Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360011/2/WEI/BZ/Ba

Linz, 13.03.2013

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des H B, geb. X, vertreten durch Dr. R S und Dr. G P, Rechtsanwälte in B, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24. Mai 2012, Zl. Pol 96-55-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Freistadt (im Folgenden: belangte Behörde) wie folgt abgesprochen:

 

"Straferkenntnis

 

Sehr geehrter Herr B!

 

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

 

Während einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 31.01.2012, um 08.56 Uhr durch die Organe der Abgabebehörde, Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr, als Organe der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG, im Verkaufslokal der S-Tankstelle, in F, L, wurde ein Eingriffsgegenstand 'Funwechsler' betriebsbereit und eingeschaltet dienstlich wahrgenommen und ein fortgesetzter Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes durch Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen festgestellt.

Es konnte das Glücksspielgerät, 'elektronisches Glücksrad mit Vervielfachungsfaktor' festgestellt werden, mit welchem selbständig nachhaltig Einnahmen durch Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen erzielt wurden, welche also von einem Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet wurden, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form eines geldwerten Einsatzes zu entrichten war, für welche vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Verbindung mit dem Erreichen bestimmter Symbolkombinationen in Aussicht gestellt wurden und welche weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

Das Gerät wurde von den Kontrollorganen durch aufgeklebte Nummerierung gekennzeichnet und nach Durchführung von Testspielen zwecks Verhinderung eines weiteren Eingriffs in das Glücksspielmonopol vorläufig beschlagnahmt, versiegelt und vor Ort belassen.

 

Sie haben es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der B Handels KG, in S, H, zu verantworten, dass im Verkaufslokal der S-Tankstelle in F, L, Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, in der Zeit vom 01. Juli 2011 bis 31. Jänner 2012 von der genannten Firma unter Verwendung von einem 'sonstigen Eingriffsgegenstand', mit der Gerätebezeichnung 'FUN' (von den Kontrollorganen mit der Nummerierung 1 versehen) veranstaltet wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 Abs 1 Z 1 (erstes Tatbild) GSpG iVm § 2 Abs. 4 GSpG BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 76/2011

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von        falls diese uneinbringlich ist, gemäß

                               Ersatzfreiheitsstrafe von

 

1000,00 1 Tage                                                  § 52 Abs 1 Z 1 (erstes Tatbild) GSpG BGBl. Nr.                                                                                         620/1989 idF BGBl. I Nr. 76/2011

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung der Vorhaft):

---

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

100,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe;

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 1100,00 Euro.

 

Zahlungsfrist:

..."

1.2. Zur Begründung führt die belangte Behörde (auszugsweise) wie folgt aus:

 

"Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat, als die nach § 50 Abs 1 GSpG zuständige Behörde, aufgrund der ausführlich dokumentierten Anzeige des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vom 21. Februar 2012, Zl.: 052/71706/8/2012, ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Veranstaltens von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, gegen sie eingeleitet.

 

Es wurde folgender, verfahrenswesentlicher Sachverhalt zur Anzeige gebracht:

 

Bei einer am 31. Jänner 2012, um 08.56 Uhr, im Verkaufslokal der S-Tankstelle, in F, L von Organen der Abgabenbehörde, Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr, als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd § 50 Abs 2 GSpG durchgeführten Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz war ein 'sonstiger Eingriffsgegenstand' mit der Gerätebezeichnung 'FUN', FA-Kennnummer 1, betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden, mit welchem seit 01. Juli 2011 wiederholt Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden, welches auch als Testspiel während der Kontrolle durchgeführt worden war. Aufgrund der für die Spielteilnahme bedungenen Spieleinsätze und der vom Veranstalter in Aussicht gestellten Gewinne wäre fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verstoßen worden und deshalb in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden, weil diese Ausspielungen weder von der erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz umfasst waren, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Das angezeigte, von der 'B Handels KG' veranstaltete Glücksspiel in Form eines 'elektronischen Glücksrad', verlief entsprechend folgender generalisierender Beschreibung: Das angebotene Spiel, sohin auch das angezeigte virtuelle Walzenspiel, war deshalb Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG, weil die Spieler in keiner Weise gezielt Einfluss auf das Zustandekommen einer gewinnbringenden Symbolkombination nehmen konnten, die Entscheidung über den Spielerfolg also jeweils ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten lediglich ein Spiel auswählen, einen Einsatz bzw. Gewinnplan wählen und das Spiel durch Tastenbetätigung auslösen.

