Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150982/5/Lg/Ba

Linz, 12.03.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 23. Jänner 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des K W, vertreten durch A S – D – S & P, H, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. Juli 2012, Zl. 0036577/2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Strafer­kenntnis bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanz­lichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 60 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 34 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Der Beschuldigte, Herr K W, geboren am X, wohnhaft: R, K, hat als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X (A) am 09.06.2011 um 14.51 Uhr die AX, Mautabschnitt M B - L S S N W, km 4,689 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Nach den Bestimmungen des Bundesstra­ßen-Mautgesetzes unterliegt die Benützung von Mautstrecken (Bundesautobahnen und Bundes­schnellstraßen) mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, einer fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

§§ 6, 7 Abs. 1 und 20 Abs. 2 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG)"

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde mit Schreiben der ASFINAG vom 26.8.2011 angezeigt.

 

Mit Strafverfügung vom 9.9.2011 wurde gegen den Beschuldigten wegen der im Spruch dargestell­ten Verwaltungsübertretung ein ordentliches Verwaltungsstraf­verfahren eingeleitet.

 

Der Beschuldigte erhob gegen diese Strafverfügung fristgerecht Einspruch und brachte vor, er sei unschuldig. Außerdem möchte er darauf hinweisen, dass die Folgen seiner Übertretung (€ 0,54) so gering seien und er das erste Mal in dieser Hinsicht auffällig werde, sodass die Voraussetzungen nach § 21 VStG vorlägen.

 

Mit Schreiben vom 27.1.2012 teilte die Asfinag mit:

Die im Kraftfahrzeug mitgeführte GO-Box war zum Zeitpunkt des Kontrollfalls gemäß Punkt 5.7.2 der Mautordnung Teil B für die Bezahlung der Maut nicht freigegeben, was dem Fahrer gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung Teil B beim Durchfahren der Mautabbuchungsstellen durch vier kurze Signal-Töne signalisiert wurde. Die gegenständliche GO-Box aufgrund der missachteten Tauschaufforderungen gemäß Punkt 5.6.2 der Mautordnung Teil B aktiv gesperrt worden. Einige Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer wird die GO-Box automatisch zurückgerufen. Die GO-Box gibt in solchen Fällen als Zeichen beim Durchfahren einer Mautabbuchungsstelle ein 2maliges Warnsignal ab (siehe Punkt 8.2.4.3.1). Die ASFINAG Maut Service GmbH ist berechtigt, eine GO-Box auch während aufrechter Verwendung zum Austausch rückzurufen. Weiters ist die ASFINAG berechtigt, im Falle technischer Mängel bzw. bei festgestellten Unregelmäßigkeiten im Zusam­menhang mit der Mauteinhebung die GO-Box zu sperren. Unter festgestellten Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung, ist auch jener Fall zu subsumieren, dass offene Maut­beträge nicht ordnungsgemäß eingehoben werden können. Die GO-Box gibt bei Durchfahren einer Mautabbuchungsstelle in solchen Fällen ein Warnsignal (siehe Punkt 8.2.4.3.2) ab. Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer bzw. nach erfolgter Sperre der GO-Box können mit dieser keine Mauttransak­tionen durchgeführt werden. Der Kraftfahrzeuglenker erfüllt - sofern er nicht von der Möglichkeit zur Nachzahlung der Maut Gebrauch macht (siehe Punkt 7.1) - den Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10). In diesem Zusammenhang dürfen wir auf § 8 Abs.2 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 verweisen, wonach sich die Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektro­nischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktions­fähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden haben. Bei Nichtabbuchung der Maut besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Mautnachzahlung. Wir verweisen diesbezüglich auf die Mautordnung Teil B Punkt 8 Pflichten der Kraftfahrzeuglenker sowie Punkt 7.1 Nachzahlung bei GO VERTRIEBSSTELLEN / GO SERVICE CENTER / Mautaufsichts­organen der Mautordnung Teil B in der jeweils geltenden Fassung. Da keine fristgerechte Nachzahlung gemäß der zum Tatzeitpunkt geltenden Mautordnung durch den Beschuldigten erfolgte, kam es wie in der Mautordnung festgelegt zu einem Delikt. Wird der Kraft­fahrzeuglenker von einem Kontrollorgan betreten, ist das Kontrollorgan berechtigt, den Kraftfahr­zeuglenker mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufzufordern. Die Zahlung der Ersatzmautforde­rung wurde vom Fahrzeuglenker und vom Zulassungsbesitzer -  aus welchem Grund auch immer - nicht nachgekommen weshalb die Anzeige erstattet werden musste.

