Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240935/2/Gf/Rt

Linz, 18.03.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung der S gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23. Jänner 2013, Zl. 5893/2012, wegen mehrerer Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als Spruchpunkt a) des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Strafverfahren insoweit eingestellt sowie die zu den Spruchpunkten b) und c) verhängte Geldstrafe jeweils auf 30 Euro herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf insgesamt 6 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23. Jänner 2013, Zl. 5893/2012, wurden über die Beschwerdeführerin drei Geld­strafen in einer Höhe von jeweils 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 3 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: insgesamt 15 Euro; Untersuchungskosten: 120 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 285 Euro) verhängt, weil sie am 19. September 2011 mit – jeweils näher bezeichneten – fehlenden, unzutreffenden und irreführenden Kennzeichnungselementen versehene Lebensmittel durch Lieferung an ein Unternehmen in H in Verkehr gebracht habe. Dadurch habe sie in zwei Fällen eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 3 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 125/2011 (im Folgenden: LMSVG), i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 1 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 165/2008 (im Folgenden: LMKV), sowie eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 3 LMSVG begangen, weshalb einerseits zwei Strafen nach § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG und andererseits eine Strafe gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG über sie zu verhängen gewesen seien. 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das der Beschwerdeführerin angelastete Tatverhalten auf Grund eines entsprechenden Gutachtens der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) als erwiesen anzusehen und von der Rechtsmittelwerberin auch nicht substantiell bestritten worden sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd gewertet und ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 1.350 Euro; keine Sorgepflichten) entsprechend berücksichtigt worden. 

1.2. Gegen dieses ihr am 11. Februar 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. Februar 2013 – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte Berufung. 

Darin wird eingewendet, dass die verfahrensgegenständlichen Produkte nicht als Lebensmittel, sondern als Badezusatz verkauft worden seien. Außerdem sei die Kennzeichnung im Anschluss an die Beanstandung und nach Rücksprache mit der AGES ohnehin mehrfach geändert und schließlich wegen der unklaren Rechtslage überhaupt vom Markt genommen worden.

Daher wird – erschließbar – eine Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses oder eine Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu Zl. 5893/2012; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden. 

2.2. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Z. 3 LMSVG und i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 1 LMKV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der verpackte Waren mit einer fehlenden Sachbezeichnung in Verkehr bringt.

 

Nach § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 3 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel mit irreführenden Angaben über vermeintlich besonderen Eigenschaften in Verkehr bringt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.

 

3.2. Wenn die Rechtsmittelwerberin in diesem Zusammenhang vorbringt, dass die beanstandeten Ware – nämlich ein Steviol-Glycosid (Stevia-Konzentrat) – in dem von ihr belieferten Unternehmen als "Badezusatz" zum Verkauf angeboten worden sei, ist dieser Einwand freilich nicht geeignet, dem Produkt seine Eigenschaft als Lebensmittel i.S.d. weit gefassten Definition des § 3 Z. 1 LMSVG i.V.m. Art. 2 der VO (EG) 178/2002, die (u.a.) auch Kosmetika umfasst, zu nehmen. Davon abgesehen hat die Beschwerdeführerin auf der Verpackung selbst den Hinweis: "Stevia Kochanleitungen: siehe Stevia Rezeptbuch 'X' ..... bzw. weitere Informationen auf www.X.org" angebracht und damit objektiv besehen keinen Zweifel daran offen gelassen, dass ihr Produkt nach dessen primärer Zweckbestimmung als Süßstoff im Zuge der Zubereitung (v.a.) von Speisen und (auch) Getränken zu verwenden ist.

 

3.3. Unter "Nahrungsergänzungsmittel" sind gemäß § 3 Z. 4 LMSVG Lebensmittel zu verstehen, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in Verkehr gebracht werden, d.h. z.B.: in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen.

 

In diesem Zusammenhang ist im Gutachten der AGES vom 16. Jänner 2012, Zl. 11099759, jedoch nur lapidar ausgeführt, dass "die verwendete Sachbezeichnung 'Nahrungsergänzungsmittel' ..... falsch" ist, "da das Produkt gemäß § 3 Abs. 4" LMSVG "der Definition 'Nahrungsergänzungsmittel' nicht entspricht" (S. 4).

 

Abgesehen davon, dass es sich insoweit schon rein sprachlich um eine inhaltsleere (und daher im Ergebnis nichtssagende) Tautologie handelt, geht hier auch aus den konkret gegebenen Sachverhaltsumständen keineswegs offenkundig hervor, weshalb das beanstandete Produkt beispielsweise nicht den in der Legaldefinition des § 3 Abs. 4 LMSVG enthaltenen Begriffen "Einfach- oder Mehrfachkonzentrat" bzw. "Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen" entsprechen sollte, wenn sich auf der Verpackung z.B. Angaben wie "Steviakonzentrat flüssig", "das Gesündeste seit es Zucker gibt" und "Inhaltsstoffe: Wasser, pflanzliches Glyzerin, Steviol-Glycoside" finden und auch im Prüfbericht der AGES selbst (S. 2) ein "Kunststoff-Ausgusseinsatz" erwähnt wird.

 

Vor diesem Hintergrund kann daher nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass insoweit überhaupt ein rechtswidriges Verhalten der Beschwerdeführerin vorliegt; vielmehr war im Zweifel gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK von der Nichterfüllung des Tatbestandes auszugehen, weshalb lit. a) des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben war.

 

3.4. Dem gegenüber erweist sich die Tatanlastung hinsichtlich der fehlenden (Angabe und Positionierung des Mindesthaltbarkeitsdatums bzw. bestimmter Zutatenbezeichnungen) und irreführenden Kennzeichnungselemente ("das Gesündeste, seit es Zucker gibt") als zutreffend, wobei auch die Rechtsmittelwerberin selbst dem gar nicht substantiell entgegen getreten ist.

 

Indem sie es zudem offenkundig unterlassen hat, diesbezüglich entsprechende Rechtsauskünfte (und zwar nicht bei der AGES, sondern) bei der dafür zuständigen Behörde einzuholen, hat sie zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher insoweit gegeben.

 

Im Zuge der Strafbemessung war zu den von der belangten Behörde bereits berücksichtigten Umständen der Unbescholtenheit und des relativ geringen monatlichen Nettoeinkommens der Beschwerdeführerin allerdings zusätzlich zu beachten, dass sich diese – von der belangten Behörde unwidersprochen – nach erfolgter Beanstandung zunächst um eine gesetzeskonforme Kennzeichnung bemüht und in der Folge das kritisierte Produkt überhaupt aus dem Verkehr gezogen hat.

 

Deshalb findet es der Oö. Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die verhängte Geldstrafe auf jeweils 30 Euro herabzusetzen.

 

3.5. Insgesamt war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als Spruchpunkt a) des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Strafverfahren insoweit nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen sowie die zu den Spruchpunkten b) und c) verhängte Geldstrafe jeweils auf 30 Euro herabzusetzen war; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf insgesamt 6 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

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