog "Dritten Reiches" das Emblem einer spezifischen SS-Einheit bildete, muss unter dem Aspekt, dass diese Symbolform ethnologisch bis in die Steinzeit zurückverfolgbar ist und auch in der Gegenwart noch allgemein-vielfältige Verwendung findet, der Gebrauch einer Triskele – um eine Strafbarkeit iSd § 1 AbzeichenG nach sich zu ziehen – einen spezifischen Bezug zu einer in Österreich verbotenen Organisation aufweisen – so zB dadurch, dass sie entweder im Original oder im Wege einer originalgetreuen Kopie, im Zusammenhang mit einer Uniform, im Konnex mit einer rechtsgerichteten Zusammenkunft oä öffentlich getragen, zur Schau gestellt etc wird;

 

* Wenn die konkret verwendete Triskele aber bloß eine entfernte Ähnlichkeit zum Symbol einer – in Österreich verbotenen – SS-Einheit aufgewiesen hat, scheidet  hingegen nicht nur eine Strafbarkeit nach § 1 Abs. 1 AbzeichenG, sondern auch eine Heranziehung des in § 1 Abs. 2 AbzeichenG normierten Tatbestandes aus; daran ändert auch eine nahezu vollständige Entsprechung zu den Abzeichen der rassistischen südafrikanischen "Afrikaaner Weerstandsbeweging" sowie des rechtsextremen neonazistischen Netzwerks "Blood and Honour" nichts, weil es sich insoweit jeweils um (zumindest bislang) in Österreich nicht verbotene Organisationen handelt; gleiches gilt für den Umstand, dass im Heimatstaat des Rechtsmittelwerbers (BRD) zumindest die "Blood and Honour"-Vereinigung untersagt ist (vgl. dazu BVerwG vom 13. Juni 2011, 6 A 1.01);  

 

* Unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles hätte eine Bestrafung des Beschwerdeführers somit nur in der Form erfolgen können, dass ihm das öffentliche Tragen dieses Abzeichens im Verbund einer "eindeutig der rechtsradikalen Szene zuzuordnenden Personen"-Gruppe, die im Tatzeitraum versuchte, eine "behördlich genehmigte Demonstration der Kommunistischen Jugend Österreich" zu stören und die "Demonstrationsteilnehmer zu provozieren", angelastet worden wäre, wie dies auch in der Anzeige der Polizeiinspektion näher ausgeführt wurde; ein derartiges, einen spezifischen Konnex zu einer in Österreich verbotenen Organisation – nämlich: der NSDAP – aufweisendes Verhalten wurde dem Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis jedoch nicht zur Last gelegt und kann ex post wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung auch nicht mehr nachgetragen werden.

 

 

 

 

 

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