Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167307/3/Fra/CG

Linz, 08.03.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann FRAGNER über die Berufung des Herrn x x, x, x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt x, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 8.10.2012, VerkR96-4964-2012/Wid, zu Recht erkannt:

 

 

I.              Hinsichtlich des Faktums 6 (§ 5 Abs.1 StVO 1960) wird der Berufung  insofern Folge gegeben, als gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.800,00 Euro verhängt wird; falls diese uneinbringlich ist, wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen festgesetzt. Hinsichtlich des Faktums 7 (§ 4 Abs.1 lit.c StVO 1960) wird der Berufung Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Spruchpunkt aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich des Faktums 6 (§ 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960) keine Kostenbeiträge zu entrichten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafe (180,00 Euro).

 

Zum Verfahren hinsichtlich des Faktums 7 (§ 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960) entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen sowohl zum erstinstanzlichen als auch zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 45 Abs.1 Z.1 VStG; §§ 16 und 19 VStG

zu II: §§ 64, 65 und 66 Abs 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat dem Berufungswerber (im folgenden: Bw) im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er

 

1.          am 14. 7.2012 um 20:15 Uhr in der Gemeinde H., L x bei Strkm. 21,120, als Lenker des Fahrzeuges: Kennzeichen x, PKW, x, x, Farbe x, Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs bei einem Verkehrsunfall beschädigt (in concreto ein Gefahrenzeichen "Kreuzung mit Straße ohne Vorrang" mit der Zusatztafel "2 mal", samt Halterung) und in ihrer Lage verändert habe und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle oder den Straßenerhalter unter Bekanntgabe seiner Identität verständigt habe. Dadurch habe er § 31 Abs 1 StVO verletzt, weswegen über ihn gem § 99 Abs 2 lit e StVO eine Geldstrafe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde,

 

2.          zur selben Zeit und am selben Ort wie in Punkt 1 als Lenker des oa. KFZ mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und sein Fahrzeug nicht sofort angehalten habe und daher § 4 Abs 1 lit a StVO verletzt habe, weshalb über ihn gem § 99 Abs 2 lit a StVO eine Geldstrafe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde,

 

3.          am 14.7.2012 um 20:19 Uhr in der Gemeinde Hx vor dem Objekt H. x, als Lenker des oa. KFZ bei Gegenverkehr den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten habe. Dadurch habe er § 7 Abs 2 StVO verletzt, weshalb über ihn aus diesem Grund gem § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt wurde,

 

4.          zur selben Zeit und am selben Ort wie in Punkt 3 als Lenker des oa. KFZ mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung gem § 4 Abs 5 StVO begangen, weshalb über ihn gem § 99 Abs 3 lit b StVO eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde,

 

5.          zur selben Zeit und am selben Ort wie in Punkt 3 als Lenker des angeführten KFZ mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und sein Fahrzeug nicht sofort angehalten habe. Aus diesem Grund werde habe er § 4 Abs 1 lit a StVO verletzt, weshalb über ihn gem § 99 Abs 2 lit a StVO eine Geldstrafe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde,

 

6.          am 14.7.2012 von 20:15 bis 20:40 Uhr in der Gemeinde H., vom Objekt x über die L x bis Objekt H. x und zurück nach x das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Ein am selben Tag um 21:10 Uhr durchgeführter Alkotest ergab einen Alkoholgehalt  der Atemluft vom 1,14mg/l. Auf den Lenk- bzw Unfallszeitpunkt zurückgerechnet und unter Berücksichtigung des Nachtrunks, ergebe sich eine errechnete Blutalkoholkonzentration von 2,041 Promille. Dadurch habe er § 5 Abs 1 StVO übertreten, weswegen über ihn gem § 99 Abs 1 lit 1 a StVO eine Geldstrafe von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Tage) verhängt wurde und

 

7.          am 14.7.2012 um 20:40 Uhr in der Gemeinde H., x, als Lenker des oa. KFZ mit einem Verkehrsunfall in einem ursächlichen Zusammenhang gestanden sei und an der Sachverhaltsdarstellung nicht mitgewirkt habe, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen. Er habe nach dem Unfall verbotenerweise Alkohol in Form von 0,5 Liter Bier konsumiert. Daher habe er § 4 Abs 1 lit c StVO verletzt, weshalb über ihn gem § 99 Abs 2 lit a StVO eine Verwaltungsstrafe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde.

