Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167662/4/Kof/CG

Linz, 25.03.2013

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn x, geb. x, xstraße x, x x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. x, x/x, x x gegen
das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom
14. Februar 2013, VerkR96-21457-2012, wegen Übertretung des § 4 Abs.5 StVO, nach der am 25. März 2013 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruch als unbegründet abgewiesen.

 

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern stattgegeben, als
die Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt wird.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafe. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Verfahrenskostenbeitrag zu zahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG  iVm  §§ 16, 19 und 24 VStG

§§ 64 und 65 VStG

 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:

o        Geldstrafe ............................................................................. 150 Euro

o        Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz: ....................................... 15 Euro

                                                                                                                           165 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt ........................................... 48 Stunden.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das

in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

"Sie haben am 16.09.2012 um 01.00 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen KI-…… auf dem x bis zur Linkskurve ca. 300 m oberhalb der Kreuzung mit der x im Gemeindegebiet von x gelenkt, wobei Sie mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden
in ursächlichem Zusammenhang gestanden sind und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt haben.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 4 Abs.5 StVO  i.V.m.  § 99 Abs.3 lit.b StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung  wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in Euro                             Ersatzfreiheitsstrafe                                              gemäß

       200,-                                                  72 Stunden                                              § 99 Abs.3 lit.b StVO

 

Ferner haben Sie gem. § 64 VStG zu zahlen:

20 Euro als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

 

Der zu zahlende  Gesamtbetrag  (Strafe, Kosten) beträgt daher  220 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 22. Februar 2013 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 27. Februar 2013 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Der Bw lenkte am 16. September 2012 um ca. 01.00 Uhr einen – auf ihn zugelassenen, dem Kennzeichen nach näher bestimmten – PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichen Verkehr im Gemeindegebiet S.

Dabei kam er in einer Linkskurve rechts von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum.

Am vom Bw gelenkten PKW entstand "wirtschaftlicher Totalschaden“.

Der Baum wurde – Abschürfung der Rinde – leicht beschädigt.

 

Der Bw ging anschließend zu Fuß nach Hause (Entfernung vom Unfallort ca. 700 m) und verständigte von diesem Verkehrsunfall weder die nächstgelegene Polizei-inspektion, noch den Eigentümer des Baumes.

Der Bw verständigte am nächsten Morgen einen Abschleppdienst, welcher den PKW von der Unfallstelle entfernte.

 

 

Am 25. März 2013 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilgenommen haben und der Bw folgende Stellungnahme abgegeben hat:

"Am 16. September 2012 um ca. 01.00 Uhr früh fuhr ich mit meinem PKW auf dem x nach Hause. An einer starken Linkskurve kam ich – vermutlich wegen überhöhter Geschwindigkeit – von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum.  Die Fahrbahn war feucht.

Bei diesem Verkehrsunfall wurde mein PKW stark beschädigt, letztendlich wurde festgestellt, dass es sich um einen Totalschaden handelt.

Ich stieg aus, ging um meinen PKW und konnte am Baum keinen Schaden feststellen.

Anschließend ging ich nach Hause, die Entfernung von der Unfallstelle bis zu mir nach Hause beträgt ca. 700 m.  Ich war schockiert und legte mich zu Bett.

In der Früh verständigte ich einen Abschleppdienst, welcher meinen PKW  entfernt hat.

 

Am 30. September 2012 – somit 14 Tage nach dem Verkehrsunfall – wurde
ich von der PI. K. angerufen, ich möge wegen dieses Verkehrsunfalles kommen, um eine Niederschrift aufzunehmen.  Dies habe ich auch durchgeführt.

 

Die PI. K. hat durch einen anonymen Brief – welcher im Wege der Bezirkshaupt-mannschaft der PI. K. zugeleitet wurde – von diesem Verkehrsunfall Kenntnis erlangt.

 

Zusätzlich hat bereits noch in der Nacht des Verkehrsunfalles ein Nachbar –welcher offenbar meinen PKW an der Unfallstelle gesehen hat – die PI. K. von diesem Unfall verständigt. Warum die PI. K. nicht bereits in der Nacht zur Unfall-stelle gefahren ist, kann ich nicht angeben bzw. entzieht sich meiner Kenntnis.

 

Die Unterlassung der Meldepflicht habe ich einzig und allein deshalb
durchgeführt, da ich nach dem Verkehrsunfall keinen "Fremdschaden" – somit keinen Schaden am Baum – festgestellt habe.

Die Verpflichtung nach § 4 Abs.5 StVO besteht nur dann, wenn ein "Fremdschaden" entstanden ist.

 

An diesem Baum bestand bereits ein Vorschaden, welchen ich selbst vor
ca. 4 Jahren verursacht habe.

Der Besitzer dieses Baumes – welchen ich persönlich kenne – hat bereits damals keinen Schadenersatz von mir verlangt.

Ich war daher der Überzeugung, dass der Besitzer auch diesmal – sofern überhaupt ein Schaden entstanden wäre – keinen Schadenersatz verlangen würde.

Der Besitzer hat auch tatsächlich keinen Schadenersatz von mir verlangt."

Der Bw bringt bereits in der Berufung vor, der Eigentümer des Baumes habe keine Schadenersatzforderung an ihn gestellt. –

Diesem Vorbringen des Bw wird vollinhaltlich Glauben geschenkt, da der Eigentümer des Baumes, Herr x am 09.11.2012 als Zeuge bei der belangten Behörde ausgesagt hat, dass er wegen dieses kleinen Schadens keine Ansprüche an den Bw gestellt habe.