Die in der Anzeige getätigten Angaben basieren auf der dienstlichen Wahrnehmung unseres ver­eidigten Mautaufsichtsorgans bzw. der vereidigten Mautaufsichtsorgane die immer zu zweit Ihren Dienst verrichten. Der Lenker wird auf die Konsequenzen einer Anzeige vom Kontrollorgan infor­miert.

 

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.

 

In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

 

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) lauten auszugsweise wie folgt:

 

Mautprellerei

§ 20

(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

(3) Taten gemäß Abs. 1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des §19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

Fahrleistungsabhängige Maut

Mautpflicht

§ 6

Die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Ge­samtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der fahrleistungsabhängigen Maut. Mehrspurige Kraftfahrzeuge, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und ein Probefahrt- oder Überstellungs­kennzeichen führen, unterliegen der fahrleistungsabhängigen Maut, sofern ihr Eigengewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Sofern kein Nachweis des Eigengewichtes erbracht wird, gelten diese Fahrzeuge als solche mit einem Eigengewicht von mehr als 3,5 Tonnen.

 

Mautentrichtung

§7

(1) Die Maut ist durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstre­cken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Pflichten der Fahrzeuglenker und Arbeitgeber

§ 8

(1) Soweit Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, haben sie vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elekt­ronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

(2) Sie haben sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funkti­onsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und - mit Ausnahme des Falles gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz - des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

(3) Die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeuglenker sind in der Mautordnung zu tref­fen.

 

Ersatzmaut

§ 19

(1) In der Mautordnung ist für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatz­maut festzusetzen, die den Betrag von 250 € einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

(5) Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so sind die Mautaufsichtsorgane ermächtigt, anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, den Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung ei­ner Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

(6) Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Auffor­derungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht.

 

Nach Punkt 8.2.4.3 der Mautordnung werden dem Kraftfahrzeuglenker bei Durchfahren jeder Mautabbu­chungsstelle folgende akustische Signale zur Kenntnis gebracht, wobei zwischen informativen und zu beachtenden Signalen zu unterscheiden ist.

 

Während der Fahrt

8.2.4.3.2 Vom Kunden zu beachtendes akustisches Signal

• Vier kurze Signal-Töne: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Kunden Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund Rück­rufes der GO-Box zum Austausch, technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zu­sammenhang mit der Mauteinhebung oder Hinterlegung der falschen EURO-Emissionsklasse. In diesem Fall hat dann jeder Kunde seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird

 

Der Beschuldigte hat als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X (A) am 09.06.2011 um 14.51 Uhr die AX, Mautabschnitt M B - L S S N W, km 4,689 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da die GO-Box gesperrt war.

 

Es ist somit der Tatbestand der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungs­übertretung in objek­tiver Hinsicht erfüllt.

 

Schuldfrage:

 

Das BStMG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn

·         einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und

·         zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Ge­fahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und

·         der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

 

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte er mit sei­ner Rechtfertigung nicht erbringen.

 

Der Beschuldigte ist seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er die viermaligen Piepstöne der GO-Box, welche ihm gem. Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung die Nichtabbuchung der Maut angezeigt haben, missachtet hat. Die Lenkerpflichten bei Ertönen der vier akustischen Signale der GO-Box bei jeder Durchfahrt durch einen Mautbalken sind eindeutig.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbe­standsmäßigkeit erwiesen.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen In­teressen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteili­ge Folgen nach sich gezogen hat, ist. Nach Abs. 2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschul­dens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemes­sung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG ihre Wer­tung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Eine Strafbe­messung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den in § 19 leg.cit. festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

 

Als strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet, straferschwerend war kein Umstand.

 

Bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienver­hältnisse des Beschuldigten ging die Behörde aufgrund einer realistischen Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1.200,- aus. Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungsgründe erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

 

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- ­und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung.

 

Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Vorausset­zungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind."

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Das Straferkenntnis des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 6.7.2012 wird seinem gesamten Umfang nach angefochten.

 

Die Erstbehörde legt ihrer Entscheidung im Wesentlichen nur die Schreiben der ASFINAG zu Grunde. Daraus lässt sich jedoch bereits rein logisch nichts über die subjektive Tatseite gewinnen. Hierzu hätte der Beschuldigte zumindest befragt werden müssen, um den Sachverhalt auch im Hinblick auf die Verschuldensfrage vollständig und ausreichend beurteilen zu können. Die Erstbehörde hat dadurch den im Verwaltungsrecht vorherrschenden Grundsatz der Amtswegigkeit verletzt.

 

Generell ist der festgestellte Sachverhalt äußerst dürftig und ermöglicht keine umfassende Beurteilung der Verwaltungsübertretung. Es wurde nicht einmal geklärt, ob die Ersatzmaut bezahlt wurde, obwohl die Nichtbezahlung der Ersatzmaut Voraussetzung für die Verhängung einer Strafe ist (Punkt 10.2 Mautordnung Teil B).

