Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420778/2/Gf/Rt

Linz, 18.01.2013

B E S C H L U S S

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Gróf aus Anlass der Beschwerde des G, dzt. Justizanstalt X, wegen Nichtgewährung begleiteter Ausgänge im Rahmen des gerichtlichen Strafvollzuges beschlossen:

 

 

I. Die Beschwerde wird – mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes – als unzulässig zurückgewiesen.

 

II. Die Beschwerde wird an die Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Linz weitergeleitet.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 6 Abs. 1 AVG.

 

 

 

 

Begründung:

 

 

1. In seiner beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 16. Jänner 2013 eingegangenen Beschwerde bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass ihm vom Leiter der Justizanstalt X mehrfach – zuletzt am 19. Dezember 2012 – ein begleiteter Ausgang aus der Strafvollzugsanstalt willkürlich verweigert worden sei.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im gegenständlichen Verfahren schon nach Einsicht in die Beschwerde festgestellt, dass die darin behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nicht vorliegen kann, sodass diese mangels eines für eine Maßnahmenbeschwerde tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückzuweisen ist.

 

 

3. Dies aus folgenden Gründen:

 

 

3.1. Gemäß Art 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

 

3.1.1. Eine derartige Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl. z.B. VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984; VfSlg 9813/1983; sowie zahlreiche weitere Judikaturnachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl., Wien 1998, E 55 ff zu § 67a AVG). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl. z.B. VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985; und VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl. z.B. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; und VfSlg 4696/1964).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang tatsächlich ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles drohte (vgl. m.w.N. Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 10. Aufl., Wien 2007, RN 610). Maßnahmen im Rahmen der schlichten Hoheitsverwaltung können daher grundsätzlich nicht mit einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden.

 

3.1.2. Im Übrigen dient der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde nur dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231, und VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl. z.B. VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, m.w.N.). Demnach sind selbst Zwangsmaßnahmen dann kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977; und VwSlg 9.439 A/1977).

 

Wenn der Rechtsmittelwerber in seinem Schriftsatz vorbringt, dass ihm vom Leiter der Justizanstalt X mehrfach – zuletzt am 19. Dezember 2012 – ein begleiteter Ausgang i.S.d. § 99a des Strafvollzugsgesetzes, BGBl.Nr. 144/1969, i.d.g.F. BGBl.Nr. I 2/2013 (im Folgenden: StVG), aus der Strafvollzugsanstalt willkürlich verweigert worden sei, wendet er sich damit gegen eine im Rahmen des gerichtlichen Strafvollzuges angeordnete Maßnahme. In diesem Zusammenhang sieht jedoch § 121 Abs. 1 StVG vor, dass eine solche Beschwerde gegen den Anstaltsleiter an die Vollzugskammer des zuständigen Oberlandesgerichtes (§§ 11a ff StVG) zu richten und bei dieser oder beim Strafvollzugsbeamten einzubringen ist (vgl. § 120 Abs. 3 StVG). Eine auf § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützte Maßnahmenbeschwerde ist daher zufolge der Subsidiarität dieses Rechtsbehelfes nicht zulässig.

 

3.2. Die gegenständliche Beschwerde war sohin mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes gemäß § 67c AVG als unzulässig zurückzuweisen und unter einem nach § 6 Abs. 1 AVG zuständigkeitshalber an die Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Linz weiterzuleiten.

 

4. Eine Kostenentscheidung zugunsten des Rechtsträgers der belangten Behörde, die gemäß § 79a Abs. 3 AVG im Fall der Zurückweisung einer Beschwerde als obsiegende Partei anzusehen ist, war nicht zu treffen, weil die belangte Behörde nicht ins Verfahren eingebunden war und dieser daher de facto auch keine Kosten entstanden sind.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

 

Dr. G r ó f

 

 

VwSen-420778/2/Gf/Rt vom 18. Jänner 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

B-VG Art129a Abs1 Z2;

StVG §11a;

StVG §121

 

Unzulässigkeit einer Maßnahmenbeschwerde gegen die Nichtgewährung eines begleiteten Ausganges seitens des Anstaltsleiters im Rahmen des gerichtlichen Strafvollzuges infolge Subsidiarität dieses Rechtsmittels gegenüber einer Beschwerde nach § 121 StVG an die Vollzugskammer beim Oberlandesgericht.

 

 

 

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