 

Weitere diesbezügliche Beweisaufnahmen – insbesondere eine Zeugenaussage des Herrn F.F. bei der mVh – waren dadurch nicht erforderlich;

VwGH vom 30.03.2001, 2000/02/0195 mit Vorjudikatur.

 

Auch ein geringfügiger Schaden, wie das Abschürfen der Rinde eines Baumes löst die Meldepflicht aus; VwGH vom 25.09.1991, 90/02/0217 mit Vorjudikatur und vom 31.10.1990, 90/02/0119.

 

Die Meldepflicht nach § 4 Abs.5 StVO besteht auch dann, wenn der Geschädigte (= hier: der Eigentümer des Baumes, Herr x) gegen den Schädiger (= hier: der Bw) keine Schadenersatzforderungen erhoben hat bzw. erheben wird;

VwGH vom 27.02.1992, 92/02/0033; vom 21.12.1992, 91/03/0298;

 

Voraussetzung für die Meldepflicht des § 4 Abs.5 StVO ist

·   als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und

·   in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens,

wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem "Täter" objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte;

VwGH vom 23.05.2002, 2001/03/0417; vom 29.06.1994, 92/03/0269;

          vom 21.12.1992, 91/03/0298 mit Vorjudikatur.

 

Der Bw ist – wie dargelegt – beim verfahrensgegenständlichen Verkehrsunfall mit seinem PKW gegen den Baum geprallt –

·   am PKW ist wirtschaftlicher Totalschaden entstanden,

·   am Baum wurde – siehe die im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Fotos – die Rinde abgeschürft und ist dadurch ein geringfügiger Sachschaden entstanden. –

Bei einem derartigen Verkehrsunfall kann der PKW-Lenker (= hier: der Bw)
"bei gehöriger Aufmerksamkeit" nicht ernsthaft annehmen, am Baum sei kein wie immer gearteter Sachschaden entstanden.

 

Der gegenständliche Fall ist mit jenem Sachverhalt, welcher dem VwGH

im Erkenntnis vom 25.09.1991, 90/02/0217 zu Grunde lag, nahezu identisch.

Auch der dortige Beschwerdeführer ist bei Nacht gegen einen Baum geprallt und hat – unter anderem – die Verpflichtung nach § 4 Abs.5 StVO nicht erfüllt.

 

Der VwGH hat die Bestrafung wegen der Verwaltungsübertretung nach
§ 4 Abs.5 StVO als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Zum Vorbringen des Bw in der Berufung betreffend den "Unfallschock" ist auf die ständige Rechtssprechung zu verweisen, wonach ein sog. "Unfallschock" nur in besonders gelagerten Fällen und bei einer gravierenden psychischen Ausnahme-situation das Unterlassen eines pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigen kann.

Einem dispositionsfähig gebliebenen Unfallbeteiligten ist trotz eines sog. Unfallschock iVm einer begreiflichen affektiven Erschütterung pflichtgemäßes Verhalten zumutbar, zumal von einem Kraftfahrer, welcher die Risiken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter– und Willensstärke zu verlangen ist, dass er den Schock über den Unfall und
die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag;

VwGH vom 25.06.2003, 2002/03/0112; vom 29.01.1992, 92/02/0011 mwN.

 

Obendrein ist der Bw nach dem Verkehrsunfall von der Unfallstelle nach Hause gegangen (Entfernung: ca. 700 m).

Auf Grund dieses "zielgerichteten und situationsbezogenen Verhaltens" wäre der Bw (auch) in der Lage gewesen, die Verpflichtung nach § 4 Abs.5 StVO zu erfüllen.

VwGH vom 09.09.2005, 2004/02/0097; vom 20.06.2006, 2005/02/0245;

vom 11.08.2006, 2006/02/0159; vom 21.09.2006, 2006/02/0196;

vom 23.05.2006, 2006/02/0091; vom 18.06.2007, 2007/02/0170.

 

Betreffend den Schuldspruch war die Berufung somit als unbegründet abzuweisen.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Wer gegen die Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro – im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen – zu bestrafen.

 

Kommt ein Lenker seiner Meldepflicht nach § 4 Abs.5 StVO nicht nach, so kann von einem geringfügigen Verschulden nicht gesprochen werden und kommt somit eine bloße Ermahnung iSd § 21 Abs.1 VStG – mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – nicht in Betracht;

VwGH vom 24.11.1993, 93/02/0269; vom 29.09.1993, 93/02/0101;

          vom 17.06.1992, 91/03/0169 alle mit Vorjudikatur.

 

Der vom Bw verschuldete "Fremdschaden" (Abschürfen der Rinde) war geringfügig und konnte der Bw – aufgrund der "Vorgeschichte": der Bw hat
vor ca. 4 Jahren bei einem Verkehrsunfall denselben Baum beschädigt sowie
der Tatsache, dass er den Geschädigten persönlich kennt – davon ausgehen,
dass der Eigentümer des Baumes keinen Schadenersatz verlangen wird.

 

Es ist somit vertretbar, die Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herab- bzw. festzusetzen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz der neu bemessenen Geldstrafe.

Gemäß § 65 VStG ist für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen -
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

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