Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210610/2/Bm/Th

Linz, 08.03.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.11.2012, BauR96-159-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Oö. Bauordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

    II.      Der Berufungswerber hat keine Kostenbeiträge zum Verwaltungsstrafverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 57 Abs.1 Z11 und Abs.2 iVm § 25 Oö. Bauordnung 1994, verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Bauherr und Eigentümer zu verantworten, dass zumindest bis 9. März 2012 – wie von einem Amtsorgan der Baubehörde x anlässlich einer Baukontrolle am 9. März 2012 festgestellt wurde, die Kellerräume des Gebäudes X in X, X (GSt.Nr. x, KG. x) zu Wohnzwecken (6 Zimmer mit den Nr. 2 – 6 und Nr. 20 sowie eine Gemeinschaftssanitäranlage) ohne Baufertigstellungsanzeige benützt werden, obwohl deren Fertigstellung gemäß § 43 Oö. Bauordnung 1994 der Baubehörde der Stadtgemeinde x anzuzeigen ist, und diese bauliche Anlage, vorbehaltlich des § 44 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994, erst nach Ablauf von 8 Wochen ab Einbringung der vollständigen bzw. ordnungsgemäß belegten Anzeige benützt werden darf. Es ist bis 18. Juni 2012 bei der Baubehörde der Stadtgemeinde x keine Baufertigstellungsanzeige eingelangt."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, das Haus sei im Jahre 1975 errichtet und im selben Jahr konzessioniert worden. Das Gebäude sei seit November 2011 im Besitz des Bw und werden nunmehr die angegebenen Räume nicht mehr benutzt. Bei der ersten von der Baubehörde durchgeführten Kontrolle am 09.03.2012 sei auf die baulichen und hygienischen Mängel aufmerksam gemacht worden und habe dies den Bw veranlasst, das Gebäude fachmännisch zu renovieren. Dies könne durch die bei der weiteren Begehung am 18.06.2012 anwesenden Bauinspektoren bezeugt werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme; da sich bereits daraus der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Traun vom 01.07.1969, GZ 193/9-150/1969, wurde die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses und einer Doppelgarage erteilt. Von dieser Bewilligung war auch ein Kellergeschoß umfasst, welches 2 Kellerräume, einen Brennstoffraum, eine Werkstätte und einen Geräteraum vorsah.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Traun vom 12.03.1971, GZ 153/9-150-1969, wurde der Ausbau der Mansarde im bestehenden Wohnhaus baubehördlich bewilligt.

Mit weiterem Bescheid vom 13.05.1971, GZ 153/9-96/1971, wurde von der Baubehörde die Errichtung eines Anbaues an das bestehende Wohnhaus genehmigt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Traun vom 16.04.1980, GZ III/1-1311-150-1969 und III/1-1311-96-1971 wurde für das Wohnhaus, den Mansardenausbau, den Zubau und die Garage die Benützungsbewilligung erteilt.

 

Am 09.03.2012 wurde beim gegenständlichen Wohnhaus im Standort X, X, eine baubehördliche Überprüfung durchgeführt und wurde im Zuge dieser Überprüfung festgestellt, dass die Kellerräumlichkeiten für Wohnzwecke benutzt und Sanitäranlagen eingerichtet wurden.

Für diese Widmungsänderung bzw. für die gesetzten Baumaßnahmen wurde weder eine Baubewilligung eingeholt, noch wurde eine Anzeige gemäß § 25 Oö. Bauordnung erstattet. Ebensowenig wurde die Baufertigstellung angezeigt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 und 3 der Oö. Bauordnung 1994 bedürfen einer Bewilligung der Neu-, Zu-, oder Umbau von Gebäuden sowie die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden oder sonstigen Bauten gemäß Z2, wenn hierdurch eine Beeinträchtigung der Festigkeit tragender Bauteile, des Brandschutzes, der Gesundheit oder der Hygiene zu erwarten ist, oder wenn hierdurch zusätzlich schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind.

 

Nach § 42 leg.cit ist bei Neu-, Zu- oder Umbau von Kleinhausbauten oder Nebengebäuden die Fertigstellung des Bauvorhabens vom Bauherrn der Baubehörde schriftlich anzuzeigen.

 

§ 43 der Oö. Bauordnung 1994 bestimmt, dass für die Fertigstellung des Neu-, Zu- oder Umbaues von Gebäuden, die keine Kleinhausbauten oder Nebengebäude sind, § 42 sinngemäß gilt.