Das Spiel war somit Glücksspiel iSd § 1 Abs. 1 GSpG.

 

Das Spiel konnte nur nach Eingabe von Geld ausgewählt und zur Durchführung aufgerufen werden. Für jedes Spiel wurde ein bestimmter Mindesteinsatz bedungen, der durch entsprechende Tastenbetätigung gesteigert werden konnte. In den zum jeweiligen Spiel gehörenden Gewinnplan wurden in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen unterschiedlich hohe Gewinne in Aussicht gestellt. Sämtliche Gewinne wurden mit jeder Einsatzsteigerung erhöht. Mit dem Betätigen der Start-Taste wurde, nach Abzug des vorgewählten Einsatzbetrages, das Spiel ausgelöst. Nach kurzem Walzenumlauf, bei dem die dargestellten Symbole in ihrer Lage so verändert wurden, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand, stand die zufallsbedingt erfolgte Entscheidung über den Spielerfolg fest. War eine Symbolkombination eingetreten, welche einer der Angaben im Gewinnplan entsprach, dann war ein Gewinn erzielt worden, der am Bildschirm auch optisch und akustisch besonders hervorgehoben wurde, andernfalls war der Einsatz verloren.

Die Glücksspiele wurden also in Form von Ausspielungen durchgeführt.

 

Das gegenständliche Glücksspiel wurde auf Namen der oben angeführten Firma, auf eigene Gefahr und auf eigenes Risiko betrieben. Sie haben als Verantwortlicher der 'B Handels KG', unter Verwendung des angeführten Eingriffsgegenstandes, Glücksspiele mit dem Vorsatz veranstaltet, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung dieses Glücksspieles zu erzielen. Die Firma hat somit selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt.

Die 'B Handels KG' hat somit Glücksspiele als Unternehmer iSd. § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet.

 

Für diese Ausspielungen waren nachweislich weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG erteilt worden, noch waren diese Ausspielungen nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. An diesen Ausspielungen konnte vom Inland aus teilgenommen werden.

Die Ausspielungen wurden also in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt.

 

Das gegenständliche Glücksspiel, an dem vom Inland aus teilgenommen werden konnte, bei dem die Spieler eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen mussten und bei dem vom Unternehmer eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wurde, wurde also ohne Rechtsgrundlage von einem Unternehmer iSd. § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet. Somit wurden diese Glücksspiele in Form einer verbotenen Ausspielung veranstaltet, was Sie als das zur Vertretung nach Außen berufenes Organ der gegenständlichen Firma zu verantworten haben.

 

Ihnen wurde im Rahmen der Aufforderung zur Rechtfertigung die Möglichkeit gegeben, zum dargelegten Sachverhalt Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme wurde durch Ihre Rechtsvertretung am 17. April 2012 eingebracht. Darin wurde ausgeführt, dass es sich beim beschlagnahmten Gerät um keinen Glücksspielapparat handelt, sondern um eine Kombination aus Musikbox und Geldwechselautomat, die nicht zur Durchführung von Spielen bestimmt ist. Angesichts der von den Organen der Abgabenbehörde im Zuge der Kontrolle getroffenen Feststellungen kann Ihre Rechtfertigung, wonach der Spieler für den eingeworfenen Betrag jedes Mal ein Wertäquivalent - nämlich einen Wechselbetrag oder ein Musikstück - erhält, nicht nachvollzogen werden. Ihr Vorbringen, dass für jeden Einsatz des Spielers eine Gegenleistung angeboten wird - nämlich ein feststehender Wechselbetrag oder ein Musikstück - wird seitens der Behörde als Schutzbehauptung qualifiziert.

