Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167521/3/Fra/CG

Linz, 28.03.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x, x x, x x, vertreten durch Frau Mag. x, Rechtsabteilung des ÖAMTC, xstraße x, x x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. Dezember 2012, VerkR96-20663-2012, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird hinsichtlich des Spruchpunktes 2 (§ 58 Abs.1 StVO 1960) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

    II.      Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich des Faktums 2 (§ 58 bs.1 StVO 1960) keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.1 VStG;

zu II.:      §§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

1. wegen Übertretung des § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 50,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) und

2. wegen Übertretung des § 58 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 220,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt, weil er

am 23.09.2012 um 15:42 Uhr in

der Gemeinde x, xstraße x, x Nr. 541 bei km 0.175 in Fahrtrichtung Bx

  1. im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 20 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde,
  2.  das oa. Fahrzeug gelenkt hat, obwohl er sich nicht in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden hat, in der er vermochte, sein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen, da er unter der Fahrt Pommes vom Beifahrersitz aß.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesene Vertreterin eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) zu entscheiden hat.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Bw hat sein Rechtsmittel gegen das Faktum 1 (§ 52 lit.a Z.10a StVO 1960) im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zurückgezogen. Da sohin dieser Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist, entfällt diesbezüglich eine Berufungsentscheidung.

 

Zum Faktum 2 (§ 58 Abs.1 StVO 1960):

Gemäß § 58 Abs.1 StVO 1960 darf unbeschadet der Bestimmungen des § 5 Abs.1 ein Fahrzeug nur lenken, wer sich in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befindet, in der er ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag. Sind diese Voraussetzungen offenbar nicht gegeben, so sind die Bestimmungen des § 5b sinngemäß anzuwenden.

 

Lt. Anzeige der PI. Unterach am Attersee vom 24.09.2012, VerkR96-20663-2012, sei der Lenker bei der gegenständlichen Fahrt aufgrund des Essens von Lebensmitteln, welche sich auf seinem Beifahrersitz befanden, nicht in der Lage gewesen, das Fahrzeug ordnungsgemäß zu lenken, da eine geistige Ablenkung sowie eine körperliche Beeinträchtigung gegeben gewesen sei. Der Bw wendet in seinem Einspruch gegen die vorangegangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. September 2012 ein, dass sich im Fahrzeug weder Geschirr noch Pommes oder sonstiges Essbares befunden habe. Auf seinem Beifahrersitz habe sich lediglich eine Fototasche mit einer Fotoausrüstung befunden. In seiner Berufung gegen das oa. Straferkenntnis bringt der Bw vor, dass bei der Anhaltung zum einen keine Rede vom gegenständlichen Tatvorwurf gewesen sei, zum anderen habe er nicht einmal Pommes verzehrt. Selbst wenn er etwas gegessen hätte, sei der Vorwurf der Beeinträchtigung seiner Verkehrszuverlässigkeit nicht haltbar. Es sei keinerlei Verhalten angeführt worden, warum er durch ein etwaiges Essen das Fahrzeug nicht beherrschen bzw. die Rechtsvorschriften nicht beachten habe können. Er sei jederzeit in einem solchen körperlichen und geistigen Zustand gewesen, dass er das Fahrzeug beherrschen und die Rechtsvorschriften beachten habe können. Er stelle daher den Antrag das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu den Strafbetrag aufgrund seiner Unbescholtenheit auf ein Mindestmaß zu senken.

 

Bei der zeugenschaftlichen Einvernahme des Meldungslegers Insp. x betreffend die gegenständliche Anzeige vom 23.09.2012 verwies der Polizeibeamte auf ein Gedächtnisprotokoll. Lt. diesem im Akt einliegenden Protokoll führt der Meldungsleger unter anderem aus, dass, als der Bw aus dem Fahrzeug ausstieg, unschwer zu erkennen gewesen sei, dass er seinen Mund voller Lebensmittel hatte und ihm gegenüber auch noch angegeben habe, dass er gar nicht so schnell gefahren sein könne, da er aufgrund seines Einsatzes noch schnell Pommes unterwegs gegessen habe, welche sich, wie er sehen müsste, noch am Beifahrersitz befunden haben und mit der angelasteten Geschwindigkeit mit Sicherheit heruntergefallen wären. Der Meldungsleger berief sich auf seinen abgelegten Amtseid, die Amtshandlung sei auch bereits vom Bezirkspolizeikommando überprüft und für sachlich sowie rechtlich korrekt abgezeichnet worden.

 

Aufgrund dieser Aussagen hegt somit der Oö. Verwaltungssenat keine Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfes insoferne, als der Bw bei der angeführten Fahrt Pommes vom Beifahrersitz gegessen habe. Dieser Sachverhalt ist jedoch unter der Bestimmung des § 58 Abs.1 StVO 1960 aus folgenden Gründen nicht subsumierbar:

 

Lt. Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend die StVO 1960 (22 BlgNR 9.GP) sind unter anderem auch solche Personen nicht im Sinne des § 58 Abs.1 StVO 1960 nicht geeignet, die sich in einem Zustand heftiger Gemütserregung befinden oder die krank oder verletzt sind oder deren Reaktionsvermögen oder deren Bewegungssicherheit beeinträchtigt ist. Ein Mangel im Sinne des § 58 Abs.1 StVO 1960 kann bei starker Ermüdung, unwiderstehlichem Schlafbedürfnis, heftiger Gemütserregung, hohem Fieber, erheblichen Verletzungen usw. vorliegen. Im Fall eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Führerschein oder den Mopedausweis gemäß § 39 Abs.1 FSG vorläufig abzunehmen. Zum Unterschied von der Alkoholbeeinträchtigung liefern die erwähnten Zustände keinen unwiderleglichen Beweis dafür, dass darin ein Fahrzeug nicht beherrscht werden kann und die beim Lenken zu beachtenden Rechtsvorschriften nicht befolgt werden können. Gegen § 58 Abs.1 StVO 1960 verstößt auch derjenige Lenker, der seine grundsätzlich vorhandene, ausreichende körperliche Verfassung durch Maßnahmen konterkariert, die es ihm unmöglich machen, das Fahrzeug zu beherrschen bzw. die Rechtsvorschriften zu befolgen. Solche Maßnahmen wären z.B. das Verstopfen Ohren mit Ohropax, das Tragen einer Sonnenbrille in der Nacht oder die Einschränkung des erforderlichen Gesichtsfeldes durch Tragen einer Burka.

 

Das Essen von Pommes während der Fahrt vom Beifahrersitz – wie dies dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen wird – stellt deshalb keine Übertretung des § 58 Abs.1 StVO 1960 dar, da dadurch weder die körperliche noch die geistige Verfassung des Lenkers berührt wird.

 

Da sohin der Bw das ihm zur Last gelegte Tatbild einer Verwaltungsübertretung gemäß § 58 Ab.1 StVO 1960 nicht erfüllt hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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