 

Nach Abs.3 dieser Bestimmung kann die Baubehörde im Bewilligungsbescheid vorschreiben, dass bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben, die weder unter Abs.1 und 2 noch unter § 42 fallen, die Fertigstellung des Bauvorhabens entweder nach Abs.1 oder 2 oder nach § 42 anzuzeigen ist.

 

Nach § 57 Abs.1 Z9 begeht eine Verwaltungsübertretung wer eine bauliche Anlage, deren Fertigstellung gemäß § 42 oder § 43 anzuzeigen ist, ohne Baufertigstellungsanzeige oder entgegen § 44 Abs.1 oder 2 benützt oder benützen lässt.

 

5.2. Vorweg ist auszuführen, dass gemäß §§ 42 und 43 Abs.1 Oö. Bauordnung 1994 eine Baufertigstellungsanzeige dann vorgesehen ist, wenn es sich um den Neu-, Zu- oder Umbau von Kleinhausbauten oder Nebengebäuden bzw. von Gebäuden handelt, die keine Kleinhausbauten oder Nebengebäude sind.

 

Für alle anderen in § 25 Abs.1 Oö. BauO 1994 genannten Bauvorhaben gelten nur die in § 25a Abs.5 Z2 Oö. BauO 1994 taxativ aufgezählten Vorschriften. Die §§ 42 und 43 Oö. BauO 1994 gelangen hier sohin nicht zur Anwendung und ist demgemäß keine Baufertigstellungsanzeige vorgesehen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde von der Erstbehörde im angefochtenen Straferkenntnis davon ausgegangen, dass eine Baufertigstellungsanzeige gemäß § 43 Oö. BauO 1994 für die vorgenommenen Änderungen erforderlich und demnach ein Neu-, Zu- oder Umbau eines Gebäudes im Sinn des § 24 Abs.1 Z1 leg. cit. gegeben ist. Worauf sich diese Annahme stützt, ist dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen.

Eine diesbezügliche Sachverhaltsermittlung war aber auch im Berufungsverfahren aus folgenden Gründen nicht erforderlich:

 

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.09.1992, Zl. 92/06/0116, wird deutlich ausgesprochen, dass eine Bestrafung wegen Benützens ohne Benützungsbewilligung (nunmehr Baufertigstellungsanzeige) eine rechtskräftige Baubewilligung voraussetzt.

In gleicher Form wurde im Erkenntnis des VwGH vom 24.02.1987, Zl. 84/05/0072, ausgesprochen, dass in der Benützung eines (bewilligungspflichtigen und einer Benützungsbewilligung unterliegenden) Baues ohne Vorliegen einer Benützungsbewilligung erst dann eine Verwaltungsübertretung liegt, wenn für den unbefugt benützten Bau eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt.

Das bedeutet, dass der Verwaltungsstraftatbestand nach § 57 Abs.1 Z9 Oö. BauO 1994 nur für denjenigen in Betracht zu ziehen ist, der einen Bau, für den eine rechtskräftige Baubewilligung bzw. Anzeige nach § 25 leg.cit vorliegt, unbefugt, nämlich ohne Baufertigstellungsanzeige, benutzt.

Vielmehr ist bei einem konsenslosen Bau – sofern Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten ist - § 57 Abs.1 Z2 bzw. Z3 Oö. BauO 1994 heranzuziehen.

Eine Subsumtion unter einen dieser Tatbestände ist – unabhängig vom Fehlen entsprechender Ermittlungsergebnisse - dem Verwaltungssenat schon im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG verwehrt (VwGH 23.5.2001, 99/06/0181). 

 

Die Rechtsansicht des VwGH ist auch insofern konsequent, als es bei einem konsenslosen Bau auch keine (legale) Baufertigstellungsanzeige geben kann, ist doch die Einholung einer entsprechenden Bewilligung der Baufertigstellungsanzeige vorgelagert. Wird einem Beschuldigten vorgeworfen, die Fertigstellung einer (konsenslosen) baulichen Anlage nicht angezeigt zu haben, suggeriert man damit gleichzeitig die Legalisierung der konsenslosen Errichtung, was eindeutig der Bauordnung widerspricht.  

 

Aus den oben genannten Sach- und Rechtsgründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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