An diesem festgestellten Sachverhalt können auch die Aussagen von Herrn Ing. T bzw. die 'rechtliche Würdigung' der Herren Dr. L bzw. Dr. M keine andere Beurteilung bewirken.

 

Wesentlich ist für die Behörde der Umstand, dass dem Spieler durch das Gerät ein Spielablauf dargeboten wird, in dessen Verlauf ein nach dem Zufallsprinzip lukrierter Gewinn in Aussicht gestellt wird. Zur Teilnahme ist der Spieler nur berechtigt, wenn er eine vermögenswerte Leistung (Einsatz) erbringt. Der konkrete Programmablauf bzw. der Umstand, dass es bestimmter Zwischenschritte zur Durchführung des Spieles bedarf, ändert nichts an der Tatsache, dass der Spieler durch den Einsatz von Geld eine Gewinnchance erhält. Was ein derartiger Apparat (der eine Chance auf den Gewinn von Geldbeträgen bietet) dann, wenn in einer Runde kein Geldbetrag gewonnen wurde, anzeigt oder spielt, ist für die Glücksspieleigenschaft des mit dem Apparat angebotenen Spiels nicht von Belang; ebenso wenig der konkrete Spielablauf mit verschiedenen Zwischenschritten."

Nach Wiedergabe von Rechtsgrundlagen begründet die belangte Behörde ihre rechtlichen Erwägungen wie folgt:

 

"Auf Grund der ausführlichen und umfassenden Dokumentation des gegenständlichen Glücksspieles in Form verbotener Ausspielungen durch die Organe des Finanzamtes als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd § 50 Abs 2 GSpG und aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme war für die Behörde zweifelsfrei als Glücksspiel im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizierende Spiele gegeben, welches von einem Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG veranstaltet wurde.

Ferner stand für die Behörde zweifelsfrei fest, dass für die Durchführung dieses Glücksspieles bestimmte Spieleinsätze bedungen wurden und dafür unterschiedlich hohe vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt wurden.

 

Das gegenständliche Spiele konnte mit einem Mindesteinsatz in der Höhe von 1,00 Euro durchgeführt werden, dem ein in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 20,00 Euro gegenüber stand. Der maximale Einsatz betrug 4,00 Euro. Dafür wurde ein Höchstgewinn von 80,00 Euro in Aussicht gestellt.

Ein Nachweis dafür, dass Spieleinsätze von mehr als € 10.- tatsächlich von einem Spieler geleistet wurden, konnte nicht erbracht werden.

Das angezeigte Glücksspiel unterliegt somit jedenfalls den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes.

 

Eine Rechtsgrundlage für die vorliegenden Ausspielungen wurde der Behörde nicht nachgewiesen.

Für die Behörde stand somit zweifelsfrei fest, dass die angezeigte Ausspielung in Form verbotener Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, veranstaltet wurde. Aufgrund der festgestellten Betriebsdauer des festgestellten Glücksspielgerätes, welche die Durchführung der Ausspielung ermöglichte, wurde mit diesen verbotenen Ausspielungen fortgesetzt gegen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, erstes Tatbild, verstoßen. Es lag sohin ein unzulässiger Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes vor.

Im Ermittlungsverfahren wurden Sie als Verantwortlicher für die Veranstaltung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen festgestellt.

 

Gem. § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt. Da das GSpG keine diesbezügliche Spezialnorm kennt, genügt für die Sanktionsmöglichkeit bereits die fahrlässige Begehung. Als Maßstab für die anzuwendende Sorgfalt des Täters ist dabei jene Sorgfalt zu berücksichtigen, zu der der Täter nach den Umständen des einzelnen Falles verpflichtet wäre.

Auf Grund der Tätigkeit als Unternehmer der Unterhaltungsbranche gehört es zu ihren grundlegenden Aufgaben, sich über die Zulässigkeit der Ausübung von Glücksspielaktivitäten zu informieren. Diese Überwachungsaufgabe oblag ihnen als vertretungsbefugtes Organ und war ihnen auf Grund der öffentlich zugänglichen Informationen (z.B. www.bmf.gv.at, RIS etc.) auch zumutbar.