 

Zur Schuldfrage wird im Bescheid lapidar ausgeführt, dass die Lenkerpflichten bei Ertönen der vier akustischen Signale der GO-Box bei der Durchfahrt durch einen Mautbalken eindeutig seien. Darin wird weder ausgeführt, was nun die konkreten Lenkerpflichten sind, noch wurde festgestellt, dass überhaupt tatsächlich ein viermaliges Ertönen der Go-Box stattgefunden hat. Eindeutig sind die Lenkerpflichten keinesfalls.

 

In der Vergangenheit wurde der Zulassungsbesitzer, R R, vor einem notwendigen Austausch der GO-Box von der ASFINAG rechtzeitig informiert. Es wurde dann der Fahrer aufgefordert, den Tausch vorzunehmen. Diesbezüglich gab es nie Probleme. Offensichtlich wäre die GO-BOX auch im Juni 2011 wieder zu tauschen gewesen. Dieses Mal wurde jedoch R R nicht benachrichtigt und konnte daher auch nicht den Lenker, den Beschuldigten, rechtzeitig informieren. Die diesbezügliche Ankündigung ist unterblieben, obwohl Herr R R bereits am 09.10.05 seine E-Mail Adresse auf dem Antragsformular der ASFINAG hinterlasser hat.

 

Ein viermaliges Piepsen erfolgt erst dann, wenn der Beschuldigte bereits mit der 'gesperrten' GO-Box auf die Autobahn auffährt, wenn es also in Wahrheit bereits zu spät ist. Die Lenkerpflichten bei Ertönen dieser Signale sind keineswegs eindeutig) so wie dies von der Erstbehörde angenommen wird. Ganz im Gegenteil muss die Nachzahlung innerhalb von 5 Stunden erfolgen, in einer Entfernung von 100 Kilometern.

 

Um überhaupt eine Nachzahlung vornehmen zu können, muss der Lenker zuerst einmal wissen, was das Piepsen bedeutet und dass er nun eine Nachzahlung leisten muss. Typischerweise werden Go-Boxen ausgetauscht bevor diese gesperrt sind, so dass Lenker mit dieser Situation überhaupt nicht vertraut sind und normalerweise damit auch nicht konfrontiert werden. Auch der Beschuldigte war zum ersten Mal in einer derartigen Situation.

 

Hinzukommt, dass es auch die Möglichkeit einer automationsunterstützen Nachverrechnung gibt, bei der es eben nicht notwendig ist, eine Nachzahlung zu tätigen.

 

Ein Lenker müsste daher auch wissen, dass eine Nachzahlung nur innerhalb von 5 Stunden möglich ist. Regelmäßig wird jedoch der Lenker vorher beim Zulassungsbesitzer nachfragen, wie hier die Nachverrechnung erfolgt und ob diese nicht ohnehin automationsunterstützt erfolgt. Dann ist es jedoch für eine Nachzahlung bereits zu spät.

 

Als der Zulassungsbesitzer, R R, die Zahlungsaufforderung für die Ersatzmaut erhalten hat, hat er ein Schreiben an die ASFINAG gerichtet, in dem er darauf hingewiesen hat, dass ihm nicht angekündigt wurde, dass die GO-Box zu tauschen ist und er daher um eine Kulanzregelung ersucht. Trotz dieses Schreibens, hat der Lenker jedoch eine Strafverfügung erhalten.

 

Aus all dem zeigt sich bereits, dass jedenfalls das Verschulden des Beschuldigten nur sehr geringfügig war. Dieser war erstmalig damit konfrontiert, dass seine GO-Box offensichtlich gesperrt war und war davon völlig überrascht. Er hat dann nicht richtig reagiert und nicht innerhalb der 5 Stunden Grenze die Maut nachgezahlt. Auf die Nichtzahlung der Ersatzmaut, die nicht einmal an ihn gerichtet war, hat er keinen Einfluss.

 

Den Beschuldigten trifft - entgegen der Auffassung der Erstbehörde - jedenfalls nur ein geringfügiges Verschulden und auch die Folgen der Übertretung sind unbedeutend (€ 0,54).

 

Die Erstbehörde begründet nicht einmal, warum hier die Voraussetzungen des § 21 VStG nicht vorliegen sollen, insbesondere warum hier keine Unbe­deutendheit der Tatfolge und Geringfügigkeit des Verschuldens vorliegt. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um keine Ermessungsentscheidung der Behörde handelt, sondern dass sie von der Strafe abzusehen hat, wenn die Voraussetzungen vorliegen, was hier jedenfalls gegeben ist. Eine Ermahnung ist hier jedenfalls ausreichend.