 

Daraus ergibt sich eine Gesamtstrafe von 3.280 Euro. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages von insgesamt 328 Euro (jeweils 10 % der angeordneten Geldstrafen) verpflichtet. 

 

I.2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führt der Bw zusammengefasst aus, dass die BH Braunau am Inn nicht zuständig gewesen sei, die Übertretung des § 99 Abs 1 lit a StVO zu ahnden. Vielmehr habe er das Delikt des § 89 StGB verwirklicht. Es sei zum einen zum Unfallszeitpunkt eine Alkoholisierung (2 Promille) iSd § 81 Abs 1 Z 2 StGB iVm § 5 Abs 1 StVO, was von der Behörde festgestellt wurde, vorgelegen. Zum anderen habe er gewusst, dass er noch fahren müsse. Damit sei jedoch das Delikt des § 89 StGB erfüllt, weshalb gem § 99 Abs 6 lit c StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung nicht vorliege. Letztgenannte Norm sehe eine Subsidiaritätsklausel im Vergleich zum gerichtlichen Strafrecht vor. 

 

Die Behörde habe damit eine Strafbefugnis in Anspruch genommen, welche ihr gesetzlich nicht zustehe und dadurch auch gegen Art 83 Abs 2 B-VG, welcher das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter statuiert, verletzt.

 

IdZ verweist der Berufungswerber auf ein Erkenntnis des LG Ried vom 31.5.2010, 22 Bl 23/10m sowie auf ein Erkenntnis des UVS Oö vom 2.11.1999 (VwSen 106188/3 und VwSen 106189/2/WEI/Bk). Auch diese Fälle handelten von einer Fahrzeugkollision, bei welcher keine Personen körperlichen Schaden nahmen.

 

Gemäß dem besagten UVS-Erkenntnis bestehe eine Bindung der Verwaltungsstrafbehörde nur an verurteilende Entscheidungen des Strafgerichtes, einem Tribunal iSd Art 6 EMRK, nicht jedoch an einen Freispruch; in diesem Fall habe – wie auch im gegenständlichen – in welchem es keinen Strafprozess gegeben habe, die Verwaltungsstrafbehörde selbst ihre Zuständigkeit zu prüfen. Auf die Frage, ob überhaupt ein Strafprozess durchgeführt worden sei bzw ob dieser mit einem Schuldspruch geendet habe, komme es nicht an. 

 

Der Bw hat mit Schriftsatz vom 01.03.2013 seine Berufung zum Spruchpunkt 3 des oa. Straferkenntnisses (§ 7 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) zurückgezogen. Die Berufung zu Spruchpunkt 6 des oa. Straferkenntnisses (§ 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960) wurde hinsichtlich des Schuldspruches zurückgezogen und auf den Strafausspruch eingeschränkt.

 

Die Berufung zu Spruchpunkt 7 des oa. Straferkenntnisses (§ 4 Abs.1 lit.c iVm
§ 99 Abs.2 lit.a StVO 1960) wurde aufrecht erhalten.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat, da in den angefochtenen Spruchpunkten jeweils 2.000,00 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

 

Hinsichtlich des ursprünglich angefochtenen Spruchpunktes 3 (§ 7 Abs.2 iVm
§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) entfällt eine Berufungsentscheidung, da diese – siehe oben – der Bw sein Rechtsmittel zurückgezogen hat.