Die Beteiligung an der verbotenen Ausspielung erfolgte daher zumindest fahrlässig."

Die belangte Behörde schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung.

2.1. Gegen dieses am 25. Mai 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 6. Juni 2012 rechtzeitig per E-Mail eingebrachte Berufung.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das verfahrensgegenständliche Gerät kein Glücksspielautomat sei. Überdies sei der subjektive Tatbestand der Strafnorm nicht erfüllt.

Aus diesen Gründen wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 14. Juni 2012 die Berufung mit ihrem Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch Einzelmitglied zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung (BGBl I Nr. 76/2011) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (st.Rsp. seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Gegenstand des Spruchs im angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

4.3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht zunächst einen wesentlichen Spruchmangel in dem Umstand, dass die belangte Behörde das Gerät, mit dem die Verwaltungsübertretung begangen worden sein soll, nicht in unverwechselbarer Weise bezeichnet hat. Weder der Hinweis "Es konnte das Glücksspielgerät, 'elektronisches Glücksrad mit Vervielfachungsfaktor' festgestellt werden ..." noch der Vorwurf, "... unter Verwendung von einem 'sonstigen Eingriffsgegenstand' mit der Gerätebezeichnung 'FUN' (von den Kontrollorganen mit der Nummerierung 1 versehen) veranstaltet wurde." entsprechen den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG an die Bestimmtheit eines Tatvorwurfes. Weder der erstgenannte, noch der zweitgenannte Vorwurf ermöglicht eine unverwechselbare Identifikation des Gerätes, da alleine der Hinweis, dass das Gerät von Kontrollorganen mit der Nummerierung 1 versehen wurde, weder Schlüsse auf die Beschaffenheit, noch auf die Type des Gerätes zulässt. Durch das Fehlen der Angabe einer gerätebezogenen Seriennummer oder vergleichbarer Identifikationsmerkmale ist eine unverwechselbare Identifizierbarkeit des gegenständlichen Gerätes unmöglich. Alleine die Angabe der beliebig austauschbaren Gehäusebezeichnung, die inhaltlich nichts über die auf dem Gerät verfügbaren Spiele aussagt, in Verbindung mit einer gewillkürten Nummerierung durch Kontrollorgane der Finanzbehörde reicht für einen allgemein verständlichen und unverwechselbaren Tatvorwurf keinesfalls aus.

4.3.2. Dazu kommt, dass die belangte Behörde den wesentlichen Sachverhalt, der für die Subsumtion unter das herangezogene erste Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG erforderlich ist, nicht entsprechend den Konkretisierungs­an­forderungen iSd § 44a Z 1 VStG anhand der Umstände des Einzelfalles im Spruch dargestellt hat. Sie hat nämlich dem Bw lediglich vorgeworfen, er habe es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der B Handels KG in S, H, zu verantworten, dass im Verkaufslokal der S-Tankstelle in F, L, Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. Jänner 2012 von der genannten Firma unter Verwendung von einem "sonstigen Eingriffsgegenstand" mit der Gerätebezeichnung "FUN" (von den Kontrollorganen mit der Nummerierung 1 versehen) veranstaltet wurden.

Eine derartige spruchgemäße Anlastung enthält noch keine konkreten Sachverhaltselemente in Bezug auf das erste Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG. Vielmehr beschränkt sich der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses auf eine ganz allgemein verwendbare und damit austauschbare – weil unabhängig von konkreten Umständen des Einzelfalles erhobene - Anlastung unter bloßer Verwendung der verba legalia. Eine derart substanzlose Aneinanderreihung von Tatbildelementen stellt noch keine Konkretisierung iSd § 44a Z 1 VStG dar. In einem vergleichbaren Fall zum dritten Tatbild "Zugänglichmachen" bemängelte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Jänner 2004, Zl. 2003/17/0268, dass keine Feststellungen getroffen wurden, durch welches Verhalten das Tatbild des Zugänglichmachens in § 52 Abs 1 Z 5 GSpG aF verwirklicht worden sei. Mit der Feststellung, dass ein Glücksspielapparat aufgestellt wurde, sei noch kein konkreter Sachverhalt betreffend das Zugänglichmachen vorgehalten worden.