 

Im Übrigen überwiegen die Milderungsgründe aufgrund des geringfügigen Verschuldens die Erschwerungsgründe bei Weitem. Die verhängte Verwaltungs­strafe ist somit jedenfalls überhöht und eine außerordentliche Milderung der Strafe § 20 VStG geboten.

 

Beweis:           PV;

                        Einvernahme des Zulassungsbesitzers R R, F, K;

                        Schreiben R R vom 29.07.2011;

                        weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten.

 

Aufgrund dieser Ausführungen stellt der Beschuldigte nachstehende

 

Anträge:

 

Die Berufungsbehörde möge

 

  1. das Straferkenntnis des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom
    06.07.2012 zu GZ 0036577/2011 ersatzlos aufheben und das Verfahren
    einstellen

 

in eventu

  1. es aufgrund der Geringfügigkeit des Verschuldens sowie der unbedeutenden
    Folgen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung bei einer Ermahnung
    gemäß § 21 VStG bewenden lassen

 

in eventu

  1. von einer Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG Gebrauch machen."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung führte der Zulassungsbesitzer, R R, zeugenschaftlich aus, er habe die Ersatzmaut wegen der unver­hältnismäßigen Differenz zur nicht geleisteten Maut bewusst nicht bezahlt. Eine Tauschaufforderung betreffend die gegenständliche GO-Box sei ihm nicht zuge­gangen. Da es der ASFINAG ein Leichtes gewesen wäre, das geschuldete Geld einzuziehen, liege keine Mautprellerei vor.

 

Der Amtssachverständige legte dar, dass eine solche Form der Nachverrechnung zwar (nach gesonderter Übereinkunft) technisch möglich, aber vom System her nicht vorgesehen sei.

 

Weiters legte der Amtssachverständige dar, dass bei einer gesperrten GO-Box diese bei Durchfahren der Mautbalken vier Signaltöne von sich gebe, da er über den Zentralrechner erfahre, dass keine Maut abgebucht wird. Das Funktionieren des Systems sei durch Testverfahren vor der Einführung gesichert und es seien im jahrelangen Betrieb keine Fälle eines einschlägigen Systemversagens bekannt geworden. Es sei technisch ausgeschlossen, dass die GO-Box nur einen (statt vier) Signalton von sich gibt, da sich der vom Mautbalken weggehende Befehl nicht ändere bzw. nicht gestört werden könne. Ein technisches Gebrechen der GO-Box sei nur im Sinne eines Totalschadens möglich; diesfalls gebe die GO-Box gar keine Signaltöne von sich.

 

Der Bw führte aus, er habe die vier Signaltöne nicht gehört.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Schlüssigkeit und Vollständigkeit der gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen – der der Bw auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist – keinen Zweifel. Demnach hatte die (unbestrittene) Nichtabbuchung der Maut vier Signaltöne bei jedem Durchfahren eines Mautbalkens zur Folge (vgl. Pkt. 8.2.4.3.2 der Mautordnung und die Möglichkeit der Nachzahlung unter den in Pkt. 7.1 der Mautordnung geregelten Voraussetzungen). Diese Nachzahlung ist nicht erfolgt; hypothetische Alternativen (Einzug durch die ASFINAG) sind rechtlich ohne Belang. Ohne Bedeutung ist ferner der Umstand, dass der Zulassungsbesitzer keine Tauschaufforderung erhielt (was – notorisch – nach der jüngeren Praxis der ASFINAG generell der Fall ist); maßgebend für den Lenker sind die Signaltöne, die ihn auffordern, eine GO Vertriebsstelle anzufahren und sich nach der Ursache der Signaltöne zu erkundigen bzw. gegebenenfalls die Nachzahlung zu leisten.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Das (angebliche) Nichthören der Signaltöne entschuldigt den Bw nicht, da er zu gehöriger Aufmerk­samkeit verpflichtet ist, bzw. dazu, die Umstände so zu gestalten, dass die Signaltöne nicht (durch Musik und dergleichen) übertönt werden. Auch die allfällige Nichtkenntnis der die Verwendung der GO-Box begleitenden Rechtsvorschriften, insbesondere der Mautordnung, wirkt nicht entschuldigend. Als Verschuldensform ist im Zweifel Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurden. Überwiegende Milderungs­gründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Auch die Nichtanwendung des § 21 VStG im angefochtenen Straferkenntnis ist rechtskonform, da weder das Überhören der Signaltöne noch die Rechtsunkenntnis bzw. die Unkenntnis der Funktionsweise der GO-Box die Voraussetzung eines geringfügigen Ver­schuldens erfüllen.

 

Aus gegebenem Anlass sei hinsichtlich der Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung auf § 74 AVG i.V.m. § 24 VStG verwiesen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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