 

Hinsichtlich des Spruchpunktes 6 (§ 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960) hat der Bw sein ursprünglich dem Grunde und der Höhe nach eingebrachtes Rechtsmittel im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat auf das Strafausmaß eingeschränkt. Da sohin dieser Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist, hat der Oö. Verwaltungssenat lediglich zu überprüfen, ob die Strafe, gemessen an den Kriterien des § 19 VStG, rechtmäßig bemessen wurde und ob allenfalls eine Herabsetzung dieser in Betracht kommt.

 

Dazu ist festzustellen, dass es bei der Strafbemessung der Behörde obliegt, gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen in der gesetzmäßigen Ausmessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen. Als Rechtsfrage stellt sich hiebei für die Behörde die Aufgabe, unter Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Situation des Beschuldigten im Rahmen des gesetzlichen Strafsatzes die dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessene Strafe festzusetzen, also bei der Strafbemessung auf objektive und subjektive Kriterien der Tat Bedacht zu nehmen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat ist unter Zugrundelegung der oa. Grundsätze zum Ergebnis gekommen, dass eine Herabsetzung der Strafe aus folgenden Gründen vorzunehmen ist:

 

Da der Bw seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse trotz Aufforderung der belangten Behörde vom 3. August 2012 und vom 3. September 2012 nicht bekannt gegeben hat, wurde bei der Bemessung der Strafe von der dem Bw mitgeteilten Schätzung wie folgt ausgegangen: Monatliches Nettoeinkommen ca. 1.200,00 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten. Dieser Schätzung hat der Bw auch im Berufungsverfahren nicht widersprochen, weshalb diese Annahmen auch vom Oö. Verwaltungssenat der Strafbemessung zugrunde gelegt werden. Die Bezirkshauptmannschaft hat den hohen Grad der Alkoholisierung als straferschwerend gewertet. Dazu ist festzustellen, dass der Grad der Alkoholisierung die Strafnorm bestimmt, weswegen im Sinne des Doppelwertungsverbotes der Umstand der hohen Alkoholisierung nicht zusätzlich als Straferschwerungsgrund heranzuziehen ist. Dies veranlasste den Oö. Verwaltungssenat zu einer Reduzierung der Geldstrafe auf das nunmehrige Ausmaß. Eine weitere Herabsetzung der Strafe verbietet sich aus präventiven Gründen, weshalb zu diesem Spruchpunkt spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Im Spruchpunkt 7 (§ 4 Abs.1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960) wird dem Bw vorgeworfen, dass er am 14.07.2012 um 20.40 Uhr in der Gemeinde H., x, mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt habe, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen und nach dem Unfall verbotenerweise Alkohol in Form von 0,5 Liter Bier konsumiert habe.

 

Diesem Vorwurf hält der Bw in seinem Rechtsmittel zu Recht entgegen, dass es nicht den Tatsachen entspricht, dass er durch diesen Nachtrunk die Feststellung unmöglich gemacht hätte, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen, weil ja eine halbe Stunde später (siehe Spruchpunkt 6) ein Alkotest mit dem Ergebnis von 1,14 mg/l Atemalkoholgehalt durchgeführt wurde, ebenso eine Rückrechnung auf die Blutalkoholkonzentration zum Unfallszeitpunkt. Der Bw hat sohin an der Sachverhaltsfeststellung betreffend Alkoholisierung in Form der Durchführung des von ihm verlangten Alkotestes mitgewirkt. Der Alkoholisierungsgrad zum Lenkzeitpunkt konnte sohin festgestellt werden und der Bw wurde wegen Übertretung des § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 StVO 1960 (nunmehr rechtskräftig) bestraft. Der Bw weist auch zu Recht darauf hin, dass ein halber Liter Bier bei der festgestellten Atemluftalkoholkonzentration an der ohnehin vorgenommenen Anwendung des § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 nichts zu ändern vermag. Da sohin der Bw diesen Tatbestand nicht verwirklicht hat, war diesbezüglich spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidungen sind gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Johann FRAGNER

 

 

 

 

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