Es reicht demnach nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (dazu näher Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG mwN.). Diese einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches iSd § 44a Z 1 VStG ist einerseits deshalb erforderlich, damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und andererseits um den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.3.2010, Zl. 2010/17/0017).

4.4. Auch die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses leidet unter wesentlichen Feststellungsmängeln, weil die belangte Behörde keine relevanten Tatsachen zur Identität der Tat festgestellt hat. Vielmehr steht die Begründung in mehreren Punkten in eklatantem Widerspruch zum Spruch des bekämpften Straferkenntnisses. So wird in der Begründung ausgeführt, dass das elektronische Glücksrad entsprechend folgender generalisierender Beschreibung verlief: "Das angebotene Spiel, sohin auch das angezeigte virtuelle Walzenspiel ...". In der Folge wird der Spielablauf eines Walzenspielgerätes wiedergegeben. Weder aus der Anzeige des Finanzamts, noch aus der Fotodokumentation der Finanzpolizei ergeben sich im gegenständlichen Fall Hinweise darauf, dass "virtuelle Walzenspiele" veranstaltet worden wären. Vielmehr wird durch die Aktenlage – nicht zuletzt durch die eindeutige Beschreibung und Bezeichnung der angebotenen Spiele – zweifelsfrei belegt, dass es sich bei dem im Rahmen der Kontrolle vorgefundenem Gerät um einen "Funwechsler" handelte. Der Sachverhaltsdarstellung der belangten Behörde lässt sich aber kein Hinweis auf den Spielablauf dieses Gerätes entnehmen. Die Ausführungen der belangten Behörde beziehen sich ausschließlich auf virtuelle Walzenspiele, bei denen "gewinnbringenden Symbolkombinationen" und "Walzenumläufe" angezeigt werden. Dieser Spielablauf trifft aber – wie sich auch der Anzeige und der Fotodokumentation der Finanzbehörde zweifellos entnehmen lässt – auf "Funwechsler" nicht zu.

4.5. Rechtserhebliche Widersprüche zwischen dem Spruch und der Begründung (zB über konkrete Tatumstände) ziehen die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheids nach sich. Enthält ein Straferkenntnis für einen Schuldspruch in einem wesentlichen Punkt eine in sich widersprüchliche Begründung, liegt eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1526, Anm 8 zu § 44a VStG).

Die oben aufgezeigten Widersprüche zwischen dem Spruch und der Begründung haben die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheids zur Folge. Die Widersprüche über das gegenständliche Gerät betreffen zweifelsfrei wesentliche Tatumstände, die für die Feststellung der Identität der Tat von elementarer Bedeutung sind. Somit zieht auch die Begründung auf Grund ihrer unauflösbaren Widersprüche zu dem für sich schon mangelhaften Spruch des Bescheids die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses nach sich.

4.6. Da sowohl die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. März 2012 als auch das angefochtene Straferkenntnis vom 24. Mai 2012 unter wesentlichen Widersprüchen und Konkretisierungsmängeln leiden, kann dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt keine taugliche Verfolgungshandlung entnommen werden. Im Hinblick auf die angelastete Tatzeit ist die gemäß § 52 Abs 5 GSpG vorgesehene einjährige Verfolgungsverjährungsfrist mittlerweile am 31. Jänner 2013 abgelaufenen, weshalb die aufgezeigten wesentlichen Spruchmängel im Berufungsverfahren jedenfalls nicht mehr korrigierbar waren.

5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis daher im Hinblick auf wesentliche Feststellungsmängel und mangels einer zutreffend und ausreichend angelasteten Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  W e i ß

 

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