Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750088/2/BP/WU

Linz, 14.03.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, StA von Bosnien, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntnerstraße 16, 4020 Linz, vom 21. Jänner 2013, GZ.: Sich96-652-2012, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

        II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten. 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II.: § 64ff. VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. Jänner 2013, GZ.: Sich96-652-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 333 Stunden verhängt. Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:

 

Am 25.9.2012 um ca. 10.00 Uhr wurde von Beamten der Polizeiinspektion X in X, festgestellt, dass Sie sich nachweislich zumindest von 11.05.2012 bis 25.9.2012 im österreichischen Bundesgebiet als bosnischer Staatsbürger aufhielten, obwohl in Ihrem vorgewiesenen Reisedokument kein gültiger Aufenthaltstitel für das Schengengebiet eingetragen war. Fremde dürfen sich ohne Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nicht länger als 90 Tage im Schengenraum für touristische Zwecke aufhalten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 31 iVm § 120 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst aus, dass der Bw aufgrund einer Anzeige der PI X vom 28. September 2012 mit Schreiben der belangten Behörde vom 5. November 2012 aufgefordert worden sei, sich für die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen.

 

Der Bw habe am 11. Dezember 2012 anlässlich einer Vorsprache durch seine Vertreterin, Frau X, bei der belangten Behörde Einspruch erhoben, die wie folgt begründet worden sei:

Mein Gatte ist zur Zeit in Bosnien, ich vertrete ihn und lege die Vollmacht dieser Niederschrift in Kopie bei. Mein Gatte hatte ein Visum zur Saisonarbeit vom 21.6.2012 bis 31.12.2012. Am 21.6.2012 begann er zu arbeiten. Er hörte aber ungefähr nach einem Monat zu arbeiten auf, da er den Deutschkurs begonnen hat. Er wusste nicht, dass ihm dann die Aufenthaltsgenehmigung bis zum 31.12.2012 erlischt. Mein Gatte hatte daher nicht vorsätzlich gehandelt. Er ist auch gleich nach der Erstellung der Ausweisung vom 25.9.2012 am 29.9.2012 ausgereist. Die Unterlagen liegen alle in der Fremdenpolizei auf. Ich beantrage daher die Einstellung des Verfahrens.

 

Die belangte Behörde hat dazu Folgendes erwogen:

 

Sie haben sich als Fremder am 25.09.2012 im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten, obwohl Sie keinen von der Behörde eines Vertragsstaates erteilten Aufenthaltstitel besitzen, obwohl sich Fremde ohne Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nicht länger als 90 Tage im Schengenraum aufhalten dürfen. Sie sind am 11.06.2012 in den Schengenraum eingereist und wurden am 25.09.2012 an der Wohnadresse angetroffen.

Diesbezüglich wird festgestellt, dass es keinen Entschuldigungsgrund darstellt, wenn Sie behaupten, dass Sie nicht gewusst haben, dass die Aufenthaltsgenehmigung mit Beendigung Ihrer Saisonarbeit erlischt und Sie der Meinung waren, dass der Besuch eines Deutschkurses Sie zum Aufenthalt berechtigt.

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht für die Behörde fest, dass Sie sich zum Zeitpunkt der Kontrolle am 25.09.2012 um 10.00 Uhr nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, da Sie nicht im Besitz einer rechtmäßigen und gültigen Aufenthaltsberechtigung waren. Sie haben daher die im Spruch genannte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Im Sinne des § 120 Abs. 1 FPG begeht als Fremder eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1000 Euro bis zu 5000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen, wer

1.   nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einreist oder

2.   sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Grundlage für die Strafbemessung ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Aufgrund Ihres nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet haben Sie dem Schutzzweck der fremdenpolizeilichen Bestimmungen zuwider gehandelt, die den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet Österreich regeln.

 

Als Milderungsgrund wurde Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet. Erschwernisgründe waren aus dem Akt nicht ersichtlich.

 

Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden entsprechend Ihren Angaben vom 11.12.2012 gewertet.

 

Die gegen Sie verhängte Strafe, die sich ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens befindet, erscheint als tat- und schuldangemessen und geeignet, Sie in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung (eingelangt am 19. Februar 2013), welche der Bw wie folgt begründet:

 

Er sei am Montag den 11. Juni 2012 nach Österreich eingereist und habe sich auch gleich mit seiner Gattin im Gemeindeamt X angemeldet. Der Bw habe noch Unterlagen beim Standesamt beilegen müssen, da er am 3. August 2012 seinen Hochzeitstermin gehabt habe. Noch in der selben Woche am Freitag, den 15. Juli 2012 (wohl gemeint: 15. Juni 2012) sei er wieder nach Bosnien gefahren, dies sei durch Grenzkontrollstempel ersichtlich. Seine Gattin habe ihn beim Gemeindeamt abmelden wollen. Dort sei ihr gesagt worden, dass dies nicht möglich sei, da der Bw bei der Abmeldung persönlich dabei sein müsse. Dieser Umstand könne ebenso erfragt werden.

 

Am 4. April 2012 habe der Bw vom AMS X eine Beschäftigungsbewilligung in der Dauer vom 2. Juli 2012 bis 30. Dezember 2012 erhalten. Er sei am Sonntag, den 1. Juli wieder eingereist. Er habe sich nicht anmelden gemusst bzw. gekonnt, weil ihn seine Frau nicht habe abmelden können.

 

Am 5. Juli habe der Bw mit der Beschäftigung angefangen. Seiner Gattin sei seitens der belangten Behörde gesagt worden, dass er den Deutschkurs schleunigst machen solle. Er habe bis zum 24. August gearbeitet und habe im Einvernehmen mit dem Betrieb die Beschäftigung unterbrochen, weil er den Deutschkurs gemacht habe. Der Deutschkurs habe am 21. September geendet. Die Kursbestätigung sei am 26. September ausgestellt worden. Einen Tag davor sei er zu Hause angetroffen und ihm mitgeteilt worden, dass er Österreich verlassen müsse und die Kursbestätigung in Sarajevo im österreichischen Konsulat abgeben könne.

 

Diese Übertretungen seien behördlichen Informationen zuzuführen. Seine Gattin habe ihn nicht abmelden können und von der belangten Behörde sei ihm gesagt worden, dass er den Deutschkurs gleich machen solle.

 

Abschließend stellt der Bw den Antrag, der Berufung stattzugeben und von der Strafe von 1.000 Euro abzusehen.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 6. März 2013 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

2.2.1. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da sich bereits daraus ergab, dass der mit Berufung bekämpfte Bescheid aufzuheben war, entfiel die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter dem Punkt 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländer­beschäfti­gungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsende­be-­       willi­gung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3     Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit       einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.2. Im vorliegenden Fall wirft die belangte Behörde dem Bw vor, sich in der Zeit vom 11. Juni 2012 bis 25. September 2012 unrechtmäßig länger als 90 Tage innerhalb eines Zeitraumes von 6 Monaten im Schengenraum für touristische Zwecke aufgehalten zu haben.

 

Der Bw war jedoch für die Zeit vom 2. Juli 2012 bis 30. Dezember 2012 im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung gem. § 20 Abs. 6 AuslBG und ging nachweislich vom 5. Juli 2012 bis 24. August 2012 einer Beschäftigung nach. Somit hat der Bw die Bedingungen des § 31 Abs. 1 Z 6 FPG während dieses Zeitraums erfüllt.

 

Der Bw war vom 11. Juni 2012 bis 28. September 2012 im Bundesgebiet gemeldet. Zieht man von der Gesamtaufenthaltsdauer die Zeit vom 5. Juli 2012 bis 24. August 2012 ab, ergibt sich bis inklusive 25. September 2012 eine Aufenthaltsdauer von 56 Tagen. Folglich hat der Bw das Kontingent der 90 Tage innerhalb des ihm angelasteten Zeitraums nicht ausgeschöpft. Es erübrigt sich daher eine nähere Erörterung, ob der Bw im Juni 2012 nochmals nach Bosnien zurückgekehrt war. 

 

Die objektive Tatseite ist somit nicht erfüllt.

 

3.3. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass – mangels Tatbegehung - der in Rede stehenden Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses betreffend Klarheit des Tatvorwurfs ebenfalls erhebliche Zweifel hervorruft, zumal der Zeitraum des vorgeworfenen illegalen Aufenthalts allenfalls mittelbar zu errechnen, nicht explizit angegeben ist.

 

 

4. Gemäß § 64ff. VStG war dem Bw weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. aufzuerlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

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